• Keine Ergebnisse gefunden

2 Lernumgebungen – Treppenzahlen und Hundertertafel

Im Dokument Januar 2013 – Janvier 2013 N (Seite 30-33)

Bei einer «substanziellen Lernumgebung» handelt es sich um eine reichhaltige und vielfältige Aufga-benstellung, die verschiedenen Kriterien genügen soll. Nach Wittmann (1998) handelt es sich dabei um Aufgaben-/Problemstellungen, die zentrale Inhalte und Prinzipien des Mathematikunterrichts prä-zisieren, die flexibel an die Gegebenheiten einer Klasse anzupassen sind und reiche Möglichkeiten für mathematische Aktivitäten bieten.

Eine grosse Stärke dieser Lernumgebungen ist die natürliche Differenzierung. Lernumgebungen soll-ten einen Einstieg für alle Lernenden biesoll-ten – und dann Bearbeitungsmöglichkeisoll-ten für alle, auch für Hochbegabte, liefern.

2.1 Treppenzahlen

Manche Zahlen lassen sich als Summe von aufeinander folgenden Zahlen schreiben. Beispiele:

9=2+3+4 Treppe mit drei Stufen 9=4+5 Treppe mit zwei Stufen 8=?

Was können Sie alles über Treppenzahlen herausfin-den?

Und das ist auch schon die gesamte Lernumgebung. Die Lernumgebung ist maximal offen formuliert.

Es geht vor allem darum, die Schülerinnen und Schüler zu eigenem Experimentieren anzuregen. Das

heisst hier, dass sie selbstständig Beispiele bilden müssen, diese Beispielsuche systematisieren müs-sen und daraus Hypothemüs-sen ableiten sollten. Und daraus ergeben sich Ansätze für weitere Beispiele.

Eine gute Idee ist natürlich, systematisch Beispiele zu betrachten, so wie das rechts geschieht.

und daraus Hypothesen zu generieren. Diese sind selbstverständlich nicht immer richtig, bilden aber mei-stens Anlässe für weitere Überlegungen:

Leuders, Naccarella, Philipp (2011) verwenden diese Lernumgebung für Studien mit Primarlehramtsstudie-renden. Sie beschreiben innermathematisches Experi-mentieren als Suche in drei Räumen: dem Beispielraum, dem Strategieraum und dem Hypothesenraum.

Der Autor (Linnemann, 2012) setzt die Lernumgebung bei Schülerinnen und Schülern der Fachmittel-schule ein. Neben der Bestätigung der Ergebnisse von Leuders et al (2011) geht es um Bedingungen für erfolgreiches Experimentieren. Wie bei Haverty et al. (2000) erweist sich der Wechsel zwischen den drei Räumen als entscheidender Faktor. Gute Erfolgsstrategien sind:

• Anlegen einer breiten Datenbasis

• Beispiele strukturieren, diese intensiv untersuchen.

• Häufiger Wechsel zwischen den 3 Räumen

• Reflexivität, nicht zu lange bei einem unergiebigen Ansatz verweilen

• Ansatz tief untersuchen, Verallgemeinerung versuchen

Treppenzahlen sind tatsächlich sehr breit einsetzbar, auf jeder Altersstufe werden andere Aspekte wichtig. In der FMS passt sie aber nur mit Mühe in den Lehrplan, vielleicht am ehesten in den fakul-tativen Bereich der Folgen. Die Lernumgebungen, die momentan vom Autor entwickelt werden, sollen diesen Nachteil dann nicht mehr haben.

2.2 Die Hundertertafel

Diese Lernumgebung ist inspiriert von einer Lernumgebung im Zahlenbuch 6 (Affolter et al, 2001, S.

