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2.1 Qualitätssicherungsstudie Herniamed / Statistik

Das deutschsprachige Hernienregister Herniamed wurde 2009 von einer Gruppe aktiver Her-nienchirurgen mit Unterstützung der Deutschen Herniengesellschaft und der Chirurgischen Ar-beitsgemeinschaft Hernie und der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie ins Leben gerufen. In dieser internetbasierten Qualitätssicherungsstudie werden alle relevanten Patientendaten (Komorbiditäten, Voroperationen, Befundklassifikation, Operationstechnik, verwendete Medizinprodukte, perioperative Komplikationen, Follow-up-Daten, etc.) von teil-nehmenden Kliniken aus Deutschland, Italien und Österreich gesammelt. Die Hauptziele sind, die Patientenversorgung zu verbessern und umfassend valide Daten für die Forschung und Wei-terentwicklung der Therapie zu erheben. Die sektorübergreifende Qualitätssicherungsstudie be-zieht sich auf Leistenhernien, Nabelhernien, Narbenhernien, epigastrische Hernien, parastomale Hernien und Hiatushernien. Die Teilnehmer können ihre jeweiligen Daten jederzeit in Form einer Auswertungsstatistik abfragen.

Für die vorliegende Arbeit wurden die Daten aller bis Juli 2015 in der Herniamed-Studie erfass-ten Patienerfass-ten mit Komponenerfass-tenseparation untersucht. Der Bericht wurde direkt anhand der Herniamed-Datenbank mit Zugriff auf alle zu diesem Zeitpunkt eingegebenen Daten generiert.

Die Datenbank basiert auf der ClinWise®-HealthCare-Projektplattform (ClinWise®-HealthCare Version 1.8.23). Die Ableitung der deskriptiven Statistiken (absolute und relative Häufigkeiten, Mittelwerte, Median sowie Minimal- und Maximalwerte) ist auf dieser Plattform implementiert. Die Umsetzung der Werte in Grafiken erfolgt ebenso über die Datenbank mit Hilfe der Java Library JFreeChart. Normale Merkmale wurden in Form von Häufigkeiten (Prozent) angegeben.

Inzwischen ist das deutsche Register Herniamed mit mehr als 520.000 Patienten in der Daten-bank größer als alle anderen Hernienregister weltweit. Mittlerweile engagieren sich mehr als 700 Kliniken und Praxen in der Datenerfassung und Nachsorge (Kyle-Leinhase et al. 2018; Köcker-ling et al. 2018d).

2.2 Datenerfassung und Literaturrecherche zur KST

Die Literaturrecherche erfolgte im Juli 2015 anhand von Medline (PubMed) und umfasste den Zeitraum von 2005 bis Juli 2015. Im Oktober 2015 sowie im Oktober 2018 wurde eine Aktua-lisierung durchgeführt. Es wurde systematisch zum Komplex „KST“ anhand gängiger Schlag-worte gesucht (component/separation, component separation technique, fascial component se-paration, separation of components, component release, myofascial release, separation of parts, complex ventral hernia repair, complex abdominal wall repair, giant hernia). Zusätzlich wurden die Referenzen manuell nach weiteren gängigen Arbeiten durchsucht. Es wurden insgesamt 104 klinische Studien, systematische Reviews und Studien, die spezifische (z. B. biomechanische) Aspekte der KST zum Gegenstand haben, eingeschlossen. Doppelpublikationen wurden, soweit direkt ersichtlich, ausgeschlossen. Studien mit n<10 Patienten oder mit hoch-spezifischen Fra-gestellungen, die einen Literaturvergleich per se als nicht sinnvoll erscheinen lassen, wurden ebenfalls ausgeschlossen (z. B. Fallberichte, parastomale Hernien, rein experimentelle Studien, kindliche Bauchwanddefekte, Studien mit ausschließlich posttraumatischen Bauchwanddefek-ten, sofern sie nicht der Technikbeschreibung wie bei DiCocco et al. (2012) dienen, KST im Rahmen von HIPEC, KST in grundsätzlicher Verbindung mit freien Lappenplastiken).

