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Das Nordatlantikmodell

Im Dokument CLIVAR marin (Seite 105-110)

zum Teilvorhaben 03F0246B des Verbundprojekts CLIVAR marin:

A: Rekonstruktion der Zirkulation im Atlantik von 1990 bis 1998

4. Wissenschaftlicher Stand, an den angeknüpft wurde

6.2 Das Nordatlantikmodell

Der Wärmetransport nach Norden über 30° S ist eine stabiles Resultat und beträgt 0.63-0.67 PW. Unser Assimilationsergebnis läßt sich eindeutig als sogenannter 'Warmwasserpfad' einordnen (Rintoul, 1991) . Der Transport von Bodenwasser über 20° E aus dem Weddellmeer nach Osten beträgt 13.0 Sv. Der Weddellwirbel weist zwei Wirbelzentren auf, wobei der Transport des stärkeren Wirbels zwischen 20 und 40 Sv liegt. Die Arbeiten für den Weddellwirbel wurden zügig abgeschlossen und in Manuskripten zusammengefasst (Dobrindt und Schröter, 2002a sowie Dobrindt und Schröter, 2002b).

6.2 Das Nordatlantikmodell

Das Inversmodell für den Südatlantik bildete die Basis zur Entwicklung des Nordatlantikmodells (Nechaev et al., 2003). Schwierigkeiten bereitete in erster Linie die Zeitabhängigkeit. Sie konnten mit Hilfe des AWI-Rechenzentrums gelöst werden. Ferner waren die Effekte der offenen Randbedingungen an den Modellgrenzen zu berücksichtigen.

Entsprechend den bisher erreichten Ergebnissen sollen offene Ränder weiter von der zentralen Modellregion entfernt sein. Auch muss die Auflösung des Modells in der Horizontalen im Gebiet des Golfstroms ausreichend gewählt werden. Wir sind jetzt in der Lage, auf dem Parallelrechner T3E eine Modellversion mit stark verbessertem Finite-Elemente-Gitter für die Assimilation zu nutzen.

Die neu eingeführte Methode des Sequential-Importance-Resampling- (SIR) Filters (Rubin, 1988; Gordon et al., 1993) erlaubt eine bessere Datenassimilation als andere Methoden. Hier wird ohne irgendeine Vereinfachung der Modelldynamik oder der Datenstatistiken eine vollständig nichtlineare Optimierung vorgenommen. Auf lokale oder globale Inversionen wird dabei verzichtet, so dass der Modellcode übersichtlich und effektiv ist. Dies kommt dem Vorwärtsmodell zugute, dass speicherintensiver werden kann. Alternativ dazu lässt sich die Zahl der Ensemblemitglieder erhöhen und so eine bessere Abdeckung des Phasenraums erreichen.

Eine Modellverbesserung ergab sich bei der Beschreibung von Grenzschichten. Die für stationäre Fragen gut geeignete Erweiterung der Basisfunktionen durch sogenannte Blasenfunktionen erweist sich bei unserem Modell als äquivalent zur „Galerkin Least Squares“ (GLS) Methode (Dobrindt und Schröter, 2002a). Die GLS-Methode ist traditionell bei Finite-Elemente-Verfahren. Sie lässt sich einfach berechnen und leicht interpretieren. Im Laufe der numerischen Experimente stellte sich ausserdem die Parametrisierung der Bodenreibung als besonders kritische Größe heraus.

Zur Bestimmung der Bodenreibung und freier Parameter der GLS-Stabilisierung wurde der SIR-Filter eingesetzt und ein Ensemble von Modellzuständen über ein Jahr integriert.

Monatlich wurden die Ergebnisse mit dem klimatologischen Jahresgang verglichen und das Ensemble entsprechend dem Filterverfahren korrigiert. Das Mittel aus den Modelllösungen hat eine mittlere quadratische Abweichung von etwa 0.7 Grad von der Klimatologie. Beim Salzgehalt beträgt die Abweichung etwa 0.15 psu. Verglichen mit der Streuung der Modellzustände von ebenfalls ca. 1 Grad und 0.2 psu sehen wir eine geradezu ideale Skalierung des Ensembles. Eine zu geringe Streuung bedeutet den Verlust der Kontrollierbarkeit, eine zu große Streuung dagegen führt leicht zu unrealistischen Ergebnissen bis hin zur Divergenz des Filters.

