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Nachhaltigkeit und Leitstrategien der nachhaltigen Entwicklung

Der Nachhaltigkeitsbegriff umfasst viele Lebensbereiche und zielt auf eine Verbesserung der Lebenssituation der heutigen Generation und auf die Lebenschancen zukünftiger Generationen ab. Ethisch betrachtet spielt die Gerechtigkeitsüberlegung unter den heute Lebenden (Verteilungsgerechtigkeit) und eine Verantwortungsübernahme für die zukünftige Generation (Zukunftsverantwortung) eine wichtige Rolle. 1987 veröffentlichte die Brundtland-Kommission den Bericht „Our common future“, in dem nachhaltige Entwicklung erstmals definiert wurde:

„Sustainable development is development that meets the needs of the present without compromising the ability of future generations to meet their own needs. It contains within it two key concepts: the concept of ‘needs’, in particular the essential needs of the world´s poor, to which overriding priority should be given; and the idea of limitations imposed by the state of technology and social organization on the environment´s ability to meet present and future needs” (WCED, 1987: Kap.2).

Die Zielsetzung unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten besteht zum einen in der Sicherstellung der Versorgung aller Menschen mit den notwendigen Grundgütern in ausreichender Menge und Qualität. Außerdem besteht sie zum anderen in der Minimierung der damit einhergehenden unerwünschten Nebenfolgen wie der Verbrauch knapper Ressourcen, Umweltschäden oder des unerwünschten Klimawandels.

Die Landwirtschaft spielt dabei eine zentrale Rolle und wird in den letzten Jahren weltweit mit zunehmenden Anforderungen und Erwartungen konfrontiert. Zum einen sind die Anforderungen an die Erhöhung der Produktion zu nennen. „So muss die Nahrungsmittelproduktion bis 2050 um etwa 70 Prozent gesteigert werden, um die Ernährung der Weltbevölkerung von dann ca. 9 Milliarden

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Menschen besser als bisher sicherzustellen“ (Grundwald/ Kopfmüller, 2012: S.

155).

Durch die wirtschaftliche Entwicklung und dem steigenden Einkommen in Schwellenländer verändert sich auch die Ernährungsweise. Wie in westlich industrialisierten Ländern nimmt der Konsum von Fleisch, pflanzlichen Ölen und verarbeiteten Lebensmittel jetzt auch in Schwellenländern stetig zu, denn auch diese wollen bedient werden.

Eine weitere Herausforderung an die Landwirtschaft ist die Reduktion von Klimagasemissionen und die angepasste Form der Landnutzung und angepasste Pflanzensorten in Zeiten des Klimawandels.

„Die intensive Pflanzenproduktion mit mineralischen Düngern und synthetischen Pflanzenschutzmitteln sowie die industrielle Massentierhaltung zur Befriedigung des Bedarfs an preiswerten Lebensmitteln tierischer Herkunft stellen in den Industrieländern die wichtigste Ursache für eine Reihe von landwirtschaftlich bedingten Umweltproblemen dar. Die Klimagasemissionen der deutschen Landwirtschaft tragen rund 14 Prozent zu den Gesamtemissionen bei. Hinzu kommen Rückstände von Tierarzneimitteln und Pflanzenschutzmitteln im Grundwasser“ (Grundwald/ Kopfmüller, 2012: S. 157).

Wirtschaftliche, bzw. landwirtschaftliche Aktivität wird immer mit Ressourcenverbrauch und Energieverbrauch verbunden sein. Der sich daraus ergebende Konflikt liegt zwischen ökonomischem Wachstum und ökologischen Belastungen. Um ein Gleichgewicht aus den beiden Komponenten zu erzielen, gibt es drei Themenfelder, die in den politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Debatten auch Leitstrategien der nachhaltigen Entwicklung genannt werden:

• Effizienzstrategie

• Konsistenzstrategie

• Suffizienzstrategie

1.2.1 Effizienzstrategie

Da das Naturkapital begrenzt und teilweise schon überbelastet ist, ist eine höhere Ökoeffizienz ein wichtiger Schritt der ökologischen Modernisierung. Im Sinne des wirtschaftlichen Prinzips, zielt die Effizienzstrategie auf eine

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Befriedigung der Bedürfnisse mit weniger Energie- und Ressourceneinsatz nach dem Minimalprinzip ab (Minimierung des Material- und Energieeinsatzes pro Produktionseinheit), bzw. einer Erhöhung des Ertrages und des Nutzens der aus dem Energie- und Ressourceneinsatz gezogen wird, nach dem Maximalprinzip.

