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Die zweitgrößte Treibhausgasemissionsquelle nach dem Energiesektor ist in Deutschland die Land-wirtschaft. Vor allem Emissionen aus der Nutzung landwirtschaftlicher Böden16 und der Fermentation bei der Verdauung von Wiederkäuern sind hoch und änderten sich in den letzten zehn Jahren nur gering-fügig. Weitere wesentliche Emissionen entstehen bei

16 Direkte und indirekte Emissionen aus landwirtschaftlichen Böden resultieren v. a.

aus der Ausbringung von Mineral- und Wirtschaftsdünger (einschließlich Gärreste).

der Lagerung von Wirtschaftsdünger und Gärresten, bei der Kalkdüngung und Anwendung von Harnstoff.

Treibhausgasminderungen können im Bereich Landwirtschaft nur zu einem bestimmten Teil durch technische Maßnahmen erzielt werden. Um bis 2050 die notwendige Minderung von mindestens 50 % zu erreichen, sind zusätzlich geänderte Produktions-systeme und vor allem ein Abbau der Tierbestände notwendig. Um Verlagerungseffekte in andere Länder zu vermeiden, muss parallel der Konsum tierischer Produkte, v. a. Fleisch, auf ein Maß reduziert wird, das einer gesunden Ernährung entspricht17. Die Emissionsentwicklung im GreenEe-Szenario (Tabelle 2.4) resultiert somit aus Annahmen zu technischen, strukturellen sowie gesellschaftli-chen Änderungen und basiert im Wesentligesellschaftli-chen auf der UBA-Studie (UBA 2014a)18. Vor dem Hin-tergrund veränderter Methoden bei der nationalen Berichterstattung wurden jedoch bei der Ableitung des Transformationspfades hin zu dem dargestell-ten Ziel szenario „ÖKO-20 %“19 Vereinfachungen vorgenommen.

17 Entsprechend der Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V..

18 Die Ausführungen basieren auf dem Sachverständigengutachten des Thünen-Insti-tuts für das Umweltbundesamt (Osterburg, Kätsch und Wolff 2013b).

19 Es wird eine Ausdehnung des ökologischen Landbaus auf 20 % der landwirtschaft-lich genutzten Fläche bis 2050 angenommen.

Bis 2030 können die Tierbestände lediglich in gerin-gem Umfang verkleinert werden. Danach wird, auch aufgrund geänderter Ernährungsgewohnheiten, ein kontinuierlicher Rückgang der Tierbestände bis 2050 realisiert20. Durch die Abnahme der Tierbestände entstehen weniger Emissionen aus der Verdauung von Wiederkäuern sowie aus geringeren Mengen an anfallendem Wirtschaftsdünger. Zur Reduktion der Emissionen aus dem Wirtschaftsdüngermanagement trägt auch bei, dass ab 2030 alle Gärrestlager abge-deckt sind und bis 2050 alle erfassbaren Wirtschafts-dünger in Biogasanlagen vergoren werden. Aufgrund von Nutzungskonkurrenzen um Anbauflächen und negativen Umweltwirkungen (vgl. UBA 2013) werden im GreenEe-Szenario ab 2030 keine Energiepflanzen mehr in Biogasanlagen eingesetzt, sodass die dadurch entstehenden Emissionen schnell zurückgehen.

Trotz einer leichten Zunahme der Harnstoffausbrin-gung und damit einhergehenden CO2-Emissionen21, wird durch einen reduzierten Mineraldüngereinsatz und eine gesteigerte Stickstoffeffizienz der Stick-stoff-Gesamtüberschuss auf maximal 50 kg N pro ha bis 2030 gesenkt, wodurch vor allem direkte und indirekte N2O-Emissionen verringert werden. Eine

20 Bis zum Jahr 2050 keine Mutterkühe, Bullen- und Färsenmast, Schafe minus 50 %, im konventionellen Landbau zusätzlich Milchkuhbestand minus 38 %, Schweinebe-stand minus 11 % (UBA 2014a).

