• Keine Ergebnisse gefunden

Operationalisierung von Nutzeneffekten

Bulwien (2003) typisiert in seiner Studie die ökonomischen Effekte nach dem Nutzen aus Leistungserstellung, Leistungsinanspruchnahme und leistungsexternen Effekten. Die Leis-tungserstellung umfasst alle Aktivitäten der Unternehmen, die den Flughafen als lnfra-struktureinrichtung unterhalten, so beispielsweise die Flughafenbetreiber, die Fluggesellschaften sowie alle am Flughafen tätige Unternehmen, wie Hotels, Gaststätten, Autoverleihfirmen usw. Die Wertschöpfung resultiert einerseits aus einer möglichen Bau-phase (Bau einer zusätzlichen Start- und Landebahn, Bau eines weiteren Terminals) und der Betriebsphase. Daraus ergeben sich Nutzen aus Gewinnen, Zinsen, Einkommen, zu-sätzliche Steuereinnahmen sowie zuzu-sätzlicher Beschäftigung bzw. Verringerung der Ar-beitslosigkeit. Daneben weist Bulwien (2003) auch auf zusätzliche Effekte hin, die bei einem Ausbau oder einer Modernisierung des Flughafens entstehen, wie beispielsweise Nutzen aus effizienteren Arbeitsabläufen und Einsatz von innovativen technischen Ent-wicklungen.

Bei den Effekten der Leistungsinanspruchnahme kann zwischen den Nutzen für Konsu-menten und für Produzenten unterschieden werden. Die KonsuKonsu-menten profitieren bei-spielsweise von der größeren Warenvielfalt durch den Luftverkehr, durch Zeitersparnisse im Reiseverkehr und die Erweiterung der Reisemöglichkeiten. Der Nutzen der Produzen-ten besteht z. B. in der Erschließung neuer Märkte, in der günstigeren Verwendung von Leistungen, in der Nutzung von Innovationsnetzwerken sowie der Wertschöpfung von zu-sätzlich angesiedelten flughafenaffinen Unternehmen.

Leistungsexterne Effekte resultieren aus den Standortvorteilen, die durch den Flughafen entstehen, so beispielsweise durch eine verbesserte Verkehrsinfrastruktur oder eine Stei-gerung des Images der Region.

Die Nutzen der Leistungserstellung, Leistungsinanspruchnahme und die leistungsexternen Effekte können auch als direkte, indirekte, induzierte und katalytische Effekte operationali-siert werden (siehe Abbildung 1).

Direkte Effekte des Flughafens sind die Investitionen, die laufenden Betriebsausgaben, Einkommen und Beschäftigung von Unternehmen sowohl innerhalb des Flughafengelän-des (,.on-site") als auch außerhalb Flughafengelän-des FlughafengelänFlughafengelän-des mit einer ökonomischen oder geographischen Affinität zum Flughafen (,.off-site").

18

Abbildung 1: Der Flughafen als Wirtschaftsfaktor für die Region: Okonomische Wir-kungskomponenten

Diese Abgrenzung (vgl. ACI 1998, ACI 2000) wird zumeist in den empirischen Studien für Europa und die USA verwendet (vgl. ACI 1998, ACI 2002, ACI 2004). Die für Deutschland verfügbaren Studien für Hannover, Nürnberg, München, Frankfurt/M, Köln und Hamburg (Hübl, et al. 2001, Bulwien 1998a, Bulwien 1998b, Bulwien, et al. 1999, Baum, et al. 1998, Aring 2001) haben für die empirische Analyse der ökonomischen Effekte die engere Ab-grenzung (.on-site") verwendet, da eine Erfassung der flughafenaffinen Unternehmen im Umland des Flughafens problematisch ist. Zunächst ist dabei zu definieren, welche Krite-rien für die Abgrenzung gewählt werden. Pagnia (1992) legt in seiner Studie einen Affini-tätsgrenzwert im Hinblick auf den Einfluss der Flughafennähe fest, der aus den Befragungsergebnissen der Unternehmen im Umland des Flughafens Düsseldorf und Köln/Bonn abgeleitet wurde. Baum, et al. (1998) definieren in ihrer Studie als flughafenaf-fin solche Unternehmen, .die den Flughafen als unabdingbar ansehen und entweder bei Einschränkung des Flugbetriebs abwandern worden, oder bei Nicht-Existenz des Flugha-fens sich woanders angesiedelt hätten."(S. 182).

In einer Studie für den Flughafen Leipzig/Halle hat Konopka (2001, S. 64) drei Kriterien für luftverkehrsaffine Unternehmen genannt:

• Der Standort des Unternehmens befindet sich im Flughafenverflechtungsbereich.

• Das Unternehmen erzielt durch die Nutzung des Flughafens (für Geschäftsreisen und/oder Luftfrachttransporte) komparative Vorteile.

• Das Unternehmen bezeichnet selbst als luftverkehrsaffin.

