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Modell-Studien zum definierten Aufbau von Multilagen

B.4 Synthesedurchführung

B.4.3 Modell-Studien zum definierten Aufbau von Multilagen

B.4 Synthesedurchführung

Unter Kupfer-Katalyse konnte das Triazol 146 in nahezu quantitativer Ausbeute erhalten werden. Dabei wurden typische Reaktionsbedingungen aus der Literatur gewählt. Wird statt Benzylazid (141) das sterisch stärker abgeschirmte Azid 148 eingesetzt, sind deutlich längere Reaktionszeiten und höhere Temperaturen nötig bis das Edukt 145 vollständig umgesetzt ist.

Dies zeigt, dass die Kupfer-katalysierte Alkin-Azid-Cycloaddition sehr gut durch sterische Abschirmung beeinflussbar ist. Zum Vergleich wurde die Cycloadditionsreaktion von 145 mit Benzylazid (141) auch unter thermischen Bedingungen durchgeführt. Mit 1,2-Dichlorbenzol als Lösungsmittel waren hohe Temperaturen nötig bis überhaupt ein Umsatz festgestellt werden konnte. Nach 36 h bei 160 °C wurde das Produkt in 73% Ausbeute isoliert (Schema 61). Anders als die Kupfer-katalysierte Reaktion verläuft die thermische [3+2]-Cycloaddition nicht regiospezifisch und die beiden Regioisomere 141 und 142 wurden im Verhältnis von 3:1 erhalten.

Schema 61: Thermische Cycloaddition von 145 mit Benzylazid (141).

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Abbildung 13: Schematische Darstellung von gewünschter und ungewünschter Funktionalisierung der Alkinoberfläche mit Bisaziden.

Bisazid 153 wurde als ein geeignetes Molekül identifiziert, da hier eine primäre und eine tertiäre Azidgruppe vorliegt. Die Synthese von Bisazid 153 ist bisher nicht in der Literatur beschrieben worden und gelang in vier Stufen, ausgehend vom käuflichen Methylester 150 (Schema 62).

Zunächst wurde dieser mit einem Überschuss Methylgrignard zum Diol 151 umgesetzt.

Anschließend wurde der tertiäre Alkohol selektiv mit in situ gebildeter Stickstoffwasserstoffsäure in das Azid überführt (151 → 152). Die Substitution der verbleibenden Hydroxygruppe durch ein Azid gelang zweistufig, indem zuerst mit Mesylchlorid eine Abgangsgruppe generiert wurde, die im zweiten Schritt mit Natriumazid substituiert wurde. So war das Bisazid 153 mit einer mäßigen Gesamtausbeute von 15% über 4 Stufen erhältlich.

Schema 62: Synthese von Bisazid 153.

Nun wurde untersucht, ob Bisazid 153 ein geeignetes Molekül darstellt, um den Aufbau von Schichten auf einer Oberfläche zu realisieren. Dazu wurde Alkin 145 mit Bisazid 153, unter gleichen Bedingungen wie bei 145 → 146, in einer CuAAC-Reaktion umgesetzt (Schema 63).

Erfreulicherweise reagierte bei diesen Bedingungen ausschließlich das primäre Azid und Triazol 154 konnte in quantitativer Ausbeute erhalten werden.

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Schema 63: Reaktion von Alkin 145 mit Bisazid 153 zu Triazol 154.

Der Aufbau von Multilagen auf Si(001) soll durch die abwechselnde Reaktion von 109 und 153 erreicht werden. Folglich wurde 154 als nächstes mit Bisalkin 109 umgesetzt. Bei Raumtemperatur reagierte ausschließlich die interne Dreifachbindung und es wurde ausschließlich 155 als Regioisomerengemisch erhalten (Schema 64). Das Alkin in Verbindung 155 ließ sich wiederum mit Bisazid 153 umsetzten und Triazol 156 wurde in hohen Ausbeuten isoliert. Die Chemoselektivitäten der Reaktionen konnten eindeutig mit 1 H-NMR-Spektroskopie nachgewiesen werden. Unter Berücksichtigung der exzellenten Ausbeuten und der Abwesenheit von Nebenreaktionen während des Aufbaus von 156 verdeutlicht, dass die beiden Reaktionen prinzipiell geeignet sind um molekulare Schichten aufzubauen.

