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Neben der SNARE-vermittelten intrazellul¨aren Membranfusion existieren weite-re Arten der Membranfusion. Die Fusion von eukaryotischen Zellen miteinander ist ein ¨außerst seltener Vorgang. Dazu geh¨ort die Fusion des Spermiums mit der Eizellmembran, um die Befruchtung durch die Verschmelzung der beiden Keim-zellen zu erm¨oglichen [93]. Des Weiteren ist die Verschmelzung von Muskelbil-dungszellen (Myoblasten) essentiell zum Aufbau von Muskelgewebe [17].

Weiterhin k¨onnen sich Mitochondrien in der Zelle sowohl teilen, als auch miteinander fusionieren, um die Anzahl der Mitochondrien konstant zu halten.

Eine weitere Art der Membranfusion stellt die Fusion von der Virusmembran, z.B. von H¨ullviren, mit der Wirtszelle dar, bei der das Erbgut des Virus in die Wirtszelle entlassen wird und dies die Infektion zur Folge hat. Diese beiden Mem-branfusionsarten werden in den folgenden Abschnitten ausf¨uhrlicher beschrieben.

Die verschiedenen Arten der Membranfusion weisen eine strukturelle ¨ Ahn-lichkeit zur SNARE-Fusionsmaschinerie auf, obwohl sie sehr wahrscheinlich aus mehreren, evolution¨ar unabh¨angigen, Entwicklungen stammen.

KAPITEL 1. EINLEITUNG 27

Virale Fusion

H¨ullviren sind von einer Membranschicht umgeben und um das genetische Mate-rial in die Wirtszelle zu schleusen, erfolgt die Membranfusion der Virus- und der Wirtszellenmembran. Um diesen wichtigen Schritt der Virusinfektion zu gew¨ ahr-leisten, besitzen Viren Fusionsproteine, welche auf der Membranoberfl¨ache veran-kert sind. Es gibt mehrere Klassen von Fusionsproteinen, die nach ihren struktu-rellen Eigenschaften unterteilt werden. Fusionsproteine der Klasse I sind vorwie-gend ausα-helikalen Strukturen aufgebaut, wohingegen Fusionsproteine der Klas-se II aus β-Faltbl¨attern bestehen [127]. K¨urzlich wurde eine weitere Klasse der Fusionsproteine identifiziert. Das Glycoprotein G des Vesicular Stomatitis Virus kombiniert Strukturelemente von Fusionsproteinen der Klasse I und II [114, 115].

Das am besten charakterisierte virale Fusionsprotein ist H¨amagglutinin, was auf dem Influenza-Virus vorkommt. F¨ur die Funktionsweise dieses Protein wurde ein Modell postuliert, was weitgehend akzeptiert ist [125, 73, 67, 30].

H¨amagglutinin geh¨ort zur Klasse I und bildet im nativen Zustand eine homotrimere Struktur aus. Ein Monomer setzt sich wiederum aus zwei Unterein-heiten, HA1 (distal) und HA2 (membranst¨andig), zusammen, welche ¨uber Disul-fidbr¨ucken verbunden sind. Die Untereinheit HA1 stellt einen Rezeptor f¨ur ver-schiedene Zelloberfl¨achenmolek¨ule der Wirtszelle dar. Durch die Interaktion von Rezeptor und Oberfl¨achenmolek¨ulen wird die Bindung des Virus an die Wirtszelle vermittelt. F¨ur die eigentliche Fusionsreaktion ist die Untereinheit HA2 verant-wortlich. H¨amagglutinin wird als ein Protein synthetisiert und durch Proteolyse entstehen die beiden Untereinheiten, wobei die Untereinheit HA2 eine konservier-te hydrophobe Region am N-Terminus, das Fusionspeptid besitzt, welches in einer hydrophoben Tasche verborgen ist. Dieser Zustand ist metastabil. Das bedeutet, das Protein ist stabil gefaltet, es kann jedoch durch Aktivierung eine thermo-dynamisch g¨unstigere Struktur ausbilden. Die Aktivierung des Fusionsproteins erfolgt im Fall des H¨amagglutinins durch den niedrigen pH des Endosoms und be-wirkt die erste Konformations¨anderung des Fusionsproteins. Man nimmt an, dass das N-terminale Fusionspeptid in Richtung der Wirtsmembran geschleudert wird und dort irreversibel verankert bleibt (Abb. 1.6A). Anschließend kommt es zur letzten Konformations¨anderung. Dabei wird ein Sechs-Helixb¨undel ausgebildet,

welches die thermodynamisch stabilste Struktur darstellt. Dadurch werden die Transmembranregionen in Richtung der verankerten Fusionspeptide gezogen und die beiden Membranen nah genug aneinander gebracht, um die Vermischung der Lipidschichten zu erm¨oglichen. Folglich werden die Abstoßungskr¨afte der Mem-branen durch die Ausbildung eines sehr stabilen Helixb¨undels zwischen den Mem-branen ¨uberwunden.

