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Abbildung 5.6: Dynamisches Modell auf einer schematischen Potentialfl¨ache ent-lang der Protonentransfer- und der Torsionskoordinate.
folgender innerer Konversion. Zur Vereinfachung wird diese als energieunabh¨angig angenommen.
Die Energierelaxation wird mit dem Geschwindigkeitskoeffizienten kr beschrie-ben. Unter Annahme eines harmonischen Potentialtopfes von A* 94 erfolgt der Ubergang¨ A∗h −→2kr A∗p doppelt so schnell der ¨Ubergang A∗p −→kr A∗c. Da die anf¨angliche ¨Uberschussenergie bez¨uglich des Schwingungsgrundzustands in A*
2000 cm−1 betr¨agt, entsprechen die Zust¨ande A∗p, A∗h und A∗c einem bzw. zwei Quanten einer fiktiven Schwingungsmode von 1000 cm−1. Nat¨urlich spiegelt diese
energetische Aufspaltung nicht die realistische Schwingungsstruktur des Potenti-als wider. Eine feinere Energieunterteilung w¨are vermutlich angebracht, allerdings w¨are die L¨osung der daraus resultierenden kinetischen Differentialgleichungen er-schwert.
Differentialgleichungssystem
Der ¨Ubersichtlichkeit wegen ist das Energieschema mit den dynamischen An-nahmen des Modells noch einmal in Abbildung 5.7 zweidimensional dargestellt.
Darin finden sich auch die Energien der 0-0- ¨Uberg¨ange zwischen Grund- und an-geregtem Zustand der einzelnen Spezies, die Anregungsenergie von 25000 cm−1, sowie die Fluoreszenz aus dem Zustand I* mit der inversen Strahlungslebens-dauer kI. Die Lebensdauer f¨ur Emission aus A* kann vernachl¨assigt werden, da sie wesentlich kleiner als kr, kh, kp und kT ist. Wie das station¨are Fluoreszenz-spektrum beweist (siehe 2.3) ist dar¨uberhinaus die Emissionsquantenausbeute
Abbildung 5.7: Dynamisches Modell anhand eines schematischen Energieniveau-diagramms (Energetische Niveaus und Barrieren entsprechen nicht den tats¨ ach-lichen Werten. Diese Darstellung soll lediglich der Verdeutlichung des Modells dienen.).
5.2. DYNAMISCHES MODELL 105 von A* ¨außerst gering. Sie betr¨agt sch¨atzungsweise bei Zimmertemperatur weniger als 1 %. A* wird haupts¨achlich ¨uber den Protonentransfer und innere Konversion desaktiviert. Die Konversion vom Grundzustand I zu A erfolgt mit der Geschwindigkeitskonstanten kφ. Die Photokonversion zu B* und schließlich B wird nicht betrachtet, da sie deutlich langsamer als alle betrachteten Prozesse und daher f¨ur das Modell irrelevant ist.
F¨ur jeden Zustand wird eine Differentialgleichung formuliert, die die ¨ Ande-rung seiner Population beschreibt. F¨ur die Schwingungszust¨ande A∗h, A∗p und A∗c ergeben sich folgende Zeitgesetze:
d[A∗h]
dt =−kγ[A∗h] mit kγ =kT + 2·kr+kh, (5.9)
d[A∗p]
dt =−kα[A∗p] + 2·kr[A∗h] mit kα =kT +kr+kp, (5.10) sowie
d[A∗c]
dt =−kT [A∗c] +kr[A∗p]. (5.11)
F¨ur die Populations¨anderung von I* und I finden sich die Ausdr¨ucke:
d[I∗]
dt =kh[A∗h] +kp[A∗p]−kI[I∗], (5.12)
d[I]
dt =kI[I∗]−kφ[I]. (5.13) Aus diesem Satz gekoppelter Differentialgleichungen ergeben sich die folgen-den Beziehungen f¨ur den zeitabh¨angigen Populationsfluss jeder Spezies. Dabei wurde angenommen, dass die Zust¨ande A∗p und A∗c zum Zeitpunkt t= 0 ps nicht besetzt sind.
[A∗h(t)]
[A∗h(0)] =e−kγt, (5.14)
[A∗p(t)]
F¨ur alle Simulationen wurden basierend auf dem vorgestellten Differentialglei-chungssystem die folgenden Annahmen gemacht. Die Desaktivierung von A* er-folgt lediglich strahlungslos ¨uber den Protonentransfer und innere Konversion (Torsion), d. h. kA kT, kr, kh, kp. Die Geschwindigkeitskonstante f¨ur die Torsi-on wird zu kT = 1/0.3 ns festgelegt. Dies ist das Ergebnis verschiedener Messun-gen zur Fluoreszenzlebensdauer32,46,95,48,37und den in dieser Arbeit vorgestellten TCSPC-Experimenten. kI entspricht der inversen Strahlungslebensdauer von I*
– sie betr¨agt in allen Simulationen kI = 1/3.3 ns. Der Anteil der instantanen Emission ¨uber nicht-vertikale Anregung A→I* und durch Direktanregung von B* wurde aus Fluoreszenzkonversionsexperimenten31 abgesch¨atzt. Das Verh¨ alt-nis [I∗(0)]/[A∗(0)] betr¨agt demnach 0.74. Bei t = 0 ps gilt [I∗(0)] = 1−[A∗(0)].