„Ökoeffizienz ist darauf ausgerichtet, durch Einsatz innovativer und integrierter Umwelttechnik eine Entkopplung zwischen ökonomischer Wertschöpfung einerseits und ökologischer Schadschöpfung in Form von Umweltbelastung oder Ressourceninanspruchnahme andererseits zu erreichen“ (Müller, 2015: S.199).

Gemäß dem ökonomischen Prinzip (Rationalprinzip) heißt es:

„Maximalprinzip: Mit einem gegebenen Input (Aufwand) den maximalen Output (Ertrag) erzielen.

Minimalprinzip: Einen gegebenen Output (Ertrag) mit minimalem Input (Aufwand) erzielen (Wildmann, 2007: S. 8).

Vor allem der Technikeinsatz bei der Herstellung von Produkten, aber auch Konzepte der Langlebigkeit und Mehrfachnutzen eines Produktes werden in dieser Strategie verfolgt.

In der Landwirtschaft wird die Effizienzstrategie durch punktgenaue Optimierung der Nährstoffversorgung von Tieren und Pflanzen angestrebt. Gezielte Düngungssysteme durch Satelliten- und Drohnenbeobachtung oder Dosiersysteme für die punktuelle und individuelle Fütterung, unterstützen die Landwirte dabei.

1.2.2 Konsistenzstrategie

Die Konsistenzstrategie verlangt, dass Produkte und Prozesse von vornherein naturverträglich gestaltet werden und Emissionen dadurch vermieden werden.

Nur die Ausrichtung auf eine strikte Nachhaltigkeit verwirklicht die ökologische Verträglichkeit. Die Umsetzung basiert vor allem auf der stofflichen Substitution.

Beispielsweise werden im Energiebereich fossile Brennstoffe durch regenerative Energieträger ersetzt. „Konsistenzstrategien geht es nicht um eine Effizienzsteigerung bestehender Technologien, sondern um die Entwicklung und Innovation neuer Produkte und Verfahren für geschlossene Wertstoffkreisläufe sowie um eine Umgestaltung des industriellen Systems im Sinne ökologisch verträglicher Wertstoffströme. Dies soll durch den Einsatz naturverträglicher

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Technologien erreicht werden. […] Dies betrifft etwa Technologien zur Rückführung und Wiederverwertung von Rohstoffen und Materialien“ (Müller, 2015: S.194).

In der Nachhaltigkeitsdebatte wird dies auch „cradle to cradle“ also, „von der Wiege zur Wiege“ genannt, da hierbei ein Kreislauf entsteht, der die Rohstoffe wiederverwendet. Deshalb sollten Güter, zum Beispiel Dünger, so entwickelt und behandelt werden, dass sie als Nährstoffe im biologischen Kreislauf vollständig abbaubar sind, wie es etwa bei der Gülleaufbereitung, siehe Kapitel 3.3 geschieht.

1.2.3 Suffizienzstrategie

Die grundsätzliche Frage der Suffizienzstrategie ist: „Wie viel ist genug?“ Der Lebensstil sollte demnach mehr dem Prinzip der Genügsamkeit und Selbstbegrenzung folgen, und nicht dem Wachstumsparadigma.

„Suffizienzstrategien zielen auf menschliche Verhaltensänderungen und wollen den Ressourcen- und Energieverbrauch durch Abwerfen von unnötigem Ballast, Entschleunigung, Entrümpelung, Entkommerzialisierung, Entflechtung, Genügsamkeit, bewusster Selbstbegrenzung und Konsumverzicht reduzieren.

Sie wirken komplementär zu technisch orientierten Konsistenz- und Effizienzstrategien und ergänzen diese“ (Müller, 2015: S.195).

Das Zusammenspiel von Effizienz und Suffizienz ist in der Landwirtschaft gut zu sehen. Hier bemerkt man eine Orientierung hin zu qualitativ hochwertigen Produkten, dafür auch gerne etwas weniger davon, wie etwa beim Fleischkonsum.

Konsistenz und Suffizienz müssen sich gegen starke wirtschaftliche Interessen und eingefahrene Denkmuster erst durchsetzen. Die Leitstrategien verfolgen ein anderes Verständnis von Fortschritt und Entwicklung, nämlich ein Verständnis, das die Endlichkeit der natürlichen Lebensgrundlagen berücksichtigt.

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1.3 Von der kommerziellen Landwirtschaft zur nachhaltigen