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5 Modifizierung von SAMs durch Click-Chemie

5.2 Click-Reaktionen auf SAMs: Darstellung von Biosenso- Biosenso-ren

5.2.1 Click-Reaktionen in polaren organischen Lösungsmitteln

5.2.1.1 Optimierung der Click-Reaktion in Acetonitril

Es wurde festgestellt, dass sich das verwendete Reaktionssystem nur für die Anbin-dung von organischen Aziden auf Alkin-terminierten SAMs eignete. Der Versuch, Azid-terminierte SAMs zu verwenden und an ihnen eine Click-Reaktion mit Alkinen

durchzuführen, schlug hingegen fehl. Grund hierfür war die Bildung von schwerlösli-chen Kupfer(I)-Acetyliden, die als Feststoff ausfielen, wodurch dem Reaktionsmedi-um der benötigte Katalysator entzogen wurde. Bei allen im Folgenden beschriebenen Click-Reaktionen handelte es sich daher um die Reaktion von Aziden mit Alkin-terminierten Monoschichten.

Zunächst wurde die Reaktion von Azidohexaethylenglycolmonomethylether 32 mit Alkin-terminierten SAMs untersucht und bezüglich Reaktionstemperatur und Reakti-onszeit optimiert (Abb. 52).

Abb. 52: Anbindung von MeEG6N3 auf verdünnte, Alkin-terminierte Thiolat-SAMs.

Es wurden gemischte SAMs mit unterschiedlichen Oberflächenkonzentrationen an Alkingruppen verwendet, die durch das gemeinsame Immobilisieren der Ethinyl- bzw.

Methyl-terminierten Thioacetate 39 und 41 auf Gold erhalten wurden. Hierbei wurde davon ausgegangen, dass die Zusammensetzung der sich bildenden Monoschicht mit dem Mischungsverhältnis der Substanzen in der Abscheidungslösung identisch war.

Die Schichtdicken der untersuchten Monoschichten, sowie deren Veränderung durch die Click-Reaktion (∆dClick) wurden durch ellipsometrische Messungen quantifiziert.

Zu Vergleichszwecken wurden unter Annahme einer all-trans-Konformation aller schichtbildenden Moleküle bzw. Molekülteile für die verschiedenen SAMs theoreti-sche, maximale Schichtdicken berechnet (dcalc).

Die mit dem Azido-OEG modifizierten Schichten wurden nach der Click-Reaktion auf ihre Biorepulsivität überprüft. Hierzu wurde die Fähigkeit der SAMs untersucht, die Adsorption des Test-Proteins bovines Serumalbumin (BSA) auf den Substraten zu

unterbinden. Die Proteinadsorption, bzw. die damit verbundene Veränderung der Schichtdicke ∆dBSA, wurde wiederum mit Hilfe der Ellipsometrie festgestellt. Die ermittelten Werte wurden mit Schichtdicken verglichen, die nach der BSA-Adsorption auf unbeschichteten Goldsubstraten gemessen wurden. Diese lagen typischerweise im Bereich um 20 Å.

Bei allen ellipsometrisch bestimmten Schichtdicken handelte es sich um optische Schichtdicken, die direkt proportional zur Menge der im Messbereich vorhandenen Materie sind.

Anfangs bei Raumtemperatur durchgeführte Experimente an unverdünnten Alkin-terminierten SAMs zeigten, dass der durch die Click-Reaktion stattgefundene Zu-wachs der Schichtdicke deutlich geringer ausfiel als erwartet. Ausgehend von einer Schichtdicke von 20.3 Å, die gut mit dem berechneten Wert (18.8 Å) für den unmodi-fizierten SAM übereinstimmte, kam es durch die Reaktion mit dem Azid nicht zu der erwarteten Schichtdickenzunahme von 18.6 Å (Tabelle 1).

Verhältnis 39:41a

dSAM

[Å]

calc

dSAM

[Å]

∆dclickb [Å]

∆dcalcclick [Å]

∆dBSA [Å]

1:0 20.3 ± 0.8 18.8 11.4 ± 1.0 18.6 4.9 ± 0.8

1:3 20.3 ± 0.6 17.2 9.2 ± 0.7 4.7 8.3 ± 0.5

1:4 18.9 ± 0.9 17.0 7.0 ± 1.1 3.7 11.2 ± 0.8

0:1 16.0 ± 2.4 16.6 -0.6 ± 1.0 0 nicht bestimmt

a Verhältnis in der Abscheidungslösung b Reaktion über Nacht (t=15-16h)

Tabelle 1: Click-Reaktion mit Azid 32 an verdünnten Alkin-terminierten SAMs und BSA- Adsorption auf den modifizierten Schichten.

