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A. Klimaschutzziele für Deutschland Uta Stäsche (IKEM)

III. Nationale Ebene

Als Vertragspartei des KP und als Mitgliedstaat der gleichfalls verpflichteten EU hat Deutschland die völkerrechtlichen und europarechtlichen Vorgaben umzusetzen. Neben wichtigen gesetzlichen Maßnahmen82 hat Deutschland auf politischer Ebene umfangreiche Maßnahmen ergriffen. Eigene ehrgeizige Klimaschutzziele setzt sich die Bundesregierung, um den Klimaschutzprozess als Vorreiter83 voranzubringen. Einen Meilenstein der deutschen Klimaschutzpolitik bildet das Integrierte Energie- und Klimaprogramm (IEKP)84, nachdem die ersten Selbstverpflichtungen entweder verfehlt und aufgegeben wurden oder an bestimmte Konditionen geknüpft waren.85 Im IEKP, das mit den sogenannten Meseberger Beschlüssen vom August 2007 verabschiedet wurde, legte die Bundesregierung dar, wie sie das Klimaschutzziel von 40 % bis 2020 gegenüber 1990 erreichen möchte. Vorgesehen waren insgesamt 29 Gesetze, Verordnungen und Fördermaßnahmen, die eine effizientere Verwendung oder Bereitstellung von Energie fördern und den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien unterstützen sollen. Von den 29 Punkten wurden 14 im Dezember 2007 im Klimapaket I auf den Weg gebracht, im Juni 2008 folgten im Klimapaket II weitere 13.86 Eine unkonditionierte Minderungsabsicht um 40 % war im Koalitionsvertrag der damaligen Regierungsparteien von 200987 formuliert.

In ihrem Energiekonzept von 201088 ging die Bundesregierung weiter, indem sie erstmals neben dem mittelfristigen Ziel, die Treibhausgasemissionen bis 2020 um 40 % zu verringern, das langfristige Ziel formulierte, diese bis 2050 um 80 % bis 95 %89 zu senken, jeweils gegenüber 1990. Für die Zwischenzeit zeichnete sie einen festen Minderungspfad in 10-Jahres-Schritten: minus 55 % bis 2030 und minus 70 % bis 2040. In ihren Beschlüssen zur Energiewende vom 6. Juni 2011 hat die Bundesregierung die Bedeutung der im Energiekonzept vereinbarten Klimaschutzziele unterstrichen. Alle drei Jahre ist ein Monitoring

82 Z.B. TEHG, Zuteilungsgesetz 2012 und Projekt-Mechanismen-Gesetz.

83 Merkel, Rede beim internationalen WBGU-Symposium v. 9.5.2012, Berlin.

84 BMWi/BMU, Eckpunkte für ein Integriertes Energie- und Klimaprogramm, 2007; siehe weiter BMWi/BMU, IEKP, 2007.

85 Zur Selbstverpflichtung der rot-grünen Bundesregierung Winkler, Klimaschutzrecht, S. 123 f. m.w.N.; zur Selbstverpflichtung der großen Koalition siehe Regierungserklärung des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Sigmar Gabriel, zur Klimapolitik der Bundesregierung nach den

Beschlüssen des Europäischen Rates vor dem Deutschen Bundestag am 26.4.2007 in Berlin, Plenarprotokoll 16/94, 9478 f., http://dipbt.bundestag.de/dip21/btp/16/16094.pdf#P.9476 (Stand: 31.8.2014).

86 Siehe http://www.bundesregierung.de/Content/DE/StatischeSeiten/Breg/ThemenAZ/Energiepolitik/

energiepolitik-2006-07-31-ein-energiepolitisches-gesamtkonzept-fuer-deutschland.html (Stand: 31.8.2014);

siehe ebenfalls BMWi/BMU, Bericht Umsetzung IEKP, 2007.

87 CDU/CSU/FDP, Wachstum. Bildung. Zusammenhalt, 2009, S. 25 f.

88 Bundesregierung, Energiekonzept, 2010, S. 4.

89 Dazu bereits die Enquete-Kommission „Vorsorge“, der Bundestag und der Nachhaltigkeitsrat, vgl.

Winkler, Klimaschutzrecht, S. 123.

53 vorgesehen, dessen Ergebnisse dem Bundestag und dem Bundesrat vorzulegen sind. Der 1. und der 2. Monitoring-Bericht90 liegen nunmehr vor.

