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2 Theoretischer Hintergrund

2.6 M-DNA

Die ersten Untersuchungen an metallionenhaltiger DNA (M-DNA) wurden bereits durchgeführt bevor die Sekundärstruktur der DNA bekannt war.[273] Die ersten Strukturen der M-DNA wurden 1963 von Katz et al. vorgestellt. Er schlug nach der Zugabe von Quecksilbersalzen zur natürlichen DNA sog. Thymin-Hg-Thymin-Basenpaare vor. Diese Struktur konnte später anhand von Kopplungskonstanten in NMR-Untersuchungen belegt werden.[274] Seitdem wurden mit der M-DNA verschiedene Ansätze verfolgt. Z. B. wird versucht, Elektronen-[275] oder Energietransfer[106]

durch DNA zu verbessern oder die Herstellung der synthetischen Endonukleasen zu optimieren.[317]

Mit der M-DNA versucht man vor allem die typischen Metalleigenschaften, wie die Leitfähigkeit oder thermische Stabilität, auf die DNA zu übertragen. Diese physikalischen Eigenschaften spielen bei der Darstellung eines molekularem Drahtes oder molekularer Maschinen eine wichtige Rolle für die Zukunft.

Unter M-DNA versteht man heute meistens Basenpaare, bei denen die Wasserstoffbrücken der Watson-Crick-Paarung durch Metallionen-Liganden-Wechselwirkungen ersetzt werden. Als Liganden sowohl können natürliche DNA-Basen als auch speziell entwickelte Ligand-Nukleoside geeignet sein und werden derart in die Oligonukleotide eingebaut, dass sie nach Zugabe von Metallionen metallionenhaltige Basenpaare bilden. Durch die Modifizierung der Liganden will man die Metallionen selektiv und zielgenau in die DNA koordinieren. Als „Metalllieferanten“ werden Metallionen oder Metallkomplexe verwendet, die kovalent an die Oligonukleotide gebunden oder interkaliert werden. Die Position von Metallionen kann sowohl außerhalb (Metallkomplexe) als auch innerhalb (Metallionen) der DNA-Helix platziert werden (s. Abbildung 2-44). Die Sekundärstruktur soll möglichst beibehalten werden. Deswegen eignen sich nur Liganden die eine ähnlich Struktur haben, wie die kanonischen Watson-Crick-Basenpaare. Deshalb sind prinzipiell nur drei Koordinationsgeometrien möglich: quadratisch-planar, D2d und tetraedrisch Koordination.

Abbildung 2-44: Darstellung eines metallionenhaltigen Basenpaar mit Zinkkomplex der in großer Furche liegt (links);

Metallion in innerem der DNA-Duplex (rechts).

Die M-DNA kann in zwei Gruppen unterteilt werden. In die metallionenkomplexierende DNA und die metallionenhaltige Basenpaar-DNA. Bei der metallkomplexierenden DNA werden zur unmodifizierten DNA Metallionen oder Metallkomplexe dazu gegeben. Während Quecksilberionen[274] im Inneren der DNA-Helix koordiniert werden, ordnen sich Zinkionen[276]

außerhalb der Helix an (s. Abbildung 2-44). Die Vorteile der metallkomplexierenden DNA sind die schnelle und kostengünstige Durchführung. Nachteil dieser Methode ist, dass die genaue Position des Metallions bzw. –komplexes nicht bekannt ist. Trotzdem reicht die Anwendung von metallkomplexierender DNA von den schnellen Vorversuchen auf Leitfähigkeit[277] bis zur etablierten Krebstherapie mit Platinkomplexen.[278]

Die ersten Beispiele der metallionenhaltiges Basenpaare wurden von Tanaka et al. und Shionoya et al. vorgestellt. Sie synthetisierten ortho-Phenylendiamin-Palladiumkomplexe und dessen Derivate (s. Abbildung 2-45).[279-282]

Y M

X X

O Y OH HO

O

OH OH

X = Y = NH2, O-, M = Pd2+, Cu2+, B3+

Abbildung 2-45: Aufbau eines metallionenhaltigen Basenpaars nach Shionoya. Als künstliche Ligand-Nukleosid wurde Phenylendiamin verwendet. Das Basenpaar ist fähig, zwei- und dreiwertige Metallionen zu binden.

Die ersten Einbauten in die DNA wurden aber erst im Jahr 2000 von Schultz et al. berichtet.[283] Sie synthetisierten ein asymmetrisches metallionenhaltiges Basenpaar. Diese bestand aus einer Kombination von planaren dreizähnigem Liganden Pyridin-2,6-dicarboxylat (Dipic) und einem

Pyridin Nukleosid. Die Zugabe von Cu2+ resultierte in einer signifikanten Duplexstabilisierung.