94). Dort wird die aus den ersten Klassen bekannte Hundertertafel erneut aufgenommen.

a) Wählen Sie ein Quadrat mit vier Zahlen in der Hundertertafel. Bilden Sie die Summe der Diago-naleinträge (im Beispiel im Bild wäre das16+27 und17+26. Führen Sie das für mehrere Beispie-le durch. Was stelBeispie-len Sie fest? Können Sie das begründen?

b) Bilden Sie nun die Produkte der Diagonaleeinträ-ge (im Beispiel also16·27und17·26. Führen Sie auch hier mehrere Beispiele aus. Was stellen Sie fest? Begründung?

c) Bilden Sie in verschiedenen Quadraten mit 9 Zah-len die Summe der äusseren 8 ZahZah-len (im Bei-spiel 336) und vergleichen Sie mit der mittleren Zahl? Was stellen Sie fest? Können Sie das be-gründen?

Beim Nachdenken über diese Lernumgebung zeigt sich, dass sich zum Beispiel die 16 mitx, ferner 17=x+1,26=x+10und27=x+11setzen lassen und mit dieser Algebraisierung Einsichten in die Zusammenhänge finden lassen.

Bei der Behandlung in den Klassen des Autors kam aber keine Schülerin / kein Schüler auf die Idee, einen solchen Lösungsweg zu verfolgen. Der Weg von der Arithmetik zur Algebra war überhaupt nicht gangbar, leider. Hier musste viel Zeit investiert werden.

Als fruchtbar hat sich erwiesen, vorab das Begründen, eine zentrale mathematische Kompetenz, in den Fokus zu rücken. Hier eine beispielhafte Bearbeitung des Aufgabenteils b durch einen Schüler:

«Auf einer Diagonalen gibt es 10 mehr als auf der anderen. Dies ist so, weil man die beiden hinteren Zahlen immer gleich mit sich selber multipliziert.

16·27=10·20+10·7+6·20+6·7 17·26=10·20+10·6+7·20+6·7

Der einzige Unterschied ist man rechnet einmal die kleinere Zahl der ersten Stelle mit der grösseren Zahl der zweiten Stelle und umgekehrt.

Bsp 2

13·24=10·20+10·4+3·20+3·4 14·23=10·20+10·3+4·20+3·4»

Dieser Schüler hat das Zehnersystem genutzt, die Rechnung mit dem Distributivgesetz zerlegt und dann den Unterschied benannt. Nach etwas eigenem Nachdenken wird damit klar, warum ein Unter-schied von 10 bestehen muss.

Diese und weitere Bearbeitungen wurden genutzt, um über das Begründen in Mathematik zu reflek-tieren. Eine Zusammenfassung der Antworten:

• Für mich ist eine Begründung gut, wenn man viele Beispiele macht und dann in eigenen Worten die Beispiele erklärt. Eine Begründung muss auf den Punkt sein und nicht langes «Herumgefa-sel». Sie muss in einem verständlichen und gutem Deutsch geschrieben sein (einfach).

• Sie muss klar und übersichtlich dargestellt sein.

• Eine gute Begründung ist kurz und bündig. Lieber ein allgemeines Beispiel als irgendwelche Zahlen.

• Jeder Schritt wurde erklärt und Zahlen stellen Denkhilfen dar.

• Die Erklärung ist verständlich aufgeschrieben. Zudem ist sie nicht sehr lang. Eine gute Erklärung kann ohne Zahlen auskommen, diese jedoch als Hilfestellung verwenden.

Diese Sammlung von Antworten dient nun in der Klasse als Referenz, wenn etwas (auch von der Lehrperson) begründet werden soll.

Augenöffnend war für den Autoren eine Bearbeitung der Lernumgebung durch eine Gymnasiastin, die die folgende Bearbeitung abgegeben hat:

16·27=432 x·(x+11) =x2+11x

17·26=442 (x+1)·(x+10) =x2+x+10x+10=x2+11x+10

Dazu kam der Kommentar: «Reicht der Beweis oder muss ich es auch begründen?»

In der Tat, ein Beweis liefert nicht unbedingt eine Begründung, warum etwas so ist. Die arithmetische Schülerlösung mit Hilfe von Beispielen weiter oben hat auch Vorteile.

Im Dokument Januar 2013 – Janvier 2013 N (Seite 30-33)