• Keine Ergebnisse gefunden

3 Ergebnisse und Diskussion

3.2 Optoelektronische und elektrooptische Eigenschaften der Chromophore

3.2.3 Nichtlinear-optische Eigenschaften

115

116

Zunächst sollen die Ergebnisse für die NLOphore mit DCV-Akzeptor diskutiert werden.

Diese zeigen bei Verlängerung des π-Systems einen Anstieg von µβ und µβ0 bei einer gleichzeitigen bathochromen Verschiebung der Absorption. Dieser Effekt ist zu erwarten, da eine Verlängerung der Moleküle in diesem Fall gleichzeitig einer Vergrößerung des Dipolmoments gleichkommt. Eine Steigerung von µβ von 1100 ∙ 10-48 esu für 1T-DCV zu 1490 ∙ 10-48 esu für 2T-DCV um etwa 33 % ist zu beobachten. Eine Steigerung derselben Größenordnung ist mit 35 % auch für die verzweigten Spezies feststellbar. Die erreichten µβ-Werte liegen aber für die 1T- sowie für die 2T-Variante in beiden Fällen etwa 10% unter den Werten der jeweils linearen Spezies. Dies legt den Schluss nahe, dass sich die Einführung der β-Thiophene in einem gewissen Rahmen negativ auf die NLO-Eigenschaften der Chromo-phore auswirkt wobei allerdings auch ein zugrundeliegender relativer Fehler in derselben Größenordnung für die diskutierten Messwerte vorliegt. Nichtsdestotrotz soll diese Beobachtung im Zusammenhang mit den simulierten NLO-Eigenschaften der Moleküle (s.

Tabelle 3.7) weiter diskutiert werden.

Bei Betrachtung der Ergebnisse für die NLOphore mit TCV-Akzeptor können dieselben Trends wie zuvor für die DCV-Analogen festgestellt werden. Prinzipiell ist allerdings zunächst hervorzuheben, dass für die 1T- und 2T-Systeme der Austausch zum stärkeren TCV-Akzeptor, der auch allgemein zu höheren ersten Hyperpolarisierbarkeiten β führt, eine drastische Erhöhung der µβ- und µβ0-Werte auf das 5-6 fache bewirkt. Anwendungstechnisch stellen somit die TCV-Moleküle die weit interessantere Molekülserie dar. Den größten Wert erzielte hierbei das lineare 3T-TCV mit einem µβ von 10400 ∙ 10-48 esu. Der erreichte µβ-Wert des 3T-Systems ist damit um 1300 ∙ 10-48 esu höher als für das 2T-System bzw.

5000 ∙ 10-48 esu höher als für das 1T-TCV-System. Beim Übergang von 2T zu 3T ist im Vergleich mit dem Übergang von 1T zu 2T eine gewisse Stagnation der NLO-Aktivität erkennbar. Der Einfluss der Verzweigungen tritt für die Tricyanovinyl-Chromophore im Vergleich zu den Molekülen mit schwächerem Akzeptor noch stärker in den Vordergrund. So schwächt sich µβ für die Tβ-Variante um 24 % (1300 ∙ 10-48 esu), für die Tβ-Variante um 16 % (1500 ∙ 10-48 esu) und für die Tβ-Variante um sogar 26 % (2700 ∙ 10-48 esu) im Vergleich zum jeweils linearen System ab. Die Verluste liegen in diesem Fall auch deutlich über dem Fehler der Messmethode und stellen bereits eine deutliche Einbuße des NLO-Potentials der Verbindungen dar, welche allerdings bei einem positiven Einfluss der Seitenketten auf die Langzeitstabilität der Ausrichtung innerhalb einer Polymermatrix in Kombination mit der erhöhten Temperaturstabilität der Verbindungen im Allgemeinen

117

trotzdem in Kauf genommen werden könnte. Eine Verlängerung des 2Tβ-TCV-Systems hin zum 3Tβ-System ergibt hier eine fast schon nicht mehr erwähnenswerte Erhöhung der µβ- und µβ0-Werte um lediglich 100 ∙ 10-48 esu bzw. 370 ∙ 10-48 esu. In Kombination mit dem beobachteten Auftreten von negativer Solvatochromie legt dies den Schluss nahe, dass mit dem verwendeten Akzeptor für diesen Molekülaufbau bereits ein Bereich erreicht wird, in dem der Anteil der dipolaren Struktur im Grundzustand zu groß und damit ein Maximum von β erreicht wird.

