• Keine Ergebnisse gefunden

Der Naturraum Ostthüringens und seine Bedeutung für den Bergbau

Im Dokument Jörg Völkel (Seite 23-31)

1. Problemstellung und Ziele

1.1 Der Naturraum Ostthüringens und seine Bedeutung für den Bergbau

Ostthüringen liegt in der Grundgebirgseinheit des Thüringisch-Fränkischen Schiefergebirges (WALTER 1995). Bereits im Tertiär wurde das Thüringer Schiefergebirge zu einer Hochfläche geformt, die nach Norden einfällt. In die Hochfläche haben sich Bäche und Flüsse eingeschnitten (GATZWEILER et al. 1997). Eine in nördliche Richtung zunehmende Lößbe-deckung verhüllt das Schiefergebirge, so dass ein Übergangsbereich zwischen dem Schiefergebirge und den sächsischen Lößgebieten entstand, das sogenannte Ronneburger Hügelland (HORNIG 1990).

Abb. 1: Geologische Übersichtskarte von Ostthüringen nach SCHMIDT & REICHARDT (1993).

Das Untersuchungsgebiet liegt strukturgeologisch im Bergaer Sattel, einem Großfalten-element des Thüringisch-Vogtländischen Schiefergebirges (LANGE & FREYHOFF 1991;

Abb. 1). Im Norden wird vom Bergaer Sattel durch den Culmitzscher Halbgraben der Ronneburger Horst abgetrennt (Abb. 1). Die anstehenden Gesteine im nördlichen Bergaer Sattel sind ordovizische Sedimentite und untergeordnet silurische und devonische Gesteine (LÜTZNER 1974). Um Ronneburg konzentriert sich die Uranvererzung auf Schichten aus dem obersten Ordovizium bis Unterdevon. Primär war das Uran in hohen Gehalten in den

Unteren Graptolithenschiefern enthalten, die an der Wende Ordovizium/Silur entstanden. Sie sind reich an organischem Kohlenstoff (5-9 %), Sulfidschwefel (2-3,5 %), Uran (30-60 ppm) und anderen Spurenelementen. Verschiedene Bewegungsphasen führten zur Bildung von Falten, Schieferung, Klüften und Störungen, so dass heute eine sehr komplizierte Tektonik vorliegt. Zusätzlich ist das Gebiet während des Perms und an der Grenze Oberkreide/Tertiär an die Landoberfläche gelangt. Die Verwitterung führte zu einer Uranverlagerung von der Oxidationszone in die Zementationszone (LANGE & FREYHOFF 1991). Der Culmitzscher Halbgraben ist mit permotriassischen Plattformablagerungen verfüllt. In den Ablagerungen des Zechsteins können sich bis zu zwei Erzhorizonte befinden. Sie sind neben den hohen Urangehalten durch sulfidische Verbindungen von Blei, Zink, Kupfer und Arsen gekenn-zeichnet (GATZWEILER et al. 1997).

HORNIG (1990) führte zwischen 1977 und 1983 die bodenkundliche Kartierung Thüringens nach der Norm TGL 24300 von 1975 der Deutschen Demokratischen Republik durch. Eine direkte Übertragung der Bodentypen nach TGL 24300 in die Klassifikation der bodenkundlichen Kartieranleitung (AG BODEN 1996) ist nicht möglich. Nach HORNIG (1990) gehört der Culmitzscher Halbgraben zur Bodenlandschaft des ostthüringischen Buntsand-steinlandes. Hier treten hauptsächlich Braunerden, Ranker und Podsole auf. Nach Westen schließt sich die Bodenlandschaft des ostthüringischen Schiefergebirges an, in der weit-verbreitet Braunerden, Braunstaugleye und Ranker vorkommen. Im nördlich gelegenen Ronneburger Hügelland beschreibt HORNIG (1990) die flächenhafte Verbreitung pleistozäner Sedimente, gegliedert in Basisschutte/Basisfließerden, Zwischensediment, Hauptfließerde und Gleylöß. Im Basisschutt ist der bunte, tertiäre Zersatz der paläozoischen Schiefer aufgearbeitet. Je nach Topographie und Bodensubstrat ergibt sich ein Mosaik aus Boden-typen. Hauptsächlich treten Braunerden, Ranker, Braunstaugleye, Ranker-Staugleye, Braunstaugleye, Ranker-Staugleye, Gleye und Amphigleye auf (HORNIG 1990).

