• Keine Ergebnisse gefunden

KULTURELLE ÖKOSYSTEMLEISTUNGEN IN WERT SETZEN: VON IMMATERIELLEN NUTZEN PROFITIEREN

LOHNEN SICH

LANDNUTZUNG UND GEWÄSSERSCHUTZ IN EINKLANG BRINGEN

2.4 KULTURELLE ÖKOSYSTEMLEISTUNGEN IN WERT SETZEN: VON IMMATERIELLEN NUTZEN PROFITIEREN

-> Kulturelle Ökosystemleistungen umfassen alle Formen des im-materiellen Nutzens, die dem Menschen aus seiner natürlichen Um-gebung entstehen (vgl. MA, 2005). Diese Formen des immateriellen Nutzens können laut Naturkapital Deutschland – TEEB DE (2012) (sie-he auch Naturkapital Deutschland – TEEB-DE, 2015, auf Basis Haines-Young und Potschin, 2013) vier verschiedenen Kategorien zugeordnet werden:

1. Erholung und Gesundheit – naturnahe Landschaften, Freiräume und Grünflächen besitzen eine wesentliche Bedeutung für die Erholung und die menschliche Gesundheit.

2. Inspiration und Ästhetik – die Freude beim Betrachten der Natur ist Teil unserer Kultur, ebenso wie die Bezugnahme auf die Natur in der Kunst. Insbesondere »Wildnis« hat für die Deutschen eine besondere Bedeutung: Zwei Drittel der Bürgerinnen und Bürger gefällt Natur umso besser, je wilder sie ist (BMUB und BfN, 2014).

3. Vertrautheit und Heimat – das Gefühl von Heimat und die Identi-fikation mit der Region sind oft mit dem Erleben vertrauter Landschaften sowie regional-typischen Tier- und Pflanzenarten sowie Nutztierrassen und Kulturpflanzen verbunden.

4. Bildung, Wissenschaft und Forschung – die Natur liefert eine Vielzahl an Vorbildern und Ausgangsstoffen für Anwendungen in Technik, Medizin, Pharmakologie und Nahrungsmittel-produktion.

Die in Deutschland anzutreffenden Landschaften sind ganz über-wiegend Kulturlandschaften. In diesen Landschaften entstehen kultu-relle Ökosystemleistungen aus dem Zusammenspiel von natürlichen Elementen und Prozessen einerseits, wie beispielsweise sich verän-dernden Auenlandschaften, und menschlichen Aktivitäten anderer-seits, wie beispielsweise dem Streuobstanbau und der Beweidung mit Rindern und Schafen. Typische Beispiele sind die Lüneburger Heide oder das Erzgebirge.

Kulturelle Ökosystemleistungen haben eine wesentliche Bedeutung für das menschliche Wohlergehen. Der Schutz der Natur ist für die Mehrheit der Deutschen von großer Bedeutung, weil die Natur für die Gesundheit und Erholung wichtig ist. Dort kann der Mensch Schön-heit, Eigenart und Vielfalt erleben; und die Natur wird für ein erfülltes Leben als notwendig angesehen – dies bestätigt die repräsentative Naturbewusstseinsstudie für 2015 (BMUB und BfN, 2015). Die meisten Bürgerinnen und Bürger sprechen auch zukünftigen Generationen ein

ABBILDUNG 24 Kulturlandschaft Lüneburger Heide.

(Foto: Gabi Stein, pixabay.com)

56 ÖKOSYSTEMLEISTUNGEN IN LÄNDLICHEN RÄUMEN

Recht auf eine intakte Natur zu (67 % der Befragten »voll und ganz«, weitere 29 % »eher«, siehe BMU und BfN, 2012). Ein Großteil der Be-fragten fühlt sich mit der Natur und Landschaft der eigenen Region eng verbunden (85 % der Befragten, davon 49 % »voll und ganz«, wei-tere 36 % »eher«, siehe BMUB und BfN, 2016) und ärgert sich darüber, wenn Mitmenschen sorglos mit ihr umgehen (83 % der Befragten, da-von 47 % »voll und ganz«, weitere 36 % »eher«, siehe BMUB und BfN, 2016). Entsprechende Ergebnisse zeigen auch empirische Erhebungen im Schwarzwald, in der Schwäbischen Alb, der Lausitz und der Hohe Tauern (Österreich), bei denen Bürgerinnen und Bürger nach den aus ihrer Sicht wichtigsten Beiträgen der lokalen Landschaft zu ihrem Wohlergehen befragt wurden (Bieling et al., 2014).