Im Großen und Ganzen liegen die erreichten NLO-Aktivitäten in einem bereits guten Bereich um die Moleküle wie geplant in ihrer Anwendung direkt zu testen. So wurden bereits mit Chromophoren mit TCV-Akzeptor und µβ-Werten von 6200 ∙ 10-48 esu bzw 9800 ∙ 10-48 esu auch elektrooptische Koeffizienten von 30 pm/V bzw. 45 pm/V erreicht.[91] Weiterhin liegen die Aktivitäten der Chromophore in vergleichbaren Bereichen von Verbindungen mit ähnlichem Aufbau. So erreichten Cai et al mit π-Brückensystemen aus Bithiophenen und einfachen Doppelbindungseinheiten in Kombination mit TCV-Akzeptoren µβ-Werte bis hin zu 14300 ∙ 10-48 esu.[180]

Die beobachteten Trends für die im Rahmen dieser Arbeit hergestellten Verbindungen werden auch in den erstellten DFT-Simulationen vorhergesagt. Eine Zusammenfassung der simulierten Daten ist in Tabelle 3.7 gezeigt, diese umfassen auch die 3T-DCV- und die 3T-TCF-NLOphore. Für die Berechnung der NLO-Eigenschaften wurde die polar-Methode in Kombination mit dem Funktional M06-2X und dem Basissatz 6-31G** verwendet. Die zugrundeliegende optimierte Struktur wurde in Dichlormethan im PCM-Ansatz berechnet.

Wie zuvor in den experimentellen Daten gelten auch hier die Trends steigender Nichtlinearitäten innerhalb einer Serie von Molekülen mit demselben Akzeptor, steigender Nichtlinearitäten bei Wechsel vom schwächeren DCV- zum TCV-Akzeptor sowie von abfallenden Nichtlinearitäten durch die Einführung der β-Verzweigung.

Die berechneten µ0-Werte liegen dabei für die kleineren Chromophore sehr nah an den tatsächlich experimentell gemessenen (s. auch Tabelle 3.8, Gegenüberstellung der experimentellen und simuliertenµ0-Werte). Im Fall von 1Tβ-TCV beträgt die Abweichung sogar nur ~3 %. Je größer die Systeme werden, desto größer werden allerdings auch die Differenzen zwischen Theorie und Praxis, die erhaltenen Ergebnisse liegen aber dennoch immer noch innerhalb eines vertretbaren Bereichs. Dies liegt an dem verwendeten Funktional M06-2X. Vergleichssimulationen mit dem Funktional B3LYP haben deutlich größere Abweichungen ergeben. Da die Berechnungen zuverlässig dieselben Trends vorhersagen, wie

118

sie auch die Experimente zeigen, ist zu erwarten, dass zumindest auch die Richtung der zu erwartenden NLO-Eigenschaften für die Chromophore mit TCF-Akzeptor verlässlich ist.

Geht man davon aus, dass diese auch in etwa die Hälfte der vorhergesagten µ0-Werte in Praxis erreichen können, wie es für die 2T- und 3T-TCV-Moleküle in etwa der Fall ist, so kann beim Einsatz dieses Akzeptors noch von einer deutlichen Steigerung von µ der Moleküle ausgegangen werden. Sowohl für die lineare, als auch für die verzweigte 3T-TCF-Variante wurden in den Simulationen µβ-Werte von über 17000 ∙ 10-48 esu vorhergesagt.

Damit sind diese beiden Chromophore mit weitem Abstand die Verbindungen mit den höchsten nichtlinear-optischen Aktivitäten aller in Rahmen dieser Arbeit untersuchten Moleküle. Eine tatsächliche Synthese dieser Analogen wäre in der Zukunft also durchaus erstrebenswert.

Tabelle 3.7: Zusammenfassung der simulierten NLO-Aktivitäten aller synthetisierten Chromophore sowie den nicht synthetisierten 3T-TCF-Varianten. 0,tot und µ0 in [esu]. g: Dipolmoment im Grundzustand,e:Dipolmoment des ersten angeregten Zustands, ge: Übergangsdipolmoment, ge: Differenz vong und e, Emax: Energie des Übergangs, f osc: Oszillatorstärke des Übergangs. In der letzten Spalte wird die Wahrscheinlichkeit beschrieben, mit der es sich um einen HOMO-LUMO-Übergang handelt.

Polar M062X/6-31G** TD-DFT/M06-2X/6-31G**

[D]

0,tot

[10-30 esu]

µ0

[10-48 esu]

g

[D]

e

[D]

ge

[D]

ge

[D]

Emax

[eV]

f

osc Beschreibung 1T-DCV 10.4 121 1156 12.8 27.3 9.5 15.3 2.82 0.96 HL (93 %) 1T-TCV 12.9 211 2691 16.1 32.2 10.4 16.3 2.33 0.95 HL (95 %) 1Tβ-DCV 10.3 114 1012 12.8 26.3 8.8 15.1 2.76 0.81 HL (92 %) 1Tβ-TCV 11.2 168 1816 14.0 31.7 8.6 18.4 2.33 0.65 HL (93 %) 2T-DCV 12.0 244 2758 14.2 32.2 11.5 18.6 2.67 1.33 HL (81 %) 2T-TCV 14.0 419 5828 16.8 39.6 11.8 23.0 2.24 1.19 HL (86 %) 2Tβ-DCV 10.9 212 2227 13.3 30.4 11.0 17.6 2.68 1.23 HL (80 %) 2Tβ-TCV 16.1 375 4858 16.1 32.0 9.7 22.2 2.24 1.07 HL (85 %)

