• Keine Ergebnisse gefunden

Die zelluläre Stress–Antwort ist eine Reaktion der Zellen auf einen unliebsamen Einfluss. Dabei ist die Art des Stresses oft gar nicht ausschlaggebend für den makromolekularen Schaden an der Zelle. Betrachtet man den Heat–Shock, stellt man fest, dass es erst bei hohen Temperaturen (ą 43°C) zu einer Zerstörung von Plasmamembran und Proteinen kommt.[99, 100] Bei pathophysiologischen Temperaturen bzw. Fieber, wo diese Umstrukturierung noch nicht zwingend eintritt, beobachtet man dennoch einen Heat–Shock–Response. Dies wirft die Frage auf, mit welchem Mechanismus die Zelle diesen Einfluss wahrnimmt.

Die Hypothese des Membransensors bietet eine mögliche Erklärung dafür.

Dabei wird vermutet, dass die Regulierung und Expression von HSPs über Veränderungen an der Plasmamembran bestimmt wird. Selbst bei geringen Tem-peraturschwankungen kann es zu einer Veränderung der Fluidität und Mobilität der Lipidschichten kommen, was in weiterer Folge zu einer Umstrukturierung der Nanoplattformen führen kann. [101, 102]

Spezielle Fluoreszenzmikroskopie (siehe S. 48) ermöglicht es unter anderem bei modifizierten CHO–Zellen, diese Nanoplattformen zu detektieren. Mit Hilfe von mGFP–GPI konnten sowohl Monomere als auch Dimere dieser Moleküle beobachtet werden. Durch Induzierung eines HS reduzierte sich die Anzahl an Dimeren. [45] Durch diesen Effekt kann es zu einer Bildung oder Aktivierung von potentiellen Stresssensoren in neu geformten Domänen kommen.[101, 102]

Ein Anstieg desCa2+–Spiegels innerhalb der Zelle bei bereits geringen Tempera-turanstiegen erhöht den Verdacht.

Durch Destabilisierung der einzelnen, funktionellen Domänen können einzel-ne Signalkaskaden aktiviert oder deaktiviert werden. Ähnlich eieinzel-nem HS sorgen oxidierte Phospholipide für eine Auflösung von Nanoplattformen [47] und eine Signalkaskade wird ausgelöst, die bis zum Zelltod führen kann. Die Aktivierung von saurer Sphingomyelinase (aSMase) spielt dabei eine wichtige Rolle. Ein Produkt dieses Enzyms ist der BotenstoffCeramide. [47, 103]

DurchCeramidekann der Mitogenaktivierte Proteinkinasen (MAPK)–Weg24 iniziiert werden, wodurch die Zelle in Apoptose übergehen kann. [103, 104] In-hibierung von aSMase kann die Membranstruktur stabilisieren und den Zelltod unterdrücken.[47]

Von Heat–Shock–Proteinen weiß man, dass sie permanent in der Zelle vorkom-men und gemeinsam mit ihren Partnern ein komplexes Netzwerk bilden. Ein Teil dieser Proteine ist permanent oder zumindest temporär mit der Zellmembran verbunden, wobei die Interaktion mit Lipiden dies verstärken kann (siehe S. 24).

HS–Sensoren, die wie Thermometer wirken, können an der Membranoberfläche entstehen und einen Temperaturunterschied wahrnehmen, bevor es zu einer ernsten Beschädigung der Zelle kommt.[99, 105, 106]

Eine Interaktion der HSPs mit der Zellmembran kann auch Auswirkungen auf die Regulation verschiedener Zellprozesse haben, unter anderem auf die Endozytose.[107] Clathrin spielt bei der Endozytose eine wichtige Rolle, da es runde Vesikel formt, die in weiterer Folge in das Zytosol diffundieren können.

