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2.2 Einparametrige nichtlineare Gleichungen

2.2.1 Lösungsexistenz und Umkehrpunkte

Zunächst werden Probleme, die durch eine feste Parametrisierung nachλ ent-stehen, betrachtet. Dies sei an einem kurzen Beispiel erläutert.

Beispiel 2.2.1. Sei F:R×R→R gegeben mit F(u, λ) = u2+λ−1.

Es ist leicht zu sehen, dass die Lösungsmenge vonF(u, λ) = 0als einparamet-rige Lösungskurve

c: (

R →R2

s 7→(s,−s2+ 1)T

angegeben werden kann. Im Punkt (0,1) lässt sich der Satz über implizite Funktionen nicht anwenden, da die notwendige Bedingung der Regularität von DuF(u, λ) = 2unicht erfüllt ist. Somit lässt sich die Lösung also nicht bezüglich λ fortsetzen. Obwohl also eine Lösungskurve existiert, lässt sich ihre Existenz auf die bisher betrachtete Weise nicht nachweisen.

Punkte, in denen die Kurve c bzgl. einer Variable ein Verhalten wie in Beispiel 2.2.1 gegenüber λ aufweist, werden als Umkehrpunkte (genauer λ -Umkehrpunkte) bezeichnet, [67, 13, 17, 60] und sind wie folgt deniert:

Denition 2.2.2. Eine Lösung (u0, λ0) von F(u, λ) = 0 mit (i) Rang([DuF(u0, λ0),DλF(u0, λ0)]) =n

(ii) DuF(u0, λ0) ist singulär heiÿt Umkehrpunkt.

Man beachte, dass sich die grundlegenden Eigenschaften der Lösungskurve c aus Beispiel 2.2.1 im Umkehrpunkt (0,1)nicht ändern: sie bleibt eine die-renzierbare einparametrige Mannigfaltigkeit. Ein Umkehrpunkt und die damit auftretenden Probleme entstehen allein durch den Versuch einer Parametrisie-rung bezüglich des Parameters λ.

Umkehrpunkte, wie sie in Beispiel 2.2.1 auftreten, lassen darauf schlieÿen, dass die ursprüngliche Gleichung für einen festen Parameter λ mehrere Lö-sungen u besitzt, von denen zwei in einem Umkehrpunkt zusammen laufen.

Es lässt sich also auch abseits des Umkehrpunktes für gewisse λ keine globale Zuordnung λ 7→u(λ)treen.

Da man üblicherweise an der Beschreibung des Zusammenhangs zwischen λ und u interessiert ist, entstehen durch Umkehrpunkte Probleme bei der nu-merischen Berechnung der Lösungskurve von F(u, λ) = 0. Eine einfache und naheliegende Möglichkeit eine solche Berechnung durchzuführen ist ausgehend von einer Lösung (u0, λ0) den Parameter λ stückweise zu erhöhren und dann das nichtlineare Gleichungssystem bezüglich u zu lösen. In Abbildung 2.1 ist diese Methode für Beispiel 2.2.1 skizziert. Man erkennt leicht, dass ein Um-kehrpunkt die vollständige Analyse der Lösungskurve unmöglich macht, da das Verhalten der Kurve im Umkehrpunkt nicht erfasst wird.

Um solche Probleme in den Gri zu bekommen, kann ausgenutzt werden, dass die Matrix [DuF(u0, λ0),DλF(u0, λ0)] bei vollem Zeilenrang stets eine invertierbare n× n-Untermatrix enthält. Daher existiert immer eine Raum-dimension bezüglich der die Lösungskurve parametrisiert werden kann, [49].

Eine Möglichkeit das Problem der Umkehrpunkte zu umgehen die ohne Um-parametrisierung auskommt besteht darin, das Problem mittels x= (uT, λ)T zu

F(x) :=F(u, λ) = 0 (2.11)

umzuformulieren. Für F deniert man die Regularitätsmenge R(F) :={x∈Ω :Rang(DF(x)) =n}.

c(s) = (s,−s2+ 1)

λ u

St¨uckweises Erh¨ohen vonλ

L¨osen des Gleichungssystems (u0, λ0)

0 1

Abbildung 2.1: Schrittweises Berechnen der Lösung von F(u, λ) = 0 aus Bei-spiel 2.2.1

Die Eigenschaft Rang(DF(x)) = n stellt eine Verallgemeinerung von (2.5) dar, da nicht mehr die Regularität der Ableitung bezüglich u gefordert wird.

Stattdessen ist ausreichend, dass die JacobimatrixDF(x) eine regulären×n Untermatrix enthält.

Die Menge R(F) ist oen. Ein Beweis dafür ndet sich zum Beispiel in [2]

und basiert auf der Stetigkeit von DF(x) und dem Umstand, dass x genau dann inR(F)liegt, wenn det(DF(x)DF(x)T)6= 0 gilt.

