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Mittelfristige Konjunktur- und Arbeitsmarktprognose

Im Dokument • 1995 -1999 (Seite 43-48)

3. Prognose der Wirtschafts- und Arbeitsmarktentwicklung

3.2 Mittelfristige Konjunktur- und Arbeitsmarktprognose

(Zahlen und Trends basieren auf den Konjunkturprognosen des Wirtschafts-forschungsinstitutes und des Instituts für Höhere Studien 1994 bis 1998 sowie den Konjunkturindikatoren des Wirtschaftsforschungsinstitutes für das Jahr 1998)

Die Annahmen zur internationalen Konjunkturentwicklung ab 1995 gehen davon aus, daß die Wachtumsraten der OECD-Länder im Jahr 1995 eine be-merkenswerte Konvergenz aufweisen. Mit einer leichten Abschwächung in den USA, einer deutlichen Verstärkung des Aufschwungs in Europa und der allmählichen Belebung in Japan ergibt sich eine zwischen den großen Wirt-schaftsräumen ausgeglichene Wachstumsrate des Bruttoinlandsprodukts von etwa 3 °/0.

Was die Entwicklung in Europa betrifft, so entsteht die Konjunkturbelebung vor allem aus der verstärkten Auslandsnachfrage. Der Importsog ist in den USA trotz Dollarschwäche ausgesprochen groß, der Handel zwischen den europäischen OECD-Ländern wächst kräftig. In den Konjunkturumfragen der EU zeigen sich die Exporteure davon überzeugt, daß sich das Investitions-und Konsumklima langsam verbessern wird. Parallel zu diesen Entwicklungen sind die internationalen Finanzmärkte von unerwarteten Entwicklungen ge-kennzeichnet. Die Unsicherheiten auf den Finanzmärkten prägen die Wechsel-kursentwicklung, die aus steigenden Zinsen und stärkerer Konjunkturdynamik in den USA, aus den ungelösten Problemen der Handelsbeziehungen zwi-schen den USA und Japan, dem Anlageverhalten großer Investoren sowie an-deren, unerwarteten und einander beeinflussenden Entwicklungen auf den Devisen- und Kapitalmärkten entstehen.

Ohne auf die österreichische Fiskalpolitik im Detail einzugehen, ist zu er-wähnen, daß sie in der Rezession 1993 eine stabilisierende und im Auf-schwung 1994 eine konjunkturstimulierende Rolle einnahm, aber gleichzeitig auch hohe Defizite im Bundeshaushalt mit sich brachte. Fiskalpolitische Re-striktionen beeinflussen allerdings, nicht nur in Österreich, sondern in vielen Ländern Europas die Konjunkturdynamik.

Neben der Entwicklung Österreichs in der internationalen Wirtschaft ist die neue Rolle Österreichs als Mitgliedstaat der Europäischen Union zu betrachten, die eine zusätzliche Veränderung der österreichischen Wirtschaftsdynamik mit sich bringt. Durch den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union und der an-haltenden Konkurrenz aus den Zentral- und Osteuropäischen Reformländern auf niedrigem Preisniveau wird die österreichische Wirtschaft in den kommen-den Jahren deutlichen strukturellen Veränderungen unterworfen sein; mit ent-sprechenden Konsequenzen für den Arbeitsmarkt:

Im Modellszenario „EU-Beitritt" des Wirtschaftsforschungsinstituts ist eine Wachstumsbeschleunigung von 2,5 Prozentpunkten bis zum Jahr 2000 vorge-sehen, die sich allerdings eher aus dem Bereich Investitionen und den damit zusammenhängenden Produktivitätssteigerungen ergeben wird, als daß sich das höhere Wachstum in einem Anstieg der Beschäftigung auswirken würde.

Weiters geht man zwar davon aus, daß der EU-Beitritt in den ersten 6 Jahren zu 30.000 zusätzlichen Arbeitsplätzen führen wird, allerdings werden die bran-chenspezifischen Einbrüche nach 4 Jahren erst zu zwei Drittel bewältigt sein.

Im Primär- und Sekundärsektor der Wirtschaft wird im Zeitraum 1994— 1998 ein weiterer Rückgang an unselbständiger Beschäftigung zu verzeichnen sein (ca. 18.500 weniger Arbeitsplätze), gleichzeitig wird das Angebot an unselb-ständigen Arbeitskräften deutlicher wachsen als die Gesamtzahl der Erwerbs-personen und wird, bedingt durch den Rückgang der Selbständigen (ins-besondere in der Landwirtschaft) um 2 Prozent pro Jahr, 1998 3.387.300 Per-sonen erreicht haben.

