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3. Spezieller Teil 18

3.7. Monophosphid-Ammoniakat

3.7.1. Einleitung

Die Alkalimetallphosphide AI3P (AI= Li-K) enthalten das dreifach negative Monophosphidanion P3–. Durch Reduktion von weißem oder rotem Phosphor können diese dargestellt werden[30]. Für zwei entsprechende Verbindungen schwererer Homologe, Li3As und Li3Sb, ist auch eine Darstel-lung in flüssigem Ammoniak beschrieben[30]. Jedoch konnten bis jetzt keine Ammoniakate dieser einfachen Zintlphasen charakterisiert werden.

Bei der Reduktion der Elementmodifikationen in flüssigem Ammoniak werden bevorzugt ver-zweigte Polyphosphide gebildet, da diese aufgrund der geringeren Elektronenkonzentration pro Pnikogenatom stabiler sind. Auch die Solvatation der Monophosphide führte bisher nicht zu Am-moniakaten dieser Phosphide. Aus einer Umsetzung von Diphosphan in Lösung von Natrium in flüssigem Ammoniak, konnte jetzt das erste Monophosphid-Ammoniakat erhalten werden.

3.7.2. [Na(NH3)4]3P·17 NH3 Darstellung

Florian Kraus befüllte im März 2005 ein Schlenkrohr mit 503 mg Na (0.02 mmol) und konden-sierte darauf unter Kühlung mit einer Isopropanol/Trockeneis-Kältemischung ca. 7.00 mL P2H4 (7.82 g, 0.12 mmol). Es war keine Reaktion erkennbar. Dann wurde Ammoniak aufkondensiert.

Nachdem man die Suspension kurz aus der Kühlung nahm, konnte starke Gasentwicklung an der Natriumoberfläche beobachtet werden. Es erfolgte eine Phasentrennung. Über einen Bodensatz des elementaren Natriums stellte sich eine orange Phase ein, welche von einer dunkelroten Phase überschichtet war. Beim Durchmischen der Lösung durch Schütteln erfolgte heftige Gasentwick-lung, welche durch das Überdruckventil der Schutzgasanlage abgeleitet wurde. Nach zweijähriger Lagerung bei –76 C wurde eine dunkelgelbe Suspension mit farblosen Kristallnadeln an der Schlenkrohrwand erhalten. Es konnten jedoch keine charakterisierbaren Kristalle isoliert werden.

Im Juli 2010 wurde die nun rotbraune Suspension mit gelbbraunem Bodensatz und zitronengel-ben Kristallen an der Schlenkrohrwand erneut untersucht. Es konnte ein zitronengelber Kristall der Verbindung [Na(NH3)4]3P·17 NH3 isoliert werden.

Röntgenografische Charakterisierung

Die Reflexdaten wurden analytisch absorptionskorrigiert und der Datensatz konnte zuerst in der triklinen Raumgruppe P¯1 gelöst werden. Obwohl alle Schweratome (Na und P) gefunden wurden und keine sinnvolle Zuordnung anderer Q-Peaks getroffen werden konnte, lagen die Gü-teparameter mit R1= 0.5922 (alle Daten) und wR2= 0.8680 (alle Daten) in nicht akzeptablen Bereichen. In der Elementarzelle konnten Bereiche gefunden werden, in denen die nicht zuord-bare Restelektronendichte konzentriert war (Abbildung 3.63). Das Programm SQUEEZE des Softwarepakets Platon ergab eine Elektronenkonzentration von 363e für diese 560 Å3 großen Bereiche. Das entspricht 21 Ammoniakmolekülen ohne Vorzugsorientierung pro Bereich. Die Gü-teparameter verbesserten sich zu R1= 0.1865 (alle Daten) und wR2= 0.3833 (alle Daten). Des-weiteren erkannte das ADDSYM-Programm des Platon-Pakets eine mögliche Umstellung vonP¯1 zur trigonalen/rhomboedrischen RaumgruppeR¯3c (Nr. 167). Damit verbesserten sich die Werte nochmals aufR1= 0.1543 (alle Daten) undwR2= 0.2806 (alle Daten). Mögliche Obverse/Reverse-Verzwilligung und/oder meroedrische Verzwillingung konnte nicht gefunden werden. Alle Nicht-Wasserstoffatome wurden anisotrop verfeinert. Alle Nicht-Wasserstoffatome wurden mit dem HFIX-Befehl generiert.

Abb. 3.63.: Nicht zuordbare Elektronendichte der Verbindung [Na(NH3)4]3P·17 NH3 rote Atomlagen stellen nicht zuordbare Elektronendichte dar; abgebildete Atome nur isotrop verfeinert

Summenformel N12H36Na3P

R1(alle Daten)/(I > 2σ I) 0.1543/0.1434

wR2 (alle Daten)/(I > 2σ I) 0.2806/0.2720

GooF 3.2

Restraints/Parameter 0/28

Restelektronendichte [eÅ–3] 1.50/-0.39

Tab. 3.26.: Röntgenographische Charakterisierung von [Na(NH3)4]3P·17 NH3

Beschreibung der Kristallstruktur

Das Natriumkation der Verbindung wird verzerrt tetraedrisch von vier Ammoniakmolekülen koordiniert. Zudem koordinieren schwach zwei Monophosphidanionen (Abbildung 3.64).