21 Die CO2-Emissionen aus der Harnstoffausbringung wurden in der UBA-Studie noch nicht berücksichtigt (UBA 2014a).

Tab. 2.4

Übersicht zur Emissionsentwicklung im Bereich Landwirtschaft (CO2Äq)*

Landwirtschaft 1990 2010 bis 2030 bis 2040 bis 2050

Böden 27.983.280 24.050.979 21.134.364 19.451.408 17.756.203

Verdauung 34.651.920 24.645.469 20.811.250 15.307.853 9.804.455

Wirtschaftsdüngermanagement 13.158.300 10.274.520 6.250.577 3.359.778 1.534.148

Kalkung 1.424.790 1.698.047 1.500.000 1.500.000 1.500.000

Harnstoffausbringung 479.600 587.408 639.027 664.836 690.645

Sonstiges (Gärreste aus

NaWa-Ro-Biogas) 390 1.052.329 181.703 0 0

Summe 77.698.290 62.308.753 50.516.921 40.283.875 31.285.451

Veränderung ggü. 1990 ­35,0 % ­48,2 % ­59,7 %

* Die Daten für 1990 und 2010 entstammen der nationalen Emissionsberichterstattung 2016. Quelle: Modellberechnungen

weitere Treibhausgasminderung erfolgt durch die verringerte Düngemittelproduktion22.

Es wird angenommen, dass weiterhin Kalk auf landwirtschaftlichen Flächen sowie im Forstbereich angewendet wird, um den pH-Wert der Böden zu stabilisieren und die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten.

Aus der Kalkung entstehen jährlich Emissionen in Höhe von ca. 1,5 Mio. t CO2.

Insgesamt werden die Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft in dem Szenario um mehr als die Hälfte gegenüber 1990 gesenkt. Während bis 2030 eine Minderung von 35 % erreicht wird, beträgt sie 2040 bereits rund 50 %.

Durch landwirtschaftlich verursachte Landnutzungs-änderungen, wie die Entwässerung von Moorböden oder den Umbruch von Grünland, entstehen zusätz-liche Emissionen, die aber nicht der Landwirtschaft, sondern gemäß der Klimaberichterstattung der Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forst-wirtschaft (LULUCF) zugerechnet werden. In der Kategorie LULUCF werden alle anthropogen verur-sachten Emissionen und Senken von Treibhausgasen mit Landbezug behandelt – neben Ackerland auch Wald, Grünland, Feuchtgebiete, Siedlungsflächen und sonstige Flächen.

Die bisherige Emissionsentwicklung ist von einer fortwährend abnehmenden Netto-Kohlenstoff-speicherung im Wald sowie von hohen Emissionen der organischen Böden des Acker- und Grünlands geprägt. Wegen der weiterhin hohen

Kohlenstoff-22 Die daraus resultierenden Emissionen werden der chemischen Industrie zugerech-net.

senke des Waldes von rund -58 Mio. t CO2Äq in 2010, ist LULUCF insgesamt netto noch eine Kohlenstoff-senke (UBA 2016e).

Ohne weitere Maßnahmen ist allerdings zu erwar-ten, dass die Netto-Kohlenstoffeinspeicherung im Wald stark nachlässt (oder sogar so viel Kohlenstoff freigesetzt wird, dass der Wald zur Emissionsquelle wird) (Bundesregierung 2017g) und die Emissionen der anderen Landnutzungsaktivitäten ähnlich hoch bleiben. Die wirksamsten Klimaschutzmaßnahmen sind deswegen diejenigen, die Moorböden restaurie-ren und Waldbiomasse weiter anreichern.

Rund 5 Prozent der in Deutschland landwirtschaft-lich genutzten Fläche findet auf trockengelegten Mooren statt (UBA 2016e). Als wirksame Klima-schutzmaßnahme wird entsprechend davon aus-gegangen, dass 5 Prozent dieser Fläche jährlich ab 2020 restauriert werden, mit dem Ziel, 2050 lediglich circa 180.000 ha siedlungs- und infrastrukturnahe ehemalige Moorflächen zu nutzen. Hierdurch sinken die Treibhausgasemissionen ab 2040 auf 4 Mio. t. Die daraus entstehenden erheblichen Einschränkungen für die landwirtschaftliche Produktion werden durch eine Abnahme der Tierbestände berücksichtigt.

Um Moore entsprechend zu renaturieren und zu erhalten, werden bis 2050 Torfprodukte schrittweise vollständig durch alternative Substrate ersetzt und damit der Torfabbau gestoppt.

Um den weiteren Druck auf die land- und forstwirt-schaftlich genutzten Flächen zu minimieren, sinkt die Flächenneuinanspruchnahme durch Siedlung und Verkehr schrittweise auf etwa 20 ha pro Tag in 2030 und sinkt bis 2050 netto auf 0 ha. Die bereits

umgewandelten Flächen auf organischen Böden emittieren in 2050 weiterhin 2,5 Mio. t CO2Äq.