In den Jahren 1981-1994 erreicht bei Seelingstädt die durchschnittliche Jahrestemperatur 8,0° C und die Jahresniederschlagssumme 585 mm (BRENK SYSTEMPLANUNG 1996; HEINZE

et al. 2001).

Im intensiv ackerbaulich genutzten und dicht besiedelten Ostthüringen wurde seit Ende des Zweiten Weltkrieges bis 1990 die Prospektion und Exploitation von Uranerz vorangetrieben (HORNIG 1990; RUNGE & BÖTTCHER 1993). Von 1946 bis 1990 sind 1,2 Mrd. t Gestein bewegt und davon 1,0 Mrd. t aufgehaldet worden. 200 Mio. t Erz gelangten in die Aufbe-reitungsbetriebe und wurden zu ca. 231.000 t Uran verarbeitet. Damit war die Deutsche Demokratische Republik (DDR) während dieses Zeitraums der drittgrößte Uranproduzent

1. Problemstellung und Ziele

weltweit. Die höchste Produktion erreichte die Sowjetisch-Deutsche Aktiengesellschaft (SDAG) Wismut in den 1960er Jahren bis in die 1970er Jahre. Danach sank sie aufgrund der sich zunehmend verschlechternden abbautechnischen Bedingungen und der durch die Entspannungspolitik sinkenden Nachfrage, weswegen die Weltmarktpreise für Uran unter die Produktionskosten der Sowjetisch-Deutschen Aktiengesellschaft (SDAG) Wismut sanken (LANGE et al. 1991: 162; WISMUT GmbH 2002a). Infolge des Beitritts der DDR zur Bundesrepublik Deutschland (BRD) am 03. Oktober 1990 gingen die Aktien der SDAG Wismut in den Besitz der neuen Bundesrepublik Deutschland über. Damit begann auch die Umstrukturierung des Unternehmens. Aufgrund des binationalen Abkommens vom 16. Mai 1991 wurde die Existenz der SDAG Wismut aufgehoben und am 18. Dezember 1991 entstand eine GmbH. Die Aufgaben bestehen seitdem darin, die Hinterlassenschaften des Uranerzbergbaus sicher zu verwahren, so dass von ihnen keine Gefährdung der Bevöl-kerung ausgeht, und die Wiedernutzbarmachung der Flächen und Landschaften zu gewährleisten (WISMUT GmbH 2002a). Für die Sanierungsarbeiten werden seit 1990 für einen Zeitrahmen von 10 bis 15 Jahren 13 Mrd. DM (6,5 Mrd. €) zur Verfügung gestellt (RUNGE & BÖTTCHER 1993).

1.2. Zielsetzung

Das Bergbaugebiet in Ostthüringen wird in zwei Reviere geteilt, das Ronneburger Revier und den Culmitzscher Halbgraben, auch Seelingstädter Revier genannt. Obwohl die SDAG Wismut das Uranerz zu mehr als 90 % untertage abbaute, wurde es im südlich gelegenen Seelingstädter Revier ausschließlich im Tagebau gewonnen (Anhang 1). Den Tagebauen mussten Siedlungen weichen, wie z.B. Lichtenberg, Katzendorf, Schmirchau und Gessen.

Einige Ortschaften wurden nur teilweise geräumt und befinden sich heute in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Restlöchern und Halden. In Seelingstädt lag ein Aufbereitungsbetrieb, in welchem das Erz gemahlen und gelaugt wurde. Das Abfallprodukt, sogenannte Aufbereitungsschlämme oder Tailings, ist in den Tagebaurestlöchern im Seelingstädter Revier deponiert. Das gewonnene Ammoniumdiuranat (Yellow Cake) wurde zur weiteren Verarbeitung in die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR) geliefert (LANGE et al. 1991: 162; GATZWEILER 1993: 331; WISMUT GmbH 2002a; Anhang 1).

