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Kulturlandschaft und Autobahn – mehr als ein gescheiterter Versuch

Im Dokument KULTURLANDSCHAFT AUTOBAHN (Seite 27-33)

Straßen geprägte Kulturlandschaften

Verkehrswege waren in der Geschichte der Mensch-heit immer strukturprägend, weil sie nicht nur das Erscheinungsbild im ländlichen Raum, sondern auch der Siedlungen gestalteten. An den Küsten und Flüssen waren natürliche oder künstliche Häfen die Voraussetzung für die Siedlungs- und spätere Stadtentwicklung, an denen Waren ein-und ausgeladen wurden ein-und Menschen die Ver-kehrsmittel wechselten. Auf dem Lande waren es jene Punkte, an denen die Verkehrsmittel zum Halten kamen, Waren umgeschlagen, Pferde ge-wechselt wurden und Menschen übernachten mussten. Verkehrssystem und Siedlungsentwick-lung sind zwingend über raumzeitliche Beziehun-gen, die Geschwindigkeiten, miteinander verknüpft.

Wo Energie für die Fortbewegung zu ruhen hatte, konnte Energie für die Entwicklung und Erhaltung von Siedlungsstrukturen gewonnen und gehalten werden. An den End- und Schnittpunkten der Tagesreisen entstanden unsere heutigen Kreis- oder Bezirksstädte. Aus der natürlichen entstand so

zwischen der Straße und ihrer Umgebung musste an jeder Stelle neu gesucht und gefunden werden.

Mit dazu gehört auch die Harmonie zwischen der Siedlung und den sie umgebenden agrarischen oder forstlichen Nutzungen. Die Arbeitsprozesse mussten dort stattfinden, wo Menschen und Res-sourcen waren. Denn Transporte waren teuer und nahezu alle Energie war solare. Der Reichtum der europäischen Kulturlandschaft an Vielfalt, Diver-sität und Unverwechselbarkeit ist das Erbe dieser Zeit.

Eisenbahn als Vorbild

Eisenbahnen waren die ersten mit fossiler Energie bewegten technischen Landverkehrsmittel, die auf eigenen, vom übrigen Geschehen getrennten Trassen hohe, jenseits der evolutionären Erfahrung liegende Geschwindigkeiten erreichten. Ein auf-wändiges Internes und Externes an Signalen, Verhaltensregeln, Vorschriften und Kontrollein-richtungen musste eingerichtet werden, um die Sicherheit zu gewährleisten. Eisenbahnen sind als geschlossenes System nur über kontrollierte Zu-gänge, Bahnhöfe, erreichbar (wo die Verkehrsmit-tel gewechselt werden), mit klar definierter Verantwortung, festgelegten Sicherheitsstandards und Betriebsbedingungen. Zwischen den Geraden und den Kreisbogen mussten Eisenbahningenieure einen Übergangsbogen in Form einer kubischen Parabel einschalten, um die Überhöhung der Au-ßengleise bei der Bogenfahrt unterzubringen und den Fahrkomfort weitgehend ruckfrei gestalten zu können. Die geringe Gleitreibung zwischen Rad und Schiene zwang zu technischen Höchstleistun-gen in schwieriHöchstleistun-gen topographischen Geländen, die später niemals wieder erreicht wurden. Das

Ergebnis waren nicht nur ingenieurmäßig beein-druckende Bauwerke, sondern ein Beitrag zur Kulturlandschaft, dem manche Bergstrecken das Prädikat Weltkulturerbeverdanken. Vorüberge-hend verloren die Straßen an Bedeutung, zumin-dest im bahnparallelen Fernverkehr; durchaus nicht von Nachteil für die Kulturlandschaft, blickt man auf das letzte Jahrhundert mit dem beschleu-nigten Straßenbau zurück.

Renaissance der Straßen durch das Auto und das Dilemma der Informationsverarbeitung

Das Auto, ein Ergebnis von Erfindergeist und Ge-werbe des 18. und 19. Jahrhunderts, wandelte sich im 20. Jahrhundert durch die Strategien eines Henry Ford zu einem erfolgreichen Konzernpro-dukt, für das passende Bewegungsflächen fehlten.