HR2 Dimer

C A

B Fzo1p

s-Mgm1p

l-Mgm1p Ugo1p

GTPase GTPase

HR1 HR2

Abbildung 1.6: Fusionsmaschinerie der viralen und mitochondrialen Membran-fusion. (A) Virale Fusion am Beispiel des Influenza A H¨amagglutinin. Das Fusionspeptid ist rot gekennzeichnet und Konformations¨anderungen sind mit Pfeilen dargestellt. Nur die HA2-Dom¨ane des H¨amagglutinin ist dargestellt. (Abb. nach [127] modifiziert) (B) Der mitochondria-le Fusionskompmitochondria-lex der Hefe. Fzo1p besitzt zwei Transmembrandom¨anen (TMR), durch die die GTPase-Dom¨ane (gr¨un) und dieheptad repeat-Regionen (HR; blau) nach außen gerichtet sind, um die Fusion vermitteln zu k¨onnen. Die GTPasen Mgm1p befinden sich im Intermembranraum.

Ugo1p interagiert mit Fzo1p und Mgm1p, und koordiniert wahrscheinlich die Fusion der inneren Membranen. (modifiziert nach [51]) (C) Modell der HR2-Dom¨ane in einem trans-Mitofusin1-Komplex in der ¨außeren Mitochondrienmembran (OM). Mitofusin ist das S¨augerortholog von Fzo1p. Die Bildung eines antiparallen HR2-Helixb¨undels k¨onnte die mitochondrialen Membra-nen n¨aher zueinander bringen. GTPase- und HR1-Dom¨ane sind nicht dargestellt. (modifiziert nach [77])

KAPITEL 1. EINLEITUNG 29

Mitochondriale Fusion

Mitochondrien k¨onnen sich in der Zelle teilen oder auch mit anderen Mitochon-drien fusionieren. Es wird davon ausgegangen, dass durch Teilung und Fusion die Anzahl der Mitochondrien in der Zelle reguliert wird. Genetische Studien in der B¨ackerhefe identifizierten die beteiligten Proteine, jedoch wurde der Fu-sionsprozess bisher noch nicht umfassend aufgekl¨art. Die Fusion der mitochon-drialen Membranen wird wahrscheinlich durch je eine GTPase in der ¨außeren (Fzo1p/Mitofusin) und der inneren Membran (Mgm1p/OPA1) vermittelt, wel-che durch ein Adaptorprotein (Ugo1p) im Intermembranraum verbunden sind (Abb. 1.6C) (Details in [51, 15]).

Fzo1p vermittelt wahrscheinlich die homotypische Fusion der Mitochon-drien auf der ¨außeren Membran. Eine direkte Rolle von Fzo1p konnte zumin-dest beim tethering nachgewiesen werden, m¨oglicherweise ¨ubernimmt es auch eine Aufgabe beim Fusionsschritt. Fzo1p/Mfn-Proteine werden zu den Dynamin-verwandten GTPasen gez¨ahlt. Sie enthalten zwei Transmembrandom¨anen und C- und N-terminale Regionen liegen frei im Zytosol vor. Der N-Terminus besitzt eine GTPase-Dom¨ane, sowie eineheptad repeat-Region (HR1). Eine weitere hep-tad repeat-Region (HR2) folgt am C-Terminus (Abb. 1.6B). Heptad repeats sind typisch f¨ur α-Helices, welche coiled coils ausbilden. Durch die N¨ahe der heptad repeat-Regionen zu den Transmembrandom¨anen wird spekuliert, dass die HR-Regionen fusogene Strukturen wie z.B. bei den viralen Fusionsproteinen ausbil-den. Tats¨achlich wurde die Struktur eines HR2-Dimers des Mitofusins gel¨ost, die ein anti-paralleles coiled coil darstellt ( [77], 1.6C). Die Ausbildung eines coiled coil zwischen zwei Membranen k¨onnte die Ann¨aherung der Membranen bewir-ken. Inwieweit die GTPase an der Fusionsreaktion beteiligt ist, wurde bisher nicht gekl¨art. Neben einer regulatorischen bzw. Signalfunktion der GTPase wird eine analoge Funktion zur Dynamin-GTPase diskutiert, die die GTP-Hydrolyse an einen mechanochemischen Prozess kn¨upfen kann. Dies k¨onnte eine Deformation der Membran herbeizuf¨uhren oder die Membranen in die notwendige r¨aumliche N¨ahe zueinander zu bringen [51].

Die zweite GTPase Mgm1p ist in der inneren Mitochondrienmembran ver-ankert und zeigt in den Intermembranraum. M¨oglicherweise vermittelt sie die

Fusion der inneren Membranen, nachdem die ¨außeren Membranen fusioniert sind.

Das Adaptorprotein Ugo1p ist mit seiner Transmembranregion in der

¨außeren Mitochondrienmembran verankert, dabei zeigt die N-terminale Dom¨ane in Richtung Cytosol und die C-terminale Region in den Intermembranraum.

Da Ugo1p mit beiden GTPasen Fzo1p und Mgm1p interagiert, wird davon ausgegangen, dass Ugo1p ein Ger¨ust zur Koordination der Fusion von ¨außerer und innerer Membran bildet (Details in [51]).

Die Kopplung der Konformations¨anderung der Proteine - von einem energetisch h¨oheren Zustand zu einem thermodynamisch g¨unstigeren Zustand - scheint eine evolution¨ar erfolgreiche Strategie zur Vermittlung der Membranfusion darzustel-len. M¨oglicherweise bilden coiled coil-Strukturen die einfachsten Strukturelemen-te mit denen mechanische Energie auf Membranen ¨ubertragen werden kann.