Kegelhalden mit einer Höhe von bis zu 100 m und Tafelhalden, bestehend aus Abraum und Armerz mit Urangehalten zwischen 100-300 mg/kg, nehmen eine Fläche von ca. 555 ha ein (Abb. 2). Der Tagebau Lichtenberg reicht direkt an die Stadt Ronneburg heran. Er hat eine Ausdehnung von ca. 1900 x 900 m und erreichte vor dem Verfüllungsbeginn eine Tiefe von ca. 260 m (LANGE et al. 1991: 167; RUNGE & BÖTTCHER 1993; SCHMIDT & REICHARDT 1993).

An der Geländeoberfläche nicht zu erkennen sind der Grundwasserabsenkungstrichter und die insgesamt 1043 km langen Grubenbaue und Stollen von ehemals 9 Bergbaubetrieben.

Die Absetzbecken für die Tailings nehmen eine Fläche von 350 ha ein und beinhalten 110 Mio. t Schlämme in einer Mächtigkeit von 70 m (RUNGE & BÖTTCHER 1993; WISMUT GmbH 2002a).

Abb. 2: Blick auf die Paitzdorfer Kegelhalden und die Beerwalder Tafelhalde im Ronneburger Hügel-land.

In der ostthüringischen Bergbaufolgelandschaft werden bergbaubürtige Schwermetalle sowie radioaktives Radon über den atmosphärischen Pfad oder über den Wasserpfad verteilt.

Infolge der Staubentwicklung kam es zur großflächigen Verteilung schwermetallhaltiger Partikel. Quellen hierfür sind die nicht abgedeckten Halden und die trocken gefallenen Spülstrände der Absetzbecken. Radon, das durch radioaktiven Zerfall im Gestein entsteht, gast aus Halden, Abwetterschächten, Grubenbauen und Stollen aus. In den Halden sind die sulfid- und kohlenstoffhaltigen Gesteine durch Luft- und Wasserzutritt sowie die Besiedelung durch Mikroorganismen der Verwitterung ausgesetzt. Acid mine drainage (AMD) entsteht und löst Schwermetalle. Dadurch können die bergbaubürtigen Stoffe in das Grundwasser gelangen und weitertransportiert werden. Die nicht in Tagebaurestlöchern verbrachten Haldenmaterialien müssen deshalb ‚in situ verwahrt werden’, d.h. abgedeckt und aufgeforstet, um Luft- und Wasserzutritt zu verhindern und die Evapotranspirationsrate hoch zu halten, damit kein acid mine drainage entsteht (HÄHNE et al. 1998: 45; WISMUT GmbH 2002a).

Bergbauhalden stellen aus natürlichen Substraten bestehende, anthropogen geschaffene Standorte dar. In Abdeckschichten aus Solummaterial und quartären Lockersedimenten sind durch die starken mechanischen Beanspruchungen bei Verkippung und Verdichtung die ursprünglichen physikochemischen Eigenschaften verändert. In diesem Substrat setzt die

1. Problemstellung und Ziele

die Steuergrößen des Nähr- und Schadstofftransfers bestimmt. Im Rahmen der Vorarbeiten zur Projektstrukturierung wurde festgestellt, dass die Urangehalte im Haldensubstrat wesentlich höher als in der Abdeckschicht sind. Sie nehmen allerdings am Top sowie an der Basis der Abdeckschicht zu (Abb. 3). Des Weiteren wurden Wurzeln im Haldensubstrat gefunden (Foto 1).

40-50 50-60 60-70 70-80 80-90

II jmC

0 5 10 15 20 25

0-10 10-20 20-30 30-40 Tiefe in cm

mg/kg

MoosjlC

Abb. 3: Foto und Tiefenverteilung des 238U im Königswasseraufschluss des Profils 5139-1.

