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Numerische Methoden

Zur Auswertung der in Kapitel 4 und 5 vorgestellten Experimente zum Disper-sionsmanagement wurden zahlreiche numerische Simulationen durchgef¨uhrt. Die dabei verwendeten Methoden wurden mit Hilfe des Programmpakets MATLAB implementiert und werden hier kurz vorgestellt. Die numerische Integration der 1D Gross-Pitaevskii Gleichung mit periodischem Potential (1.31) erm¨oglicht zu-dem eine ¨Uberpr¨ufung der Vorhersagen der effektive Masse Theorie aus Ab-schnitt 1.4.1.

1.5.1 Numerische Bestimmung der Bandstruktur und der Blochfunktionen

Zun¨achst werden die Bandstruktur und die Blochfunktionen f¨ur Atome in einem periodischen Potential numerisch bestimmt. Dabei wird von einer Entwicklung des periodischen Potentials und der Blochfunktionen nach ebenen Wellen Ge-brauch gemacht [AM01]. Die lineare Schr¨odingergleichung 1.9 kann dann im Im-pulsraum gel¨ost werden. Aus der Bandstruktur lassen sich durch Differentiation nach dem Quasiimpuls Gruppengeschwindigkeit und effektive Masse bestimmen, die als Parameter in die effektive-Masse-Theorie eingehen.

Die Entwicklung des periodischen Potentials 1.8 nach ebenen Wellen hat die Form

V(x) = X

K0

VK0eiK0x =VQeiQx+V−Qe−iQx+ const. (1.41) wobeiQ= 2kL ein reziproker Gittervektor undVQ =V−Q =V0/4 die reellen Ent-wicklungskoeffizienten des Potentials sind. Ebenso k¨onnen die Blochfunktionen

entwickelt werden:

Φn,k(x) =eikxun,k(x), un,k(x) = X

K

ck−Ke−iKx. (1.42) Dabei wurde verwendet, daß das periodische Potential nur ebene Wellen kop-pelt, die sich um einen reziproken Gittervektor K = m·Q unterscheiden (m = 0,±1,±2, . . .). F¨ur gegebenen Quasiimpulsk ergibt sich durch Einsetzen der Ent-wicklungen in 1.9 und Ausnutzen der Orthogonalit¨at der ebenen Wellen folgende Schr¨odingergleichung im Impulsraum:

¯ h2

2m(k−K)2ck−K+VQck−K−Q+V−Qck−K+Q =Eck−K. (1.43) Dieses Gleichungssystem wird unter Ber¨ucksichtigung einer hinreichend großen Zahl reziproker Gittervektoren numerisch diagonalisiert (f¨urV0 ∼Er reichen die typischerweise verwendeten |m| ≤ 15 bei weitem aus) . Dies liefert die Eigen-vektoren cn,k−K, aus denen sich die Blochfunktionen Φn,k(x) bestimmen lassen.

Die zugeh¨origen Eigenwerte En entsprechen den Energien En(k) der n niedrig-sten B¨ander beim Quasiimpuls k. Die gesamte Bandstruktur ergibt sich durch Wiederholen der Prozedur f¨ur allek in der ersten Brillouinzone. Die in Abb. 1.3 gezeigte Bandstruktur wurde auf diese Weise berechnet.

1.5.2 Numerische Integration der Gross-Pitaevskii Gleichung in einer Dimension

Die Dynamik eines Bose-Einstein Kondensats im periodischen Potential soll nu-merisch simuliert werden. Dazu muß die Gross-Pitaevskii Gleichung mit periodi-schem Potential f¨ur eine gegebene Anfangswellenfunktion integriert werden.

Die Zeitentwicklung einer quantenmechanischen Wellenfunktion ist durch den ZeitentwicklungsoperatorU(t1, t0) bestimmt [Sak94]:

Ψ(x, t1) = ˆU(t1, t0)Ψ(x, t0). (1.44) F¨ur einen zeitunabh¨angigen Hamiltonoperator ist

U(t1, t0) = exp

Zur numerischen Integration wird das Zeitintervall (t1 −t0) in kleine Zeitschrit-te dt unterteilt: (t1 −t0) = Nsdt. Der infinitesimale Zeitentwicklungsoperator U(dt) = exp[−¯hiHdt] kann nun f¨ˆ ur jeden Zeitschritt erneut ausgewertet und auf die Wellenfunktion angewandt werden. Dadurch lassen sich auch zeitabh¨angige Probleme integrieren.