Es liegen einige monetäre Bewertungen des Nutzens kultureller Ökosystemleistungen vor. Die bestehenden Studien geben Hinweise auf die große, auch volkswirtschaftliche Bedeutung dieser Leistun-gen: Für den Aufenthalt in der Region Eibenstock-Carlsfeld im sächsi-schen Westerzgebirge, für dessen ästhetische Landschaftswahrneh-mung die Besucher vor allem das harmonische Zusammenspiel der natur nahen Landschaftselemente Wald und Gewässer benannten, errechneten Grunewald et al. (2012) eine Aufwendung an Reisekosten von ca. 5,5 Mio. Euro/Jahr für alle Touristen in dieser Region. Eine dar-über hinausgehende Zahlungsbereitschaft der Erholungssuchenden für den Schutz und die Entwicklung der Natur lag bei 170.000 Euro/

Jahr. Derartige Zahlungsbereitschaften wurden nicht nur für Land-schaften mit besonderer Eigenart ermittelt, sondern auch für die

»Normallandschaft«, bspw. Wald in der regionalen Umgebung des jeweiligen Wohnortes. Die Zahlungsbereitschaft für die Erholung in einem wohnortnahen Wald liegen hochgerechnet auf alle Einwohner Deutschlands über 14 Jahren bei 1,9 Mrd. Euro/Jahr (Elsasser und Weller, 2013).

Kulturelle Ökosystemleistungen sind darüber hinaus mit erheblichen wirtschaftlichen Umsätzen verbunden. Auch hierin zeigt sich ihr Wert für die Gesellschaft. Arlinghaus (2004) schätzt die gesamten di-rekten und indidi-rekten Einkommenswirkungen der Freizeitfischerei in Deutschland auf mindestens 6,4 Mrd. Euro/Jahr. Der Umsatz der Out-door-Branche betrug 2012 928 Mio. Euro (Statista, 2015).

In entwickelten Volkswirtschaften wie Deutschland ist zudem davon auszugehen, dass die Bedeutung von kulturellen Ökosystemleistungen für das Wohlergehen der Menschen in den nächsten Jahrzehnten so-gar noch weiter zunehmen wird. Milcu et al. (2013) konstatieren ein zunehmendes Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürger dafür, dass sich kulturelle Ökosystemleistungen nur schwer ersetzen lassen. Und nicht zuletzt spielen kulturelle Ökosystemleistungen eine wichtige Rolle bei der Erfahrung von Natur und Landschaft – insbesondere im

Kindes- und Jugendalter: Sie prägen das Wahrnehmen der Natur und die Einstellungen zum Naturschutz.

Darüber hinaus können durch geeignete Managementmaßnahmen Synergieeffekte zwischen kulturellen Ökosystemleistungen und Regulierungs- und Versorgungsleistungen ausgenutzt werden. Bei-spiele: Renaturierungen von Feuchtgebieten und Flussauen sind so-wohl förderlich für das Grundwasserdargebot und die Regulierung von Hochwasserereignissen wie auch für die Entwicklung eines ab-wechslungsreichen und naturnahen Landschaftsbildes als Grundlage für viele kulturelle Ökosystemleistungen; ein naturschutzorientierter Ökolandbau produziert Nahrungsmittel und stellt durch das Zulassen von Ackerwildkräutern einen abwechslungsreichen Blühaspekt dar;

und eine Wiedervernässung von Mooren trägt zum Klimaschutz bei und erhält gleichzeitig regional charakteristische Landschaften.

Um den vielfältigen Nutzen der Natur für die Menschen zu sichern und zu mehren, sollten somit auch Landschaften und Landschafts-elemente mit Bedeutung für kulturelle Ökosystemleistungen erhalten, entwickelt bzw. wiederhergestellt werden. Geeignete Maß nahmen

ABBILDUNG 25 Kulturlandschaft zwischen Tuttlingen und Sigma-ringen mit Bedeutung für Erholung, Inspiration und Ästhetik sowie Vertrautheit und Heimat.

(Foto: Rainer Sturm / pixelio.de)

58 ÖKOSYSTEMLEISTUNGEN IN LÄNDLICHEN RÄUMEN

2.5 IN GROSSSCHUTZGEBIETE BZW. »NATIONALE NATURLANDSCHAFTEN« INVESTIEREN: