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3.2 Kronendimension

3.2.2 Kronenlänge

In vertikaler Hinsicht erstreckt sich die Krone vom Kronenansatz bis zur Baumspitze (Kronenlänge). Oft werden auch relative Größen wie der Bekronungsgrad (oder

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Kronenprozent), der als Verhältnis der Kronenlänge zur Baumhöhe definiert wird (KRAMER & AKÇA 2002), verwendet. Während die Lage der Baumspitze als höchster Punkt eines Baumes relativ eindeutig definiert ist, wurden insbesondere bei Koni-feren verschiedene Definitionen der Kronenansatzhöhe vorgeschlagen. Teilweise wird eine zusammenhängende Krone betont, indem der Kronenansatz als Ansatz-höhe des untersten grünen Astes, der von weniger als zwei Totast-Quirlen von der lebenden Krone getrennt ist, definiert wird (z.B. LEDERMANN 2010). Andere Definitionen legen die Höhe des untersten Quirls, der eine bestimmte Mindestanzahl grüner Äste aufweist, als Kronenansatzhöhe fest (CANHAM ET AL. 1999; NIEDERSÄCHSISCHE FORSTLICHE

VERSUCHSANSTALT 2005; FISHET AL. 2006).

Grundsätzlich lassen sich drei Ansätze zur Modellierung des Bekronungsgrades (bzw. der Kronenlänge) unterscheiden: statische Modelle zur Vorhersage des Bekronungsgrades oder der Kronenlänge, ein dynamischer Ansatz zur Vorhersage der Veränderung dieser Größen und Modelle, die auf mechanistischen oder physiolo-gischen Überlegungen beruhen (HASENAUER & MONSERUD 1996). Für die Datenergän-zung bei gleichzeitiger Beschränkung möglicher Prädiktoren auf Einzelbaumgrößen und Bestandeswerte bieten sich statische Modelle auf der Basis allometrischer Beziehungen an.

Definitionsgemäß ist der Bekronungsgrad ein Anteil der Baumhöhe und ist damit zwischen null und eins beschränkt, sodass bei der Modellierung des Bekronungs-grades nach dem statischen Ansatz häufig generalisierte lineare Modelle mit entspre-chenden Linkfunktionen verwendet werden (DUCEY 2009). Zahlreiche Autoren verwenden eine logistische Funktion (RITCHIE & HANN 1987; HASENAUER & MONSERUD

1996; DUCEY 2009 und andere dort zitierte Untersuchungen). Andere Studien verwenden weitere kumulative Verteilungsfunktionen wie exponentielle Funktionen, Richards- und Weilbull-Funktionen, wobei letztere häufig Konvergenzprobleme haben (PETER & OLUWAFEMI 2008). Auch verschiedene nicht-lineare Funktionen wurden vorgeschlagen (SCHMIDT 2001; NAGEL ET AL. 2002; PRETZSCH ET AL. 2002; HANN & HANUS

2004).

Die stammaufwärts gerichtete Verschiebung des Kronenansatzes geschieht infolge von langfristiger Ausdunkelung der unteren Äste durch Selbstbeschattung sowie

3 Grundlagen Beschattung durch die Kronen benachbarter Bäume (PROTZ ET AL. 2000; RÖHRIG ET AL. 2006). Je größer der Konkurrenzdruck auf einen Baum bzw. je größer die Bestandes-dichte desto höher der Kronenansatz und desto kürzer infolge dessen die Kronen-länge (z.B. HASENAUER & MONSERUD 1996; ROUVINEN & KUULUVAINEN 1997; KANTOLA &

MÄKELÄ 2004; RÖHRIG ET AL. 2006; DAVIES & POMMERENING 2008). Auch an Verjüngungs-pflanzen werden mit zunehmender Lichtzufuhr längere Kronen beobachtet (WILLIAMS ETAL. 1999; PETRIŢANETAL. 2009).

Anders als beispielsweise der Durchmesserzuwachs reagiert die Kronenansatzhöhe träger auf die Konkurrenzsituation. Aufgrund der Bedeutung von langfristiger Konkurrenzsituation bzw. Bestandesdichte für die Kronenansatzhöhe verwenden viele statistische Modelle zur Vorhersage von Kronenlänge oder Bekronungsgrad den h/d-Wert des Einzelbaumes (oder dessen Reziprokwert) als erklärende Variable (DYER & BURKHART 1987; HASENAUER & MONSERUD 1996; NAGEL 1999; GUERICKE 2001;

SCHMIDT 2001; NAGELETAL. 2002; PRETZSCHETAL. 2002; HANN & HANUS 2004; TEMESGEN ET

AL. 2005; FISHETAL. 2006), da dieser ebenfalls auf die Bestandesdichte reagiert (ABETZ 1976; HASENAUER & MONSERUD 1996; RÖHRIG ETAL. 2006). Folgerichtig werden mit stei-gendem h/d-Wert geringere Bekronungsgrade beobachtet (z.B. HASENAUER &

MONSERUD 1996). Es gibt jedoch auch Untersuchungen, in denen kein Einfluss des h/d-Wertes auf den Bekronungsgrad gefunden werden konnte (PETER & OLUWAFEMI 2008).