Auf diesen Beobachtungen basiert die Arbeitshypothese, dass es zu einer Stoffumverteilung im Bereich des Schichtwechsels kommt, und dass durch eine Pumpwirkung der Vegetation ein Auftrag bergbaubürtiger Stoffe auf die Abdeckschicht stattfindet. Dadurch werden die bergbaubürtigen Stoffe von der Geländeoberfläche und vom Schichtwechsel ausgehend in die Abdeckschicht eingetragen. Ziel der Untersuchungen ist es, Aussagen zum Stofftransfer und zur Quellen- und Senkenfunktion der jungen Böden gegenüber bergbaubürtigen Stoffen zu treffen. Es soll die Frage beantwortet werden, inwieweit die Schichtgrenze eine physiko-chemische Barriere darstellt. Des Weiteren ist zu klären, ob die Gehölzvegetation in der Lage ist, neben Nährstoffen auch bergbaubürtige Stoffe in überirdische Pflanzenteile zu transportieren und über den Streufall einen Eintrag in die jungen Humusauflagen und initialen A-Horizonte zu ermöglichen. Hierbei sollen Einflüsse der unterschiedlichen Bestockungsarten herausgearbeitet werden.

Im Seelingstädter Revier nehmen die von Halden und Dämmen umgebenen Absetzbecken eine Fläche von 348,8 ha ein (Anhang 1; WISMUT GmbH 2001: 2, 2002a). Die Tailings (Rückstände der Erzaufbereitung) in den Absetzbecken wurden auf die nicht abgedichteten Tagebausohlen verkippt. Die Gehalte an Schwermetallen und Salzen in den Tailings sind durch den Laugungsprozess besonders hoch (Anhang 2; Tab. 1). Da nachgewiesenerweise

kontaminierte Sickerwässer austreten, sollen die Becken trocken verwahrt werden.

Außerdem ist es notwendig, die Becken- und Haldensickerwässer aufzufangen und zu reinigen sowie die trocken fallenden Spülstrände zur Vermeidung von Staubverwehungen abzudecken (WISMUT GmbH 2002a). Die nativen Böden eines Auestandortes zwischen zwei Absetzbecken im Revier Seelingstädt werden auf ihre Senkenfunktion bezüglich bergbaubürtiger Stoffe untersucht. Der Stoffhaushalt dieser Böden wird vom Bergbau indirekt sehr stark verändert. Quellen für bergbaubürtige Stoffe sind zum einen Abstoßwässer der Wismut GmbH, die in den Lerchenbach abgegeben werden. Die Abgabe richtete sich nach der Salzfracht im Abstoß und dem Verdünnungsvermögen der Weißen Elster (SCHULZE

1993). Zum anderen konnte WINDE (1998) ein Zufließen von Beckensickerwässern in den Lerchenbach nachweisen. Somit erfolgt der Eintrag bergbaubürtiger Stoffe in die Auenböden über die existierenden Sickerwasserströme aus den Absetzbecken, Hochwasserereignisse und die Atmosphäre (Abb. 4).

Tab. 1: Schwermetallgehalte der eingelagerten Tailings (SCHULZE 1993: 45).

Komponenten Schwermetallgehalte [ppm]

Blei (Pb) 60-800

Zink (Zn) 250-800

Kupfer (Cu) 250-300

Kobalt (Co) 15-40

Nickel (Ni) 25-500

Molybdän (Mo) 20-70

Arsen (As) 68-168

Wismut (Bi) 5-30

Vanadium (V) 200-800

Cadmium (Cd) 10-30

Chrom (Cr) 30-580

Zur Unterscheidung des atmosphärischen vom biogenen Eintragspfad auf der Halde ist ein Referenzstandort notwendig, der vom Bergbau unbeeinflusst ist und in dessen Untergrund keine uranhaltigen Gesteine anstehen. Dazu wurde ein Waldstück in der Nachbarschaft zum Revier ausgewählt. Ein Profil an diesem Standort soll Aufschluss über das Ausmaß der atmosphärischen Deposition von bergbaubürtigen Stoffen sowie über deren Hintergrund-gehalte in den tieferen Horizonten geben.

1. Problemstellung und Ziele

Abb. 4: Darstellung der vermuteten Pfade, über welche die bergbaubürtigen Stoffe in die Aue gelangen.

2. Stand der Forschung

2. Stand der Forschung

Im Dokument Jörg Völkel (Seite 23-31)