Schema 64: Aufbau der 2. und 3. „Schicht“ am eindimensionalen Modellsystem. Aus Gründen der Übersichtlichkeit ist das andere Regioisomer von 155 bzw. 156 nicht abgebildet.

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Die mangelnde Regioselektivität der SPAAC-Reaktion wäre für eine Oberflächenfunktionalisierung unerheblich, da es dann mehr auf die Gesamteigenschaften des Films ankommt. Die fortlaufende Kettenverlängerung durch die selektive Reaktion einer funktionellen Gruppe eines bifunktionellen Moleküls, kann als eindimensionales Modellsystem für den Aufbau von Multilagen auf einer Oberfläche auffasst werden. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Reaktionsführung in homogener Lösung nicht ohne weiteres mit der Oberflächenfunktionalisierung auf Si(001) verglichen werden kann.

Die oben beschriebenen Ergebnisse haben gezeigt, dass Bisazid 153 ein geeigneter Baustein für den definierten Aufbau eines eindimensionalen Modellsystems mittels [3+2]-Cycloadditionsreaktionen darstellt. Als Erweiterung dieses Modellsystems können Cholsäurederivate angesehen werden. Damit sollte untersucht werden, ob es bei der Durchführung der beiden beschriebenen Reaktionen zu intramolekularen Nebenreaktionen kommen kann. Der starre Steroidkörper der Cholsäure ermöglicht die Einführung von mehreren funktionellen Gruppen mit denen das Bisalkin 109 reagieren kann. Das literaturbekannte Cholsäurederivat 116 erfüllt diese Anforderungen, da die an das wenig flexible Steroidgerüst angeknüpften freien Azigruppen denen an einer Oberfläche ähneln (Abbildung 14). Man kann 116 als Ausschnitt einer Azid-funktionalisierten Oberfläche auffassen. Es wird daher im Folgenden als 2D-Modellsystem bezeichnet.

Abbildung 14: Cholsäurederivat 116 als Ausschnitt einer azidfunktionalisierten Oberfläche.

Derivate der Cholsäure wurden schon vielfach in der Literatur eingesetzt. Gerade für die Supramolekulare Chemie ist die Cholsäure ein ideales Ausgangsprodukt, da sie neben den günstigen strukturellen Eigenschaften auch sehr kostengünstig erhältlich ist. Die Synthese von 116 wurde bereits von Savage et al. beschrieben und konnte im Rahmen dieser Arbeit reproduziert werden.[84] In einer Reduktionsreaktion wurde zunächst der käufliche Methylester 157 mit Lithiumaluminiumhydrid zum Alkohol 158 reduziert (Schema 65). Anschließend wurde der primäre Alkohol von 158 selektiv geschützt, wodurch 159 in mittleren Ausbeuten erhalten wurde.

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Schema 65: Synthese von 159.[84]

In Schema 66 sind die weiteren Syntheseschritte zum Triazid 116 dargestellt. Die freien Hydroxygruppen in 159 wurden, durch den Einsatz von Natriumhydrid und Allyliodid, allyliert (159 → 160). Diese Variante zur Allylierung von 160 wurde von Wang etabliert.[85] Dann wurde an 160 eine Ozonolyse durchgeführt, die reduktiv mit Dimethylsulfid und Natriumborhydrid aufgearbeitet wurde. Dies lieferte das Triol 161 in quantitativer Ausbeute. Die Einführung der drei Azidgruppen gelang durch Mesylierung der Hydroxygruppen und anschließender nukleophilen Substitution mit Natriumazid. Auf eine chromatographische Reinigung des Trimesylats wurde verzichtet und das Rohprodukt direkt weiter zum gewünschten Produkt 116 umgesetzt.

