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Mwanga – Olympic Flame Arts and Music Group Partizipierende:

Im Dokument Sozial- und Kulturgeographie (Seite 146-150)

Jugendlichen in Korogocho

5.1.2 Fallbasierte Einzelauswertung

5.1.2.9 Mwanga – Olympic Flame Arts and Music Group Partizipierende:

Ib1 tut sich schwer mit der Auswahl von Fotos, da es ihm offenbar wichtig ist zu zeigen, in welchen unterschiedlichen Bereichen die Jugendgruppe Mwanga tätig ist. Im Interview legt er allerdings einen Schwerpunkt auf den Bereich Musik und Schauspiel: „We educate people through this acting“ (Ib1, 121.3). Insbe-sondere sexuelle Aufklärung und gesundheitsbezogene Themen sowie Politik seien die Schwerpunkte ihrer Theaterstücke und Texte (vgl. Ib1, 121.3f.). Das Publikum ihrer Aufführungen sind vornehmlich Straßenkinder: „You see, when you go through this roads, when you pass these roads, you can see so many chil-dren. Some of them run away from their homes and live in the streets as street children. We want to collect them, to educate them and to create a home for them. For that we are working. (-) (...) for the kids and educate them via our act-ing“ (Ib1, 121.7ff.). Nicht ohne Stolz wird erklärt, dass es neben einem gewissen Bildungsauftrag aber vor allem auch um Kreativität gehe – Kreativität, die

29 Zum matatu business siehe Gleave 2005.

30 Umgerechnet etwa 4,00 bis 12,00 Euro.

durchaus auch als Kunst bezeichnet werden könne (vgl. Ib1, 121.17f.). Dies gelte auch für die selbst produzierte Rap-Musik mit Texten auf Kiswahili. Auch die Musik wird als Möglichkeit genutzt, sich der Straßenkinder anzunehmen: „We write the text about what is happening in the society, about what’s going on. It is art and creativity. With music, we can bring the children in the streets together and can bring them to children’s homes. You have to take care of the children“

(Ib1, 121.21ff.). Joyce Nyairo spricht derartiger populärer kenianischer Musik hohe Bedeutung zu und erwähnt in Bezug auf die urbane Musikszene in Nairobi

„creativities that contain powerful legitimating practices of new urban existenc-es“ (2006, S. 72). Explizit sog. marginalisierte Gruppen in den Blick nehmend, analysiert sie die transformative Kraft der Musik. Insofern werden Parallelen zu den vorliegenden Interviews deutlich, die auch das Engagement junger Musike-rinnen und Musiker für ihr städtisches bzw. gesellschaftliches Umfeld verdeutli-chen. Dies konkretisiert auch Elizabeth Wamuni Njoroge, die Gründerin der Art-of-Music-Stiftung, die das Projekt Ghetto Classics in Korogocho leitet. In diesem Projekt bekommen Jugendliche die Möglichkeit, ein Instrument zu erlernen und in einem Orchester zu spielen. „Über die Musik vermitteln wir den Jugendlichen essenzielle Fähigkeiten wie Disziplin, Beharrlichkeit und Teamwork“ (Njoroge 2016b, S. 14). Offenbar zahlt sich dies aus: „Die Mitglieder des Ghetto-Classic-Orchesters sind erfolgreicher in der Schule als ihre Mitschüler und sie überneh-men auch eher verantwortliche Positionen“ (ebd.).

Die Verantwortung der Mitglieder der Gruppe Mwanga für die Kinder in Ko-rogocho offenbart sich in zweierlei Weise. Einerseits in der konkreten Fürsorge für Straßenkinder und der Vermittlung selbiger an Kinderheime. Andererseits auch im übertragenen Sinne. So wird ausgeführt, dass es wichtig sei, dass die Kinder Idole hätten, damit sie nicht in den Sumpf von Drogen und Kriminalität entglitten. Vorbilder könnten bewirken, dass sich die Kinder auch in einer der zahlreichen Jugendgruppen für die community engagierten: „You see, our chil-dren need idols. When they see idols, they start to get involved, too. So it is not as difficult. But we are just trying to be good idols“ (Ib1, 121.26ff.). Als Vorbil-der fungierend, liege eines ihrer Ziele in Vorbil-der FörVorbil-derung Vorbil-der Talente Vorbil-der KinVorbil-der und Jugendlichen: „So, we won’t waste talents. It is just bringing them together and creating a power. (...) And when you are together, you can use your poten-tials“ (Ib2, 123.5ff.). Dadurch könne erreicht werden, dass die Jugendlichen ne-gativen Einflüsse wie Drogenkonsum und Kriminalität widerstehen könnten.

Dies alles geschehe in der Absicht, positive Veränderungen in Korogocho zu ini-tiieren.

