• Keine Ergebnisse gefunden

Methodik der detaillierten Stoffstrombilanzierung einzelner Materialien

Im Dokument 34/2019 (Seite 58-61)

2 Methodische Grundlagen

2.2 Methodik der detaillierten Stoffstrombilanzierung einzelner Materialien

Die in Kapitel 3 angewandte Methodik erlaubt nur eine Stoffstrombilanz anhand der Abfallstatistik und erfasst somit keine verwerteten Reststoffe, die nie einen Status als Abfall erlangt haben, wie z.B. Neu-schrotte. Ebenfalls nicht erfasst sind mineralische Nebenprodukte aus der Stahlindustrie und Kraftwerks-nebenprodukte, durch deren Nutzung ebenfalls Primärrohstoffe eingespart werden können. Zudem erlaubt eine Stoffstrombilanzierung mittels Daten der Abfallstatistik nur eine geringe Detailtiefe. Es sind zwar Un-terscheidungen zwischen Eisen- und Nichteisenmetallen möglich, weitere UnUn-terscheidungen z.B. in Kupfer, Aluminium oder Blei jedoch nicht.

Daher wurde in den darauffolgenden Kapiteln in einer zum Teil sehr hohen Detailtiefe 30 Sekundärmateria-lien und Nebenprodukte untersucht. Ziel der Analyse war es a) die Stoffflüsse für Deutschland abzuschätzen und grafisch mittels Sankey-Diagrammen aufzubereiten, b) über diese Analysen die Verwertungswege und –mengen abzuschätzen und c) auf Grundlage dieser Daten die Größenordnung zu bestimmen, wie viele

2 Hiervon ausgenommen sind flüssige Abfälle aus der Wasseraufbereitung und Abwasserbehandlung (AS 1908 und AS 1909). Diese Abfallarten werden bereits erzeugerseitig berücksichtigt.

58 Primärrohstoffe durch die Verwertung dieser 30 Sekundärrohstoffe und Nebenprodukte substituiert wer-den können.

Die Auswahl der 30 Materialien und Nebenprodukte, wie in Kapitel 4 ausführlich beschrieben, orientierte sich zum einen an den Mengenströmen, so dass sichergestellt wird, dass diese 30 Materialien näherungs-weise die kompletten Verwertungsmengen in Deutschland darstellen können und zum anderen an ihrer ökologischen Relevanz gemessen an den Kriterien des kumulierten Rohstoffaufwandes (KRA) und des ku-mulierten Energieaufwandes (KEA) für die Erzeugung aus Primärrohstoffen. Weitere Kriterien waren durch die Leistungsbeschreibung des Projektgebers vorgegeben: es sollten mindestens 10 Metalle untersucht werden und die Materialien und Nebenprodukte sollten sowohl Metalle als auch mineralische Rohstoffe, Kunststoffe und biotische Materialien abdecken. Im Ergebnis ist die Auswahl der 30 Materialien und Ne-benprodukte eine Kombination von mengenrelevanten Materialien mit häufig kleinem spezifischen KRA- und KEA-Koeffizienten (vor allem bei mineralischen Reststoffen und Nebenprodukten), Materialien mit vergleichsweise geringen verwerteten Mengen, aber hohen spezifischen KRA- und KEA-Koeffizienten (vor allem Edelmetalle wie Gold, Platin oder Palladium) und Materialien, die sowohl eine hohe Mengenrelevanz als auch relativ hohe spezifische KRA- und KEA-Koeffizienten aufweisen (z.B. die Massenmetalle Stahl, Kup-fer oder Aluminium).