Es sollte weiterhin beachtet werden, dass das Experiment nicht auf die einzelnen Schwingungszust¨ande A∗h, A∗p und A∗c sensitiv ist. Stattdessen wird die Emission von A* grunds¨atzlich als die Summe von A∗h, A∗p und A∗c detektiert.
F¨ur die Simulationen verbleiben lediglichkr,kh undkpals anpassbare Parameter,
5.2. DYNAMISCHES MODELL 107 um die Transienten und die differentiellen Transmissionsspektren zu reproduzie-ren. Das Modell sollte außerdem sowohl die Fluoreszenzlebensdauer-Messungen von I* und A* reproduzieren als auch die Daten aus Fluoreszenzkonversionsex-perimenten von Chattoraj et al.31 wiedergeben.
Simulation der zeitabh¨angigen Signale
F¨ur die Simulation wurden Signale bei Wellenl¨angen gew¨ahlt, die selektiv nur einen Zustand nachweisen. F¨ur die Dynamik von I* wurde ein Signal bei 530 nm gew¨ahlt, die von A* wird durch die transiente Absorption bei 669 nm wiederge-geben. Die Wahl der Probewellenl¨ange zu 530 nm garantiert, dass die stimulierte Emission ausschließlich von I* stammt. Sie umgeht die Beimischung der tran-sienten Absorption bei Wellenl¨angen von λ > 630 nm, sowie die Beitr¨age der transienten Absorption von I* (∼500 nm) und der stimulierten Emission von A*
(< 496 nm). Die Wahl der Transienten bei 669 nm ist aus den gleichen Gr¨unden f¨ur die Dynamik von A* geeigneter als eine Nachweiswellenl¨ange von 480 nm, da bei letzterer Wellenl¨ange die transiente Absorption von I* die stimulierte Emis-sion von A* ¨uberlagert.
Abbildung 5.8 zeigt die ausgew¨ahlten Signale mit ihren jeweiligen Simulationen nach dem vorgestellten Modell. Das Signal bei 530 nm konnte dabei mit den Zeit-konstanten f¨ur den Protonentransfer 1/kh = 5.0 ps und 1/kp = 13 ps simuliert werden, f¨ur die Schwingungsrelaxation ergab sich 1/kr = 23 ps. F¨ur die Dynamik von A*, die durch das Signal bei 669 nm repr¨asentiert ist, ergeben sich sehr ¨ ahn-liche Zeitkonstanten: 1/kh = 6.5 ps, 1/kp = 13 ps sowie 1/kr = 23 ps. Abbildung 5.8 belegt die sehr gute ¨Ubereinstimmung zwischen Experiment und Simulation.
Die Daten aus fluoreszenzspektroskopischen Untersuchungen von Chattoraj et al. sind ebenfalls als d¨unne Linien dargestellt. Sie geben das in der vorliegenden Arbeit beobachtete dynamische Verhalten gut wieder. Die Abweichungen, die in Abbildung5.8 erkennbar sind, lassen sich darauf zur¨uckf¨uhren, dass sie bei ande-ren Wellenl¨angen (508 nm und 460 nm) detektiert wurden als die Pump-Probe-Signale. Die ¨Ubereinstimmung zwischen dem Pump-Probe-Signal bei 669 nm und dem Fluoreszenzsignal von Chattoraj et al. bei 460 nm belegt sehr deutlich die korrekte Zuweisung der transienten Absorption zum Zustand A*.
Die Simulation des Fluoreszenzabklingverhaltens auf einer Piko- bis Nanose-kundenzeitskala ist in Abbildung5.9dargestellt. Gezeigt sind die Simulationen f¨ur A* und I*, die nach den Gleichungen5.14bis5.17berechnet wurden. Erwartungs-gem¨aß sagt das Modell das richtige Abklingverhalten von I* mit kI = 1/3.3 ns sowie von A*kT = 1/0.3 ns voraus. Dieses Ergebnis zeigt, dass das Modell das in verschiedenen Experimenten32,36,40 beobachtete Verhalten der Dynamik
gegen-¨uber Deuterierung richtig wiedergibt. Die Konstanten kI und kT, die den Lang-zeitbereich dominieren, k¨onnen von einem Isotopenaustausch nicht beeinflusst werden, da sie nicht mit der Protonenbewegung verbunden sind.