Abb. 3.64.:Na-Koordination der Verbindung [Na(NH3)4]3P·17 NH3

ausgewählte Atomabstände [Å] und Bindungswinkel []: Na(1)-N(1) 2.434(5), Na(1)-N(2) 2.426(5), Na(1)-P(1) 4.449(1);

N(1)-Na(1)-N(2) 107.77(18), N(1)-Na(1)-N(2#1) 115.63(16), N(1)-Na(1)-N(1#1) 103.2(3), N(2)-Na(1)-Na(2#1) 107.2(3), P(1)-Na(1)-P(1#1) 171.24(8);

Symmetrieoperation: #1= x-y+13, -y+23, -z+16; Schwingungsellipsoide mit 70 %iger Aufenthaltswahrscheinlichkeit

Das Monophosphid wird oktaedrisch von sechs dieser [Na(NH3)4]+-Tetraeder umgeben. Mit ei-nem Na−P-Abstand von 4.449(1) Å kann man nicht mehr von eiei-nem direkten Kation-Anionkontakt sprechen (Abbildung 3.65).

Abb. 3.65.:P-Koordination der Verbindung [Na(NH3)4]3P·17 NH3 Schwingungsellipsoide mit 70 %iger Aufenthaltswahrscheinlichkeit

Über zwölf schwache Wasserstoffbrücken wechselwirkt das Monophosphid mit den benachbarten Ammoniakmolekülen. Dabei sind ausschließlich die Atome H(1B), H(2A) und ihre jeweils fünf symmetrieäquivalenten Atome beteiligt. Sie sind dabei auf den Ecken eines Ikosaeders um das Monophosphid angeordnet (Abbildung 3.66).

Abb. 3.66.:Wasserstoffbrücken der Verbindung [Na(NH3)4]3P·17 NH3

ausgewählte Atomabstände [Å] und Bindungswinkel []: P(1)-H(1B) 2.729, P(1)-N(1) 3.588(4), P(1)-H(2A) 2.798, P(1)-N(2) 3.608(6), P(1)-H(1B)-N(1) 158.17, P(1)-H(2A)-N(2) 150.68;

bei generierten H-Atomen keine Fehlerangaben; Schwingungsellipsoide mit 70 %iger Aufenthaltswahrscheinlichkeit

In Abbildung 3.67 ist die Packung der Natriumtetraamminkomplexe (grüne Tetraeder) und der Monophosphidanionen (violette Oktaeder) in der Elementarzelle gezeigt. Die großen Freiräume zwischen den [Na(NH3)4]6

2

P-Einheiten beinhalten die stark fehlgeordneten Ammoniakmolekü-le.

Abb. 3.67.: Packung der Verbindung [Na(NH3)4]3P·17 NH3

3.7.3. Zusammenfassung und Diskussion

In der Festkörperphase ist das kleine, hochgeladene, kurz harte P3–-Anion von harten Natriumka-tionen trigonal-bipyramidal koordiniert (Na−P 2.859(1)/2.905(2) Å, Strukturtyp= Na3As)[143]. Diese harte Koordinationssphäre müsste bei einer Solvatation aufgebrochen werden und die in Relation zum Monophosphid viel weicheren Ammoniakmoleküle müssten die Kationen koordinie-ren. Das harte Anion wäre dann von respektive weichen Na(NH3)x-Kationkomplexen umgeben.

Die einfache Solvolyse ist somit nicht möglich.

Bei der Synthese der neuen Verbindung [Na(NH3)4]3P·17 NH3 war die phosphorhaltige Aus-gangsverbindung jedoch nicht eine harte, ionische Festkörperphase sondern das molekulare Di-phosphan. P2H4 wird durch das Alkalimetall reduktiv gespalten und bildet mit Ammoniak eine Verbindung aus, in der ein negativ geladenes Monophosphid von vier Natriumkomplexen umge-ben ist.

Die relativ geringe Güte des analysierten Kristalls lässt jedoch keine eindeutige Beschreibung der gesamten Kristallstruktur zu. Durch den SQUEEZE-Befehl kann ein großer Bereich der Ele-mentarzelle nicht charakterisiert werden. Hier wurde ausschließlich aufgrund der berechneten e-Anzahl auf 21 NH3-Solvatmoleküle geschlossen. Es erscheint sehr unwahrscheinlich, dass ein dreifach negativ geladenes Monophosphid neben Amminkomplexen vorliegt, da die im Vergleich zu NH2 stärkere Base P3– sonst protoniert vorliegen sollte. Glaubwürdiger erscheint die Hypo-these, dass sich in dem nicht beschreibaren Bereichen der Elementarzelle ein Teil der negativen

Gesamtladung von -3 verteilt. Zum Beispiel könnten Amid-Moleküle vorliegen, die isoelektronisch zu Ammoniak sind und somit nicht durch das Elektronenzählen des SQUEEZE-Programms von diesem unterschieden werden können. Die Wasserstoffatome wurden zudem nicht aus der Dif-ferenzfourieranalyse erhalten, sondern mit dem HFIX-Befehl generiert. Somit kann das Mono-phosphid auch protoniert und die Ammoniakliganden können auch deprotoniert vorliegen. Der enthaltene Natriumtetramminkomplex kann deshalb auch nur aufgrund der hohen Symmetrie der Na(NH3)4-Gruppe angenommen werden. Eine mögliche Deprotonierung der Liganden muss immer in Betracht gezogen werden.

Tetramminkomplexe sind besonders für das härtere Alkalimetall Lithium bekannt. In zahlrei-chen Ammoniakaten von Zintlanionen kommen diese als Gegenionen vor[29]. Für das weichere Natrium sind als homoleptische Komplexe eher die Pentamminkomplexe (quadr.-pyramidal oder trig.-bipyramidal) bekannt[67,92]. Jedoch ist eine Koordination an die weicheren Zintlanionen bei Natrium deutlisch häufiger als für das Lithium. Dieser Trend setzt sich bei den schwereren Homo-logen fort. So ist für Kalium nur ein seltenes Beispiel eines homoleptischen Hexamminkomplexes bekannt[144]. Von Rb und Cs kennt man bisher keine homoleptischen Amminkomplexe.