An mehr dachte man damals nicht. 1921 wurde die AVUS in Berlin gebaut, eine Art Vorläufer der späteren Autobahnen, um als Rennstrecke für den schnellen Autoverkehr genutzt zu werden. Die mit den Siedlungen und der Landschaft organisch ver-bundenen Wege und Straßen stellten für den mü-helosen und schnellen Autoverkehr ein Hindernis dar, das seine Entwicklung und Verbreitung eher behinderte als förderte. Die Autos hatten sich in das allgemeine Verkehrsgeschehen einzugliedern bzw. diesem noch unterzuordnen. Ab 1865 musste in England dem Kraftfahrzeug im öffentlichen Raum ein Mann mit roter Fahne vorausgehen.1 Es fehlten Erfahrungen mit dem neuen Verkehrs-mittel, das den Lenkern individuelle Geschwindig-keitsbereiche eröffnete, für die sie evolutionär nicht ausgestattet waren. Die Informationsmenge in dem vielfältigen Straßenbild von damals über-schritt die Möglichkeiten der hinter dem Steuer

sitzenden, zum Autofahrer gewordenen Fußgänger, um sie in verantwortliche Handlungen umzuset-zen. Die Informationsdichte war zu verringern, am besten, indem man alle anderen Verkehrsteilneh-mer aus dem Bewegungsraum der Autos entfernte.

Die Fahrbahnen als privilegierte Zonen für Autos wurden eingerichtet. Um die Informationsdichte bei höheren Geschwindigkeiten auf die begrenzten Verarbeitungsfähigkeiten der Lenker zu reduzie-ren, war mehr Exklusivität notwendig: die Auto-bahn – in Analogie zur EisenAuto-bahn, eine Anlage nur für den schnellen Autoverkehr.

Der Italiener Pietro Puricelli errichtete 1924 ein erstes Teilstück einer Autobahn zwischen Mailand und Varese, für alle zugänglich, aber gebühren-pflichtig. Dieses Projekt misslang, weil die Nach-frage wegen des geringen Fahrzeugbestandes den Erwartungen nicht entsprach. Aus und mit den Ideen Puricellis entstammt aber die Projektierung einer Autobahn von Hamburg nach Mailand, Hafabra(Hamburg-Frankfurt-Basel), die nach ähnlichen Prinzipien nur dem Autoverkehr vor-behalten war. Als man 1932 die erste öffentliche Autobahn Deutschlands zwischen Köln und Bonn eröffnete, ahnte man nichts von den Folgewirkun-gen, die diese Verkehrsanlagen in den nächsten Jahrzehnten auf verschiedenen Gebieten erzeugen werden und von denen traditionelle Verkehrspla-ner bis heute noch immer keine Ahnung haben.

Der primäre Zweck von Autobahnen war das ungehinderte Autofahren mit hoher Geschwindig-keit auf richtungsgetrennten Fahrbahnen ohne Kreuzungen. Spezielle Zu- und Abfahrten, schein-bar analog zu den Bahnhöfen, wurden vorgesehen.

Weil man aber weiter mit dem Auto in die Um-gebung eindringen konnte, wären Strukturverän-derungen, weit über jene der Bahn hinaus, zu bedenken gewesen. Im Unterschied zu den

Eisen-bahnen, welche die Ingenieure zwangen, die Bo-genfahrt sorgfältig zu projektieren, um mit den auftretenden Fliehkräften fertig zu werden, ging man bei der Anlage der Autobahnen relativ salopp vor. Denn als man die ersten errichtete, wusste man weder über die Wirkungen der Fahrbahn-breite auf das Fahrverhalten bzw. das richtige Maß der Fahrstreifen (die Eisenbahn nahm die Spur-weite von den Kutschen) Bescheid, noch hatte man brauchbare Übergangsbogen, um den Seitenruck beim Übergang von der Geraden in den Kreis-bogen zu mindern. Um dieses fahrdynamische Problem zu lösen, schaltete man einfach einen Kreisbogen mit doppeltem Radius vor, baute brei-tere Fahrstreifen und überließ es den Autofahrern, damit fertig zu werden. Erst in den 1950er und 1960er Jahren wurde durch die Klothoide der ste-tige Übergang von der Geraden zur Krümmung des Kreisbogens ermöglicht. Die überbreiten Fahr-streifen blieben – und mit jedem zusätzlichen ent-fernt man sich immer mehr von der Landschaft.