Zur Integration der Gross-Pitaevskii Gleichung wurde eine sog.

”spektrale Methode“ verwendet [Hil01, SS86]. Dabei wird der Hamiltonoperator ˆH in einen kinetischen Term K(ˆp) und einen orts- und zeitabh¨angigen TermV(ˆx, t) zerlegt:

Hˆ =− pˆ2

Das Ziel ist nun, K(ˆp) im Impulsraum und V(ˆx, t) im Ortsraum auszuwerten.

Dazu wird der infinitesimale Zeitentwicklungsoperator aufgeteilt,

U(dt) =e¯hiHdtˆ 'e¯hiK( ˆp)dt/2e¯hiVx,t)dte¯hiK( ˆp)dt/2+O(dt3) (1.47) wobei ein Fehler in Kauf genommen werden muß, da ˆxund ˆpnicht kommutieren.

Durch das symmetrische Aufteilen der Operatoren wird der Fehler von der Ord-nungdt2 auf die Ordnung dt3 erniedrigt. Da der kinetische Term im Impulsraum diagonal ist, kann er leicht mit Hilfe einer Fouriertransformation ausgewertet werden,

wobei F die Fouriertransformation bezeichnet. Dadurch reduziert sich der Auf-wand zur Berechnung des kinetischen Terms auf zwei Fouriertransformationen und eine Multiplikation mite¯hi p

2

2mdt/2. Der ortsabh¨angige Terme¯hiV(x,t)dtΨ0(x, t) kann direkt durch Multiplikation im Ortsraum ausgewertet werden. Wird nun noch die inverse Fouriertransformation am Ende jedes Zeitschritts mit der Fou-riertransformation am Anfang des n¨achsten Zeitschritts kombiniert, so ergibt sich f¨ur die volle Simulation der Ns Zeitschritte

Ψ(x, t1) = ˆP1/2R(t)ˆ h Dabei ist ˆR(t) aufgrund der Nichtlinearit¨at f¨ur jeden Zeitschritt erneut zu be-stimmen.

F¨ur die numerische Simulation muß nun noch die Gr¨oße des Zeitschritts dt und der Ortsaufl¨osung dx geeignet gew¨ahlt werden. Die Ortsaufl¨osung ist durch die Periode des Potentials bestimmt: typischerweise wurden 214 Punkte auf 1020

Perioden des optischen Gitters verteilt. Jede Gitterperiode von 390 nm wird da-mit durch rund 16 Punkte repr¨asentiert (dx = 24.3 nm). Der Ortsaufl¨osung dx entspricht eine EnergieskalaEmax = ¯h2/2m(dx)2. Die Gr¨oße des Zeitschritts wur-de entsprechend zu

dt∼0.1 ¯h

Emax = 0.12m(dx)2

¯

h (1.53)

gew¨ahlt, typischerweise dt = 200 ns. F¨ur diese Parameter hat sich die hier dar-gestellte spektrale Methode zur Integration der 1D Gross-Pitaevskii Gleichung in der Implementierung mit MATLAB als ca. f¨unf mal schneller und deutlich stabiler erwiesen als die im Programmpaket mitgelieferten ode-solver basierend auf Runge-Kutta Verfahren.

Abbildung 1.9 zeigt Ergebnisse einer Simulation mit den oben angegebenen numerischen Parametern. Die Atomzahl in der Anfangswellenfunktion Ψ(x, t= 0) wurde so gew¨ahlt, daß nach der effektiven Masse Theorie f¨ur die Einh¨ullende A(x, t) ein Soliton erster Ordnung erwartet wird. Die Simulation wurde in drei Schritte unterteilt, um den Pr¨aparationsprozeß des Kondensats im optischen Git-ter entsprechend dem experimentellen Vorgehen (siehe Abschnitt 1.2.3 und Ka-pitel 5) zu simulieren:

1. Im ersten Schritt wird das periodische Potential f¨ur 0.8 ms mit einer linearen Rampe von V0 = 0 auf V0 = Er angeschaltet. Damit wird das Kondensat im niedrigsten Energieband beik0 = 0 pr¨apariert.

