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2. Literaturübersicht

2.2 Große Ameisenbären im Zoo

2.2.7 Krankheiten bei Ameisenbären (Vermilinqua)

2.2.7.2 Nicht infektiöse Erkrankungen

Als nicht infektiöses Krankheitsgeschehen bei Vertretern der Xenarthra beschreibt GILLESPIE (2003) gastrointestinale Obstruktionen durch die Aufnahme von Heu, Stroh oder Sand. MORFORD und MEYERS (2003) erwähnen Vaginalpolypen und Augenerkrankungen durch Allergie, Stress und Kälte. 1% der untersuchten Individuen erlitten einen Schlaganfall, 3% einen Stromschlag. Bei einem weiblichen Tier wurde eine Schwellung der Speicheldrüse diagnostiziert; die Ursache wurde nicht geklärt (MORFORD u. MEYERS 2003). Vergiftungen kamen bei 2% der von den Autoren untersuchten Tierpopulation vor. Diese Großen Ameisenbären vergifteten sich mit Farbstoffen, Zement, Klebstoff oder Rattengift (MORFORD u.

MEYERS 2003). AGUILAR und SUPERINA (2014) erwähnen, dass bei Jungtieren Darmatonie und Tympanie aufgrund zu niedriger Haltungstemperaturen auftreten können. Die Autoren berichten ferner über Vaginalprolapse, die auf Stress oder intraspezifische Aggression bei Tamandua tetradactyla zurückzuführen waren.

Im Cleveland Zoo wurde bei zwei Tamandua tetradactyla Diabetes diagnostiziert. Die Ursachen werden weiter untersucht (VALDES et al. 2012).

Über fütterungsbedingte Hypervitaminose A und D und Hypovitaminose K bei Myrmecophagidae wurde im Kapitel 2.2.5 berichtet.

Im Zoo von São Paulo war Herz-Lungen-Versagen für 23% der Ameisenbären-Abgänge verantwortlich. Es wird vermutet, dass in vielen dieser Fälle eine nicht artgerechte Futterzusammensetzung oder -konsistenz zugrunde lag (MIRANDA et al.

2004).

AGUILAR et al. (2002) beschreiben zwei Fälle von dilatativer Kardiomyopathie (DKM) bei Großen Ameisenbären. Beide Tiere (1,1) starben innerhalb von zwei Jahren. Bei den Sektionen wurden hochgradige, dilatative biventrikuläre Kardiomyopathien festgestellt. Die Herzen waren kugelförmig mit dünner, schlaffer Wandung, Leber und Lunge waren gestaut. Diese Sektionsbefunde waren ähnlich denen, die man beim Taurinmangel von Hauskatzen beobachtet (AGUILAR et al.

2002).

WILSON et al. (2003) untersuchten die Tauringehalte in Vollblut und Blutplasma bei acht Großen Ameisenbären, die in sechs verschiedenen US-amerikanischen Zoos gehalten wurden. Die untersuchten Tiere waren klinisch gesund. Zudem wurden bei allen Tieren Röntgenaufnahme des Thorax und bei zwei Tieren echokardiographische Untersuchungen durchgeführt. Es wurde festgestellt, dass sieben von acht Großen Ameisenbären im Röntgenbild ein vergrößertes Herz zeigten. Die Autoren postulieren, dass ein Tauringehalt im Vollblut unter 300 nmol/ml und im Plasma unter 60 nmol/ml wahrscheinlich mit einer DKM korreliert ist. In

diesen Fällen sollte den Tieren Taurin in der Diät supplementiert werden (WILSON et al. 2003).

COKE et al. (2002) beschreiben einen Fall von DKM und Amöben-Gastritis bei einem 11-Monate alten weiblichen Großen Ameisenbären im Zoo in Kansas (USA). Das kranke Tier zeigte Symptome von Anorexie und Lethargie. In Röntgenaufnahmen und während der Ultraschalluntersuchung wurde ein vergrößertes Herz, freie Flüssigkeit und Gas im Abdomen diagnostiziert. Im Herzultraschall wurde ein dilatierter linker Ventrikel mit dünner Wand erkannt. Post mortem wurden Magengeschwüre und Magenwandperforation in Pylorus-Nähe diagnostiziert. In der histologischen Untersuchung wurde zudem Entamoeba spp. und Acanthamoeba spp. identifiziert (COKE et al. 2002).