Im Vergleich zu unbeschichteten Goldsubstraten zeigten die hier erhaltenen SAMs mit 4.9 Å adsorbiertem Protein zwar eine signifikant verminderte Adsorption, jedoch keine vollständige Resistenz.

Zunächst wurde überprüft, ob das beobachtete Verhalten der modifizierten Schichten auf eine zu hohe Oberflächenkonzentration von Alkin-Funktionen zurückzuführen

war. Bei zu geringem Abstand zwischen zwei benachbarten Reaktionszentren kann es zu ungünstigen sterischen Wechselwirkungen zwischen den Reaktanden kom-men. Dies kann zu einer unvollständigen Umsetzung der an der Oberfläche angebo-tenen Alkin-Funktionen zum Triazol führen und damit zu einer geringeren Dichte von OEG-Gruppen an der Oberfläche. Hieraus würden eine verminderte optische Schichtdicke und die unvollständige Proteinrepulsivität resultieren. Ein derartiges Verhalten wurde für analoge Reaktionen auf Azid-terminierten SAMs beobachtet.225 Hier wurden durch die Click-Reaktion nur Oberflächenbelegungen von ca. 50 % erreicht. Um eine zu hohe Dichte von Alkingruppen an der Oberfläche und die hier-aus resultierenden störenden sterischen Effekte zu vermeiden, wurde die Reaktion unter den gleichen Bedingungen mit verdünnten Alkin-terminierten SAMs wiederholt.

Die durch die Reaktion auftretenden Schichtdicken-Zuwächse waren jedoch wider Erwarten höher als die theoretischen Werte.

Da eine mögliche Nebenreaktion des Azids mit dem Verdünnungsmolekül ausge-schlossen werden konnte, war es während der SAM-Bildung wahrscheinlich zu einer Anreicherung der Alkin-terminierten Spezies in der Monoschicht gekommen. Hier-durch wäre erklärbar, dass mehr Azid als erwartet gebunden wurde. Die Annahme einer gleichen Verteilung der schichtbildenden Moleküle in Abscheidungslösung und resultierender Monoschicht war offensichtlich nicht korrekt. Es war daher nicht mög-lich, verdünnte SAMs definierter Zusammensetzung durch simultanes Abscheiden der Verbindungen 39 und 41 zu erhalten. Auch konnte nicht geklärt werden, ob beide Moleküle wirklich statistisch gemischt in der Schicht vorlagen, oder ob Domänenbil-dung aufgetreten ist. Bei der DomänenbilDomänenbil-dung handelt es sich um die Segregation beider Schichtkomponenten, die zu einer Entmischung des SAMs führt.368,369

Verglichen mit den modifizierten unverdünnten SAMs fiel die BSA-Resistenz der verdünnten Systeme deutlich geringer aus. Dies deutete darauf hin, dass die Ober-flächenkonzentration an OEG-Gruppen bei den verdünnten SAMs trotz des zu hohen Werts für ∆dClick insgesamt zu niedrig war, um die Anbindung des Proteins wirksam zu unterdrücken. Hieraus wurde geschlossen, dass die Verdünnung des Alkin-SAMs generell dazu führt, dass die modifizierten Schichten zu wenige OEG-Kopfgruppen tragen, um proteinrepulsives Verhalten zu zeigen. Aus diesem Grund und um even-tuelle Effekte einer Domänenbildung auf die Reaktion auszuschließen, wurden alle weiteren Untersuchungen an unverdünnten, definiert zusammengesetzten Alkin-terminierten SAMs aus Verbindung 39 durchgeführt. Die Reaktion auf unverdünnten

SAMs sollte gleichzeitig Information über die maximal erreichbare Schichtdickener-höhung geben.

Als nächstes wurde überprüft, ob ein Anheben der Reaktionstemperatur zu einer Erhöhung der Oberflächenbelegung mit OEG-Gruppen führt und ob hierdurch eine Verbesserung der proteinrepulsiven Eigenschaften der resultierenden Filme erzielt werden kann. Nachdem geklärt wurde, dass die Alkin-terminierten SAMs in Aceto-nitril selbst bei einer Temperatur von 80 °C keine signifikante Desorption zeigen,365 wurde die Click-Reaktion bei erhöhten Temperaturen durchgeführt. Wie Tabelle 2 zu entnehmen ist, hat die Reaktionstemperatur nur einen geringen Einfluss auf die auftretende Zunahme der Schichtdicke.

