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Lessons learned für Immobilienwirtschaft und Stadtplanung

Im Dokument Homeoffice im Interessenkonflikt (Seite 116-119)

Arbeitsfördernde Eigenschaften der Immobilie

6 Implikationen der empirischen Ergebnisse

6.4 Lessons learned für Immobilienwirtschaft und Stadtplanung

Auswirkungen des Homeoffice auf Immobilienmärkte noch nicht absehbar

Die Auswirkungen der Intensivierung des Homeoffice auf das betriebliche Immobilienmanagement schlagen unvermittelt auf die immobilienwirtschaftlichen Akteure durch. Wenngleich die empirischen Daten dieser Studie und deren Interpretation Rückschlüsse auf die grundsätzlichen Wirkungsmechanismen zulassen, sind verlässliche Prognosen zu den Marktveränderungen zum gegenwärtigen Zeitpunkt unmöglich, auch wenn sich zahlreiche Marktberichte zumindest in Annäherungen versuchen. Nachfolgend sind einige wich-tige Implikationen für die Immobilienwirtschaft dargestellt.

Homeoffice steigert Konsumpräferenz für Wohnen

Grundsätzlich zeigen die in dieser Studie erhobenen Daten an vielen Stellen (siehe insbesondere Abschnitt 6.1) die gestiegene Bedeutung der Wohnungsqualität für die Zufriedenheit durch die vermehrten Zeiten und die gestiegene Intensität der Wohnungsnutzung infolge des vermehrten Homeoffice. Es scheint plausibel, dass in der Folge auch die Konsumpräferenz und die Zahlungsbereitschaft für das Wohnen wachsen. Woh-nungsgrößen werden durch die Homeoffice Erfahrungen vermutlich zukünftig wachsen und qualitativ hoch-wertiger ausgestaltet sein müssen. Besondere Bedeutung kommt offensichtlich einem guten Zustand der Wohnung (Abschnitt 5.2) zu. Erste Marktberichte zeigen einen Preisanstieg im Wohnungsbereich. Die Marktbewegung könnte bereits auch eine erste Marktreaktion auf die hier diskutierten Zusammenhänge rund um das Homeoffice sein.

Land gewinnt, Metropolen verlieren!?

Eine genauere Analyse der alternativen Umgebungsfaktoren rund um das Homeoffice zeigt, dass insbe-sondere Beschäftigte in ländlichen Regionen vom Work from Home profitieren. Je weiter die Wohnorte an die Zentren der Metropolen heranrücken, umso geringer fällt dieser Effekt aus (Abschnitt 5.1). Auch zahl-reiche andere Ergebnisse dieser Studie senden schwache Signale dafür, dass die relative Attraktivität länd-licher Regionen durch eine Intensivierung des Work from Home steigen könnte. Wird durch eine vermehrte Arbeit von zu Hause der ländliche Raum nachhaltig gestärkt, könnte dies zu Einsparungen von CO2 und Pendelzeit führen. Weiterhin könnte durch eine Stärkung des ländlichen Raums die angespannte Situation auf den Wohnimmobilienmärkten in Ballungsgebieten entlastet werden, zumal die notwendige Wohnfläche in den ländlichen Regionen vorhanden ist.

Wohnen hat in der Funktion des Arbeitsorts noch viel Potenzial

Zentrale Ergebnisse dieser Studie bestehen in der Erklärung des Einflusses immobilienwirtschaftlicher Fak-toren auf den Erfolg im Homeoffice (siehe Kapitel 5). Die vergleichsweise detaillierten Ergebnisse zeigen stark zusammengefasst zunächst ein wenig überraschendes zentrales Bild: Der Preis der Wohnung pro Quadratmeter korreliert positiv mit dem Arbeitserfolg im Homeoffice. Weiter im Detail finden sich dann inte-ressante, teils überraschende Ergebnisse, die für die zukünftige Entwicklung von Wohnungen von Bedeu-tung sein dürften (insbesondere Kapitel 2, 3, 5). Hier einige Beispiele, wie zukünftig der Arbeitserfolg in Wohnungen gesteigert werden kann:

• Die Anzahl der Zimmer korreliert positiv mit dem Arbeitserfolg.

• Von besonderer Bedeutung ist ein eigenes separates Arbeitszimmer.

• Ebenso korrelieren Freisitze positiv mit dem Arbeitserfolg. Garten scheint dabei wertvoller als Bal-kon.

• Kleine Wohnungen mit einem oder 1,5 Zimmern eignen sich signifikant schlechter für das Home-office. Hier wären dann zukünftig vermutlich eher ergänzende dritte Arbeitsorte beispielsweise im Erdgeschoss sinnvolle Ergänzungen (Nachbarschaftsbüro).

• Wohnungen in Hochhäusern sind in Deutschland mit zunehmendem Stockwerk per se weniger als Homeoffice geeignet.

• Die vitale Nachbarschaft im Umfeld ist ebenso wichtig wie die Ruhe und Vertrautheit innerhalb der Wohnung.

• Gute Arbeitswohnungen sind „Wohlfühlwohnungen“. Überraschend hohe Bedeutung für den Ar-beitserfolg im Homeoffice kommt der Architekturqualität und natürlich auch den Umgebungsfakto-ren (Luft, Lärm, Licht, Temperatur) zu. Die notwendigen Kompromisse der Gebäudeplanung sollten zukünftig zumindest in temporären Homeoffices zugunsten dieser Kriterien verschoben werden.