Schema 66: Synthese von 116.[84][85]

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Damit war Triazid 116 in 6 Stufen, ausgehend von Cholsäuremethylester (157), mit einer Gesamtausbeute von 27% im Gramm-Maßstab darstellbar (Lit.[84]: 32% über 6 Stufen). Mit 116 konnten nun weitere Studien zum Aufbau von „Multilagen“ in Lösung durchgeführt werden.

Grundsätzlich eignet sich dies nur als Modell für die Oberflächenfunktionalisierung, wenn bereits das erste Bisazid aufgebracht wurde (vgl. Abbildung 14), da sich die Reaktivität eines Si-Dimers auf Si(001) zu stark von der eines organischen Azids unterscheidet. Triazid 116 wurde zuerst mit Bisalkin 109 umgesetzt. Wie erwartet, reagierte bei Raumtemperatur selektiv die gespannte interne Dreifachbindung, so dass Produkt 162 quantitativ erhalten wurde (Schema 67). Intramolekulare Nebenprodukte konnten nicht gefunden werden. Bei dieser Reaktion entstehen mehrere Regio- und Diastereomere von 162, da Bisalkin 109 als Racemat eingesetzt wurde und die Reaktion weder regio- noch stereospezifisch abläuft. Zur besseren Übersicht der Schemata wird im Folgenden immer nur ein mögliches Isomer der Verbindungen gezeigt. Wie schon erwähnt, sollte die mangelnde Regioselektivität der Reaktion für eine Oberflächenfunktionalisierung unerheblich sein.

Schema 67: Aufbau der ersten „Lage“ am 2D-Modellsystem. Für eine bessere Übersicht sind nicht alle denkbaren Regio- und Diastereomere von 162 abgebildet.

Der Aufbau der zweiten „Lage“ wurde mit Bisazid 153 in einer Kupfer-katalysierten Cycloadditionsreaktion durchgeführt. Dabei war es wichtig genau zu untersuchen, ob es zu intramolekularen Reaktionen kommt (vgl. Abbildung 13). Bei der Durchführung des Experiments im eindimensionalen Modellsystem waren ausschließlich intermolekulare Reaktionen möglich (Schema 63), die in der Regel deutlich langsamer ablaufen. Eine intramolekulare Reaktion wurde nicht beobachtet und Trialkin 162 reagierte mit Bisazid 153 chemoselektiv zu Produkt 163 (Schema 68). Mit massenspektroskopischen Verfahren (ESI) konnten keine Nebenprodukte nachgewiesen werden, die auf einen intramolekularen Ringschluss hindeuten. Dies zeigt, dass sich die Reaktivitäten der beiden Azidgruppen in 153

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ausreichend voneinander unterscheiden, um auch auf einer Oberfläche hohe Chemoselektivitäten zu erreichen. Abschließend wurde 163, zum Aufbau der dritten „Lage“, mit Bisalkin 109 umgesetzt und das gewünschte Produkt 164 in 86% Ausbeute erhalten.

Schema 68: Aufbau der zweiten und dritten „Lage“ am 2D-Modellsystem. Die weiteren Isomere sind, aus Gründen der Übersichtlichkeit, nicht gezeigt.

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An dieser Stelle wurden keine weiteren Reaktionen an 164 durchgeführt, da ein weiterer Erkenntnisgewinn nicht zu erwarten war und die eindeutige Analytik mit zunehmender Molekülmasse immer schwieriger wurde.

Die Studien am den beiden Modellsystemen haben gezeigt, dass durch die abwechselnde Durchführung von SPAAC- und CuAAC-Reaktionen der Aufbau von definierten molekularen Ketten und Schichten möglich ist. Dies stellt einen neuartigen chemoselektiven Ansatz des Layer-by-Layer-Verfahrens dar (vgl. Kap. B.1.3). Durch geeignete Wahl der Reaktionsbedingungen und Reagenzien konnten die Produkte durchgängig in hohen Ausbeuten erhalten werden. Die Ergebnisse legen nahe, dass die Funktionalisierung auch auf Si-Oberfläche funktionieren sollte, sofern die selektive Addition des Bisalkins 109 im ersten Schritt gelingt und die gebildeten Si–C-Bindungen unter den CuAAC-Bedingungen stabil genug sind.