Die Gruppe der Ausländer zweiter Generation und zusätzliche ausländische Arbeitskräfte infolge Familiennachzugs werden das Arbeitskräfteangebot ebenfalls anheben. Im Zeitraum 1994 bis 1998 wird die unselbständige Be-schäftigung damit um jahresdurchschnittlich 0,8 Prozent auf 3.165.000 Ar-beitsplätze anwachsen. Die Quote der ausländischen Arbeitnehmer wird vor-aussichtlich auch bei einer Zunahme der ausländischen Arbeitskräfte, wie sie oben dargestellt wurde, und der Beibehaltung der gesetzlichen Beschränkun-gen zur Ausländerbeschäftigung (aus Drittstaaten) bis 1998 nicht über 12 Pro-zent ansteigen. Laut der Prognosedaten des Wirtschaftsforschungsinstituts werden im Jahre 1998 335.000 Ausländer in Österrreich beschäftigt sein, die-ser Anteil wird voraussichtlich 10,6 Prozent an allen Beschäftigten betragen.

Der Beschäftigungszuwachs wird sich in der Vorschauperiode vermutlich auf dem Bausektor und besonders auf die Dienstleistungsbereiche konzen-trieren; der Beschäftigungsanteil der Sachgüterproduktion wird dagegen wei-ter abnehmen. Trotz der Erwartung eines nicht unbeträchtlichen Beschäf-tigungszuwachses (angenommener Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts 1994-1998: + 2,4 °/0) soll nicht darüber hinweggetäuscht werden, daß in vielen Bereichen beträchtliche Arbeitsplatzverluste zu verzeichnen sein werden. So-wohl die technologische Entwicklung wie auch die Neuorientierung der inter-nationalen Arbeitsteilung im Gefolge der Ostöffnung sprechen dafür, daß der Trend insbesondere gegen geringqualifizierte Tätigkeiten in der Sachgüter-

produktion läuft. Nach Schätzungen des Instituts für Höhere Studien werden in den nächsten 5 Jahren mindestens 500.000 zusätzliche Arbeitsplätze benötigt werden. Um die Dynamik des Arbeitsmarktes erfolgreich bewältigen zu kön-nen, werden umfangreiche Aktivitäten im Bereich der Weiter- und Höherquali-fikation der Beschäftigten erforderlich sein.

Die Arbeitslosenrate wird unter den oben beschriebenen Annahmen über den gesamten Prognosezeitraum hinweg bei rund 6,5 % (nationale Definition) liegen. Das heißt, daß sich die Arbeitslosenrate trotz EU-Beitritt und verstärk-ter Aktivitäten im Bereich der aktiven Arbeitsmarktpolitik nicht absenken läßt.

Die positive Entwicklung der Beschäftigung reicht gerade aus, die Arbeits-losigkeit nicht weiter ansteigen zu lassen, sodaß die Zahl der vorgemerkten Arbeitslosen über die gesamte Vorschauperoide nicht unter 210.000 sinken wird. Zieht man allerdings die Betroffenheitsquoten ins Kalkül, dann bedeutet dies, daß pro Jahr zwischen 650.000 und 700.000 Episoden von Arbeitslosig-keit zu verzeichnen sein werden.

Im Detail betrachtet, wird der Arbeitsmarkt in den Jahren 1995-1999 ver-stärkt durch strukturelle Komponenten bestimmt sein. Auch wenn die Entwick-lung insgesamt durch den Konjunkturaufschwung sowie durch eine entspre-chende Politik auf Makroebene erleichtert und unterstützt wird, besteht doch die Gefahr, daß es im Zuge dieses Prozesses zu sektoralen, regionalen und personengruppenspezifischen Problemen kommen wird.

Am schwerwiegendsten werden die Auswirkungen dort zu spüren und auch zu bekämpfen sein, wo sich diese drei Problemebenen verbinden, wie etwa in den lohnkostenintensiven Produktionsbereichen des Textil-, Bekleidungs- und Schuhsektors.

Die Betriebe in diesen Branchen sind typischerweise in ländlichen periphe-ren Regionen angesiedelt, wo sie insbesondere Beschäftigungsmöglichkeiten für Frauen bieten. Ein weiterer Beschäftigungsrückgang in diesen Branchen würde somit die Situation in diesen eher entwicklungsschwachen Regionen verschärfen und die ohnedies geringen regionalen Erwerbsmöglichkeiten von Frauen weiter einschränken.

Aber auch unabhängig von diesen besonderen regionalen bzw. personen-gruppenspezifischen Konsequenzen werden diese strukturellen Veränderun-gen der österreichischen Wirtschaft für tausende Arbeitnehmer massive be-rufliche Veränderungen mit entsprechenden Umschulungs- und Weiterbil-dungsanforderungen mit sich bringen.