Der – gescheiterte – Versuch, Autobahnen und Kulturlandschaft zu harmonisieren

Bei der Planung und dem Bau der Reichsautobah-nen zeigte sich der Konflikt zwischen Autobahn und Kulturlandschaft zum ersten Mal deutlich.

Landschaftsschützer und Architekten verlangten eine an die Kulturlandschaft angepasste geschwun-gene Linienführung, Ingenieure verteidigten die langen Geraden, die Kreisbogen und setzen sich auch gegen die Vertreter der Interessen der Kultur-landschaft durch. Eine Umkehr der Werte: Quanti-tät vor QualiQuanti-tät. Die Vorzüge der Kulturlandschaft wurden dort genutzt, wo man sich Vorteile für das Autofahren erwartete. Die Richtungsfahrbahnen

waren zunächst nicht baulich getrennt, der Blick noch frei auf die Umgebung. Abgesehen von Ausnahmen, blieben die Bemühungen der Land-schaftsvertreter vor allem auf Detailausgestaltungen von Brücken begrenzt. Die bereits eingeschränkte Sichtweise der Naturwissenschaftler wurde durch die Ingenieure weiter verengt, die mit einfachen Formeln den Bau der Autobahnen vorantrieben und sie so zu einem Symbol für Fortschritt, Mobili-tät und Freiheitmachten. Ohne die Unterstützung totalitärer Systeme in Italien und Deutschland wäre diese Entwicklung vermutlich anders verlau-fen. Während man auf der Eisenbahn gefahren wird, also nicht selbst fährt, suggeriert bereits das Wort Auto (gr. selbst)-Bahn, dass man diese Anla-gen individuell benutzen kann. Diese Art von Selbstbedienung hat in der Folge ab 1933 das In-teresse der nach langfristigen und sicheren Aufträ-gen Ausschau haltenden Bauindustrie geweckt und ab den 1950er Jahren einen unglaublichen Bau-boom für Autobahnen ausgelöst. Wegen fehlender eigener Erfahrungen orientierte man sich an den USA, in der Annahme, deren Standardshätten so-lide Grundlagen.

Die Geschwindigkeit prägt die Trassierung, nicht mehr die Kulturlandschaft

Die Projektierung der Autobahnen richtete sich nach möglichst hohen Geschwindigkeiten, auf dem Glauben beruhend, man könne dadurch Zeit sparen. Diese aus der individuellen Erfahrung re-sultierende Extrapolation ist bedauerlicherweise ein Irrtum, weil höhere Fahrgeschwindigkeiten im System zwingend zu Wegverlängerung führen.

Was früher in der Nähe sein musste, mag nun in der Ferne liegen, weil man es in der gleichen Zeit erreichen kann. Die Folgen kennt man

mittler-weile: es ist möglich auf dem Lande zu wohnen und in der Stadt zu arbeiten; sichtbare Konse-quenz davon ist die flächenhafte Zersiedlung. Aber auch die Wirtschaft reagiert und konzentriert ihre Standorte immer mehr dort, wo man diese mit dem Auto gut erreichen kann, denn die Transport-kosten werden weitgehend von der Gesellschaft getragen. Hinzu kam die bis heute vorhandene Zwangsvorstellung eines endlos steigenden Mobili-tätsbedürfnisses, das es zu befriedigen galt, ohne nach dessen Ursache zu fragen. Der Mobilitätsbe-griff, der die Planung und Projektierung von Auto-bahnen treibt, beschreibt eine zwecklose Mobilität mit hohen Geschwindigkeiten auf einer Anlage, auf der sich weder Ausgangs- noch Zielpunkte der Fahrten und daher auch keine Zwecke der Reise befinden. Es wurde ein Teilsystem ohne Bedacht-nahme auf die Wirkungen im Gesamtsystem von Wirtschaft, Gesellschaft und Natur errichtet.

In der Kulturlandschaft entstanden Barrieren, Zer-schneidungen für alle anderen Mobilitätsformen.

Die nach dem Zweiten Weltkrieg lawinenartig zunehmende Motorisierung wurde durch den Bau von Autobahnen weiter angefacht und verdrängte oder erstickte alle anderen Formen der Mobilität.

Mit der Verwendung der Klothoide wäre die in der Zeit der Reichsautobahn gewünschte ge-schwungene Linienführung zur Anpassung an die Landschaft möglich, wurde aber bald durch die Forderungen nach hohen Durchflussmengen bei-seitegeschoben. Eine enge, sektoral ausgerichtete Ausbildung und Verwaltung erkannte die uner-wünschten Folgewirkungen der Autobahnen, wie beispielsweise die flächenhafte Zersiedlung der ehemaligen Kulturlandschaft, lange Zeit nicht.