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Die aktuelle Konfiguration des Nordatlantikmodells ist in Abbildung 1 dargestellt. Die Triangulierung an der Modelloberfläche weist Verfeinerungen and den Küsten, im Bereich der Golfstromablösung bei Kap Hatteras sowie in flacheren Regionen auf. Jedes Dreieck ist die Oberseite eines Prismas, welches in der Vertikalen in bis zu 22 Unterprismen aufgeteilt ist. Die Unterprismen zerfallen ihrerseits in Tetraheder.

Das Modell wurde mit vorgeschriebenen Randbedingungen nach dem WOCE hydrographischen Datensatz (Gouretski und Jancke, 1998) sowie mit atmosphärischen Reanalysen des National Center for Environmental Prediction (NCEP) angetrieben. In das Modell wurden Meereshöhenanomalien aus Altimetermessungen mit dem SIR Filter für die Periode 1990 bis 1998 assimiliert.

Ein Ergebnis ist die freie Modelloberfläche gemittelt über den Assimilationszeitraum, die in Abbildung 2 gezeigt wird. Subtropenwirbel und Subarktischer Wirbel sind gut ausgeprägt.

Obwohl nur Altimeteranomalien assimiliert wurden, reagiert das Modell mit seinem mittleren Zustand auf die Daten. Für ein grobauflösendes Modell mit einer mittleren Maschenweite von einem Grad sind die Ergebnisse erstaunlich gut. Zu einem Teil sind sie auf die vorteilhafte Modellgeometrie mit ihrer Finite Elemente Struktur zurückzuführen.

Die modellierte Meridionalzirkulation wird in Abbildung 3 dargestellt. Sie enspricht weitgehend früheren Studien mit anderen Modellen. Ein Maximum von 20 Sv im Tiefenbereich zwischen 1000 m und 2000 m ist ein traditionelles Ergebnis. Südlich von 20° N verfälschen die Randbedingungen die Zirkulation.

Nicht traditionell ist der meridionale Wärmetransport, der zur Modellzirkulation gehört. Der Abbildung 4 entnehmen wir, dass ein Maximum von rund 1 PW bei 40° N erreicht wird.

Dieser Wert ist höher als bei zahlreichen anderen Abschätzungen aus der Ozeanographie und liegt etwa im oberen Drittel. Ergebnisse aus der Meteorologie lassen vermuten, dass dieser Betrag noch unter dem tatsächlichen Wärmetransport in der Natur liegt. Für Ozeanmodelle überaschend ist der Wärmetransport in unserem Nordatlantikmodell in hohen Breiten. Hier liegen unsere Berechnungen klar über denen anderer Studien.

Der positive Einfluss der Datenassimilation soll noch für das Beispiel der Golfstromablösung dargestellt werden. In der Abbildung 5 wird die Temperaturverteilung in einer Tiefe von 100 m gezeigt. Im oberen Bild sehen wir die Ergebnisse ohne Datenassimilaiton, der Golfstrom löst sich korrekt von der Küste, bleibt aber dicht bei ihr und führt unrealistisch weit nach Norden. Im Gegensatz dazu entspricht bei der Datenassimilation (unten) der ostwärtige Verlauf der Strömung den Beobachtungen. Im nördlichen Bereich sind auch die Temperaturen sehr viel geringer.

Die vollständige Nutzung der Satellitenaltimeter bezogen auf ein realistisches marines Geoid kann erst nach Beendigung der neuen Schwerefeldmissionen CHAMP, GRACE und GOCE erfolgen. Dann lassen sich rückwirkend alle Altimeterdaten der vergangenen fünfzehn Jahre absolut kalibrieren und zur Bestimmung der mittleren ozeanischen Zirkulation nutzen.

