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2.4 Optische Messung zur Erfassung der Sensorfunktionalität

2.4.1 Theorie und Aufbau

Das roGFP1 wird in der mitochondrialen Matrix exprimiert und ist aufgrund seiner redoxsensitiven Disulfidverbindung vollständig in das dortige Redoxpuffersystem integriert. Veränderungen des Oxidationsstatus der Mitochondrien beeinflussen die Struktur und dadurch die Fluoreszenzeigenschaften des roGFP1. Herrschen oxidative Bedingungen, ändert sich die Struktur des Proteins und das benachbart gelegene Chromophor wird in einer protonierten Konfiguration stabilisiert, die ihr Absorptionsmaximum bei 395 nm Wellenlänge hat. Eine reduzierende Umgebung hingegen begünstigt die deprotonierte Form des Chromophors und die Absorption bei 470 nm Wellenlänge (Dooley et al. 2004; Hanson et al. 2004). Basierend auf diesen zwei Absorptionsmaxima kann das Protein als dynamischer Redoxindikator fungieren. Im Rahmen eines optischen Messverfahrens wurde das roGFP1 alternierend mit Licht besagter Wellenlängen angeregt, die Emissionsstrahlung detektiert und das Ausmaß der Oxidation als Verhältnis der Fluoreszenzintensitäten (F395/F470) errechnet. Durch die Darstellung als Quotient werden potentielle Fehlerquellen herausgerechnet, da sich eine variable Proteinexpression zu gleichen Teilen auf beide Fluoreszenzsignale auswirkt. Aus diesem Grund haben weder ein Bleichen der Fluorophore noch eine unterschiedlich starke Expression innerhalb der verschiedenen Hirnregionen oder Artefakte durch Zell- oder Schnittbewegungen einen Einfluss auf die Signalantwort.

Die akuten Hirnschnitte wurden in eine Tauchschnittkammer überführt und dort kontinuierlich mit erwärmter ACSF-Lösung umspült, um die Vitalität der Zellen zu erhalten. Dazu wurde die Flüssigkeit in einem Wasserbad (Haake) auf 39°C erwärmt und mit Carbogen begast. Eine Rollenpumpe sog die Lösung mit 35 rpm an und beförderte sie

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über einen Windkessel und dünne Tygon®-Schläuche zur Messkammer. Der Windkessel verhinderte, dass beim Lösungswechsel Luftblasen in das Schlauchsystem und letztlich an das Präparat gelangten und wandelte den diskontinuierlichen Flüssigkeitsstrom der Rollenpumpe in einen gleichmäßigen Lösungsfluss von 3-4 ml/min um. Da beim Lösungstransport Wärme an die Umgebung verloren ging, führte das Schlauchsystem unmittelbar vor der Messkammer durch einen Wärmeaustauscher, sodass die Schnitte konstant mit 30-33°C warmer ACSF-Lösung umspült wurden. Eine Unterdruckpumpe sog die Flüssigkeit aus der Kammer in eine 5 Liter-Sammelflasche ab (Abbildung 12).

Abbildung 12: Fotografische Aufnahme des optischen Arbeitsplatzes

Alle benötigten Geräte befanden sich in unmittelbarer Nähe. Messkammer, Mikroskop und CCD-Kamera standen auf einem schwingungsgedämpften Tisch.

Zur ratiometrischen Messung wurde ein computergesteuertes Fluoreszenz-Imaging-System aus polychromatischer Xenon-Hochdrucklampe als Lichtquelle (Polychrom V, Till Phonics) und hochsensitiver CCD (Charge-Coupled Device) - Kamera (Imago QE, PCO Imaging, Kelheim, Deutschland) verwendet (Abbildung 13). Letztere diente der Detektion der Fluoreszenz und war einem aufrechten Fluoreszenzmikroskop (Axiotech vario, Zeiss) aufgesetzt. Die Lichtquelle wurde über Glasfaserlichtleiter in das Mikroskop eingekoppelt und regte das Präparat alternierend mit 395/470 nm Wellenlänge an. In den Strahlengang war ein dichroitischer Spiegel (DC 495) eingebracht - eine optische Komponente, die Licht frequenzabhängig reflektiert oder passieren lässt. Der Dichroit DC 495 reflektierte Licht bis zu einer Wellenlänge von 495 nm, während langwelligeres Licht hindurch gelangen konnte. Das Anregungslicht wurde also reflektiert und durch das Objektiv auf das Präparat

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geworfen. Das Fluorophor als fluoreszierendes Molekül des roGFP1 wurde in einen angeregten Zustand versetzt, fiel spontan in den Ausgangszustand zurück und emittierte dabei energieärmere und somit längerwelligere Strahlung in Form von Fluoreszenz, die den Dichroiten passieren konnte und so vom kurzwelligeren Anregungslicht getrennt wurde.

