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Mein lieber Freund

Im Dokument Appendice : lettres d'Amand Gressly (Seite 37-40)

Deine Briefe freuen mich immer so innig, dass ich oft kaum Deine Antworten erwarten kann, denn sie beleben stets meinen hie und da sinkenden Muth. Verzeihe mirmeine melancholische Stimmung. So manches geht durch meinen Kopf, so vielfach werde ich angeregt und so oftmissstimmt. Meine Lage ist eben keine glänzende, blos zur Noth erträglich und

für

lange in den gegenwärtigen Verhältnissen ohne Aussicht. In Solothurn oder Aarau meinst Du, dass ich zu hoffen hätte. Allein denke, muss ich erstlich warten bis jemand seine Stelle aufgiebt und für 1000 franken als Lehrer in spe jahrelang zu passen und auf Gerathe-wohl, ist wohl zu viel gefordert. Das Museum in Solothurn steht unter Hugi, so lang er lebt und hat sonst keine Mittel.An allen Orten der Schweiz sieht es eben so aus ; meist jüngere Männer sind angestellt, und als Museumskonservator ist man für kargen Gehalt bioser Knecht der Lehrer. Als Privatmann mich durchzuschlagen habe ich weder

Mittel

noch Aussicht als

Litterat hinreichend zu gewinnen. Endlich wozu dient es,meine besten Jahre im Dienste eines Gelehrten, sei es Agassiz oder L. von Buch oder eines anderen hinzubringen um endlich am Abend seines Lebens sich auf ihre Grossmuth beschränkt zu sehen. Von Hause aus habe ich nichts oder so wenigzu hoffen, dass ich froh sein muss, nicht zu bald um Unterstützung ange-sprochen zu werden, wie es Eltern von ihren erwachsenen Kindern fordern können. Agassiz strebt mich von Jahr zu Jahr hinzuhalten, und trotz seinen vielen Versprechungen bin ich in Zeit von 6 Jahren um keinen Schritt weiter gekommen. Sein Trost geht so in's Blaue und Ferne, dass ich nimmer an ihn glauben darf, ohne mein Lebensglück aufzugeben. Besser also mein lieber Freund, etwas gewagt und im glücklichen Falle braucht es einige Jahre und ich brauche dann nicht mehr

für

die Zukunft zu sorgen. Es ist an der Zeit, daran zu denken, die weil ich noch in

voller

Lebensfrische an das Werk gehen kann.

Eine Reise von 2-3 Monaten wird mich nicht aufreiben, so we-nig als ein gleichförmiges Klima von 16° bis höchstens 23° an

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der tropischen Küste, und dann hinrauf durch alle Klimate bis zu dem ewigen Gletschereis der Nevaden.Tschudy ist nicht so fest gebaut wie ich und doch erkrankte er nur einmal, mehr aus

Mangel an Nahrung, als durch's Klima, da er sechs Wochen ohne Feuer sich auf den Schneefeldern der Hochebenen Peru's aufhielt. Zu dem bin ich ja nichtgezwungen alle Reisebeschwer-den durchzumachen und kann es mit Musse thun ; und endlich habe ich blos 2-3 Stunden täglich Unterricht zu geben, zwei Wochentage wenigstens frei nebst einem bis zwei Monaten. Das erste Jahr habe ich die Plantagen zu bereisen in Lima's Umge-bung. Tschudy hat mir zu dem gesagt, dass ich durch Reliefe der Umgebungen Lima's und anderer Punkte viel gewinnen könne. Ein Relief von 3 Fuss würde mir für jeden Abguss 400 spanische Thaler bezahlt, eine Arbeit von höchstens zwei Monaten. Gefiele mir endlich das Lehrwesen nicht, so könnte ich es in einigen Jahren aufgeben und meinGlück durch geolo-gischeArbeiten versuchen, die nirgends [wie hier]zu solchen so-wohlwissenschaftlichen als pekuniären Resultaten führen.Würde ich zu dem noch Chemie treiben, besonders metallurgische, bessere Methoden der Erzbearbeitung gewinnen, so wäre ich nicht blos geborgen, sondern dürfteauf glänzendes Glück rech-nen. Ein Engländer gewann so in einigen Monaten 40,000 Fran-ken.Undam Endekehrteichauch zurück, ohnedassmich Fortuna begünstigte, denke

Dir

blos die wissenschaftlichen Resultate auf den Fusstapfen eines Humboldt's, Meyers, Pöppigs Die ver-schiedenartigste Natur,von derheissen todten Küstenwüste Ata-cama, bis zudenleblosen Schneefeldern mitihren riesigen

Vulka-nen und dann dietropischüppigen Urwälder Der stilleOcean mit seinerreichen Fauna,die kaum überblickt ist.—Glaubst Du nicht, dass solche Resultate allein alle Beschwerden aufwiegen? Und kann ich dann nicht in meine alten Verhältnisse zurücktreten wenn es sein muss Ich weiss denn dass es an mir nichtfehlte, dass ich kein besseres Loos aus der Lebensurne erhielt. Ich kann denn noch immer meine Versteinerungen beschreiben und die heimathlichen Gebirge besteigen. Schwer würde es mir immer fallen die theure Heimath zu verlassen, wenn auch nur für eine bestimmte Zeit, doch wenn ich hier mein bescheidenes Glück nicht finden kann, was soll ich zaudern unter einem an-deren Himmel dasselbe zuversuchen, und zwar in einemLande, wohin sich jeder wieder sehnt, der einmal dort gewesen ; und

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werden heutzutage nicht eben so ferne Reisen unternommen, blos um einiger Handelsartikel willen Wie viel höher steht mein Zweck. Ich glaube'es wagen zu dürfen, besonders da ich nicht auf's Ungewisse hingehe, sondern wenigst schon weiss, wie meine dortigen Verhältnisse ausfallen mögen. Doch genug von dem.

Ich koloriere nun die Aargaueikarte in einigen Exemplaren und schicke

Dir

meine Handkarte damit Du sie gelegentlich berichtigen und vervollständigen kannst. Ist es mir irgendwie möglich, so komme ich dieses Spätjahr noch zu

Dir;

dann

wol-len wir über vieles reden. Unterdessen schicke möglichst bald DeineVersteinerungen sammtmeinen Croquis. Dann erhältst Du den Nomenciator') den mir Hr. Agassiz schon zugesagt. Kön-test Du die Bezirke Brugg, Zurzach bis an die Zürchergrenze untersuchen und die verschiedenen Formationen auf der Karte angeben Es ist mir sehr daran gelegen. Sobald ich meine Karte kolorirt, schicke ich

Dir

mein Exemplar auf Tuch gezo-gen zum Gebrauche. — Meine höflichsten Empfehlungen an alle Freunde.

') Il s'agit du catalogue des animaux vivants publié par Agassiz, à Soleure, en 1842-1846 et intitulé : Afo/Hene/a/or ^oo/og/c«s.

— —

iJerra

Pe/er Mer/a/i,

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Pn/mor

z/cr ZMzmczyz/O^P zzzzz/ G«o/u^ze

Päse/.

Im Dokument Appendice : lettres d'Amand Gressly (Seite 37-40)