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8 Methodische Zugänge zur ökonomischen Anpassungsforschung

Im Dokument UFZ-Bericht 02/2012 (Seite 57-60)

116. Dieses Kapitel gibt einen Überblick über die in den einzelnen Forschungsfeldern vor-nehmlich zur Anwendung gebrachten Methoden, um so ggf. Rückschlüsse hinsichtlich viel-versprechender aber noch nicht etablierter methodischer Zugänge zu bestimmten Themen-komplexen zu ermöglichen. Die Abhandlungen zur Erfassung und Abgrenzung des For-schungsbereichs (Kapitel 2) bewegen sich naturgemäß auf verbal-argumentativer Ebene, wobei diverse interdisziplinäre Ansätze mit soziologischen, politologischen, ökonomischen, psychologischen und naturwissenschaftlichen Komponenten zu verzeichnen sind (Ziff. 6 ff.).

117. Im Bereich Ziele der Klimaanpassung (Kapitel 3) liegt ein breiter Methodenmix vor.

Die ökonomische Zielfindung wird vom Optimalitäts- bzw. Nutzen-Kosten-Dogma domi-niert (Abschnitt 3.1), wogegen der Themenkomplex nicht-effizienzbezogener Ziele (Abschnitt 3.2) sowie die Beurteilung und Auswahl von Anpassungsmaßnahmen (Abschnitt 3.3) Ge-genstand von Methoden unterschiedlicher Disziplinen sind.

118. Das Optimalitätsziel wird im Rahmen der theoretischen Zielfindungsanalyse auf fol-gende Weise methodisch gestützt: Bei den statischen Ansätzen dominieren mikroökono-mische Optimierungsansätze, zumeist beruhend auf einfachen Partialmarktmodellen (Ziff.

26, 27). Die makroökonomischen Studien sind mit nur einem allgemeinen berechenbaren Gleichgewichtsmodell in der Unterzahl (Ziff. 29). Zur Analyse des statischen Trade-offs zwi-schen Anpassung und Vermeidung wird die Theorie des endogenen Risikos herangezo-gen (Ziff. 38). Bei der dynamischen Analyse stellt sich das Kräfteverhältnis zwischen Mikro- und Makroökonomik genau umgekehrt dar. Hier sind nur einzelne mikroökonomisch fun-dierte Optimierungsansätze (Ziff. 30, 32, 39) und Optionswertmodelle (Ziff. 31) zu regist-rieren. Neben makroökonomischen Wachstumsmodellen (Ziff. 33, 41) kommt den In-tegrated Assessment Models die zentrale Rolle zu (Ziff. 42-45).

119. Die Anstrengungen zur empirischen Erfassung des Nutzens und der Kosten von Anpassungsmaßnahmen erscheinen generell noch ausbaufähig. Bzgl. der Nutzenseite wer-den lediglich vereinzelte konzeptionelle Vorüberlegungen angestellt (Ziff. 47, 48). Kosten-schätzungen erfolgen zumeist Top-down auf Basis physischer Klimamodelle in Verbin-dung mit ökonometrischen Methoden, bzw. auf Basis von Integrated Assessment Models (Ziff. 49). Die zahlreichen einschlägigen Fallstudien werden aufgrund methodischer Mängel und Unschärfen kritisiert (Ziff. 47). Bottom-up-Kostenschätzungen stellen bislang hingegen die Ausnahme dar (Ziff.51).

120. Die Arbeiten zu den Zielsetzungen ohne Effizienzbezug sind meist argumentativer Natur und greifen nicht auf modellbasierte bzw. formale Methoden zurück (Abschnitt 3.2).

Einzig das Ziel der Versorgungssicherheit wird mitunter im Rahmen von partiellen Gleichge-wichtsmodellen oder gekoppelten naturwissenschaftlich-ökonomischen Modellen untersucht (Ziff. 55). Was die weiteren einschlägigen Ziele belangt, kommen unterschiedliche Denk-ansätze zur Anwendung, die überwiegend ökonomisch, soziologisch, politologisch oder auch interdisziplinär geprägt sind (Ziff. 52-54).

121. Bei der Bewertung und Auswahl der Anpassungsmaßnahmen dominieren eindeutig entscheidungstheoretische Methoden, vor allem Nutzen-Kosten-basierte und multikriteri-elle Verfahren (Ziff. 61-63). Allerdings werden zahlreiche weitere Ansätze ökonomischen (z. B. Spieltheorie oder Finanzwissenschaft, Ziff. 64, 65), interdisziplinären (z. B.