2. Das periodische Potential wird in 2.4 ms mit einer konstanten Beschleuni-gung von einer Geschwindigkeitv = 0 aufv =vr = 5.88 mm/s beschleunigt.

Dadurch wird das Kondensat im niedrigsten Band am Rand der Brillouin-zone (k0 =kL) pr¨apariert.

3. Im dritten Schritt propagiert das Wellenpaket f¨ur eine variable Zeit t am Rand der Brillouinzone.

Abb. 1.9 zeigt, daß das Verhalten des Wellenpakets den Vorhersagen der effektive-Masse-Theorie entspricht: das Wellenpaket zerfließt nicht, die Einh¨ullende zeigt die charakteristische sech-Form eines Solitons 1. Ordnung. Der Pr¨aparationsprozeß st¨ort die Ausbildung des Solitons offenbar nicht, obwohl er mit einer Dauer von insgesamt 3.2 ms in Abb. 1.9 nur unwesentlich k¨urzer als die nichtlineare Zeit tN L = 4.8 ms ist. Um die Propagation des Wellenpakets im Zentrum der Bril-louinzone zu untersuchen, kann der 2. Schritt weggelassen werden: in diesem Fall zerfließt das Wellenpaket, da sich Dispersion und Nichtlinearit¨at nicht kompen-sieren k¨onnen.

Die Konvergenz der numerischen Simulation wurde getestet, indem die Orts-aufl¨osung dx nochmals halbiert und dt entsprechend gesenkt wurde. Das Re-sultat der Simulation ¨andert sich dadurch nicht. W¨ahrend die eindimensionale

a)

b)

c)

d)

Abbildung 1.9: Ergebnis der numerischen Integration der 1D Gross-Pitaevskii Glei-chung mit periodischem Potential f¨ur V0 = Er, ω = 2π ×100 Hz und ein sech-Anfangswellenpaket mit x0 = 5 µm und N = 195 Atomen. Die x-Koordinate ist je-weils im Bezugssystem des periodischen Potentials angegeben. (a) Wellenpaket nach t = 9.3tsol = 71 ms Propagation mit einem Quasiimpuls am Rand der Brillouinzone (k0 = kL). (b) Einh¨ullende des Wellenpakets aus (a) f¨ur t = 0 (durchgezogen) und f¨ur t= 71 ms (gepunktet). Die Einh¨ullende wurde durch Mittelung des Wellenpakets uber eine Periode des Potentials bestimmt. Das Wellenpaket zerfließt nicht (Soliton¨ 1. Ordnung), die Einh¨ullende stimmt mit der Vorhersage der effektive-Masse-Theorie aus Abschnitt 1.4.1 hervorragend ¨uberein. (c) Dasselbe Anfangswellenpaket wie in (a), jedoch nach t=tD = 71 ms Propagation mit k0 = 0 (man beachte die andere Skalie-rung der Achsen im Vergleich zu (a)). (d) Die Einh¨ullende des Wellenpakets aus (c) f¨ur t= 0 (durchgezogen) und f¨urt= 71 ms (gepunktet). Das Wellenpaket zerfließt, da im Zentrum der Brillouinzone meff >0 ist und somit kein helles Soliton entstehen kann.

Simulation durch die explizite Modellierung des periodischen Potentials die An-wendbarkeit der effektive-Masse-N¨aherung testen kann, setzt sie nach wie vor die Eindimensionalit¨at der Propagation der Atome im Wellenleiter voraus. Die Annahme, daß keine transversalen Anregungen entstehen, kann nur durch eine zwei- oder dreidimensionale Simulation ¨uberpr¨uft werden. Eine zweidimensionale Simulation wurde in einer Arbeitsgruppe der theoretischen Physik in Konstanz durchgef¨uhrt [Hil01]. Auch in der zweidimensionalen Simulation wurden Solito-nen beobachtet, solange die Bedingung 1.30 f¨ur den transversalen Einschluß der Atome erf¨ullt ist.