Aussagen über die Existenz einer Lösungskurve in einem Punktx0 ∈ R(F) mit F(x0) = 0 nden sich zum Beispiel in [49, 57] oder [60]. Für die in Ka-pitel 6 entwickelte Reduktion werden jedoch genauere Aussagen als die gene-relle Existenz einer Lösungskurve benötigt. Durch die Verallgemeinerung der Parameter muss die Kurve nicht mehr notwendigerweise bezüglich einer fe-sten Raumrichtung parametrisiert werden. Dies führt auÿerdem dazu, dass die Norm der Inversen wie in Satz 2.1.2 nicht mehr als ausschlaggebende Gröÿe verwendet werden kann und stattdessen die Singulärwerte vonDF herangezo-gen werden.

Der folgende Satz gibt nun an, unter welchen Bedingungen und wie weit sich eine bekannte Lösung bezüglich einer gegebenen Raumrichtung fortsetzen lässt und dient als wichtiges Werkzeug für die in Kapitel 6 geführten Existenz-beweise.

Satz 2.2.3. Sei für F ∈ C1(Ω,Rn) mit oenem Ω ⊂ Rn+1 und x0 ∈ R(F) zwei Konstanten c0 und c1 gegeben, sodass für den kleinsten und gröÿten

Sin-gulärwert σn bzw. σ1 in DF(x0) die Abschätzungen σn−1 ≤c0, sowie σ1 ≤c1

gelten. Seien zudem zwei normierte Vektoren T(x0) ∈ Kern(DF(x0)) und r, sowie eine Konstante c2 >0 mit

hT(x0),ri ≥c2

gegeben. Weiterhin sei Y eine Matrix, deren Spalten eine Orthornormalbasis von R(r) enthalten.

Sei β >0 so gewählt, sodass mit M := √

2 max(c0c−12 ,1 +c0c−12 c1) für all x∈B(x0;β)

kDF(x)−DF(x0)k ≤ 1 2M gilt und die Konstanten α und β über

α:= β 2√

2M, und δ := β 2√

2M deniert. Gilt dann

kF(x0)k ≤δ,

dann existiert eine eindeutige C1-Funktion g : B(0;α) → B(0;β), sodass für die C1-Funktion

c:

(B(0;α) →Rn+1

s 7→x0+sr+Yg(s) und für alle s∈B(0;α)

F(c(s)) =0 gilt.

Beweis. Ziel ist es, den Satz über implizite Funktionen (Satz 2.1.2) auf die Funktion

G:

(Y ×S →Rn,

(y, s) 7→F(x0+sr+Yy)

anzuwenden. Dabei sollen Y und S oen sein und stets x0 +sr+Yy ∈ Ω gelten. Es muss nun zunächst der Wert kDyG(0,0)−1k abgeschätzt werden.

Dazu sei zunächst festgehalten, dass für DF

σn= min

kuk=1,u⊥Kern(DF(x0))kDF(x0)uk= min

kuk=1,u⊥T(x0)kDF(x0)uk

gilt.

Sei nun σnG der kleinste Singulärwert von DyG(0,0), sowie P(x0) und P(x0) die orthognalen Projektoren auf R(T(x0)) bzw. dessen Orthogonal-raum, dann gilt

Die letzte Gleichung ergibt sich daraus, dass für zweik−1-dimensionale Unter-räumeU und V des Rk mit dazu jeweiligen senkrechten normierten Vektoren nU und nV für den orthogonalen Projektor PV auf V die Gleichung

min

kuk=1,u∈UkPVuk=hnU,nVi gilt.

Für die Norm der Inversen ergibt sich so kDyG(0,0)−1k= (σnG)−1 ≤c0c−12 =:cG0 Für die AbleitungDsG(0,0) erhält man direkt

kDsG(0,0)k=kDF(x0)rk ≤σ1krk ≤c1.

2M) auch die Bedingung kG(0,0)k=kF(x0)k ≤δ

erfüllt. Nach Satz 2.1.2 existiert jetzt für α =β/(2√

2M) eine eindeutige C1 -Funktion g:B(0;α)→B(0;β), sodass für alle s∈B(0;α)

G(g(s), s) = 0

gilt. Setzt man nun c(s) :=x0+sr+Yg(s)ergibt sich die gesuchte Funktion.

Bemerkung 2.2.4. Analog zu Korollar 2.1.4 wird die Konstante α des vor-herigen Satzes für den Fall, dass F(x0) =0 gilt zu

α:= β 2M.

Bemerkung 2.2.5. Die Lösungskurve aus dem vorherigen Satz existiert für den Fall, dass c(α)∈ R(F) gilt, natürlich über das durch das Lemma gesicher-te Ingesicher-tervall B(0;α) hinaus, nur muss die Parametrisierung für den weiteren Verlauf der Lösungskurve angepasst werden, um die Lösung fortzusetzen.

Aus diesem Grund benötigt man zur globalen Beschreibung der Kurve eine gemeinsame Parametrisierung. Hierfür hat es ich als günstig erwiesen, die Bogenlänge zu verwenden. Auf diese Weise lässt sich die Lösungskurve für ein oenes, die Null enthaltendes Intervall S ⊂ R als stetig dierenzierbare Abbildung

c:S →Rn+1 mit kc0(s)k= 1, s∈S darstellen.