Hierdurch wird eine Einschätzung der internationalen Ergebnisse zum Themenkomplex der KST möglich. Diese Ergebnisse können – mit aller Vorsicht – mit den Daten und Ergebnissen des Herniamed-Registers verglichen werden und lassen so Rückschlüsse auf die Versorgung von Patienten mit komplexen Hernien und KST in Deutschland zu.

Es sollte eine Einschätzung der Evidenz nach den Oxford-Kriterien und dem GRADE-System vorgenommen werden (www.gradepro.org; www.gradeworkinggroup.org; www.cebm.net;

Schünemann 2009). Aufgrund des nahezu vollständigen Fehlens von randomisierten/kontrol-lierten Studien, einer in den verschiedenen Studien außerordentlich heterogenen Studienpopu-lation, einer nicht standardisierten Studienmethodik, teils unterschiedlichen und in keiner Weise standardisierten Ergebnisparametern, einer fehlenden Methodik zur Schweregradeinteilung und Patientenstratifizierung sowie einer unterschiedlichen oder vollständig fehlenden Hernien- und Komplikationsklassifizierung erschien dies allerdings als nicht zielführend und sinnvoll durch-führbar. Würde anhand der gegebenen Studienlage ein solcher Versuch unternommen, so würde möglicherweise eine vermeintlich höhere Datenhomogenität und ein nicht vorhandenes höhe-res Evidenzniveau suggeriert.

Es wurde stattdessen in Anlehnung an das GRADE-System (www.gradepro.org; www.grade-workinggroup.org; Schünemann 2009) und die Oxford-Kriterien (www.cebm.net) eine Eintei-lung der Studien in vier Gruppen vorgenommen, um eine GlobalbeurteiEintei-lung sowie eine Evi-denzeinschätzung der Studien im direkten Vergleich untereinander zu ermöglichen.

Tabelle 2: Einteilung der Studien

Gruppe Qualitäts-/

Studienniveau Kriterien

1 sehr

hoch/hoch Meta-Analyse oder systematisches Review von randomisierten oder prospektiven kontrollierten Studien

RCT höchster Qualität

Hohe Homogenität und Vergleichbarkeit (z. B. einheitliche Metho-dik, Op.-Technik, Outcome-Parameter, etc.)

Keine Verzerrungen erkennbar

Studie erlaubt eine allgemeine Übertragbarkeit der Ergebnisse („Di-rectness“)

Studie könnte als derzeit höchstes Niveau eingestuft werden

2 mittel Meta-Analyse oder Review von Studien niedrigerer Qualität als unter Gruppe 1

RCT

Homogenität und Vergleichbarkeit eingeschränkt

Prospektive, für den Effekt geplante Studie mit standardisierten Be-dingungen

Verzerrungen nicht auszuschließen

Hohe Fallzahl

Multizentrizität mit standardisierten Bedingungen

Bericht zu Patientencharakteristika, Outcome-Parametern und Follow Up (weitgehend) einheitlich

Es sind klare Standardisierungsversuche zur Methodik, Schweregrad-klassifizierung, Dokumentation und Ergebnispublikation entspre-chend wissenschaftlicher Quellen erkennbar

3 niedrig „Meta-Analyse“ oder Review von Studien, die überwiegend dem Ni-veau der Gruppe 3 entsprechen

Klinische Studie/Beobachtungsstudie

Bericht zu Patientencharakteristika, Outcome-Parametern und Follow Up (teils) uneinheitlich

Berichtsparameter (teils/weitgehend) standardisiert

Es sind Methoden implementiert, die das Qualitätsniveau der Ergeb-nisse weiter zu beschreiben versuchen (strukturierte Darstellung des Patienten-/Studieneinschlusses, Cox-Regression, Kaplan-Meier-Kur-ven, etc.)

4 sehr niedrig „Meta-Analyse“ oder Review von Studien, die überwiegend dem Ni-veau der Gruppe 4 entsprechen

Klinische Studie/Beobachtungsstudie mit geringer Fallzahl

Fallserie

Studie trägt den Charakter einer „Expertenmeinung“

Es wird die (monozentrische) Erfahrung eines einzelnen Experten erfasst

Es wird eine Verfahrensmodifikation mitgeteilt, die wissenschaftlich nicht weiter evaluiert ist

Bericht zu Patientencharakteristika, Outcome-Parametern und Follow Up (sehr) uneinheitlich

Berichtsparameter nicht standardisiert