Nachfolgend werden in den Kapiteln 5 bis 8 für alle untersuchten Materialien und Nebenprodukte die Ver-wertungswege individuell dargestellt und die jeweiligen Substitutionspotentiale für Primärrohstoffe, inklu-sive der Vorketten im Ausland, abgeschätzt. Zunächst wurden für alle Materialien und Nebenprodukte Stoffflussbilanzen für Deutschland erstellt. Das Basisjahr für die detaillierten Analysen war 2013. Etliche Informationslücken konnten jedoch nur mit Quellen geschlossen werden, die sich nicht auf das Jahr 2013 beziehen, weil z.B. die Studien schon vor 2013 veröffentlicht wurden (vor allem zu Angaben über tungsmengen, die nicht im Abfallregime anfallen oder über dissipative Verluste im Rahmen der Verwer-tung). Die Im- und Exporte von Sekundärmaterialien und Nebenprodukten wurden – soweit Daten vorhan-den waren – entsprechend in die Stoffflussbilanz integriert. Bei einigen Sekundärmaterialien dominieren die Exporte deutlich. Bei Kunststoffen und Platingruppenmetallen wurde daher in Abstimmung mit dem Auftraggeber bei der Berechnung der Substitutionspotentiale von der üblichen Vorgehensweise, die Net-toimporte zu verwenden, abgewichen. Stattdessen wurden die in Deutschland anfallenden Mengen be-rücksichtigt, da diese die Anstrengungen zur Erfassung und Vorbehandlung dieser Sekundärmaterialien in Deutschland widerspiegeln, selbst wenn der finale Recyclingprozess bzw. einzelne Schritte des Recycling-prozesses nicht in Deutschland stattfinden. Neben der stofflichen Verwertung werden einige der unter-suchten Materialien wie Kunststoffe oder PPK auch energetisch verwertet und substituieren dadurch fossile Energieträger. Die energetische Verwertung dieser Fraktionen in Thermischen Abfallbehandlungsanlagen (Müllverbrennungsanlagen) und Feuerungsanlagen (EBS-Anlagen, Biomassekraftwerke, Heizwerke, Kohle-kraftwerke, Zementwerke u.a.) wurde ebenfalls erfasst. Sofern nicht separat aufgeführt, sind in MVA ther-misch behandelte Mengen in den als energetisch verwerteten Mengen enthalten. Aus der Menge und dem Heizwert der energetisch verwerteten Materialien sowie dem elektrischen und thermischen Wirkungsgrad der Anlage wurde die Menge an bereitgestellter Energie bzw. Wärme abgeleitet. Diese bereitgestellte Energie- bzw. Wärmemenge (in MJ) konnte anschließend wieder in einen kumulierten Rohstoffaufwand umgerechnet werden, der anfiele, wenn diese Mengen über eine fossile Energieerzeugung bereitgestellt worden wären.

Da sich die Wirkungsgrade der Thermischen Abfallbehandlungsanlagen und der Feuerungsanlagen deutlich voneinander unterscheiden (siehe Kapitel 7.3 Fußnote 52), werden die in den Anlagen verarbeiteten Ab-fallmengen bis zur energetischen Umrechnung über den Heizwert getrennt voneinander geführt. Vor die-sem Hintergrund weisen viele Stoffstromdarstellungen die in den Anlagen verbrannten Mengen getrennt voneinander aus. Die anschließende Darstellung des energetischen Nutzens durch die Bereitstellung von Energie und Wärme fasst die energetischen Effekte aller Verwertungswege zusammen und subsummiert

59 unter dem Begriff der „energetischen Verwertung“ die thermische Behandlung in Thermischen Abfallbe-handlungsanlagen und die energetische Verwertung in Feuerungsanlagen.

Um diese Substitutionspotentiale und ihre Auswirkungen auf der Ebene des Kumulierten Rohstoffaufwands abschätzen zu können, wurden im Vorläuferprojekt (Wagner et al. 2012) die Bilanz-Indikatoren DIERec (Di-rect and Indi(Di-rect Effects of Recovery) und DERec (Di(Di-rect Effects of Recovery) konzipiert. Mit Hilfe dieser beiden Indikatoren ist es möglich, die rohstofflichen und energetischen Effekte der Verwertungsprozesse der Sekundärmaterialien den jeweils entsprechenden Prozessen der substituierten Primärmaterialien ge-genüberzustellen und so für jeden Rohstoff/Material die tatsächlichen Beiträge der Sekundärrohstoffwirt-schaft zur Ressourcenschonung abbilden zu können. Um die entsprechenden Primärprozesse, gerade auch für die metallischen Rohstoffe, umfassend darstellen zu können, ist es notwendig, die globale Rohstoffper-spektive einzunehmen. Deshalb werden sowohl die Materialaufwendungen der Verwertungsprozesse als auch die dadurch substituierten Mengen an Primärmaterial mit entsprechenden KRA-Koeffizienten multi-pliziert.

Die entsprechenden Formeln zur Berechnung des DIERec und DERec für die jeweiligen Materialien lauten wie folgt:

DIERec = (KRAPrimär*substituierte Menge) - (KRASekundär*verwertete Sekundärrohstoffmenge)

DERec = (KRAPrimär ohne Vorkette*substituierte Menge) - (KRASekundär*verwertete Sekundärrohstoffmenge) Die Substitutionsverhältnisse bei der Verwertung von Sekundärprodukten (z.B. Sekundärmetall ersetzt ent-sprechenden Erzmengen), werden durch entent-sprechenden Substitutionsfaktoren abgebildet und zur Be-rechnung des DIERec und DERec jeder Substitutionsweg individuell erfasst und in die entsprechenden For-meln integriert. Der KRAsekundär umfasst den Aufwand für das Sammeln, Transportieren und Verwerten der Sekundärmaterialien.

