• Keine Ergebnisse gefunden

Kulturpolitischer Diskurs und Kommunikation

Im Dokument Kulturentwicklungsplan Wiesbaden (Seite 35-39)

Im Vergleich mit anderen Städten ist der öffentliche Diskurs über kulturpolitische Themen in Wiesbaden stark ausgeprägt, wenn auch derzeit nicht von tief-greifenden Auseinandersetzungen bestimmt. Partiell wird dieser Diskurs durchaus kontrovers geführt, aber über den Dissens bei einzelnen Fragen oder Forderun-gen ist ein Bewusstsein von Kulturpolitik als einem kommunalen Handlungsfeld wahrnehmbar, für das es sich zu streiten lohnt. Diese Aussage wird durch die Erfahrungen bei der Kommunikation der Kulturent-wicklungsplanung bestätigt. Kulturpolitische Diskussi-onen werden auch durch die Tagespresse publizistisch aufgenommen, begleitet und kommentiert. Beteiligte dieses Diskurses sind neben Rat und Kulturausschuss sowie Kulturverwaltung in starkem Maße die Akteure der Zivilgesellschaft.

Eine zentrale Rolle für den kulturpolitischen Diskurs in Wiesbaden spielt neben dem Kulturausschuss der Stadtverordnetenversammlung das Kulturamt, dem die kommunalen Kultureinrichtungen Mauritius-Media-thek mit StadtbiblioMauritius-Media-thek, MusikbiblioMauritius-Media-thek und Medi-enzentrum, Stadtarchiv, Musikakademie, Literaturhaus, Kunsthaus und Caligari FilmBühne unmittelbar zuge-ordnet sind.53 Volkshochschule, Medienzentrum sowie Musik- und Kunstschule sind als eingetragene Vereine organisiert, das Stadtmuseum als Stiftung. Gegenüber diesen Instituten nimmt das Kulturamt die operative

städtische Steuerung wahr. Das Kulturamt ist auch die verantwortliche städtische Stelle für die Förderung freier, nicht-städtischer Kultureinrichtungen, -projek-te und -vereine. Durch diese Position ist das Kultur-amt nicht nur in nahezu alle kulturpolitischen Frage-stellungen und Projekte in Wiesbaden eingebunden, sondern trägt auch ein Höchstmaß an Verantwortung für das städtische Kulturangebot insgesamt. Von den Kultureinrichtungen und den Kulturakteuren – das ist ein Ergebnis der Workshops im Rahmen der Kulturent-wicklungsplanung – werden dem Kulturamt eine gro-ße Offenheit und starkes Engagement attestiert, auch für neue Initiativen. Mit dieser Wertschätzung ist aber zugleich auch ein hoher Erwartungsdruck verbunden, der sich auf zusätzliche Aufgaben und Leistungen des Kulturamtes bezieht.

Im Leitbild des Kulturamtes54 werden seine Vernet-zungsfunktion nach innen und außen, seine Fachkom-petenz und Qualität, die Bereitstellung der Infrastruk-tur, die Gewährleistung eines demokratischen Zugangs zum Kulturangebot, auch für sozial Benachteiligte, Kinder, Jugendliche und Seniorinnen und Senioren, sowie die Vermittlung und Moderation im Hinblick auf die Kulturschaffenden und andere Institutionen besonders hervor gehoben. „Das Kulturamt bietet in seinen Leistungen der kulturellen Grundvorsorge und der „Leuchttürme“ den Bürgern und Bürgerinnen Ge-staltungsräume und Identifikationsangebote. Das Kulturamt sorgt für die kreative und ideelle Grundver-sorgung der Bürgerinnen und Bürger.“ In Kooperation mit der Wiesbaden Marketing GmbH hat das Kultur-amt den Kulturpfad konzipiert, der in einer Kultur-App die Angebote von 31 Wiesbadener Kultureinrichtungen bündelt. Zusätzlich weisen QR-Codes des Wiesbadener Wegeleitsystems den direkten Weg zu den verschiede-nen Orten des Kulturpfades.

