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Streiche nur die Rechnungen durch, die dir schwer vorkommen

2.4 Das Malrechnen

Ich lernte im Akademielehrgang einen völlig anderen Zugang zum methodischen Aufbau des Malrechnens kennen. Insofern völlig anders, als nicht, wie in österreichischen Schulbüchern üblich, ganze Malreihen auswendig gelernt werden, sondern von Kernaufgaben ausgegangen wird. An diese Kernaufgaben werden strategisch die noch fehlenden Malsätzchen angebunden.

Der herkömmliche Vorgang beim Malsätzchen-Lernen erfordert ein gutes visuelles und/oder auditives Gedächtnis. Zusammenhänge zwischen den Rechnungen werden nicht hergestellt. Das Operationsverständnis, sofern es wirklich bereits verfügbar ist, wird nicht zum Behalten der Sätzchen eingesetzt. Es wird vorausgesetzt, dass die Kinder sich bereits sehr sicher im Zahlenraum 100 bewegen, eine ausgebildete Größenvorstellung besitzen und schon gute Kopfrechenfertigkeiten entwickelt haben. Dies ist jedoch im ersten Halbjahr der 2.

Schulstufe nicht zu erwarten. So reduziert sich das Malrechnen für viele Kinder auf ein Merken von furchtbar vielen Zahlen, die noch dazu so ähnlich klingen, dass auftretende Abruffehler von den Kindern selbst gar nicht bemerkt werden.

Ich legte in der 2. Klasse keinen Wert auf ein Automatisieren der Malsätzchen. Die Arbeit am Operationsbegriff, das Erarbeiten der Zusammenhänge und Bilden von

„schönen Päckchen“ war zeitintensiv. Die „Insätzchen“ kamen als solche gar nicht vor. Für das Messen, das wir oft mit Rechenwürfeln durchführten, übernahm ich die Sprechweise aus meinem verwendeten Mathematik – Buch, der „Zahlenreise“, nämlich „Wie oft mal ..“ . Für den Teilungsaspekt gab es auch immer wieder Geschichten, die dann gelegt wurden. Umgekehrt wurden in der Klasse beide Varianten gelegt, wenn ich an der Tafel nur die Symbolschreibweise angab, z.B.

12:3.

Die Kinder erzählten ihre Geschichte zum jeweils gelegten Würfelbild. Dabei stellten wir fest, beides ist richtig, es kommt das gleiche raus.

Wenn ich die Buchseiten doch auch verwendete, hielt ich die Kinder dazu an, die Aufgaben nicht von oben nach unten, also die durchgehende Malreihe, zu schreiben, sondern von den auswendig gewussten Rechnungen ausgehend, die anderen zu errechnen. Da die Kinder mit dem Divisionszeichen etwas anfangen

konnten, lösten wir teilweise auch im Buch die Divisionen, jedoch immer im Hinblick auf das Einmaleins.

Ich beschreibe nun kurz, wie ich das Einmaleins erarbeitete.

Vorarbeit:

Wir spielten kurze Geschichten, die den zeitlich – sukzessiven Charakter der Multiplikation zeigten, also dass mehrmals hintereinander das gleiche passiert.

Außerdem stellte ich Legeaufträge: „Leg viermal drei Würferl.“ Anfangs brauchten einige Kinder Hilfe, also ausführlichere Schritte: „ Leg 3 Würferl eng zusammen, jetzt nimm noch einmal 3 Würferl, leg sie auf einen eigenen Platz. Und jetzt noch einmal.

Und noch einmal. Wie oft hast du jetzt immer 3 Würferl hingelegt?“ Kreidekreise um die Einzelmengen verdeutlichten das Wie-oft. Umgekehrt legte ich für die Kinder Malgeschichten mit Gegenständen und ließ diese benennen.

Einführung der Schreibweise:

Dazu konnte ich wieder mein Mathematik – Buch, die „Zahlenreise“, verwenden.

Das, was vervielfältigt wird, wird anfangs in einen vorgegebenen Mengenkreis geschrieben, meinem Kreidekreis um die Würferl herum entsprechend. In der

„Zahlenreise 1“(Brunner 2003, Seite 54 ff.) wird der Malgedanke auf die gleiche Weise eingeführt. Meiner Meinung nach eine gelungene graphische Darstellung.

Im Folgenden suchten wir Bilder, auf denen Malrechnungen zu finden waren und schrieben diese dazu. Ergebnisse waren bis hierher nicht von Bedeutung. Es fällt einigen Kindern aber sehr schwer, ihr Augenmerk nicht auf das Ausrechnen zu legen!

Eigentlicher Beginn des Malrechnens:

Ich holte wieder die Spiegel, für jedes Kind einen, und wir verdoppelten, bereits bekannt aus der 1. Klasse. Dadurch hatten wir alle 2 · Aufgaben.