Die energetischen Nettoeffekte können analog über die Gegenüberstellung des KEA für Primärrohstoffe mit dem KEA ihres Substitutionsäquivalents der Sekundärrohstoffwirtschaft ermittelt werden. Zusätzlich kön-nen diese Salden unter Annahmen oder vorhandekön-nen Informatiokön-nen hinsichtlich des Energiemixes wiede-rum in entsprechende Mengen an Energieträger umgerechnet werden.

Die Methodik der Indikatoren DIERec und DERec sind anschlussfähig an die etablierten Inputindikatoren DMI (im Fall des DERec) und RMI (im Fall des DIERec) der gesamtwirtschaftlichen Materialflussrechnung.

Der DIERec trägt somit den virtuellen primärrohstoffwirtschaftlichen Vorleistungen im Ausland Rechnung, der DERec hingegen den tatsächlichen im Inland verarbeiteten Materialmengen. Die Indikatoren zeigen an, um welchen Beitrag sich die Indikatoren DMI bzw. RMI erhöhen würden, wenn es keine werkstoffliche, rohstoffliche oder energetische Verwertung von Abfallstoffen und die Nutzung von Nebenprodukten gäbe.

Der Indikator DIERec nimmt somit eine globale Rohstoffperspektive ein, die die ausländischen Vorketten der Importe als auch der Sekundärprozesse beachtet. Der DERec erfasst wiederum die Importe nur mit ihrem Eigengewicht und entspricht damit den Systemgrenzen des DMI.

Für die Ermittlung der Substitutionswirkung werden die ermittelten Verwertungsmengen an Sekundärma-terialien sowie deren substituierte Primärmaterialen mit KRA-Koeffizienten bzw. KEA-Koeffizienten ver-knüpft. Dazu wurden für jedes Sekundärmaterial bzw. Nebenprodukt und die verschiedenen durch sie sub-stituierten Primärmaterialien entsprechende Prozesse in ecoinvent 3.2 identifiziert. Waren diese nicht vor-handen, z.B. für eine Reihe von rezyklierten Metallen, wurden diese Prozesse vom Projektteam auf Basis von vorhandenen ecoinvent-Daten der Primärprozesse selbst erstellt. Teilweise wurde aber auch auf Daten aus ecoinvent 2.2 zurückgegriffen, wenn den dort vorhandenen Prozessdaten eine größere Plausibilität zugesprochen wurde. Die jeweiligen KRA-Koeffizienten wurden mit Hilfe einer Methode berechnet, die in Saurat/Ritthoff (2013) dargestellt wird. Basis dieser Berechnung sind die Sachbilanzdaten, die in den ecoin-vent-Datenbanken zu allen Prozessen in einheitlichem Format vorliegen. Ein Rechentool des Wuppertal Instituts (ein Life-Cycle-Impact Assessement (LCIA)-Methoden-Tool) ermöglicht es, dass diese Berechnung

60 der KRA-Koeffizienten in LCA-Software wie OpenLCA als Berechnungsmethode importiert werden kann, so dass für jeden Prozess in ecoinvent ein entsprechender KRA (oder RME) berechnet werden kann. Entspre-chende LCIA-Methoden-Tools gibt es auch für den KEA.

Die Aufgabe des Projektes bestand somit darin, in ecoinvent entsprechende Prozesse zu identifizieren, die die Primärprozesse oder den Aufwand der Verwertungsprozesse der Sekundärmaterialien und damit die tatsächlichen Substitutionswirkungen darstellen können. Überwiegend gibt es in ecoinvent jedoch keine Prozessdaten, die konkret die deutsche Struktur abbilden. In der Regel gibt es Daten, die entweder den globalen Durchschnitt darstellen, sich auf den europäischen Durchschnitt beziehen oder den nationalen Fokus auf die Schweiz legen. Lagen verschiedene geographische Bezugsgrößen vor und sprachen keine in-haltlichen Überlegungen dagegen, dann wurde der geographisch am ehesten mit Deutschland zu verglei-chende Prozess verwendet. Im Anhang III sind für jedes untersuchte Sekundärmaterial bzw. Nebenproduk-te und für jedes daraus abgeleiNebenproduk-teNebenproduk-te substituierNebenproduk-te PrimärmaNebenproduk-terial dargesNebenproduk-tellt, welche konkreNebenproduk-ten ecoinvent-Prozesse als Datengrundlage zur Berechnung von DIERec und DERec bzw. der KEA herangezogen wurden.

Im Dokument 34/2019 (Seite 58-61)