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1. Leistungsmotivation, Intelligenz und Testmotivation

1.3 Testmotivation

1.3.2 Modell der Testmotivation

Als Basis für das Modell der Testmotivation dient speziell die von Eccles und Kollegen (1983) erstellte Erwartungs-Wert-Theorie der Leistungsmotivation. Dabei haben Eccles et al. (1983) eine Erwartungswerttheorie entwickelt, die auf dem Erwartungs-Wert-Modell von Atkinson (1964/1975) aufbaut, indem sie die Fähigkeit, die Ausdauer und die Wahl des Leistungsverhaltens direkt auf eine Erwartungs- und eine Wertkomponen-te zurückführen. Die Theorie unWertkomponen-terscheidet sich jedoch auch von Atkinsons Modell, da Eccles et al. (1983) davon ausgehen, dass die Erwartungs- und Anreizkomponenten mit einem weiteren Feld von psychologischen und sozialen/kulturellen Determinanten ver-bunden sind. Zudem wird angenommen, dass Erwartung und Anreiz in positiver Bezie-hung stehen und nicht invers, wie Atkinson vorgeschlagen hat (Eccles & Wigfield, 2002). Der erste Entwurf dieser Theorie kann der Abbildung 1.3 entnommen werden.

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Abbildung 1.3

Erwartungs-Wert-Modell nach Eccles et al. (1983) (zitiert nach Pohlmann, Möller &

Streblow, 2005, S. 128)

Wigfield und Eccles (2000) nehmen an, dass die Erwartung und die Wertigkeit sowohl die Leistungswahl als auch die Fähigkeit, die Anstrengung und die Ausdauer des Leis-tungsverhaltens direkt beeinflussen. Zudem gehen sie davon aus, dass die Erwartung und die Wertigkeit durch den aufgabenspezifischen Glauben, wie den Fähigkeitsglau-ben, die wahrgenommene Schwierigkeit der Aufgabe und die individuellen Ziele, wie Selbstschemata und affektive Erinnerungen, beeinflusst werden. Diese sozial kognitiven Variablen werden dabei durch individuelle Wahrnehmungen der eigenen Erfahrungen und von einer Reihe sozialer Einflüsse beeinflusst (Eccles & Wigfield, 2002).

Das Modell kann, wie Studien unter anderem von Wolf und Smith (1995) bzw. von Wolf, Smith und Birnbaum (1995) (siehe dazu Kapitel 1.3.2.1) belegen, auch für das Konstrukt der situationsspezifischen Motivation, der Testmotivation, verwendet wer-den. Angewandt auf die Testmotivation besagt dieses Modell, dass die situationsspezifi-sche Motivation sowohl von der Erwartung einer Person, wie gut sie in der bevorste-henden Aufgabe abschneiden wird, als auch von dem Aufgabenwert, also dem subjekti-ven Wert dieser Aufgabe für die Person, beeinflusst wird (Eklöf, 2006; Frey, Hartig &

Moosbrugger, 2009; Jacobs, 2009). Infolgedessen beeinflussen diese beiden

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nenten das Leistungsverhalten einer Person direkt, welches sich in Ausdauer, Wahl und Leistung bzw. Anstrengung widerspiegelt (Pohlmann et al, 2005). Liegt also eine ent-sprechende Testmotivation vor, so zeigt die Person eine höhere Ausdauer und Anstren-gung für die Bearbeitung der Aufgaben und sucht sich zudem, bei freier Aufgabenwahl, Aufgaben, die sie herausfordern.

Gemäß der Modellannahmen wird die Erfolgserwartung sowohl vom Begabungs-selbstkonzept als auch von der wahrgenommenen Aufgabenschwierigkeit direkt be-stimmt (Pohlmann et al., 2005). Unter dem Fähigkeitsselbstkonzept verstehen Eccles und Kollegen (1983) die Kompetenzeinschätzung einer Person in einer gegebenen Ak-tivität. Die beiden Konstrukte unterscheiden sich also dahingehend, dass die Erfolgser-wartung auf zukünftige und das Fähigkeitsselbstkonzept auf gegenwärtige Aufgaben fokussiert ist (Wigfield & Eccles, 2000). In Leistungssituationen hingegen konnte ge-zeigt werden, dass sich diese Konstrukte empirisch nicht voneinander unterscheiden (Eccles & Wigfiled, 2000). Die aufgabenbezogenen Kognitionen, also das aufgabenspe-zifische Selbstkonzept und die wahrgenommene Aufgabenschwierigkeit, auf welche individuelle Ziele, bisherige Erfolgs- und Misserfolgserfahrungen sowie das kulturelle Milieu Einfluss nehmen, werden wiederum durch die Interpretationen vergangener Er-eignisse und die Einstellung bzw. wahrgenommene Einstellung der Bezugspersonen beeinflusst (Pohlmann et al, 2005). Fühlt sich die Person demnach in einer gegebenen Aufgabe kompetent und wird die subjektive Schwierigkeit einer Aufgabe als niedrig bzw. lösbar eingeschätzt, so steigt die subjektive Erfolgserwartung und die Person glaubt daran, diese Aufgabe gut zu meistern. Dabei wird sowohl die Kompetenzein-schätzung für eine Aufgabe als auch die wahrgenommene Aufgabenschwierigkeit vor allem von Erfahrungen in bisherigen Leistungssituationen und eigenen zukünftigen Be-strebungen beeinflusst. Die subjektive Aufgabenschwierigkeit wird zudem meist noch als abhängig vom Leistungsresultat der anderen Personen gesehen, weshalb sie von so-zialen Normen abhängig ist (Neugebauer, 1997).