In der Koalitionsvereinbarung vom Dezember 201391 bestätigen die Regierungsparteien der Bundesregierung das Ziel für 2050 und gestalten das 40-%-Ziel für 2020 nun ausdrücklich als Mindestziel aus. Im 2. Monitoring-Bericht vom März 2014 werden die Klimaschutzziele bestätigt und durchgehend als Mindestziele ausgestaltet.92

Bei den skizzierten Treibhausgasemissionsminderungszielen der Bundesregierung handelt es sich nicht um rechtsverbindliche Vorgaben, sondern um politische Absichtserklärungen, die bei Zielverfehlung keine rechtliche Konsequenzen zeitigen. Da das deutsche Treibhausgasemissionsminderungsziel für 2020 aber deutlich ehrgeiziger als die europäischen Ziele ist – die für Deutschland, wie dargelegt, eine Reduktionsverpflichtung von ca. 33 % bis 2020 gegenüber 1990 ergeben –, ist es als ein starkes Signal für den Klimaschutz zu werten.93 Aktuellen Berechnungen folgend werden 2020 mit dem bisherigen Instrumentarium Emissionsminderungen zwischen 33 und 35 %94 gegenüber 1990 erreicht. Ohne zusätzliche Klimaschutzmaßnahmen zu ergreifen, wird Deutschland damit sein Klimaschutzziel von mindestens 40 % voraussichtlich verfehlen. Mit weiteren Maßnahmen lassen sich aber bis 2020 Emissionsminderungen von 36,6 %95 bzw. knapp 42 %96 erreichen.

In der Koalitionsvereinbarung von 2013 ist vorgesehen, die Klimaschutzziele der Bundesregierung „festzuschreiben und (…) mit Maßnahmen (zu) unterlegen (Klimaschutzplan)“97. Eine Konkretisierung der Zielfestschreibung durch die Form des Gesetzes erfolgte nicht. Um das Klimaschutzziel für 2020 noch zu erreichen, kündigte Bundesumweltministerin Hendricks Ende Januar 2014 an, für das 2020-Ziel kurzfristig ein ressortübergreifendes Sofortprogramm aufzulegen und einen nationalen Klimaschutzplan mit klaren Zwischenzielen für die nächsten Jahrzehnte vorlegen.98 Drei Monate später

90 BMWi/BMU, Monitoring-Bericht: Energie der Zukunft, 2012; BMWi, Monitoring-Bericht: Energie der Zukunft, 2014.

91 CDU/CSU/SPD, Koalitionsvertrag. Deutschlands Zukunft gestalten, S. 36 f.

92 BMWi, Monitoring-Bericht: Energie der Zukunft, 2014, S. 11, allerdings für das 2050-Ziel wieder auf ein starres Ziel verweisend S. 1, 9, 85.

93 Löschel/Erdmann/Stajß/Ziesing, Stellungnahme Monitoring-Bericht, 2012, S. 115 f.

94 BMU, Sixth National Communication under the United Nations Framework Convention on Climate Change – Report by the German Federal Government, S. 15.

95 Öko-Institut/Fraunhofer-ISI, Projektionsbericht 2013 gemäß Entscheidung 280/2004/EG, S. 4 f., 236.

96 Matthes/Busche/Döring/Emele/Gores/Harthan/Hermann/Jörß/Loreck/Scheffler (Öko-Institut)/Hansen (IEK-STE)/Diekmann/Horn (DIW Berlin)/Eichhammer/Elsland/Fleiter/Schade/Schlomann/Sensfuß/

Ziesing, Politikszenarien für den Klimaschutz VI, 2013, S. 226.

97 CDU/CSU/SPD, Koalitionsvertrag. Deutschlands Zukunft gestalten, S. 36 f.

98 Rede v. 31.1.2014 vor dem Deutschen Bundestag,

http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Bulletin/2014/01/10-2-bmu-bt.html (Stand: 31.8.2014).

54 veröffentlichte das BMU Eckpunkte99 für das nun als „Aktionsprogramm Klimaschutz 2020“

bezeichnete Sofortprogramm unter Verweis auf die nationalen Klimaschutzziele (Kap. E. V. 1.

c).100 Das „Aktionsprogramm Klimaschutz 2020“ stellt den Klimaschutzplan der Bundesregierung für das Erreichen des 2020-Ziels dar. Es soll als Rahmen in zweierlei Hinsicht dienen: Zum einen ist es Grundlage für ein konkretes Maßnahmenprogramm, das das Kernstück des Aktionsprogramms 2020 bilden soll. Zum anderen ist es der Einstieg in den nationalen „Klimaschutzplan 2050“. Während das Aktionsprogramm 2020 bis Herbst erarbeitet und im November 2014 beschlossen werden soll, ist der Beschluss des Klimaschutzplans 2050 für 2016 anvisiert. Unter dem Dach der „Gemeinschaftsaufgabe“101 Klimaschutz sollen das Aktionsprogramm 2020 und der Klimaschutzplan 2050 in einem breiten Dialogprozess unter Einbindung der Länder, Kommunen und gesellschaftlicher Gruppen entwickelt werden. Die Klimaschutzpläne sind kontinuierlich fortzuschreiben, der Turnus hierfür ist unter Berücksichtigung von Überprüfungs- und Monitoringergebnissen und externen Entwicklungen festzulegen. Für die Erarbeitung des Aktionsprogramms 2020 finden Ressortgespräche ab Mai 2014 statt, für November 2014 ist die Verabschiedung des Aktionsprogramms per Kabinettsbeschluss geplant.