119

3T-DCV 11.4 352 3809 13.2 32.1 12.7 19.3 2.61 1.60 HL (67 %) 3T-TCV 13.9 608 8449 16.2 42.0 12.7 25.8 2.22 1.36 HL (73 %) 3T-TCF 20.1 918 17703 24.1 47.4 16.0 23.8 2.18 2.12 HL (61 %) 3Tβ-DCV 11.0 261 2687 12.6 29.4 11.6 17.3 2.66 1.36 HL (58 %) 3Tβ-TCV 13.6 510 6909 15.7 39.6 13.2 24.0 2.24 1.25 HL (68 %) 3Tβ-TCF 19.9 892 17133 23.6 46.4 15.9 23.2 2.18 2.09 HL (61 %) Fortsetzung Tabelle 3.7

Abgesehen von einer eventuellen weiteren Bestätigung der beobachteten strukturverknüpften Änderungen der NLO-Eigenschaften der Chromophore ist davon auszugehen, dass eine Synthese der 3T-DCV-Verbindungen keinen weiteren Mehrwert an Erkenntnissen bringen würde. Diese zeigen in den vorhergesagten Daten µ0-Werte, die unter denen der 2T-TCV-Spezies liegen und sind daher anwendungstechnisch nicht wirklich in einem Ausmaß relevant, dass es den Syntheseaufwand rechtfertigen würde.

Die simulierten β0-Werte werden über das Zwei-Level-Modell (s. Kapitel 1.2.1.) bestimmt. In dieses fließen die Differenz µge zwischen dem Grundzustandsdipolmoment µg und dem Dipolmoment des ersten angeregten Zustand µe, das Übergangsdipolmoment µge sowie die Energie des Übergangs ein. Die zugrunde-liegende Formel wird in Gleichung 3.2 gezeigt.

β µge µge

ma (3.2)

Anhand der in Tabelle 3.7 aufgelisteten Werte für die Dipolmomente lässt sich feststellen, dass die Abschwächung von β in den verzweigten Molekülen vor allem durch µge und dem quadratisch eingehenden µge hervorgerufen wird. µge wird selbst hauptsächlich durch Änderungen von µe beeinflusst. Der Einfluss von Emax ist als gering einzustufen. Dieses geht zwar ebenfalls quadratisch in die Berechnung ein, der maximal feststellbare Unterschied zwischen linearer und verzweigter Spezies kommt jedoch mit 0.06 eV für die 1T-DCV-Chromophore vor und dabei ist diese Differenz sogar dem Trend entgegen gerichtet, da

1β-120

DCV das geringere energetische Maximum sowie gleichzeitig die geringere, daraus berechnete NLO-Aktivität besitzt.

Weitere Vorhersagen der in Tabelle 3.7 gezeigten simulierten Daten beinhalten eine Zunahme der Oszillatorstärke des CT-Übergangs sowie eine Abnahme des CT-Charakters des HOMO-LUMO-Übergangs bei Verlängerung der π-Systeme innerhalb einer Serie mit demselben Akzeptor. Der vorhergesagte Trend der zunehmenden Absorption der Chromophore (zunehmende Oszillatorstärke) stimmt mit den bereits in Kapitel 3.2.1. gezeigten Absorptionsdaten der Moleküle nicht überein, es ist jedoch ein in der Literatur durchaus bekanntes Phänomen, dass längere π-konjugierte Systeme eine höhere Absorption von Licht zeigen als ihre kürzeren Homologen.[199,200] Die vorhergesagte Abschwächung des CT-Charakters des Elektronenübergangs zwischen HOMO und LUMO der Farbstoffe von z.B.

von 95 % für 1T-TCV auf 86 % für 2T-TCV auf 73 % für 3T-TCV lässt sich mit der in Kapitel 3.2.2. beobachteten geringeren Überlappung der Grenzorbitale der Chromophore bei Verlängerung des π-Systems verknüpfen. Diese geringere Überlappung könnte zu einer Verschlechterung des Elektronenübergangs und somit zu einem erhöhten Einfluss anderer Übergänge innerhalb der Moleküle führen.

Tabelle 3.8: Direkte Gegenüberstellung der experimentell gemessenen und simulierten µ0-Werte aller synthetisierter Chromophore.

µ0 [10-48 esu]

experimentell

µ0 [10-48 esu]

simuliert

1T-DCV 730 1156

1T-TCV 2350 2691

1Tβ-DCV 620 1012

1Tβ-TCV 1760 1816

2T-DCV 940 2758

2T-TCV 3750 5828

2Tβ-DCV 850 2227

2Tβ-TCV 3160 4858

3T-TCV 4840 8449

3Tβ-TCV 3530 6909

121