Die Freiheit der Standortwahl wurde zum Slogan der internationalen Konzerne, um auf Kosten der öffentlichen Hand Gewinne zu erzielen.

Auto-bahnen als offene Systeme eignen sich dazu beson-ders. Die im Vergleich zum Wirtschaftswachstum schneller auswuchernden LKW-Kilometer sind ein Beleg dafür.

Die Rückseite der glänzenden Medaille Autobahn Die sprunghaft steigenden Unfallzahlen in den 1950er und 1960er Jahren führten zu ersten Ord-nungsmaßnahmen und einer Nachrüstung dieser Verkehrsanlagen mit baulichen Leiteinrichtungen, die schrittweise zu immer stärkeren und härteren Eingriffen in die Kulturlandschaft führten. Der einst freie Blick auf die Umgebung wird zuneh-mend durch Lärmschutzwände oder die Verlegung der Autobahn in Tunnel eingeschränkt. Statt einer Fahrt durch eine Kulturlandschaft bewegt man sich zunehmend in einem Kanal. Dafür tauchen entlang der Autobahnen insbesondere an den An-schlussstellen der Kulturlandschaft fremde Ele-mente einer schrillen, rücksichtslosen Werbung auf, die sich häufig mit einem flächenverzehrenden Industrieflachbau vermengen.

In den 1960er Jahren wird der Autobahnbau zu-nehmend durch quantitative Größen, hard facts, dominiert – selbst wenn sie so unsinnig und falsch sind wie Zeiteinsparungen aus Geschwindigkeit, die es im Verkehrssystem ebenso wenig gibt wie ein Mobilitätswachstum, definiert man Mobilität zweckbezogen. Kultur ist das Ergebnis von Quali-tät und nicht von QuantiQuali-tät. Die Autobahnen lösen sich immer mehr von der seltener werden-den Kulturlandschaft und werwerden-den durch die Zwangsmobilität der Benutzer immer mehr zum Instrument des Kapitals. Geld mal Geist ist eine Konstanteim Volksmund in der Weisheit Wer es nicht im Kopf hat, muss es in den Beinen haben

griffig erklärt, bewahrheitet sich auch hier. Die ers-ten Stauphänomene werden gerade dort sichtbar, wo die meisten Fahrstreifen angeboten werden – aber keiner erkennt die Ursachen, die in der An-lage selbst – und den menschlichen Eigenschaften – liegen. Die uralte evolutionäre Schicht, in der die Energie verrechnet wird, wurde durch die Be-quemlichkeit des Autos (sitzende Bewegung in Ruhe!) und unbehindertes Ausleben einer sonst unerreichbaren individuellen Geschwindigkeit auf Autobahnen wirksam. Eine paradoxe Situation:

Als man sich noch um die Kulturlandschaft be-mühte, konnte man so schnell fahren, dass man dafür keinen Blick hatte. Jetzt, wo man die planeri-schen Möglichkeiten für die Integration in die Landschaft hätte, ist man schon froh, auf den Au-tobahnen Augenblicke ohne Behinderungen durch andere Autofahrer zu erleben. Und steht man im Stau, ist der Blick auf die Kulturlandschaft durch Barrieren verstellt.

Ist Kulturlandschaft ein Produkt der geistigen Mobilität jener, die in der Auseinandersetzung mit der Natur harmonische Lösungen in ökonomi-scher, sozialer und ökologischer Hinsicht fanden – so bildet sie einen Eigenwert des jeweiligen Raumes, der ebenso wenig wie das Leben durch Geld allein erfassbar ist. Der Maßstab einer menschlichen Kulturlandschaft war und ist der Mensch. Der Maßstab der Autobahnen ist weder räumlich noch zeitlich ein menschlicher, son-dern jener der schnellen Fahrmaschinen in einem offenen System, die diesen Maßstab auch in die Umgebung tragen, dort ausufernde Industrieland-schaften und austauschbare Wohnsiedlungen erzeugen. Ihr positiver Beitrag zu einer Kultur-landschaft reduziert sich auf Sonderfälle. Ihre Abgas- und Lärmkorridore entwerten einstige Kul-turlandschaften als Lebens- und Erholungsräume.