Der Bekronungsgrad verändert sich darüber hinaus mit dem Entwicklungsstadium eines Baumes im Laufe der Zeit. Während junge Bäume häufig Bekronungsgrade nahe eins aufweisen, liegen die Werte in älteren Beständen deutlich niedriger. Dies zeigt sich auch anhand unterschiedlicher Kronenlängen bei solitär erwachsenen Bäumen, für die Konkurrenz als Ursache ausgeschlossen werden kann (HASENAUER

1997). Dieser allgemeine Entwicklungstrend kann anhand des Alters (DYER &

BURKHART 1987) oder mithilfe anderer Indikatoren für das Entwicklungsstadium wie der Spitzenhöhe oder der Baumhöhe beschrieben werden. So ergibt sich bei der Model-lierung der Kronenlänge z.B. bei Hasenauer und Monserud (1996) ein Absinken des Bekronungsgrades mit zunehmender Baumhöhe oder übereinstimmend eine Zunahme der Kronenansatzhöhe mit der Baumhöhe (HANN & HANUS 2004). Auch die

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Berücksichtigung der Spitzenhöhe ergibt übereinstimmende Effekte, sodass der Bekronungsgrad mit steigender Spitzenhöhe abnimmt (HYNYNEN 1995; NAGEL ET AL. 2002).

Darüber hinaus wird in einigen Untersuchungen zusätzlich der BHD zur Erklärung der Kronenlänge herangezogen (HASENAUER & MONSERUD 1996; NAGEL ET AL. 2002;

PRETZSCHETAL. 2002). Dadurch kann ein Anstieg des Bekronungsgrades mit dem BHD innerhalb gleichaltriger Bestände gezeigt werden (NAGEL ET AL. 2002; vgl. SCHMIDT

2001).

Es gibt auch Hinweise auf Unterschiede in Mischbeständen. So ergaben Unter-suchungen in Bayern, dass Buchen mit gleichem BHD und mit gleicher Bestandes-dichte in Mischung mit Fichte längere Kronen aufwiesen als vergleichbare Bäume im Reinbestand (DIELER 2011).

Umfangreiche Untersuchungen in Österreich weisen darauf hin, dass die Kronen-länge über die genannten Einflussfaktoren hinaus von der aktuellen Konkurrenz-situation und Standortfaktoren wie der Höhenlage, der Hangneigung und Exposition abhängt (HASENAUER & MONSERUD 1996). Ähnliche Ergebnisse sind für die Bekronungs-grade mehrerer Baumarten in Kanada und den Pyrenäen bekannt (TEMESGEN ET AL. 2005; AMEZTEGUI ETAL. 2012). Nach der Untersuchung in Österreich steigt der Bekro-nungsgrad für Fichte, Tanne, Lärche und zwei Kiefernarten mit der Geländehöhe, während für Buche das Gegenteil zutrifft. An Südhängen steigt der Bekronungsgrad mit der Hangneigung, während die Kronenlängen an nördlich ausgerichteten Hängen mit der Hangneigung abnehmen. Dies kann direkt mit der Sonneneinstrahlung in Verbindung gebracht werden (HASENAUER & MONSERUD 1996).

Mithilfe derartiger statischer Modelle kann die Veränderung des Bekronungsgrades indirekt über die Differenz zweier Schätzungen unter Berücksichtigung der Verände-rung bei den Eingangsgrößen geschehen. Dynamische Modelle zielen direkt auf die Vorhersage der Veränderung des Bekronungsgrades ab und benötigen Daten mit Wiederholungsmessung zur Parametrisierung. Beispiele solcher Modelle finden sich in der Literatur (MAGUIRE & HANN 1990; SHORT & BURKHART 1992; HASENAUER 1994;

SPATHELF 2003; LEDERMANN 2010). Zur Parametrisierung dynamischer Modelle werden wiederholte Messungen benötigt wohingegen statische Modelle mit einzelnen

3 Grundlagen Messungen parametrisiert werden können. Es gibt Hinweise darauf, dass die Dynamik des Bekronungsgrades in mit den Ergebnissen dynamischer Modelle vergleichbarer Genauigkeit auf Basis eines statischen Modells mithilfe fortgeschrie-bener Eingangsgrößen geschätzt werden kann (LIUETAL. 1995).

Die bisher vorgestellten Modelle ermöglichen jeweils die Schätzung einer Kronenan-satzhöhe pro Baum. Unter stark asymmetrischen Konkurrenzverhältnissen treten jedoch Bäume auf, deren unterste grüne Äste in Richtung des Bestandes deutlich höher ansetzen als in Richtung des Weges oder der Freifläche (MUTH & BAZZAZ 2002).

Um dies abbilden zu können werden Modelle benötigt, die die Konkurrenzsituation eines Baumes richtungsspezifisch unterscheiden.