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LGP2 zeigt eine konstitutiv aktive, basale ATP Hydrolyserate

3.3.3 10 Basenpaarungen sind ausreichend zur Aktivierung der ATPase Domäne von LGP2

4 Diskussion

4.2 Interpretation der Ergebnisse im Kontext der aktuellen Literatur

4.2.4 LGP2 zeigt eine konstitutiv aktive, basale ATP Hydrolyserate

Um ihre Aufgabe bei der Erkennung viraler Infektionen im Organismus zu erfüllen, hydrolysieren alle RIG-I-like-Helikasen ATP. Damit unterliegen diese Enzyme auch den Gesetzmäßigkeiten der Enzymkinetik. Da die ATPase Domäne abhängig von der Anwesenheit eines RNA Liganden aktiviert wird, lassen sich die enzymkinetischen Eigenschaften sowohl zum Vergleich der RLHs unter einander, als auch zur Analyse der verschiedenen Liganden heranziehen. Bei Betrachtung der ATP Hydrolyserate fällt auf, dass sich diese bei allen RLHs durch einen RNA Liganden massiv steigern lässt. LGP2 weist im Vergleich zu RIG-I und MDA5 jedoch bereits eine hohe basale Hydrolyserate ohne Ligand auf. Diese lässt sich durch Zugabe eines Liganden zwar steigern, jedoch werden die hohen Werte von RIG-I und MDA5 nicht erreicht. RIG-I und MDA5 zeichnen sich durch sehr niedrige basale Hydrolyseraten aus,

die sich insbesondere bei MDA5 aber massiv steigern lässt. Ähnliches gilt für die Wechselzahl kcat als Maßzahl für die Katalyserate des Umsatzes von ATP [45].

Ähnliche Ergebnisse zu den enzymkinetischen Parametern von LGP2 und RIG-I wurden zwischen den Experimente für diese Arbeit und der Fertigstellung der Dissertation von Bruns et al. veröffentlicht [75]. Die Autoren stimmen mit der hohen basalen ATPase-Aktivität von LGP2 überein, die sich im Vergleich zu RIG-I nur wenig steigern lässt. Auch die ermittelten Werte für die Fließgleichgewichtsparameter befinden sich meist in der gleichen Größenordnung wie die Daten in dieser Arbeit. Lediglich die katalytische Effizienz kcat/Km für LGP2 ohne Ligand unterscheidet sich deutlicher. In der Arbeit von Bruns et al. unterscheidet sich die katalytische Effizienz von LGP2 ohne, respektive mit pI:C kaum, während in dieser Arbeit ein deutlicher Anstieg durch die Zugabe von pI:C beobachtet wurde. Dies ist vor allem dem von Bruns et al.

ermittelten, sehr niedrigen Wert Km für LGP2 ohne Ligand geschuldet [75]. Die Michaelis-Menten Konstante Km ist eine Maßzahl für die Affinität des Enzyms zum Substrat, welche sich indirekt proportional zu Km verhält. So zeigt bei Bruns und Kollegen LGP2 ohne pI:C eine deutlich größere Affinität zu ATP als mit, während in dieser Arbeit ein fast 15-fach höherer Km-Wert ohne pI:C ermittelt wurde. Mechanistisch scheint es nicht überzeugend, dass LGP2 ohne Anwesenheit eines Liganden eine höhere Affinität zu ATP hat, als nach Zugabe eines Liganden, der die ATP-Hydrolyse aktiviert. Auch die von Bruns et al. ermittelte Hydrolyserate von RIG-I erreicht nur etwa ein Drittel des hier gefundenen Wertes. Bruns et al.

benutzten jedoch pI:C als Ligand, wohingegen für diese Arbeit kurze doppelsträngige RNA mit einem 5‘-Triphosphat verwendet wurde, welche ein effektiverer Ligand für die Aktivierung von RIG-I ist [45]. Peisley et al. haben die enzymkinetischen Eigenschaften von MDA5 benutzt, um die längenabhängige Affinität zu RNA Liganden von MDA5 zu zeigen. Dabei konnte RNA mit einer Länge von mehreren Tausend Basenpaaren ATP Hydrolyseraten erreichen, die in einer ähnlichen Größenordnung wie die hier ermittelten Daten liegen [60].

In Anbetracht der vermuteten Funktion der ATPase von RIG-I und MDA5 scheint die massive Steigerung der Hydrolyse in Anwesenheit eines geeigneten Liganden einleuchtend. Da die ATP-Hydrolyse entsprechend eines Modells zur Dissoziation der gebundenen RNA dient und im Falle von RIG-I eine fehlerhafte Erkennung zelleigener RNA verhindern soll, ist klar, dass die Spaltung von ATP in Anwesenheit von RNA sehr effektiv ablaufen muss [38,45,65,129].

