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Die WE IV soll insbesondere die Chancen der Jugendlichen, die die obligatorische Schulzeit noch nicht oder gerade abgeschlossen haben, auf eine Berufsausbildung, die ihren Fähigkei-ten und ihrem Gesundheitszustand entspricht, erhöhen und Invalidität möglichst verhindern.

Deshalb werden die Früherfassung und die Frühintervention auf von Invalidität bedrohte Min-derjährige ab dem vollendeten 13. Altersjahr ausgeweitet (siehe Grafik). Zudem wird die Früherfassung auch auf Personen mit drohender Arbeitsunfähigkeit ausgedehnt.

In der IVV (Art. 1ter und 1sexies Abs. 2 E-IVV) sollen diese Änderungen konkretisiert werden.

Leistungsfähigkeit versicherte Person (vP) Vorbereitung Ausbildung

Eingliederung vP

Eingliederungsorientierte Beratung, Beratung und Begleitung der IV-Stelle, Zusammenarbeit mit kantonaler Koordinationsstelle (z.B. Case Management Berufsbildung)

Früherfassung Art. 3abisIVG und Frühintervention Art. 7d IVG

Gezielte

Grafik: Massnahmen der IV zur adäquaten und koordinierten Unterstützung von gesundheitlich beeinträchtigten Jugendlichen und jungen Erwachsenen

Die Grafik zeigt die verschiedenen, bereits bestehenden sowie mit der WE IV neu geschaffenen Massnahmen zur Förderung des Eingliederungspotenzials von gesundheitlich beeinträchtigten Jugendlichen und jungen Erwach-senen. Die Massnahmen zielen in Abstimmung mit den kantonalen Angeboten und in enger Zusammenarbeit mit den kantonalen Instanzen und anderen relevanten Akteuren darauf, die Jugendlichen und jungen Erwachsenen auf eine erstmalige berufliche Ausbildung vorzubereiten. Sie sind unterschiedlich ausgestaltet, um die Jugend-lichen und jungen Erwachsenen mit ihren je unterschiedJugend-lichen physischen und psychischen Voraussetzungen bedarfsgerecht zu unterstützen.

Integrationsmassnahmen

Die im Rahmen der WE IV beschlossenen Änderungen in Artikel 14a IVG machen Integrati-onsmassnahmen neu auch für Jugendliche zugänglich, die noch nicht auf dem Arbeitsmarkt sind. Vor diesem Hintergrund müssen die Integrationsmassnahmen spezifisch auf Jugendliche ausgerichtet (vgl. Grafik) und mit den anderen, neuen Vorbereitungsmassnahmen für Jugend-liche (Art. 15, 16, 68bis Abs. 1ter IVG) koordiniert werden, wobei der Fokus auf dem Aufbau der Leistungsfähigkeit und der psychologischen Begleitung liegen soll und nicht auf der Füllung schulischer Lücken. Hierfür ist die IVV entsprechend anzupassen (insb. Art. 4quinquies E-IVV).

Im Weiteren wurde im Rahmen der WE IV die lebenslange Beschränkung der Dauer von In-tegrationsmassnahmen auf zwei Jahre aufgehoben. InIn-tegrationsmassnahmen können künftig auch dann noch verfügt werden, wenn bereits während insgesamt zwei Jahren solche Mass-nahmen gewährt worden sind. In der IVV sollen die Regelungen im Zusammenhang mit der Dauer der Integrationsmassnahmen präzisiert werden. Weitere Verordnungsanpassungen werden aufgrund neuer Regelungen in den Artikeln 3a, 14quater und 57 IVG notwendig (u.a. Art.

4sexies E-IVV).

Berufsberatung

Im Rahmen der Beratung der WE IV hat das Parlament Artikel 15 IVG so angepasst, dass alle Versicherten, die infolge Invalidität Schwierigkeiten bei der Berufswahl haben, neu auch An-spruch auf vorbereitende Massnahmen für den Eintritt in die Ausbildung haben. Gemäss Ge-setzgeber ist das Ziel der Massnahme, Jugendliche zum Beispiel mittels Praktika besser auf eine Ausbildung in einem Betrieb vorzubereiten. In Artikel 4a E-IVV sollen die neuen vorberei-tenden Massnahmen präzisiert werden, um sie in der Angebotspalette zu den Vorbereitungs-massnahmen der IV für Jugendliche (vgl. Grafik) und in den übrigen Elementen der Berufs-beratung zielgerichtet und effektiv zu verorten. Der Fokus der vorbereitenden Massnahmen nach dem neuen Artikel 15 IVG soll nicht auf der Füllung schulischer Lücken oder der psycho-therapeutischen Begleitung liegen. Die Massnahme soll vielmehr der praktischen Erprobung von möglichen Berufszielen und der Heranführung an die Anforderungen des ersten Arbeits-markts (Praktika) dienen.