Stark differenzierte Auswirkungen des Homeoffice auf Gewerbeimmobiliennachfrage

Betrachtet man die Homeoffice-Debatte aus Sicht der Akteure an den Gewerbeimmobilienmärkten, so do-miniert die These von der Verdrängung von Flächennutzung im Büro durch zunehmendes Homeoffice die Diskussion. Einerseits hat es Auswirkungen, wenn ein maßgeblicher Anteil der Beschäftigung, sei es nun

werden, wie die Homeoffice-Aktivitäten steigen. Folgende Argumente aus dem Kontext dieser Studie spre-chen dagegen:

• Nimmt die Produktivität der Beschäftigten durch eine vermehrte Nutzung des Homeoffice in nur annähernd ähnlichen Dimensionen zu, wie es die Ergebnisse dieser Studie nahelegen, dann müss-ten sich daraus erhebliche Wachstumsimpulse für die Betriebe ergeben. In der Folge ist ein Anstieg der Beschäftigung und damit der Flächennachfrage sehr wahrscheinlich.

• Die oben im Abschnitt 6.2 dargestellte Notwendigkeit der Unternehmen zur Aufwertung ihrer Büro-arbeitsplätze, damit diese auch nur annähernd mit dem Arbeitserfolg im Homeoffice mithalten kön-nen, dürfte in der mittelfristigen Zukunft nicht nur zu einem quantitativen, sondern auch qualitativen Wachstum der Bürofläche pro Mitarbeiter führen.

• Ob die Unternehmen infolge von vermehrtem Homeoffice überhaupt ihre Büroflächen reduzieren können, ohne die Qualität der Büroarbeitsplätze in der Wahrnehmung der Mitarbeiter unterkritisch zu verschlechtern, bleibt abzuwarten (siehe Kapitel 2). Praktische Erfahrungen aus dem betriebli-chen Immobilienmanagement zeigen, dass mit jeder Verdichtung von Arbeitsplätzen auf den Flä-chen die Risiken für den Arbeitserfolg exponentiell zunehmen. Das gilt insbesondere auch für State-of-the-Art-Arbeitsplatzkonzepte.

Es besteht vielmehr eine Notwendigkeit für qualitativ hochwertige Büroflächen, die den neuen Anforderun-gen an Kommunikation und Teamarbeit im Firmenbüro gerecht werden. Firmenbüros stehen dabei im Wett-streit mit den großen Betreibern von Co-Working-Spaces (z. B. WeWork), die über die kreativitätsfördernden Flächen bereits heute attraktiv für Individuen, aber auch Firmen sind (so verzeichnet WeWork einen Anteil von über 30 % Corporates in ihren Flächen). Ermöglicht wird dies durch ein nutzerorientiertes Design, Lay-out und dem Spirit für Wissensaustausch und Innovativität.

Büroentwicklungen müssen zukünftig deutlich nutzerorientierter ausgestaltet sein und stärkeren Modal Split der Arbeitsorte ermöglichen

Im letzten Abschnitt 6.3 wurde deutlich, dass zukünftige Büros aus Sicht der Beschäftigten vergleichsweise attraktiver und lebenswerter ausgestaltet werden müssen, um mit der Arbeitsqualität im Homeoffice mithal-ten zu können. Für Projekmithal-tentwickler und Investoren lässt sich daraus schließen, dass Immobilien, die die-sen Anforderungen der Corporates zukünftig nicht entsprechen, vermutlich einer deutlich geringeren Nach-frage gegenüberstehen. Gerade für aus Sicht der Beschäftigten unattraktive Standorte und Objekte steigt das Risiko mangelnder Marktfähigkeit deutlich an (Stranded Asset). Attraktive, zukunftsfähige Objekte dürf-ten sich hingegen überproportional großer Nachfrage erfreuen, da die Unternehmen ihre weniger attraktiven Objekte vermehrt durch Markttransaktionen aufwerten werden.

Die Ausführungen des letzten Abschnitts 6.3 zeigen die Zukunft der Arbeitswelten in einem stärkeren Modal Split der Arbeitsorte bei gleichzeitig gestiegener Anforderung an die Nutzungsqualität der Objekte. Die Sachverhalte sind komplex. Vereinfacht ausgedrückt muss es das zukünftige Ziel von Projektentwicklern und Immobilieneigentümern sein, eine große Zahl an alternierend im Büro arbeitenden Mitarbeitern zu mög-lichst niedrigen Kosten Flächen zur Verfügung zu stellen, die die Arbeitszufriedenheit und die Produktivität auf hohem Niveau sicherstellen. Das klingt nach keiner leichten Aufgabe, aber die Maßstäbe zukünftiger Flächenbewertung durch die Nutzer werden sich in Zeiten verstärkten Work from Home deutlich in die adressierten Richtungen verschieben. Digitalisierung wird weiter eine wichtige Rolle in diesem Prozess

spielen. So erwartet der Mitarbeiter die Anbindung der Flächen an Buchungssysteme und möchte beispiels-weise Auslastungen vorab einsehen können.

Work from Home als Beschleuniger der immobilienwirtschaftlichen Transformation deutscher Un-ternehmen

Die 2019 und 2020 erstellten ZIA CREM Studien zur immobilienwirtschaftlichen Transformation deutscher Unternehmen zeigen eindrucksvoll den großen Umbruch, vor dem die deutsche Wirtschaft in Bezug auf die immobiliaren Betriebsmittel steht (Pfnür 2019, 2020). In den nächsten 10 Jahren werden 60 % der betrieb-lich genutzten Flächen an neue Nutzungsanforderungen anzupassen sein. Auch wenn die coronabedingten Ausweitungen des Homeoffice in den 2018 ,bzw. 2019 generierten Befragungsergebnissen noch nicht ent-halten waren, so machen die hier im Kapitel 6 diskutierten Ergebnisse doch eine weitere Verstärkung der immobilienwirtschaftlichen Transformation durch die Zunahme des Work from Home deutlich.

Im Dokument Homeoffice im Interessenkonflikt (Seite 116-119)