Zum Aufgabenwert gehören nach Eccles und Kollegen (1983) vier Komponenten:

die Wichtigkeitskomponente, der intrinsische Wert, die Nützlichkeitskomponente und die Kosten. Als Leistungswert bzw. Wichtigkeitskomponente definieren sie, wie wich-tig es für eine Person sei, eine Aufgabe erfolgreich zu lösen. Dabei wird die Relevanz der Aufgabe oftmals für die Bestätigung hervortretender Aspekte des Selbstschemas verbunden (Pohlmann et al., 2005). So ist der Wert einer Aufgabe höher, wenn diese mit bedeutenden Selbstkonzeptaspekten, wie etwa der Kompetenz in verschiedenen

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Domänen, als kongruent wahrgenommen wird (Eccles et al., 1983; Eccles & Wigfield, 2002). Unter dem intrinsischen Wert wird die Freude einer Person bei der Ausübung einer Aufgabe oder das subjektive Interesse der Person mit dem Thema verstanden (Eccles et al., 1983; Eccles & Wigfield, 2002). Die Nützlichkeitskomponente nimmt Bezug auf das Ausmaß, inwieweit eine Aufgabe für gegenwärtige oder zukünftige Ziele relevant ist. Dabei kann eine Aufgabe einen positiven Wert für das Erreichen erwünsch-ter Zielzustände haben, obwohl die Person gegenwärtig nicht daran inerwünsch-teressiert ist. Aus diesen Gründen erfasst diese Komponente eher extrinsische Gründe für die Ausübung einer Tätigkeit (Eccles et al., 1983; Eccles & Wigfield, 2002). Zudem konnten sie noch eine weitere Komponente identifizieren: die Kosten. Dabei sind Kosten unter anderem durch negative Aspekte wie die Leistungsangst und die Angst sowohl vor Misserfolg als auch vor Erfolg gekennzeichnet. Hinzu kommen die Aspekte, dass man sich, um erfolg-reich zu sein, anstrengen und dabei zudem andere Tätigkeiten ausschließen muss, die man dann nicht mehr machen kann, wenn man sich bereits für eine Aufgabe entschie-den hat (Eccles & Wigfield, 2002). Diese vier Komponenten sind wiederum abhängig von den individuellen Zielen einer Person, dem aufgabenspezifischen Selbstkonzept sowie der Interpretation vorausgegangener Ereignisse. Dabei werden die Ziele durch die Bezugspersonen und das kulturelles Milieu beeinflusst (Pohlmann et al., 2005). Dem-nach ist der subjektive Wert einer Aufgabe für eine Person umso höher, je wichtiger ihr diese ist, je mehr Freude sie bei der Ausübung jener Aufgabe hat, je höher der wahrge-nommene Nutzen dieser Aufgabe ist und je weniger Kosten ihr, im Sinne von Leis-tungsangst bzw. Misserfolg, dabei entstehen.

Die postulierten Zusammenhänge im Erwartungs-Wert-Modell konnten inzwischen für akademische Zusammenhänge hinreichend bestätigt werden (Pohlmann et al., 2005).

So konnten Eccles und Kollegen unter anderem zeigen, dass das Fähigkeitsselbstkon-zept und die Erfolgserwartung die Leistung, etwa in Mathematik, beeinflusst, wohinge-gen der Aufgabenwert zum Beispiel die Kurswahl bestimmt (Eccles & Wigfield, 2002).

Zusammenfassend besagt die Theorie, dass eine bessere Fähigkeit hinsichtlich des domainspezifischen Inhalts eines Testes zu einem höheren Fähigkeitsglauben, zu einer höheren Erfolgserwartung und konsequenterweise zu einer höheren Motivation in die-sem Test führen sollte (Eccles et al., 1983; Eccles & Wigfield, 2002). Des Weiteren besagt das Modell: Wenn alle anderen Faktoren konstant gehalten werden, bringen Per-sonen mit höheren Fähigkeiten auch höhere Anstrengungen auf, um die Aufgaben in einem Test zu lösen (Segal, 2006). Demnach würde, wenn sich Personen mit denselben

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Fähigkeiten in ihrer Testmotivation unterscheiden, dieses durch die unterschiedliche Anstrengungsbereitschaft in der Bearbeitung eines Tests sichtbar werden. Folglich wäre ein Test, für den alle das nötige Wissen haben, um ihn korrekt zu beantworten, geeignet, um mehr über individuelle Unterschiede in der Testmotivation zu erfahren (Segal, 2006).