Bayes‘sche Netze oder Tolerable-Windows-Approach, Ziff. 65) oder politologisch-soziologischen Ursprungs (z. B. ethische und kulturelle Entscheidungsregeln oder politi-sche Rollenspiele und Simulationen, Ziff. 65) aufgegriffen.

122. Die Legitimation der staatlichen Eingriffe bzw. die Analyse der Barrieren autonomer Anpassung (Kapitel 4) beruht größtenteils auf der (neo-) klassischen Marktversagenstheo-rie. Das Zustandekommen bzw. die Auswirkungen des Marktversagens werden in vereinzel-ten mikro- und makroökonomischen Ansätzen (bzw. Integrated Assessment Models)

un-tersucht (Ziff. 70). Es überwiegen jedoch argumentative Arbeiten, die zwar diverse ökono-mische Theorien und Ansätze aufgreifen (z. B. finanzwissenschaftliche Aspekte oder Princi-pal-Agent-Theorie), diese jedoch nicht durch Modelle untermauern (Ziff. 71-74). Selbiges gilt für die Studien zu den erweiterten Marktversagenstatbeständen. Hier wird hauptsächlich auf institutionen-, verhaltensökonomische und auch psychologische Methoden zurückgegriffen (Ziff. 75-78). Die wenigen Studien zu den regulatorischen Hemmnissen sind zwar ökono-misch ausgerichtet, aber nicht theoretisch verwurzelt (Ziff. 79-91). Was die grundlegenden Barrieren autonomer Anpassung anbelangt, so werden diese in interdisziplinären, argumen-tativen Abhandlungen und Feldstudien untersucht (Ziff. 67, 68), vereinzelt kommen auch interdisziplinäre oder naturwissenschaftlich-ökonomische Modelle zum Einsatz (Ziff. 68). Die Arbeiten, die sich mit der Legitimation staatlicher Eingriffe durch die Erreichung nicht-ökonomischer Ziele befassen, sind allesamt argumentativ und multi- bzw. interdisziplinär ausgerichtet (Ziff. 82).

123. In Bezug auf die Anpassungs-Governance und Instrumentenwahl (Kapitel 5) ist be-merkenswert, dass gänzlich auf formale, modellgestützte Analysen verzichtet wird. Die Er-fassung möglicher und bestehender Instrumente und Institutionen erfolgt einerseits auf Basis theoretischer ökonomischer, teils interdisziplinärer Überlegungen (Ziff. 85-88), andererseits mit Hilfe von Feldstudien (Ziff. 89-91). Zur Identifikation und Analyse staatlicher Anpas-sungsbarrieren wird ebenfalls auf Feldstudien, aber auch auf institutionenökonomische Ansätze zurückgegriffen (Ziff. 93-97). Das in diesem Zusammenhang äußerst vielverspre-chende Theoriengebäude der Neuen Politischen Ökonomik wird nur von einem Beitrag explizit genutzt (Ziff. 94). Die normative Analyse der Anpassungs-Governance ist im We-sentlichen institutionenökonomisch fundiert (Ziff. 98-102).

124. Spieltheoretische Modelle sind das dominante Instrument, wenn es darum geht, die Bedeutung der Anpassung für die internationalen Abkommen zur Treibhausgasredukti-on zu studieren (Kap. 6). Vereinzelt werden diese durch partielle Gleichgewichtsmodelle oder experimentelle Ansätze ergänzt (Ziff. 108, 109).

125. Die Leitfäden für politische Entscheidungsträger gehen aus breit angelegten, interdis-ziplinären Überlegungen qualitativer Natur hervor (Kapitel 7), werden jedoch mitunter durch entscheidungstheoretische Methoden unterstützt (Ziff. 114).

126. Eine Querschnittsfunktion nehmen gewissermaßen die Bayes’schen Netzwerke (Ziff.

65) und die Agent Based Models (Ziff. 51) ein. Da diese besonders geeignet sind, um die für den Anpassungsprozess charakteristische massive Unsicherheit bzw. die komplexe Ak-teurs- und Entscheidungsstruktur abzubilden, können sie im Prinzip für den Großteil der hier dargelegten Forschungsfelder herangezogen werden. In der Literatur wird jedoch hauptsäch-lich deren Anwendungspotenzial in der Klimaanpassung diskutiert, konkrete Anwendungen selbst sind dem aktuellen Stand der Recherche nach zu urteilen jedoch nicht vorzufinden.

9 Thematische Schwerpunktsetzungen in Anpassungsforschung

Im Dokument UFZ-Bericht 02/2012 (Seite 57-60)