Dadurch können nicht nur Moleküle transportiert werden, sondern auch Tei-le der Plasmamembran recycelt werden. Somit können bestimmte Lipide und Membranproteine ins Zellinnere gelangen, wodurch es zu einer Umstruktu-rierung einzelner, funktioneller Domänen auf der Plasmamembran kommen könnte und in weiterer Folge zu einer Aktivierung oder Deaktivierung dieser.

Neben der Clathrin–abhängigen–Endozytose (CAE) existiert auch die Clathrin–

unabhängige–Endozytose (CUE). Beide können mit Hilfe des ToxinsPitstop 2 blockiert werden, was eine Umstrukturierung der Plasmamembran erschwert, jedoch auch zur Apoptose führen kann.[108, 109]

Cholesterol oder Sphingolipide können Nanoplattformen stabilisieren und in weiterer Folge ihre Sensitivität beeinflussen.[101, 102, 105, 110, 111] Am Beispiel des EGF–Rezeptors (engl. Epidermal Growth Factor)25konnte gezeigt werden, dass eine Aktivierung unabhängig von einem Signalmolekül provoziert werden kann. Durch den Entzug von Cholesterol kommt es zu einer Destabilisierung

24Bei dem MAPK–Weg handelt es sich um eine mehrstufige Signalkaskade, die mehrere Protein-kinasen in Serie schaltet. In Abhängigkeit von den Stimuli existieren verschiedene Signalwe-ge.

25Der Epidermal Growth Factor (EGF) ist ein extrazelluläres Signalprotein, das Auswirkungen auf die Zellteilung hat.[8]

der Domänen, in denen die Rezeptoren verankert sind. Diese können sich da-durch auf der Plasmamembran neu anordnen, was die Wahrscheinlichkeit einer spontanen Aktivierung erhöht. Durch Modifikation der Zellmembran kann so ein Heat–Shock–Response in Abwesenheit eines HS ausgelöst werden.[102, 111]

Eine Gruppe von Ionenkanälen in der Plasmamembran, die TRP–Kanäle (engl.

transient receptor potential), spielen nicht nur bei der Übertragung von chemi-schen und mechanichemi-schen Stimuli eine wichtige Rolle, sondern auch bei thermi-schen. Einige TRP–Kanäle weisen einen hohen Q–Wert26 auf.[112] Durch einen geeigneten Stimulus werden die TRP–Kanäle depolarisiert und ein Aktions-potential wird generiert. TRP–Kanäle können sowohl durch einen positiven (z. B. TRPV1) als auch einen negativen (z. B. TRPM8) Temperaturgradienten aktiviert werden. Woraus diese Temperatursensitivität resultiert ist nicht ganz klar.[100, 102] Eine Vermutung ist, dass eine Veränderung der Spannung der Zellmembran zur Aktivierung führt.[100] Eine andere Hypothese ist, dass in-trazelluläre Produkte, z. B. Phosphatidylinositol 4,5-Bisphosphat (PIP2), den TRP–Kanal regulieren.[102, 106]

Lipide spielen bei der Modulation dieser Kanäle eine wichtige Rolle. Um die Abhängigkeit der Ionenkanäle von einzelnen Lipiden zu ermitteln, werden Lipidschichten mit bekannter Komposition synthetisch erzeugt und mit den gewünschten Proteinen versehen.[101, 102] Aber auch zusätzliche Proteine in den geordneten Domänen können Auswirkungen auf die Eigenschaften der darin fixierten Sensoren haben. So kommt es zum Beispiel sowohl zu einer Ver-änderung der Thermotoleranz als auch der Aktivität von TRPM8 außerhalb der geordneten Domänen, wobei vermutet wird, dass neben der unterschiedlichen Lipidzusammensetzung auch eine mangelnde Wechselwirkung mit anderen Proteinen Auswirkungen hat.[100, 102, 105, 106, 113]

26Der Q–Wert gibt an, um wieviel schneller ein System bei einem Temepraturanstieg von 10K reagiert.

4 Struktur der Plasmamembran während eines