In Deutschland gibt es eine Vielzahl von Regelungen, die den Schutz des Klimas bezwecken.

Dementsprechend wird das Klimaschutzrecht zunehmend als eigenes Rechtsgebiet mit Querschnittscharakter begriffen,102 bei dem Strategien zur Reduktion des Treibhaus-gasausstoßes eine ganz wesentliche übergeordnete Richtung103 bilden. Die Bandbreite klimaschutzrelevanter deutscher Normen reicht von Art. 20a GG über originär klima-schützende Gesetze (z.B. zum Emissionshandel) bis zu sehr spezifischen Gesetzen, in denen der Klimaschutz nur eine punktuelle Rolle spielt (z.B. in Ausbildungsordnungen). Während in einigen Gesetzen Klima bzw. Klimaschutz lediglich als Schutzgut oder allgemeines Ziel benannt ist,104 sehen andere Gesetze konkrete Schutzmaßnahmen105 vor. Häufig ist damit aber nicht das globale, sondern das regionale oder örtliche Klima gemeint.106 Erfasst werden

Diesen Weg bekräftigte sie im April 2014, Rede v. 2.4.2014 vor dem Deutschen Bundestag,

http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Bulletin/2014/04/36-2-bmub-bt.html (Stand: 31.8.2014).

99 BMUB, Aktionsprogramm Klimaschutz 2020, 2014; BMUB, Pressemitteilung Nr. 071/14 v. 28.4.2014.

100 Zur Analyse Stäsche, EnWZ 2014, 291, 294 ff.

101 BMUB, Eckpunkte Aktionsprogramm Klimaschutz 2020. 2014.

102 Koch, NVwZ 2011, 641 ff. m.w.N.; Rodi/Sina/Gerstetter/Bausch/Görlach/Neubauer, Klimaschutzrecht des Bundes, 2011, S. 19 ff. m.w.N.; Wustlich, Atmosphäre als globales Umweltgut, S. 319 ff., 326 ff.; Sailer, NVwZ 2011, 718, 721; Sina/Meyer-Ohlendorf/Czarnecki, Klimaschutzgesetz in Deutschland, 2009, S. 8;

Meßerschmidt, Europäisches Umweltrecht, S. 767 m.w.N.; Groß, ZUR 2011, 171 m.w.N.;

Erbguth/Schlacke, Umweltrecht, S. 439.

103 Koch, NVwZ 2011, 641, 643 ff.; zu weiteren Strategien Winkler, Klimaschutzrecht, S. 129 f.; Sailer, NVwZ 2011, 718 ff.

104 So § 6 Abs. 1 UAbs. 2 WHG, § 1 Abs. 3 Nr. 4 und § 9 Abs. 3 UAbs. 1 Nr. 4 e) BNatSchG.

105 § 1 i.V.m. §§ 3 ff. EEWärmeG; § 1 i.V.m. §§ 5 ff. EEG.

106 Sailer, NVwZ 2011, 718, 721 m.w.N.

55 überwiegend Normen des Öffentlichen Rechts; das Klimaschutzrecht strahlt aber auch auf das Privatrecht, insbesondere das Mietrecht107, aus. Den Schwerpunkt bilden Regelungen des Umweltenergierechts, z.B. in EEG108, EEWärmeG109 oder Energieeffizienznormen. Die meisten klimaschutzrelevanten Rechtsnormen dienen jedenfalls primär der Senkung des CO₂-Ausstoßes.

107 Siehe dazu Klinski, Rechtskonzepte zur Beseitigung des Staus energetischer Sanierungen im Ge-bäudebestand, 2009.

108 Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz - EEG 2014) v. 21.7.2014, BGBl. I S. 1066, geändert durch Gesetz v. 22.7.2014, BGBl. I S. 1218.

109 Gesetz zur Förderung Erneuerbarer Energien im Wärmebereich (Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz - EEWärmeG) v. 7.8.2008, BGBl. I S. 1658, zuletzt geändert durch Gesetz v. 21.7.2014, BGBl. I S. 1066.

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B. Bestandsaufnahme: Rechtliche Grundlagen der Klimaschutzpolitik der