Dieses „alles oder nichts“-Prinzip spiegelt auch die grundsätzlichen Anforderungen an die Erkennung viraler RNA und die anschließende Aktivierung des Interferon-Systems wider. Ohne eine virale Infektion muss die Aktivierung der Signalkaskade sicher verhindert werden, während eine virale Infektion die Expression von Interferonen analog zur Hydrolyse von ATP effektiv und schnell induzieren soll.

Die ATPase Domänen von RIG-I und MDA5 werden sowohl funktionell und strukturell, als auch mechanistisch immer genauer analysiert. Die Domänen von LGP2 sind bisher deutlich weniger genau charakterisiert und zum Zeitpunkt der Anfertigung dieser Arbeit kann keine mechanistische Aussage zu Interaktionen zwischen der Helikase Domäne und der RD gemacht werden. Neben der Tatsache, dass die ATPase Domäne von LGP2 für seine positiv-regulatorische Eigenschaft mitverantwortlich ist, ist bekannt, dass die in vitro Modifikation der Fibrillenbildung von MDA5 durch LGP2 die Hydrolyse von ATP voraussetzt. Bruns et al.

demonstrieren aufbauend auf der beobachteten basalen ATP-Hydrolyse, dass die basale ATPase-Aktivität von LGP2 die Erkennung eines breiteren Ligandenspektrums ermöglicht und die Affinität zu RNA weiter erhöht. Dabei konnten teilweise komplementäre RNA Stränge nur von jenen LGP2 Mutanten gebunden werden, die auch zur ligandenunabhängigen Spaltung von ATP befähigt sind [75].

Die bisher diskutierten Ergebnisse dieser Arbeit sind konsistent mit der Hypothese, dass LGP2 als positiver Regulator für RIG-I und MDA5 fungieren könnte, indem virale Liganden modifiziert werden und die Erkennung erleichtert wird. Diese Hypothese wird auch von vielen weiteren der hier genannten Ergebnisse aus der Literatur bestärkt. Aus der enzymkinetischen Charakterisierung wird klar, dass sich LGP2 in der mechanistischen Funktion seiner ATPase Domäne deutlich unterscheidet und nach einem anderen Prinzip arbeitet als RIG-I und MDA5.

Dem „alles oder nichts“-Prinzip der ligandenabhängigen ATP-Hydrolyse von RIG-I und MDA5 steht dabei die kontinuierliche Aktivität von LGP2 gegenüber. Auffällig ist außerdem, dass die ATP-Hydrolyse von LGP2 wie hier gezeigt durch ein sehr breites Ligandenspektrum ausgelöst werden kann. Sowohl lange, als auch sehr kurze RNA kann unabhängig jeglicher Triphosphat-Modifikation erkannt werden. Wie von Satoh et al. gezeigt, wirkt LGP2 in der RLH-abhängigen Signalkaskade upstream von RIG-I und MDA5 [78]. RIG-I und MDA5 benutzen Korrekturmechanismen um sehr spezifische, definierte RNA Muster zu erkennen. LGP2 hingegen bindet an verschiedenste, teilweise auch imperfekte Liganden, zeichnet sich durch die höchste RNA-Affinität unter den RLHs aus und verfügt über eine kontinuierliche, basal aktive ATPase Domäne. Es scheint daher naheliegend, dass LGP2 eine entscheidende Rolle beim ersten Schritt der Erkennung viraler Infektionen spielen muss. Als Gegenstück zu den verschiedenen viralen Mechanismen zur Antagonisierung der RLH-Signalkaskade, die im Falle von Paramyxoviridae auch die Helikase von LGP2 direkt betreffen [80,81,131], könnte LGP2 die versteckten viralen Liganden mit Hilfe seiner hohen Affinität durch Entfernung viraler Proteine und Konformationsänderungen der Nukleinsäuren für die eigentliche Erkennung nach dem „alles oder nichts“-Prinzip durch RIG-I und MDA5 zugänglich machen. Die regulatorische Domäne von LGP2 bindet ähnlich wie RIG-I an den Terminus der RNA in vitro. Mechanistisch ist dabei denkbar, dass LGP2 den Terminus von verpackten RNA Liganden bindet und exponiert [132]. Dabei könnte die kontinuierliche, basale ATP-Hydrolyse die notwendige

Energie bereitstellen, um das durch N-Proteine geschützte virale Genom der RNP Komplexe erkennen zu können. Die anschließende, ligandenabhängig gesteigerte ATP-Hydrolyse könnte ein Ausdruck des Verdrängens der viralen Proteine vom Genom und Komplexbildung mit RIG-I oder MDA5 sein.

4.2.5 RNPs lassen sich aus Virionen aufreinigen und aktivieren die