• Als Flughafenverflechtungsbereich wird von Konopka (2001) vorgeschlagen, das Untersuchungsgebiet zu wählen, das vom Flughafen Leipzig/Halle in 60 Minuten per PKW (Verflechtungsbereich 1) oder in 90 Minuten per LKW (Verflechtungsbe-reich II) zu er(Verflechtungsbe-reichen ist.

Die Problematik bei der Datenerhebung zur Ermittlung des Beitrags flugverkehrsaffiner Unternehmen besteht darin, dass

1. eine einheitliche Abgrenzung des Flughafenumlandes (z. B. Erreichbarkeit in 30 Minuten) gefunden werden muss.

2. eine geeignete Definition für Flughafenaffinität auszuwählen ist.

3. die Grundgesamtheit der Unternehmen in dieser Region verfügbar ist und eine möglichst geschichtete Zufallsstichprobe ausgewählt werden kann, um die Reprä-sentativität zu sichern.

4. die Antwortbereitschaft der Unternehmen im Hinblick auf die statistische Erhebung zu Investitionen, Betriebsausgaben und Arbeitsplätzen möglichst hoch sein sollte, um Verzerrungen bei der Hochrechnung der Ergebnisse vermeiden bzw. minimie-ren zu können.

Die direkten Effekte beziehen sich zunächst auf den Kernbetrieb des Flughafens, die un-mittelbar mit der Durchführung des Flugverkehrs verbunden sind. Dazu gehören (Bulwien 2003):

• Luftverkehrsgesellschaften

• Bodenverkehrsdienste

• Flugsicherung

• Hoheitliche Aufgaben (Polizei, Zoll, Bundesgrenzschutz, u. a.)

• Wartungsdienste

• Catering.

Neben diesen Kerntätigkeiten gehören zu den direkten Effekten auch die Aktivitäten, die nicht unmittelbar mit dem Flugverkehr zusammenhängen, aber auf den Flughafen ange-wiesen sind, so beispielsweise

• Speditionen

• Reisebüros

• Dienstleistungsunternehmen (Banken, ärztliche Versorgung, u. a.)

• Hotels und Gastronomie

• Autovermietungsgesellschaften

• Parkhäuser

• Vermietung von Konferenzräumen.

20

Gerade in der politischen Diskussion wird oftmals nicht beachtet, dass nicht nur die direk-ten Effekte von entscheidender ökonomischer Bedeutung sind, sondern auch die indirek-ten und induzierindirek-ten Effekte ermittelt und diskutiert werden müssen, um geplante Maßnahmen, beispielsweise Ausbau und Optimierung der Flughafenaktivitäten, rational bewerten zu können.

Indirekte Effekte entstehen in der Gesamtwirtschaft und den einzelnen Regionen dadurch, dass durch die Unternehmen am Flughafen Aufträge an Unternehmen im Flughafenum-land, in Deutschland und im Ausland vergeben werden, die wiederum Vorleistungen von anderen Unternehmen beziehen und somit in einer Wertschöpfungskette zu Multiplikator-effekten führen. Daraus resultieren zusätzliche Produktion, zusätzliches Einkommen und zusätzliche Arbeitsplätze sowie auch fiskalische Wirkungen.

Neben den indirekten Effekten entstehen auch induzierte Effekte, die insbesondere auf-grund von Multiplikatorwirkungen der Konsumausgaben entstehen. Durch die Konsum-ausgaben der Flughafenbeschäftigten und der Arbeitnehmer, die für Aufträge der Flughafen-Arbeitsstätten tätig sind, entstehen wiederum zusätzlich Produktion, Einkom-men, Arbeitsplätze und Steuern in der Wertschöpfungskette.

Direkte, indirekte und induzierte Effekte entstehen insbesondere bei der Leistungserstel-lung (Bulwien, 2003). In dieser Systematik werden jedoch Anpassungsreaktionen auf Ver-änderungen der Produktionsstruktur nicht erfasst, wie beispielsweise Produktivitätsgewinne von Unternehmen, Erträge aus Kuppelproduktion oder Veränderun-gen in der Qualität der VorleistunVeränderun-gen.

Effekte aus der Leistungsinanspruchnahme und leistungsexterne Effekte sind vor allem Standorteffekte oder katalytische Effekte. Eine Operationalisierung und Messung dieser Effekte ist außerordentlich schwierig, da Einflussgrößen wie Image, Qualität der Verkehrs-infrastruktur, Zugang zu Märkten, Lebensqualität und andere qualitative Merkmale vor al-lem weiche Standortfaktoren sind. Obzwar eine exakte Quantifizierung in Werteinheiten problematisch ist, sind sie ein bedeutsamer Aspekt in einem multidimensionalem Bewer-tungssystem für den Vergleich von Flughäfen bzw. für die Beurteilung wichtiger Verände-rungen bei der Entwicklung eines Flughafens (z. B. Ausbau vs. Nicht-Ausbau).