Diese Duplexstabilisierung konnte in späteren Arbeiten durch die Modifizierung der Liganden noch weiter erhöht werden (s. Abbildung 2-46).

Abbildung 2-46: Metallionenhaltige Basenpaare von Schultz et al. sind aus Kombination von Pyridin-2,6-dicarboxylat und Pyridin-Nukleosiden.

So synthetisierten Shionoya et al. gleich mehrere künstliche Liganden, die spezifisch eingesetzt werden können (s. Abbildung 2-47).[284] So sollen Pyridin-Nukleoside bei der Bildung von DNA-Duplexen oder –Triplexen Ag(I) koordinieren können. Metallionenhaltige Basenpaare können auch mehrmals in die Oligonukleotide eingebaut werden, was mit den Hydroxypyridon-Basenpaaren erfolgreich durchgeführt wurde. Fünf benachbarte Liganden-Nukleoside wurden in den Doppelstrang so eingebaut, dass sie in der Lage waren fünf Cu2+ Ionen zu komplexieren. Die ESR-Spektren konnten die Metallionwechselwirkung bestätigen. Solche gestapelten Metallionen-Liganden-Systeme sollen Leitfähigkeitseigenschaften erzeigen. Mit Schwefel-substituierten Derivaten der Hydroxypyridon-Basenpaaren will man selektiv weiche Metalle wie Gold oder Platin koordinieren.

N X N M2+

O O

O X DNAO DNAO

O

DNAO ODNA X = O-, S

-O DNAO DNAO

O

DNAO ODNA N Ag2+ N

Abbildung 2-47: Darstellung der metallionenhaltigen Basenpaare. Als Liganden wurden Pyridin-Nukleotide, Hydroxypyridone und deren Schwefel-Derivate verwendet.

2,2-Bipyridin wurde als weiterer künstlicher Ligand von Tor et al. synthetisiert.[285] Dieser Ligand befähigt zwar eine günstige quadratisch-planare Koordinationsgeometrie, trägt aber aufgrund seiner Größe eher zur Strukturdestabilisierung der DNA bei. Dieses Ergebnis konnte auch Achim et al. in PNA mit in 5-Methyl-2,2-bipyridinen als Ligand bestätigen.[286] Trotz Zugabe von Ni2+ war das Schmelzverhalten zum natürlichen PNA-Duplexe um knapp 10 °C niedriger.

Bei sterisch günstigen Liganden konnte eine konstant erhöhte Duplexstabilität beobachtet werden.

Diese physikalische Eigenschaft ist für die Nanomaterialien von großer Bedeutung. So wurde weiter an Liganden geforscht, die die Duplexstabilisierung erhöhen. Diese konnte durch den Metallionen-Salen-Basenpaar erreicht werden.[287-289] Dieses neue Konzept basiert auf den N,N`-Bis(salicyliden)-ethendiamin-Liganden, trivial auch Salen genannt, die gleich mehrere Vorteile bringen. Das Metallionen-Salen-Basenpaar besitzt eine günstige quadratisch-planare Geometrie und ein Ethylendiamin verbrückt zusätzlich die beiden Oligonukleotide der Duplexe. Das Metallionen-Salen-Basenpaar wird erst nach der Duplexhybridisierung synthetisiert. Als Vorstufen werden Salicylaldehyde verwendet, die erst nach Zugabe von Ethylendiamin und Cu2+ zu Metallionen-Salen-Basenpaaren werden. Diese besitzen z. Zt. die höchste Schmelztemperatur einer M-DNA (s.

Abbildung 2-48).

O

Abbildung 2-48: Die Darstellung eines Metallionen-Salen-Basenpaares. Diese erzeugen z.Zt. im Bereich der M-DNA die größte Duplexstabilisierung.

Durch die Ausnutzung dieser Duplexstabilität ist es möglich, aus zehn aufeinander folgenden Metallionen-Salen-Basenpaaren einen Stapel aus zehn Cu2+ Ionen zu erzeugen,[290] der einer vollständigen Windung der DNA-Helix entspricht. In Kombination mit einer Thymin-Thymin-Fehlpaarung und Hg(II) ist es sogar möglich, einen gemischten Stapel mit programmierbarer Abfolge zweier verschiedener Metallionen in einem Oligonukleotid zu erzeugen.[291]

Im Dokument Ladungstransfers in DNA (Seite 69-73)