Temperatur [°C]

dSAM

[Å]

∆dClick

[Å]

∆dBSA

[Å]

tReaktion

[h]

25 20.3 ± 0.8 11.4 ± 1.0 4.9 ± 0.8 15 40 19.2 ± 0.6 11.5 ± 0.9 2.0 ± 0.9 15 50 17.8 ± 0.7 14.9 ± 1.6 0.5 ± 2.6 16 60 16.3 ± 1.2 13.1 ± 1.9 -1.0 ± 2.2 15

Tabelle 2: Einfluss der Reaktionstemperatur auf die Click-Reaktion an SAMs aus Verbindung 39 und die BSA-Resistenz der resultierenden Schichten.

Selbst bei den höchsten Temperaturen entspricht der gemessene Zuwachs nur etwa 70 % des berechneten Maximalwerts von 18.8 Å. Dies bedeutet, dass 70 % der angebotenen Alkingruppen an der Reaktion teilgenommen haben. Anders verhält es sich mit der Repulsivität der SAMs gegenüber BSA. Hier ist ein deutlicher Trend zu verminderter Adsorption bei höheren Reaktionstemperaturen zu erkennen. Die Diskrepanz zwischen der sich kaum verändernden Schichtdicke ∆dClick und der steigenden BSA-Repulsivität legt nahe, dass es während der Reaktion zu einer Veränderung der Struktur der angebundenen OEG-Schicht kommt. Offensichtlich findet die Anbindung des Azids an den SAM schon bei geringen Temperaturen statt.

Möglicherweise liegt hier eine den Intermediaten b oder c in Schema 36 entspre-chende Zwischenstufe vor, die erst bei erhöhter Temperatur zum Triazol reagiert. Da die Biorepulsivität eines SAMs entscheidend von der Struktur der OEG-Schicht

beeinflusst wird, kann davon ausgegangen werden, dass auch die mit diesem Pro-zess verbundene Umstrukturierung des OEG-Bereichs Auswirkungen auf die BSA-Adsorption hat. Es kann jedoch auch nicht ausgeschlossen werden, dass das Protein an die Metall-Zentren solcher kupferhaltigen Intermediate bindet und so auf der Oberfläche immobilisiert wird. Kupferverbindungen sind dafür bekannt, Proteine unter Denaturierung zu binden, was für einen solchen Vorgang spricht.370,371

Da eine vollständige Repulsivität der Schichten ab einer Reaktionstemperatur von 50 °C beobachtet wurde, wurden alle nachfolgenden R eaktionen bei 50 °C durchge-führt.

Nach Optimierung der Reaktionstemperatur wurde die optimale Reaktionszeit für die Click-Reaktion ermittelt. Hierzu wurden eine Reihe von Versuchen mit unterschied-lichen Beschichtungsdauern durchgeführt. Die Ergebnisse sind in Abb. 53 darge-stellt.

Abb. 53: Einfluss der Reaktionszeit auf die Schichtdicke und die BSA-Repulsivität.

Es ist zu erkennen, dass sich die Schichtdickenzunahme im Rahmen der Messge-nauigkeit nach circa zwei Stunden nicht mehr signifikant veränderte. Vollständige Repulsivität gegenüber BSA zeigten die Proben allerdings erst nach einer Reak-tionszeit von etwa acht Stunden. Vermutlich ist dieses Phänomen auf den gleichen Struktur-Effekt zurückzuführen, der oben für die temperaturabhängigen Messungen diskutiert wurde. Um einen möglichst vollständigen Abschluss der Click-Reaktion auf

den Alkin-terminierten SAMs zu gewährleisten, wurde als optimale Reaktionszeit eine Dauer von 16 h festgelegt.

Schichten, die durch das Immobilisieren von Molekülen mit OEG-Kopfgruppen gebildet wurden, zeigten, verglichen mit den über die Click-Methode funktionalisier-ten SAMs, eine signifikant niedrigere OEG-Oberflächendichte und keine vollständige BSA-Repulsivität.365 Die Hypothese einer höheren Packungsdichte der Schicht und damit verbunden einer höheren Oberflächenkonzentration aktiver Kopfgruppen bei nachträglich funktionalisierten Monoschichten konnte daher bestätigt werden.