LIU (1980) berichtet über die pathologischen Befunden bei einem an DKM verstorbenen weiblichen Großen Ameisenbären in „The Staten Island Zoo“ in New York (USA). Der Autor weist im seinem Bericht besonders auf das vergrößerte und kugelförmige Herz mit hochgradig dilatiertem Ventrikel und Arterien hin; ferner erwähnt er in dem Zusammenhang folgende Symptomatik: Aszites, Hydrothorax, Hydroperikard, Lungenödem und chronische Leberstauung (LIU 1980).

GILLEPSIE (2003) erwähnt ferner als nicht infektionsbedingte Krankheiten Hautabrasionen im Bereich des Kopfes und der Klauen und Hypothermie durch nicht angemessene Haltungsbedingungen.

Bei Muttertieren kommt es häufiger zu Hautabschürfungen, die entstehen, wenn die Jungtiere auf ihren Rücken klettern und sich dort festhalten (FLINT 1998).

Druckstellen bis zur chronischen Wunden bilden sich bei der Haltung der Tiere auf Beton ohne neutrales Bodensubstrat. FLINT (1998) empfiehlt zudem, keine Wärmematten Typ „pig saver“ zu benutzen. Laut dem Autor bemerken die tief schlafenden Ameisenbären eine Überhitzung nicht und können dann Hautverbrennungen erleiden (FLINT 1998).

Geburtskomplikationen traten bei Großen Ameisenbären relativ selten auf. OSMANN (2005) berichtet über eine Schwergeburt bei einem vierjährigen Weibchen. Die Ursache war die fehlerhafte Haltung der Gliedmaßen des Fötus (beidseitige Hüftgelenksbeugehaltung) und die daraus resultierende sekundäre Wehenschwäche des primiparen Muttertieres (OSMANN 2005). Das lebende Jungtier konnte manuell zur Welt gebracht werden. Zwei Jahre später wurde bei dem gleichen Zuchtweibchen per Kaiserschnitt ein weibliches Jungtier entbunden. Der Kaiserschnitt war aufgrund einer Vaginalblutung beim Muttertier notwendig geworden. Die Blutung resultierte aus einem retroplazentaren Hämatom mit vorzeitiger Plazenta-Ablösung. Das Zuchtweibchen wurde anschließend aus der Zucht genommen (OSMANN 2005).

In einem anderen Fall wurde bei einem sechsjährigen Weibchen während der Geburt eine verlängerte Austreibungsphase, Unruhe und Schmerzäußerung beobachtet.

Das Tier wurde narkotisiert und untersucht. Alle Versuche, das Jungtier manuell zu entbinden, waren erfolglos. Das Weibchen starb während der Manipulation. Nach dem sofortigen Kaiserschnitt wurde ein toter männlicher Fötus entbunden. Ursache für die Geburtskomplikationen war ein zu kleines Becken und eine sehr große, 2 kg schwere Frucht. Bei Großen Ameisenbären sind Pelvis und Synsacrum fest verwachsen. Bei anderen Säugern ist eine bindegewebige Verbindung (Ligamentum sacroilliaca) zwischen Darmbein und Kreuzbein vorhanden, so dass geburtshilfliche Manipulationen aufgrund der leichteren Aufdehnbarkeit des knöchernen Geburtswegs leichter durchgeführt werden können (OSMANN 2005).

Zu den neonatalen Erkrankungen bei Großen Ameisenbären zählen Verletzungen durch unerfahrene Muttertiere mit Zusammenhangstrennung der Haut und Muskulatur oder stumpfe Traumata (OSMANN u. SCHAUERTE 2004). Neugeborene können auch durch andere Artgenossen verletzt werden, wenn das Muttertier nicht rechtzeitig vor und nach der Geburt separiert wurde. OSMANN und SCHAUERTE (2004) erwähnen als Gefahr auch geburtshilfliche Eingriffe mit notwendigen Narkosen als Risiko für das Überleben des Fötus. In der postnatalen Phase sind die Jungtiere durch bakterielle Infektionen gefährdet (OSMANN u. SCHAUERTE 2004).

Im Jahr 2013 wurde zum ersten Mal über einen Fall eines multizentrischen malignen Lymphoms beim einen Großen Ameisenbären aus dem Curitiba Zoo in Brasilien berichtet. Das männliche Tier (Wildfang) wurde ohne Krankheitssymptome im Gehege tot aufgefunden. Über einige Zeit war bei diesem Großen Ameisenbären eine leichte Anorexie beobachtet worden. Bei der Sektion zeigten sich im Herzmuskel, der Leber und den Darmlymphknoten mehrere helle gelbe oder weißliche, ca. 0,5 bis 1,0 cm große Knötchen. Histologisch wurde nach der Rappaport Klassifikation ein multiples lymphozytäres Lymphom diagnostiziert (SANCHES et al. 2013).