Die Annahmen zum Erhalt des Waldes als Netto-Koh-lenstoffsenke orientieren sich im Wesentlichen an dem aktuellen „Naturschutzszenario“ des Modells für Waldentwicklung und Holzaufkommen (WEHAM)23. Entsprechend verlängern sich insbesondere die Um-triebszeiten in Laubholzmischbeständen und die ungenutzte Waldfläche wird von 4,2 %24 auf 6,9 % erhöht. Gleichzeitig werden Waldbestände, die nicht einer natürlichen potenziellen Vegetation entsprechen (überwiegend Nadelholzbestände) aktiv umgebaut, was zunächst zu einer intensiveren Waldnutzung führt.

Durch diese Maßnahmen wird davon ausgegangen, dass insgesamt das Holzaufkommen verringert wird, wodurch der Holzproduktspeicher abnimmt. Auf-grund des Verbots bestimmter Holzschutzmittel im Außenbereich wird jedoch angenommen, dass einige Holzverwendungen im Außenbereich durch andere Materialien substituiert werden (bspw. bei Masten, Eisenbahnschwellen, etc.). Ferner wird die direkte energetische Nutzung von Holz durch eine verstärkte Kaskadennutzung weitgehend reduziert. Die energe-tische Nutzung von Waldrestholz sinkt bis 2050 auf

23 Durchschnittswerte nach (Rüter, Stürmer und Dunger 2017c).

24 Formal geschützte und sonstige ungenutzte Waldflächen.

Null. Hierdurch steht dem verringerten Holzaufkom-men auch ein verringerter Holzbedarf entgegen25. Tabelle 2.5 stellt die Entwicklung der LULUCF- Emissionen bis 2050 in Tonnen CO2Äq dar. Die Summe ohne Wald wird separat dargestellt, um den Abbau der Emissionen ohne Kohlenstoffsenke sowie die Sockelemissionen hervorzuheben. Insgesamt können die Emissionen um mehr als 85 % gegen-über 1990 reduziert und gleichzeitig der Wald als relevante Kohlenstoffsenke erhalten werden.

Neben ihrem jeweiligen Beitrag zum Klimaschutz tragen die beschriebenen Maßnahmen in den Berei-chen Landwirtschaft und LULUCF auch erheblich zur Ressourcenschonung bei. Zu nennen sind hier insbesondere einerseits der abnehmende Bedarf der landwirtschaftlichen Produktion in Bezug auf Flä-che, Nährstoffen, Wasser und Biomasse (v. a. durch Reduktion des Futtermittelbedarfs und Einstellung der energetischen Nutzung von Anbaubiomasse) und andererseits die positiven Effekte der reduzierten Nährstoffüberschüsse auf die Schutzgüter Wasser, Luft und Boden sowie Biodiversität.

25 Die starke Abnahme der energetischen Nutzung von Holz und deren Wirkung auf den Holzbedarf konnten in dieser Studie nur qualitativ betrachtet werden.

Es kann keine eindeutige Aussage darüber getroffen werden, ob ein reduziertes Holzaufkommen gänzlich ausgeglichen werden kann oder ob sich dieses möglicher-weise auf das Einfuhr-Ausfuhr-Verhältnis auswirkt.

Tab. 2.5

Übersicht zur Emissionsentwicklung im Bereich LULUCF (CO2Äq)

LULUCF 1990 2010 bis 2030 bis 2040 bis 2050

Acker und Grünland

(Wiedervernässung Moorböden) 39.054.000 38.088.000 19.044.000 4.000.000 4.000.000

Torfabbau 4.128.000 4.074.000 1.019 0 0

Siedlungsfläche 1.886.000 3.267.000 3.011.333 2.840.889 2.500.000

Summe ohne Wald 45.068.000 45.429.000 22.056.352 6.840.889 6.500.000

Veränderung ggü. 1990 0,8 % -53,5 % -83,7 % -85,6 %

Wald* -75.288.000 -57.995.000 -32.000.000 -30.000.000 -35.000.000

Holzprodukte (HWP) -1.330.000 -4.066.000 2.500.000 2.000.000 2.500.000 Summe mit Wald & HWP -31.550.000 -16.632.000 ­7.443.648 ­21.159.111 ­26.000.000

* Wald- und HWP-Werte abgeleitet von WEHAM-Ergebnissen dargestellt in (Rüter, Stürmer und Dunger 2017c). Quelle: Modellberechnungen