Abbildung 5.11: Von den Partizipierenden der Mwanga – Olympic Flame Arts and Music Group aufgenommene Fotos und korrespondierender

Interviewauszug

„You see, Korogocho is supposed to change. The houses we have in this ghetto, they are not that good. (...) During the rainy seasons it is not like you are at home. It is like you are in the bush. (...) But our aim is that someday Korogocho will be changed and will be like an estate“ (Ib1, 125.6ff.). Deutlich wird unter-strichen, dass dieser Wandel von Jugendlichen auszugehen habe: „The change is supposed to start with us who are growing up in this ghetto“ (Ib1, 125.12f.). Er sieht dies auch als wichtigen Schritt, um das Image Korogochos zu verbessern:

„You see, Korogocho has a bad meaning, a lack of opportunity. That is a very, very, bad, bad image. (-) We have to change this image. (...) If you tell people that you are coming from Korogocho, it is like you are a very, very bad person“

(Ib1, 125.13ff.). Generalisiert führt Rainer Wehrhahn dieses Mühen der Bewoh-nerinnen und Bewohner um das Image des Stadtteils als Charakteristikum eines Slums auf: „Die Folgen tatsächlicher sozialer Probleme und medial massiv ver-stärkter Zuschreibungen, die sich unabhängig von einzelnen Personen auf ganze Quartiere beziehen, versuchen die betroffenen Bewohnerinnen und Bewohner zu durchbrechen“ (2014, S. 9). Die o.g. Ausführungen von Ib1 erinnern an folgende Strophe des Lieds „4 in 1“ des kenianischen Rappers Ndarlin P (Übersetzung zi-tiert nach Nyairo 2006, S. 78):

„I won’t cheat you

Saying ‚I come from Buru Buru‘

I come from a troubled slum The Industrial Area one, Mukuru Next Sunday at two o’clock You come I take you to the slums to house made of iron sheets and you will be happy I don’t have money to buy things like bhajia, chicken and fried meat hot dog or even pizza I will take you to an idigenious market and you’ll be shocked

we will eat chips for five shillings and maize and beans for five bob and mangoes at five shillings.“

Auch dieses Lied greift die nicht nur in Europa, sondern auch in Nairobi selbst bestehenden Stereotype betreffend des Lebens in Slumgebieten auf, zeigt aber auch die „passionate identification“ (ebd.) des Protagonisten mit seinem zu Hau-se. Das Image der Slumgebiete zu verändern, liege in der Verantwortung der Ju-gendlichen, die in den entsprechenden Stadtteilen wohnten (vgl. Ib2, 127.2).

„That’s the challenge: we have to change the image. But these youth groups in Korogocho can bring this change. The youths that we are having in Korogocho as a whole, are so cooperative and start lightening projects. (...) People can change their minds“ (Ib2, 127.2ff.). Diese Arbeit müsse bereits Kinder involvie-ren, sodass diese Vorbilder hätten und sich sodann auch für Korogocho engagier-ten (vgl. Ib2, 127.9f.). Der Begriff „lightening projects“ (Ib2, 127.5) hat als

‚Lichtblickinitiativen‘ übersetzt inzwischen auch Eingang in die entsprechende deutschsprachige Fachliteratur gefunden (vgl. Groß et al. 2011). Metaphorisch spiegelt sich dieser Anspruch auch im Namen der Gruppe, der übersetzt „Olym-pic Flame“ (Ib1, 117.3) bedeutet, wider.

5.1.2.10 MissKoch

Jb1 beginnt ihre Ausführungen geradezu unmittelbar mit dem Hinweis, dass zahlreiche ältere Mitglieder der Jugendgruppe MissKoch unterdessen berufstätig seien bzw. eine offizielle Anstellung hätten. Diese Aussage bezieht sie auf das von ihr aufgenommene Foto, auf dem der Computerraum der Jugendgruppe zu sehen ist (vgl. Abb. 5.12). Wenngleich die technische Ausstattung als veraltet anmutet, so führt Jb1 die Gründe für den Erfolg der Gruppe auf die angebotenen IT-Trainings und Computerkurse zurück. „Like our youths here, especially in the evening they come here and learn how to do research on the internet. I have tak-en such a picture with young ladies and mtak-en doing some work with the comput-er. It has helped the community. Especially the youths, they are busy now, they are engaged. (...) We have so many students coming here for getting the skills, you can’t even count. The reason is to empower the community in various as-pects of life. You see, life in Korogocho is not easy, it is very tough. But through the group, we give them some hope and support their lives“ (Jb1, 134.4ff.). Ähn-lich wie auch in den Interviews anderer Jugendgruppen führt Jb1 aus, dass es wichtig sei, die Jugendlichen sinnvoll zu beschäftigen, damit sie nicht in krimi-nelle Machenschaften und ähnliche destruktive Tätigkeiten verwickelt würden.

Die Jugendgruppen geben Halt und stärken die Jugendlichen, negativen Einflüs-sen zu entsagen. Offenbar sieht sie diese Form des Zusammenhalts aber auch als

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