54 www.wiesbaden.de (Kultur, Kulturamt, Leitbild) 55 www.ak-stadtkultur.de

Vor dem Hintergrund angekündigter Kürzungen im Kulturhaushalt der Stadt Wiesbaden gründete sich im Jahr 2003 der Arbeitskreis Stadtkultur. Dem Arbeits-kreis gehören mittlerweile mehr als 30 freie Kultur-träger, -einrichtungen, -initiativen und -vereine an, als deren Interessenvertretung er sich versteht. Wesentli-che Themen sind die städtisWesentli-che Kulturentwicklung und eine gesicherte Kulturfinanzierung und -förderung. Der Arbeitskreis Stadtkultur hat in den vergangenen Jahren den kulturpolitischen Diskurs in Wiesbaden wesent-lich mitgestaltet. Dazu gehören die Forderungen nach einem Kulturentwicklungsplan sowie die Mitsprache der Betroffenen bei städtischen Entscheidungen. Der Arbeitskreis hat eine Reihe von Positionspapieren zu kulturpolitischen Themen erarbeitet, insbesondere im Zusammenhang mit den Haushaltsplanaufstellungen der Stadt, aber auch zu einzelnen kulturellen Projekten wie Stadtmuseum oder Walhalla Stellung bezogen. 55 Der Ausschuss für Kulturwirtschaft der Industrie- und Handelskammer Wiesbaden wurde im Jahr 2014 ge-gründet und hat sich in der Folgezeit für ein stärkeres Engagement der Stadt im Kulturbereich ausgespro-chen und die Rolle der Kultur für die wirtschaftliche und Stadtentwicklung unter anderem durch Stellung-nahmen und eigene Expertisen unterstrichen. Der Aus-schuss beschäftigt sich unter anderem mit der Verbes-serung der Rahmenbedingungen für die Kreativ- und Kulturwirtschaft in Wiesbaden. Er will die Sichtbarkeit der Kreativwirtschaft erhöhen und die Akteure unter-einander und mit anderen Netzwerken in Verbindung bringen.

Eine besondere Organisationsform und eine weitere Diskursplattform stellt der Wiesbadener Kulturbeirat dar, der als ein Partizipations-Modell für den Kultur-bereich verstanden werden kann. Dem Kulturbeirat,

der auf Grundlage eines Beschlusses der Stadtver-ordnetenversammlung eingerichtet und im Jahr 2018 seine Arbeit aufgenommen hat, gehören 25 Persönlich-keiten an, von denen 8 von den Fraktionen im Stadt-parlament benannt, 5 von Einrichtungen entsandt und 12 Kulturschaffende durch die Bürgerschaft gewählt werden. Aufgabe des Kulturbeirates ist die Begleitung der kulturpolitischen Meinungsbildung sowie die Posi-tionierung zu aktuellen Kulturthemen in Wiesbaden;

er kann Empfehlungen für den politischen Entschei-dungsprozess in den städtischen Körperschaften geben und selbst bestimmte Fragestellungen bearbeiten. Für die Begleitung seiner Arbeit, für tiefergehende Recher-chen, Vernetzung und Repräsentation, die strategische Weiterentwicklung und Evaluation sowie für Veran-staltungsplanung und -durchführung hat die Landes-hauptstadt Wiesbaden dem Beirat eine Geschäftsstelle mit drei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zur Verfü-gung gestellt. Der Kulturbeirat ist entsprechend seines Auftrags kein Gremium, das ausschließlich organisa-torische und kommunikative Aufgaben wahrnimmt. Er soll auch fachlich-konzeptionelle Beiträge zur Wiesba-dener Kulturentwicklung leisten.

Mit seinen 25 Mitgliedern ist der Kulturbeirat ver-gleichsweise groß. Die beteiligten Stadtverordneten, die in der Regel auch dem Kulturausschuss angehören, nehmen dadurch eine Doppelrolle ein. Als Mitglieder des Beirats wirken sie mit an kulturpolitischen Emp-fehlungen oder Beschlüssen, die an die politischen

Gremien der Stadt adressiert sind, in die sie gewählt sind; andererseits präjudizieren konsensuale Be-schlusslagen im Kulturbeirat nicht zwingend entspre-chende politische Entscheidungen durch die Fraktionen in der Stadtverordnetenversammlung. Ebenso sind die von den Einrichtungen entsandten Mitglieder des Bei-rats in der Regel durch die Verwaltungsstrukturen in kulturpolitische Kommunikations- und Entscheidungs-prozesse eingebunden. Eine Bewertung der Arbeit, der Wirksamkeit und der Strukturen des Kulturbeirates soll durch eine externe Evaluation erfolgen, deren Ergeb-nisse im Jahr 2021vorliegen sollen.

© Kulturbeirat Wiesbaden – Foto: Frank Meißner

3 Determinanten der Kulturentwicklungsplanung

Im Dokument Kulturentwicklungsplan Wiesbaden (Seite 35-39)