1975, drei Jahre nach der Energiekrise, als die Grenzen des Wachstums2schon bekannt waren, wäre der Zeitpunkt zu einer Abkehr vom System Autobahn gewesen, gäbe es eine rationale und verantwortungsbewusste Verkehrspolitik und -wis-senschaft. Erst 40 Jahre danach wurde das Zentrum von Seoul wieder zur Kulturlandschaft, nachdem man dort die Autobahn, die täglich von über 220.000 Autos befahren wurde, abgetragen hatte.

Ein Vorbild für die Zukunft.

Kulturlandschaft berührt positiv; Kulturland-schaft durchschnitten von Autobahnen berührt auch – im Geiste des technologischen Fortschritts-glaubens des 19. Jahrhunderts vielleicht mit Be-wunderung –, aus dem Blick eines systemkundigen Betrachters eher mit erschütterndem Bedauern um die Verluste an intelligenteren Lösungen.

Anmerkungen

1 Ein Wunder – Der Einsturz der Kufsteiner Autobahnbrücke wurde von Experten seit langem prophezeit. In: Der Spiegel, Heft 30, 1990, S. 149 –150.

2Donella H. Meadows, Dennis L. Meadows, Jørgen Randers u.William W. BehrensIII: The Limits to Growth. New York 1972.

Wie aus Autobahn wieder Kulturlandschaft werden kann:

Seoul 2001 links und 2005 rechts

Die Straße als Symbol

Über die Bedeutung von Straßen ist bereits aus vielen Perspektiven reflektiert worden, nicht zu-letzt über ihr Verhältnis zur Landschaft und ihre Rolle als netzförmige Infrastruktur. Straßen, be-festigte Wege, gehören zu den ältesten menschlichen Bauwerken. Straßen sind Zeugnisse der Zivilisation.

Sie beziehen Räume aufeinander, sie verknüpfen Städte, überbrücken Flüsse und überwinden Gren-zen, sie erschließen Landschaften. […] Sie dienen der Ausbreitung von Ideen und Kulturtechniken.

Handel und Wirtschaft brauchen Straßen. Sie sind eine Voraussetzung der Kommunikation, des Aus-tausches zwischen Menschen, Völkern und Kulturen, Orten, Regionen und Staaten.1

Der große Stellenwert von Straßen wird allein schon durch den Sprachgebrauch deutlich. Der Wegfindet als Metapher für das Leben Verwen-dung, eine lange Reiseoder ein beschwerlicher Weg beziehen sich nicht nur auf eine konkrete Strecke, Sackgasse, Einbahnstraßeund Stauwerden eben-falls im übertragenen Sinne verwendet. Am deut-lichsten aber zeigt das Wort Er-fahrungdie Reichweite der Bedeutung von Fortbewegung und die Verbindung zum menschlichen Erleben.

Zu Beginn des Straßenzeitalters bestimmte vor allem die eigene menschliche Leistungsfähigkeit die Fortbewegung. Das Zu-Fuß-Gehen hat über Jahrtausende die Vorstellung von Zeit und Raum und das Verhältnis von Mensch und Umwelt ge-prägt.2Später vereinfachten der Einsatz von Tieren und dann das Rad den Transport von Waren und ermöglichte eine höhere Reisegeschwindigkeit. Ein Wendepunkt in der Form der Fortbewegungsmit-tel war die Entwicklung der Dampfmaschine, die zunächst ihre Kraft über die Schiene in Bewegung umsetzte. So wurden immer neue Möglichkeiten gefunden, Reise und Transport zu vereinfachen und zu beschleunigen, Verkehrswege wurden ver-bessert und aus der Dampfmaschine wurde das Automobil, mit dem Berta Benz im Jahre 1888 ihre erste Fernfahrt unternahm.

In der Konsequenz verlangte das Auto als neue Errungenschaft der Fortbewegungstechnik nach einem adäquaten Zuhause. Die Straße musste sich den höher werdenden Geschwindigkeiten anpas-sen, die Folge war eine Trennung der Wege für langsamere und schnellere Fahrzeuge und somit auch ein Verlust der Kommunikationsfunktion.

Die Straße erfüllt in erster Linie die Aufgabe, den Menschen das Mobil-Sein zu erleichtern. Sie ist

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