8 Abbildungen

Abbildung 1:

Modellgitter an der Oberfläche des Nordatlantikmodells. Die Triangulierung weist Verfeinerungen entlang den Küstenlinien und in ozeanographisch wichtigen Regionen auf. In die Tiefe wird das Gitter in Form von Prismen fortgesetzt, die ihrerseits in Tetraeder aufgeteilt sind. So ist eine gute Diskretisierung der Bodentopographie und der Ozeanränder gewährleistet.

Abbildung 2:

Freie Oberflächenauslenkung (SSH) des Nordatlantikmodells nach Datenassimilation gemittelt über die WOCE Periode 1990-1998. Deutlich erkennbar ist der Subtropenwirbel und die Ablösung des Golfstroms von der amerikanischen Küste bei Kap Hatteras. Der Subpolarwirbel und die Grönlandsee liegen über einen Meter niedriger und weisen eine zyklonale Zirkulation auf.

9 Abbildung 3:

Über die WOCE Periode 1990-1998 gemittelte meridionale Zirkulation des Nordatlantik-modells nach Datenassimilation. Das Kontourintervall beträgt 5 Sv (1 Sv = 106m3s-1). Der südliche Modellbereich bis 20° N wird von den Randbedingungen verfälscht. Die Stärke der Meridionalzirkulation ist mit ca 20 Sv befriedigend. Die wesentliche Strömung liegt oberhalb von 3000 m Tiefe und südlich von 60°N.

Abbildung 4:

Über die WOCE Periode 1990-1998 gemittelter meridionaler Wärmetransport nach Datenassimilation.

Der Transport erreicht im Maximum etwas über 1PW (1 PW = 1015W). Bemerkenswert ist ein Tranport von mehr als 0.1 PW über 70° N hinaus.

10 Abbildung 5:

Der Einfluss der Datenassimilation auf die Ablösung des Golfstroms von der amerikanischen Küste.

Oben: Die Temperatur des Nordatlantikmodells ohne Datenassimilation in 100 m Tiefe für Juni 1994.

Die Subtropischen Wassermassen werden vom Golfstrom zu weit nach Norden verfrachtet und bleiben zu nahe an der amerikanischen Küste.

Unten: Die gleiche Temperaturverteilung nach Datenassimilation. Die Lage des Golfstroms ist deutlich realistischer. Das warme Wasser beschränkt sich auf den südlichen Bereich. Die Temperaturen nördlich von 40° N sind erheblich niedriger.

11 7. Voraussichtlicher Nutzen

Die wissenschaftlichen Ergebnisse dieses Projekts liegen in erster Linie auf einem besseren Verständnis der ozeanischen Prozesse und Transporte. Wesentliche Kenngrößen der Zirkulation wie meridionale Wärmetransporte, die sich nicht dirket beobachten lassen, wurden bestimmt. Sie deuten auf einen etwas höheren Transport als vorangegangene Analysen ergaben. Die Rolle des Ozeans in globalen Klimageschehen ist damit wichtiger als bisher angenommen.

Für den Südlichen Ozean konnten weitere Indizien gefunden werden, die auf einen wesentlichen Austausch zwischen Atlantischem und Indischem Ozean hinweisen. Dies ist ein wichtiger Beitrag zum Verständnis der Ozeanzirkulation und ihrer Rolle im globalen Wärmehaushalt der Erde.

Ebenso ist nach unseren Ergebnissen die Wassermassenbildungsrate im Weddellmeer stark ausgeprägt, so wie es andere inverse Modellrechnungen vermuten lassen. Direkt aus Messungen lassen sich diese hohen Bildungsraten bisher nicht belegen, so dass hier ein Forschungsbedarf erkennbar wird.

Ferner wurde das Finite-Elemente-Modell FENA wesentlich weiter entwickelt.

Zeitabhängigkeit und konvektive Prozesse wurden hinzugefügt. Es steht inzwischen gut dokumentiert der Öffentlichkeit zur Verfügung.

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