Ein 525/50 nm-Bandpass-Emissionsfilter grenzte das roGFP1-Signal von unspezifischer Autofluoreszenz ab, bevor die CCD-Kamera die Fluoreszenzintensitäten erfasste. Mittels der Steuerungs- und Bilderfassungssoftware Till Vision® (Till Photonics, Gräfelfing, Deutschland) wurde das Verhältnis dieser Intensitäten (F395/F470) errechnet und aufgezeichnet (Abbildung 13).

Abbildung 13: Schematischer Aufbau des CCD-Kamera-basierten optischen Messsystems Die Xenon-Hochdrucklampe wirft abwechselnd Licht der Wellenlängen 395 nm und 470 nm über den Dichroiten durch das Objektiv auf das Präparat. Die emittierte Fluoreszenz passiert den dichroitischen Spiegel und einen Bandpassfilter, wird von der CCD-Kamera erfasst und von Till Vision® aufgezeichnet.

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Es wurde ein definiertes Protokoll mit einer Belichtungszeit von 15 ms und einer Bildrate von 0,1 Hz gewählt. Eine Pixelreduktion von 2x2 bewirkte, dass vier aneinandergrenzende Pixel zu einem zusammengefasst und deren Helligkeiten addiert wurden. Dadurch wurde ein Empfindlichkeitsgewinn bei der Erfassung der Fluoreszenz erreicht und zugleich die zu speichernde Datenmenge reduziert. Auf der anderen Seite ging diese Reduktion der Primärdaten mit einem Verlust der räumlichen Auflösung einher.

Vor der Messung wurde der Schnitt mit einem 5x Objektiv (Epiplan, Zeiss, 0.13 NA) fokussiert, die zu untersuchende Hirnregion aufgesucht und eine Übersichtsaufnahme erstellt. Zur eigentlichen Messung wurde ein 40x Wasserimmersionsobjektiv (Achroplan, Zeiss, 0.8 NA) verwendet. Wegen der geringen Größe und der Eigenbeweglichkeit der Mitochondrien war es nicht möglich, ein solches Zellorganell separat zu fokussieren, sodass der fokussierte Messbereich (area of interest, AOI) auf Gewebsebene gewählt wurde.

Untersucht wurden die hippokampalen Bereiche CA1 (cornu ammonis, Ammonshorn-Region des Hippokampus) und CA3 im Bereich des Stratum pyramidale, der ebenfalls hippokampale Gyrus dentatus sowie Areale der Großhirnrinde.

Till Vision® stellte die Werte sowohl numerisch als auch graphisch auf dem Computer dar, sodass die Messung in Echtzeit anhand einer Messspur mitzuverfolgen war. Die quantitative und statistische Auswertung der Daten sowie die Rekonstruktion der Messspuren und Diagramme erfolgte mittels Microsoft Excel®.

2.4.2 Kalibrierung des roGFP1-Antwortbereichs

Zur Bewertung des relativen Oxidationsstatus der mitochondrialen Matrix musste der Antwortbereich des roGFP1 kalibriert werden, indem die Reaktion des Proteins auf maximale Oxidation und maximale Reduktion ermittelt wurde. Dazu ging man davon aus, dass bei Applikation eines Oxidationsmittels in Sättigungsdosen (5 mM H2O2, 7 min) das gesamte roGFP1 der Zelle oxidiert vorlag. Im Gegensatz dazu bewirkte die Zugabe sättigender Dosen 1,4-Dithio-DL-threitols (DTT) als Reduktionsmittel (10 mM, 7 min), dass 100% des Proteins in reduzierter Form vorlagen. Unter dieser Annahme wurden die ratiometrischen Fluoreszenzwerte für die maximale und minimale Oxidation ermittelt und als obere und untere Grenze des Antwortbereichs festgelegt. Auf Grundlage dieser Kalibrierungswerte konnte das relative Ausmaß der Oxidation des mitochondrialen roGFP1 (Kapitel 3.3.2) sowie das absolute vorherrschende Redoxpotential in mV errechnet werden (Kapitel 3.3.3). Diese Kalibrierung wurde für jede Hirnregion durchgeführt, die im Rahmen der ratiometrischen Messungen detaillierter analysiert werden sollte, um

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unterschiedlichen Gewebsstrukturen, optischen Eigenschaften und Redox-Puffereigen-schaften Rechnung zu tragen.

2.4.3 Applikation von Pharmaka

Im Zuge der ratiometrischen Messungen wurden die Hirnschnitte mit zwei Substanzen behandelt, die in den zellulären ROS-Stoffwechsel eingreifen: Antimycin A (20 µl, 10 min) als bekannter Inhibitor des mitochondrialen Atmungskettenkomplexes III sowie dem Hemmer des Radikalfängers Superoxiddismutase, DEDTC (Diethyldithiocarbamidsäure, 5 mM, 5 min). Die roGFPm-Fluoreszenz wurde aus dem Stratum pyramidale der hippokampalen Region CA1 detektiert und der Effekt der pharmakologischen Inhibition auf den Oxidationsstatus der Mitochondrien beurteilt.