Danach konfrontierte ich die Kinder mit dem 100er-Punktefeld (siehe Seite 27).Mit dem Abdeckwinkel legten zuerst ich, dann die Kinder Punkteanzahlen fest, die Malrechnung wurde dazu gefunden. Der Abdeckwinkel besteht aus 2 rechtwinkelig zusammengeklebten Papierstreifen, die auf das 10 x 10 Punktefeld gelegt werden und so das Punktefeld beliebig verkleinern. Das Problem der Zweideutigkeit, nämlich ob ich jetzt 2 Reihen sehe mit je 6 Punkten oder 6 Reihen mit je 2 Punkten, lag sofort auf der Hand. Wir einigten uns darauf, auf dem 100er-Feld immer zeilenweise zu schauen. Für die Tauschaufgabe drehte ich die Folie auf dem Overheadprojektor.

In Folge schrieben wir das 1· 2 als Reihe auf. Das 1 · 10 war sofort abrufbar. Auch

das schrieben wir als Reihe auf, ebenso die Tauschaufgaben. Dadurch, dass wir in der 1. Klasse viel mit den Fingerbildern gearbeitet hatten, schien mir auch das 1· 5 geeignet zu sein, um es gleich als Reihe einzuüben. Immer 1 Hand mehr war rechnerisch leicht und sehr anschaulich zu lösen. Das war im Nachhinein gesehen nicht so günstig. Die schwächeren Kinder wussten zwar, wie erwartet, welche Zahlen zur Fünferreihe gehören, aber bei 5·, 6·, usw. zählten sie von 1· 5 an aufwärts. Ich werde also beim nächsten Mal das 1·5 ebenfalls über die Kernaufgaben erarbeiten. 2·5 ist die Tauschaufgabe von 5·2, 10·5 die von 5·10. 5·5 ist die Hälfte von 10·5.

Ich hatte also bisher das 1· 2, das 1 · 5, das 1· 10 und deren Tauschaufgaben. Da das 1 · 5 nicht so schnell verfügbar war wie angenommen, ging ich nun ans Zehner–

Verdoppeln und das Zehner–Halbieren. Dadurch hatten wir alle 5 · Aufgaben vom Halbierungsgedanken her abgeleitet. 10·3 führt zu 5·3, 10·4 zu 5·4 usw.. Um unseren Wissensstand, der ja im Buch nur lückenhaft kommentiert war, festzuhalten, übernahm ich aus Wittmann/Müller (2006c) die Einmaleins-Tafel (siehe Seite 30).

Ich vergrößerte sie unausgefüllt auf Klassenplakatgröße. Gemeinsam füllten wir aus, was wir schon konnten. Die Kinder bekamen ebenfalls eine leere Tafel im A4- Format, die ebenso wie das Klassenplakat, aktuell beschrieben wurde. So war auch für die Eltern ersichtlich, womit wir uns in der Schule beschäftigten. Zudem diente die Tafel für kleine Partnerübungen zwischendurch.

Danach nahmen wir uns alle 9 · Aufgaben vor. Von allen Nicht - Kernaufgaben war das der erfolgreichste Schritt. Erstens schien die Schwierigkeit der 9 · Aufgaben doch so zu sein, dass die Kinder freudig diesen Weg wählten, zweitens war hier für kein Kind ein Rechenproblem beim Minusrechnen da. Bei anderen Malzerlegungen spielten doch die bei einigen Kindern noch mangelnden Kopfrechenfähigkeiten eine Rolle! Als nächstes beschäftigten wir uns mit 3 · und 6 · Aufgaben. Natürlich wurde bei jeder Ableitung von einer Kernaufgabe der Malaufgabentypus sowohl mit Material gelegt als auch auf dem 100er-Feld mit einer Trennungslinie gezeigt und besprochen.

Wir kehrten wieder zum Buch zurück und erledigten dort die Seiten des 1 · 3 und des 1 · 6 und des 1 · 9.

Auf der Einmaleins-Tafel füllten wir nun die Quadratzahlen aus. Die fehlenden Malrechnungen, also die wenigen Rechnungen des 1·4, 1·7, 1·8, die noch nicht über

diese Aufgaben in ihre Reihe eingebettet. Wir besprachen Strategien für das Rechnen der noch neuen Aufgaben. Die wendigen Rechner in der Klasse konnten zu dem Zeitpunkt bereits gut alle Malrechnungen. Die schwächsten in der Klasse verstanden, wie sie zum Ergebnis kommen könnten, waren aber rechentechnisch noch zu langsam. Einige Kinder haben ein ausgezeichnetes Gedächtnis und zu Hause mit den Eltern parallel oder sogar voraus Malrechnen auf herkömmlichem Wege geübt. (Ein Elternabend zu diesem Thema ist zu wenig.) Diese Kinder sahen keine Notwendigkeit zum Strategielernen.

Im Gesamten habe ich sehr positive Erfahrungen gemacht. Im nächsten Durchgang werde ich verstärkt mit schönen Päckchen arbeiten und noch mehr die Querverbindungen der Nachbaraufgaben im Einmaleins-Plan bearbeiten. Für meine schwachen, nicht so gedächtnisstarken Kinder, war die Arbeit sehr gewinnbringend.

Sie fühlten sich nicht als Versager, sie verstanden, worum es ging, die Motivation das Einmaleins weiter zu üben, blieb erhalten.