Erstmalige berufliche Ausbildung

Damit eine erstmalige berufliche Ausbildung (EbA) (vgl. Grafik) erfolgreich absolviert werden und eine anschliessende Integration in den (ersten) Arbeitsmarkt möglichst nachhaltig gelin-gen kann, ist es wichtig, dass die EbA den Fähigkeiten und dem Entwicklungsstand der versi-cherten Person entspricht (vgl. Art. 8 Abs. 1bis IVG).

Mit der WE IV wurde Artikel 16 IVG dahingehend ergänzt, dass eine EbA sich nach Möglichkeit an der beruflichen Eingliederung im ersten Arbeitsmarkt orientiert und bereits dort erfolgen soll. Auch wurde mit Absatz 4 dem Bundesrat in einer Delegationsnorm neu die Kompetenz erteilt, die Voraussetzungen für die Zusprache von praktischen, niederschwelligen Ausbildun-gen hinsichtlich Art, Dauer und Umfang festzuleAusbildun-gen.

Auf Verordnungsstufe soll die Regelung der EbA weiter konkretisiert werden, indem die fol-genden Punkte neu in die IVV aufgenommen werden:

• Definition der Schnittstelle zu Artikel 15 IVG (Berufsberatung) (Art. 5 Abs. 2 E-IVV)

• Definition, wann eine EbA als abgeschlossen gilt (Art. 5 Abs. 3 E-IVV)

• Ausführungen zur Delegationsnorm an den Bundesrat (Art. 5 Abs. 4 und 5 E-IVV)

• Definition der Schnittstelle zu Artikel 17 IVG (Umschulung) (Art. 5bis Abs. 1 E-IVV).

Mitfinanzierung von kantonalen Koordinationsstellen

Der im Rahmen der WE IV neu geschaffene Artikel 68bis Absatz 1bis IVG hat zum Ziel, Jugend-liche mit Beeinträchtigungen früher zu erfassen und zu begleiten. Wenn die Zusammenarbeit zwischen der IV-Stelle und der kantonalen Instanz, die Jugendliche mit Mehrfachschwierigkei-ten unterstützt (z.B. Case Management Berufsbildung), in einer Vereinbarung formalisiert ist, kann die IV diese kantonale Instanz mitfinanzieren (vgl. auch Grafik). In der IVV soll präzisiert werden, dass die IV-Stellen für die Erstellung und Überprüfung dieser Vereinbarungen zustän-dig sind und das (BSV im Auftrag des Bundesrates Mindeststandards für die Vereinbarungen festlegt (Art. 96bis E-IVV). Dabei sind die Regelungen zur Früherfassung (Art. 3abis IVG) und zur ausgebauten Beratung und Begleitung (Art. 14quater und Art. 57 IVG) zu berücksichtigen.

Es soll eine bedarfsgerechte und längerfristig angelegte Objektfinanzierung der kantonalen Koordinationsstellen gewährleistet werden. Hierzu sollen in der Verordnung auf Basis der stän-digen kantonalen Wohnbevölkerung zwischen 13 und 25 Jahren Beiträge festgelegt werden, die sich in der Höhe von 50'000 bis maximal 400'000 Franken bewegen (Art. 96ter E-IVV). Die nachstehende Tabelle stellt den so entstandenen Verteilschlüssel dar:

Anzahl 13- bis

25-Jähri-ger Beiträge in Franken (Basis Mai

2021), falls diese 1/3 der kanto-nalen Ausgaben nicht überstei-gen16

IV-Stellen in dieser Kategorie

< 10’000 (bis 9999) 50’000 AI, AR, NW, OW,

GL, UR

10’000 – 29’999 100’000 SZ, ZG, BS, SH,

GR, NE, JU

30’000 – 59’999 150’000 LU, FR, SO, BL,

TG, TI, VS

60’000 – 99’999 200’000 SG, AG, GE

> 100’000 400’000 ZH, BE, VD

Die Berechnungen, die der Tabelle zugrunde liegen, sowie deren Aktualisierung werden in Weisungen detaillierter geregelt werden.

Mitfinanzierung von kantonalen Brückenangeboten

Ziel des neuen Artikels 68bis Absatz 1ter IVG ist ein besserer Zugang für Jugendliche mit Be-einträchtigungen zu den kantonalen Brückenangeboten der Regelstrukturen: Wenn die Zu-sammenarbeit zwischen der IV-Stelle und der Trägerschaft der kantonalen Angebote in einer Vereinbarung formalisiert ist, kann die IV die kantonalen Angebote mitfinanzieren, um diese je nach Situation und Bedarf der versicherten Person niederschwelliger auszugestalten. Die Gra-fik auf Seite 4 zeigt, dass bei kantonalen Brückenangeboten nach Artikel 68bis Absatz 1ter IVG der Fokus auf der schulischen Förderung liegt – im Unterschied zu den neuen Integrations-massnahmen für Jugendliche nach Artikel 14a IVG (Fokus: psychologische Begleitung) und den ebenfalls neu eingeführten vorbereitenden Massnahmen nach Artikel 15 IVG (Fokus:

Überprüfung von Berufszielen und sozialpädagogisch begleitete Tätigkeit im ersten Arbeits-markt). In der IVV soll präzisiert werden, dass die IV-Stellen für die Erstellung und Überprüfung dieser Vereinbarungen zuständig sind und das BSV im Auftrag des Bundesrates Mindeststan-dards für die Vereinbarungen festlegt (Art. 96bis E-IVV). Um bedarfsgerechte, kantonale Ange-bote zu gewährleisten, sollen diese via Subjektfinanzierung passend ausgestaltet werden kön-nen (Art. 96quater E-IVV).

Personalverleih

Mit der WE IV wird den IV-Stellen neu ermöglicht, nach dem Arbeitsvermittlungsgesetz vom 6. Oktober 198917 (AVG) zugelassene Personalverleiher beizuziehen (Art. 18abis IVG). Das Gesetz sieht vor, dass Personalverleiher für ihre Leistungen eine Entschädigung erhalten. Zu-dem entschädigt die IV die gesundheitsbedingten Mehrkosten für die Beiträge an die berufliche Vorsorge und für die Krankentaggeldprämien.

In einer neuen Verordnungsbestimmung (Art. 6quinquies E-IVV) sollen, wie in Artikel 18abis Absatz 4 IVG vorgesehen, der Höchstbetrag sowie die Modalitäten der Entschädigung konkretisiert werden.

Taggelder der IV

Mit der neuen IVG-Bestimmung zum Taggeld sollen gesundheitlich beeinträchtigte Jugendli-che und junge Erwachsene gleichaltrigen gesunden Personen finanziell gleichgestellt werden.

Es soll vermieden werden, dass die Taggelder von gesundheitlich beeinträchtigten Jugendli-chen während der Ausbildung höher ausfallen als der Lohn, den gleichaltrige gesunde Perso-nen erhalten. Der Anspruch auf Taggeld besteht künftig bereits ab Ausbildungsbeginn, dies

16 Im Jahr 2020 rechnet man mit Kosten von ca. 160'000 Franken für ein VZÄ. Dieser Betrag wird im Verlaufe der Jahre unter anderem wegen der Teuerung angepasst werden müssen, weshalb die Spalte «Höchstbeiträge» nur exemplarisch zu verstehen ist. Die in der Verordnung definierte Höchstgrenze der Mitfinanzierung bezieht sich auf die Anzahl VZÄ.

17 SR 823.11

auch ohne Vorliegen eines Erwerbsausfalls und vor dem vollendeten 18. Altersjahr. Mit diesem Modell erhalten versicherte Personen als Kompensation für die geleistete Arbeit vom Arbeit-geber einen richtigen Lohn.

Vor diesem Hintergrund ist die IVV anzupassen, insbesondere in Bezug auf die Regelungen zur Gewährung von Taggeldern während der Abklärung (Art.17 Abs. 2 E-IVV) und während der Wartefrist (Art. 18 E-IVG). Anpassungen sind auch bei den Berechnungsgrundlagen für die Höhe der Taggelder nötig (Art. 21octies Abs. 3 und Art. 22 E-IVV).

Unfallschutz

Die Unfallversicherung von Personen in Massnahmen der IV (UV IV), die mit der WE IV ein-geführt wird, schafft Rechtssicherheit für alle beteiligten Personen, was der Eingliederung zu-gutekommt. Mit den vorgesehenen Bestimmungen entlastet die IV insbesondere Arbeitgebe-rinnen und Arbeitgeber von Kosten und Pflichten, was deren Bereitschaft, Eingliederungs-massnahmen anzubieten, erhöhen soll.

Das Bundesgericht hat 2018 zum ersten Mal die Unterstellung einer Eingliederungsmass-nahme der IV (konkret den Arbeitsversuch nach Art. 18a IVG) unter den Unfallversicherungs-schutz nach dem Bundesgesetz vom 20. März 198118 über die Unfallversicherung (UVG) be-urteilt.19 In der Folge wurden die in der Botschaft zur WE IV angedachten Bestimmungen im Bereich Unfallversicherungsschutz an die neue Rechtsprechung des Bundesgerichts ange-passt.

Für die Umsetzung der UV IV bedarf es sowohl in der IVV als auch in der UVV verschiedener Regelungen (insb. Art. 88sexies ff. E-IVV, achter Titel a E-UVV). Diese betreffen hauptsächlich das Verfahren in Bezug auf den neuen Versicherungszweig. Aufgrund der spezifischen Aus-gangslage von versicherten Personen in Eingliederungsmassnahmen sind zudem Präzisie-rungen betreffend Einzelheiten (u.a. Bemessung der Leistungen im Unfallfall) nötig.