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Kriterien zur Abgrenzung Zentraler Versorgungsbereiche, auch un- un-ter Berücksichtigung des § 24a LEPro NRW

7 ZUR ABGRENZUNG ZENTRALER VERSOR- VERSOR-GUNGSBEREICHE UND RELEVANTER

7.1 Funktion und Abgrenzung von Zentralen Versor- Versor-gungsbereichen

7.1.2 Kriterien zur Abgrenzung Zentraler Versorgungsbereiche, auch un- un-ter Berücksichtigung des § 24a LEPro NRW

In der Erstkommentierung des BauGB 2004 führen Berkemann und Halama als Kriterien zur Abgrenzung Zentraler Versorgungsbereiche aus:

Nachvollziehbare, eindeutige Festlegung und Dokumentation der tatsäch-lichen Verhältnisse,

Darstellung und Festsetzungen in Bauleitplänen bzw. Raumordnungsplä-nen,

Darstellung in sonstigen raumordnerischen und städtebaulichen Konzepti-onen (Zentrenkonzepte, Einzelhandelskonzepte).

Diese eher abstrakte, rechtsdeterministische Beschreibung, was zentrale Ver-sorgungsbereiche sein können, fordert in jedem Fall die umfassende Begrün-dung der konkreten Abgrenzungen vor Ort. Die nachvollziehbare, eindeutige Festlegung mit einer Dokumentation der tatsächlichen Verhältnisse heißt, dass Angebotsqualitäten eines Zentralen Versorgungsbereichs standörtlich erfasst werden müssen. Eine bloße räumliche Abgrenzung eines möglichen Suchrau-mes reicht nicht aus.

Die Abgrenzung von Innenstädten und Stadtteilzentren kann sich leiten lassen von einer Multifunktionalität von Nutzungen (Einzelhandel, Gastronomie, Dienstleistungen, kulturelle Einrichtungen, Bildungs- und Weiterbildungsein-richtungen), hohen Passantenfrequenzen und offensichtlichen Barrieren, die einen deutlichen Nutzungswechsel zwischen zentraler Versorgungslage und übrigen Siedlungsraum erkennen lassen. Schwieriger bleibt die Abgrenzung von Nahversorgungszentren, wo von Natur aus die Breite des Angebots be-schränkt bleibt. Oftmals verfügen historische oder ländliche Ortskernlagen nicht mehr über Zentrale Versorgungslagen, so dass auch teilintegrierte Ver-sorgungsstandorte von Lebensmitteldiscountern und Verbrauchermärkten in

der Diskussion um die Abgrenzung von Zentralen Versorgungsbereichen Be-rücksichtigung finden.

Mittlerweile hat das BVerwG Kernaussagen zu zentralen Versorgungsberei-chen getroffen16:

Zentrale Versorgungsbereiche sind „räumlich abgrenzbare Bereiche, denen auf Grund vorhandener Einzelhandelsnutzungen – häufig ergänzt durch Dienstleis-tungen und gastronomische Angebote – eine Versorgungsfunktion über den unmittelbaren Nahbereich hinaus zukommt“

„Entscheidend ist, dass der Versorgungsbereich nach Lage, Art und Zweckbe-stimmung eine für die Versorgung der Bevölkerung in einem bestimmten Ein-zugsbereich zentrale Funktion hat. Der Begriff ist nicht geographisch im Sinne einer Innenstadtlage oder Ortsmitte, sondern funktional zu verstehen. Zentrali-tät kann durchaus auch kleinteilig sein…“

Auch ein Bereich, der auf die Grund- und Nahversorgung eines bestimmten örtlichen Bereichs zugeschnitten ist, kann eine zentrale Versorgungsfunktion über den unmittelbaren Nahbereich hinaus übernehmen.

Eine Stadt oder Gemeinde kann zudem mehrere Zentrale Versorgungsbereiche ausweisen. § 24 a LEPro NRW weist deutlich auf eine Hierarchie von Zentralen Versorgungsbereichen (Hauptzentrum - Nebenzentrum - Nahversorgungszent-rum) hin. Die Zentralen Versorgungsbereiche sind an die örtlichen Siedlungsge-füge anzupassen. Als Grundsatz der Raumordnung spiegelt diese Empfehlung einen gangbaren Handlungsansatz wider.

16 Vgl. BVerwG, Urteile vom 17.12.2009 – 4 C 1.08 und 4 C 2.08.

Abb. 55: Zur Hierarchie Zentraler Versorgungsbereiche und ihrer planungs-rechtlichen Verankerung

Quelle: CIMA GmbH 2011

Für die Abgrenzung Zentraler Versorgungsbereiche definiert der § 24a LEPro NRW folgende Kriterien und Rahmenbedingungen. Sie sind quasi als eine Handlungsempfehlung einzuordnen.

Vielfältiges und dichtes Angebot an öffentlichen und privaten Versor-gungseinrichtungen der Verwaltung, der Bildung, der Kultur, der Gesund-heit, der Freizeit und des Einzelhandels,

Städtebaulich integrierte Lage innerhalb eines im Regionalplan dargestell-ten ‚Allgemeinen Siedlungsbereichs’,

eine gute Einbindung in das öffentliche Personennahverkehrsnetz.

Zentrale Versorgungsbereiche können und sollen zukünftige Entwicklungspla-nungen mit berücksichtigen. Diese PlaEntwicklungspla-nungen müssen jedoch hinreichend kon-kret sein, z. B. durch absehbare Anpassungen in der Flächennutzungs- und Bauleitplanung oder eindeutige, fundierte Standortentwicklungsempfehlungen innerhalb eines Einzelhandelskonzeptes.

Bei der Beurteilung vor Ort, ob ein Einzelhandelsstandort als Zentraler Versor-gungsbereich einzustufen ist, orientiert sich die CIMA GmbH an den Kernaus-sagen des BVerwG, berücksichtigt die Handlungsempfehlungen des § 24a LEPro NRW und bezieht grundsätzliche gutachterliche Bewertungsmaßstäbe mit ein. Dementsprechend werden folgende Kriterien für eine Abgrenzung Zentraler Versorgungsbereiche herangezogen:

Umfang des vorhandenen Einzelhandelsbestandes und Bedeutung der bestehenden Versorgungsfunktion,

Umfang des vorhandenen Dienstleistungsbestandes und zu berücksichti-gender öffentlicher Einrichtungen,

städtebaulich integrierte Lage (fußläufige Erreichbarkeit),

Einheitlichkeit der funktionalen, städtebaulichen und räumlichen Struktur,

optimale Einbindung des Zentralen Versorgungsbereichs in das städtische oder regionale ÖPNV-Netz.

Hauptzentrum

Nebenzentrum

Nahversorgungszentrum

Bezug zu BauBG

§ 24a LEPro NRW

Nicht als Zentrale Versorgungsbereiche auszuweisen sind

Standortbereiche mit nur noch rudimentärem Einzelhandelsbesatz17,

eindeutig nicht integrierte Fachmarktlagen18

Bei der Bestimmung der Zentralen Versorgungsbereiche sind unterschiedliche Versorgungsfunktionen zu berücksichtigen. Während in Stadtteilen und dörfli-chen Kernlagen Zentrale Versorgungsbereiche die schützenswerten Lagen in Bezug auf nahversorgungsrelevante Sortimente definieren, wird in Stadtteil-zentren und Citylagen auch der Schutz in Bezug auf Stadtteil-zentrenrelevante Sorti-mente begründet. Ergänzend können unterhalb der Ebene der ‚Zentralen Ver-sorgungsbereiche weitere Standortkategorien der Nahversorgung definiert werden. Für diese leitet sich keine Rechtsbindung aus dem § 24a LEPro NRW ab. Sie können jedoch im Rahmen eines kommunalen Einzelhandelskonzeptes mit Blick auf eine flächendeckende Nahversorgung als bei Planungsverfahren zusätzlich zu berücksichtigende Standorträume definiert werden. Für das hier vorliegende Bottroper Einzelhandelskonzept werden als zusätzlich zu berück-sichtigende integrierte Nahversorgungsstandorte

Ergänzende integrierte Nahversorgungslagen sowie

Ergänzungsstandorte im Sinne der stadtteilbezogenen Nahversorgung

17 Die Besatzstrukturen üben keine Zentralität im Sinne der Kernaussagen des BVerwG aus: Siehe BVerwG Urteile vom 17.12.2009 – 4 C 1.08 und 4 C 2.08

18 „Isolierte Standorte mit einzelnen Einzelhandelsbetrieben bilden keine zentralen Versorgungsbereich, auch wenn sie über einen weiten Einzugsbereich verfügen und eine beachtliche Versorgungsfunktion er-füllen mögen“ – Vgl. BVerwG Urteile vom 17.12.2009 – 4 C 1.08 und 4 C 2.08

§ 24 a LEPro NRW definiert eindeutig, dass großflächiger Einzelhandel mit zentrenrelevanten Sortimenten im Sinne der Vermutungsregel im Sinne § 11 Abs. 3 BauNVO nur in Zentralen Versorgungsbereichen etabliert werden darf, die als Hauptzentrum (Innenstädte, Ortsmitten der Gemeinden) und Neben-zentren (StadtteilNeben-zentren) abgegrenzt werden. Kerngebiete und Sonderge-biete für großflächigen Einzelhandel mit zentrenrelevantem Kernsortiment dürfen künftig nur noch innerhalb von abgegrenzten Zentralen Versorgungs-bereichen ausgewiesen werden.

Als Grundsatz der Raumordnung hat diese Handlungsempfehlung die Qualität eines abwägungsrelevanten Planungshandelns. Ziel sollte sein über die ent-sprechende Ausweisung von Baugebieten die Versorgungsfunktion von Zentra-len Versorgungsbereichen zu sichern und zu entwickeln.

Aus der Planungspraxis und aktuellen Rechtsprechung resultieren weitere An-forderungen an die Abgrenzung Zentraler Versorgungsbereiche:

Zentrale Versorgungsbereiche müssen eindeutig bestimmt sein. Es reicht nicht aus, sie vage, z.B. als kreisförmige Markierungen zu definieren. Es hat eine weitestgehend parzellenscharfe Abgrenzung zu erfolgen, um eindeutig zu definieren, welche Betriebe oder Grundstücke im Zentralen Versorgungsbe-reich liegen und somit schützenswert und entwicklungsfähig sind.19 Erste ver-waltungsgerichtliche Urteile fordern darüber hinaus, dass Zentrale gungsbereiche Einzelhandelsunternehmen mit maßgeblich relevanter Versor-gungsfunktion enthalten müssen. Es reicht nicht, einen Standortbereich mit nur noch rudimentärer Versorgungsfunktion (Kiosk, Trinkhalle, kleinflächiger Nahversorger etc.) als Zentralen Versorgungsbereich auszuweisen.20

Zentrale Versorgungsbereiche sind letztendlich auch als Entwicklungsange-bot aufzufassen. Sie definieren, wo sich zukünftig die Entwicklung von

19 Vgl. Geyer: Neuregelungen für den Einzelhandel. In: PlanerIn, Heft 3, 2005.

20 Zum Begriff ‚Zentral‘ wird in den Urteilsbegründungen der BVerwG-Urteile vom 17.12.2009 – 4 C 1.08 und 4 C 2.08 Stellung genommen. ER ist funktional und nicht geographisch aufzufassen. ES muss ein re-levanter Besatz an Versorgungsfunktion vorliegen.

chigem Einzelhandel mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten Sortimenten etablieren soll. Mit dem Entwicklungsangebot verknüpft ist die Überprüfung nach Auswirkungen und ggf. schädlichen Auswirkungen auch auf benachbarte Zentrale Versorgungsbereiche.

Die Abgrenzung von Zentralen Versorgungsbereichen hat sich jedoch nicht ausschließlich an den Einzelhandelsnutzungen zu orientieren. Insbesondere bei Zentralen Versorgungsbereichen in der Funktion des Haupt- oder Nebenzent-rums kommt es auf eine Funktionsvielfalt an. Die Standorte von Kundenorien-tierten Dienstleistungen, Schulen und weiteren Bildungseinrichtungen, Kirchen und kirchlichen Einrichtungen, Dienststellen der öffentlichen Verwaltung sowie Seniorenwohnheime sollten bei der Abgrenzung berücksichtigt werden. In der aktuellen Rechtsprechung zeichnet sich ein Trend ab, dass multifunktional abgegrenzte und dezidiert in ihrer Abgrenzung begründete Zentrale Versor-gungsbereiche nachhaltig rechtlichen Überprüfungen standhalten.

Mit der höchstrichterlichen Ablehnung des § 24a LEPro NRW als Ziel der Raumordnung (Urteil des OVG Münster vom 25.01.2010; Aktenzeichen 7 D 97/09.NE) und somit der Rückstufung als Grundsatz der Raumordnung bleiben die Regelungen zwar maßgeblich abwägungsrelevant, können jedoch im Rah-men einer umfassenden Abwägung relativiert werden.

Dennoch bleibt die Prüfung negativer Auswirkungen auf die Versorgungsfunk-tion Zentraler Versorgungsbereiche im Kontext der Regelungen des § 11 Abs. 3 BauNVO sowie ihrer Abwägungsrelevanz (§ 1 Abs. 6 Nr. 4 BauGB) relevant.

Darüber hinaus ist nochmals darauf hinzuweisen, dass sich die Notwendig-keit zur Abgrenzung Zentraler Versorgungsbereiche in Städten und Gemein-den sowohl aus dem ROG und dem BauGB ergibt und somit unabhängig von der Rechtsstellung des § 24a LEPro NRW vorzunehmen ist.

7.1.3 Bewertung der Auswirkungen auf Zentrale Versorgungsbereiche -