Nach den Erfahrungen des letzten Jahrzehnts ist auch bei der jetzigen Konjunkturbelebung zu erwarten, daß es zunächst zu einer Reduktion der Neuzugänge in die Arbeitslosigkeit kommen wird.

Zu einem spürbaren Rückgang der Langzeitarbeitslosigkeit wird es hin-gegen erst bei einem längeranhaltenden und kräftigen Wirtschaftsaufschwung kommen.

Es muß daher zumindest für den ersten Teil der Planungsperiode davon ausgegangen werden, daß eine Reintegration von Langzeitarbeitslosen in das Erwerbsleben ohne entsprechende Qualifizierungs- und Unterstützungsmaß-nahmen kaum möglich sein wird. Dies gilt in noch stärkerem Ausmaß für Be-hinderte und andere Problemgruppen des Arbeitsmarktes.

Für den Bereich der Älteren werden mehrere Faktoren von Bedeutung sein.

Zum einen kann erwartet werden, daß mit der erklärten Absicht der Bundes-regierung, bestehende Übergangsregelungen für die Pension abzuschaffen und das faktische Pensionsalter anzuheben, die in den letzten Jahren beste-hende Tendenz zur Durchführung von Personalabbaumaßnahmen zu Lasten Älterer eingeschränkt wird.

Zum anderen weisen insbesondere ältere Arbeitskräfte Qualifikationsdefizite auf, denen durch Änderungen im Weiterbildungsverhalten von Arbeitgebern und Arbeitnehmern entgegengewirkt werden muß. Wie ein diesbezügliches Pilotprojekt zeigt, ist zeitgerechte Qualifizierung der beste Schutz gegen Ar-beitslosigkeit.

Die zuvor skizzierten strukturellen Veränderungen der Wirtschaft und der damit voraussichtlich verbundene Rückgang von Arbeitsplätzen in Niedrig-lohn-Produktionsbereichen werden deutliche Auswirkungen auf die regionalen Beschäftigungsmöglichkeiten von Frauen haben. Nur in einigen Regionen dürfte es gelingen, den Rückgang an Frauenarbeitsplätzen im Produktions-bereich durch eine entsprechende Ausweitung des Dienstleistungssektors — etwa im Tourismus — auszugleichen.

Abgesehen von diesen einzelnen regional bestehenden Möglichkeiten wer-den jedoch die Beschäftigungschancen von Frauen insgesamt entscheiwer-dend von der Verbesserung der beruflichen Qualifikationen (insbesondere einer Ausweitung der Lehrberufe), sowie einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Betreuungspflichten (Ausbau der Teilzeitbeschäftigung) abhängen.

Für Jugendliche insgesamt ist auch in den Jahren 1995-1999 nicht mit einer Verschlechterung der Beschäftigungsentwicklung zu rechnen. Probleme werden jedoch weiterhin in einzelnen Regionen bzw. für bestimmte Personen-gruppen — wie behinderte, sozial fehlangepaßte und ausländische Jugend-liche — bestehen.

Darüberhinaus besteht jedoch die Gefahr, daß schlecht qualifizierte bzw.

durch die falsche Lehrberufswahl nicht für die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes qualifizierte Jugendliche angesichts einer Wirtschaft, die hohe Anforderungen an die Qualifikation stellt, auf Dauer in instabile Beschäftigungskarrieren ab-gedrängt werden.

Aber auch bei aus heutiger Sicht „guten" Ausbildungen werden verstärkt fachübergreifende, vernetzte Inhalte, Sprachen sowie nicht-formale Qualifika-tionen vermittelt werden müssen.

Die österreichische Wirtschaft, die durch ein vergleichsweise hohes Lohn-niveau, aber auch durch eine in der guten Qualifikation der Arbeitskräfte be-gründeten hohen Produktivität gekennzeichnet ist, kann auf diese geänderten Rahmenbedingungen nicht mittels sinkender Kosten reagieren. Bei einer Lohndifferentiale von 1:10 gegenüber den östlichen Nachbarländern ist eine derartige Strategie undenkbar. Die Zukunft der österreichischen Wirtschaft muß daher in der Qualität der Produkte und Dienstleistungen sowie in weite-ren Produktivitätssteigerungen liegen. Ein zentrales Element dazu ist die Qua-lifikation der Arbeitskräfte und die Geschwindigkeit, mit der die geänderten Anforderungen in Curricula umgesetzt werden können.

4. Organisation und Schwerpunkte der

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