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Die Kriegserfolge Gustav Adolfs hatten die politischen Prioritäten des Kaisers und Maximilians samt den bayerischen Kreisständen schlagartig verändert. Spätestens ab

Mai 1631 bestand äußerste Dringlichkeit, im Auftrag des Kaisers gemeinsame regensburgisch-bayerische Verteidigun gsmaßnahmen gegen die schwedische „Royal Armee“ Gustav Adolfs auf der Ebene des Reichskreises ins Auge zu fassen. Allerdings wussten die beteiligten Parteien genau, dass sich die Reichsjustiz auf Druck der Ligastände bzw. Kurbayerns erneut gegen das Bekenntnis der Reichsstadt wenden könnte

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, so dass der Magistrat, besonders Johann Jakob Wolff, auf dezidiert kaisertreuem Kurs die Bemühungen fortsetzte, den reichsstädtischen Protestantismus und die Reichsunmittelbarkeit der Reichsstadt juristisch wie politisch abzusichern

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.

529 Vgl. FROHNWEILER, Friedenspolitik, S. 13-24, GUMPELZHAIMER, Geschichte III, S. 1162.

530 FRIEDRICH, Belagerung, S. 8.

531 Vgl. TUPETZ, Restitutionsedikt, S. 352: Die für neugläubige Stände repräsentative Auffassung spiegelt zum Beispiel die Meinung in Berlin wieder, nach der Maximilian als bestimmender Machtfaktor hinter den Restitutionen galt: „Wenn Kurbayern nur winkt, müssen sie am kaiserlichen Hof thuen, was er will“ (27. April 1629).

532 Vgl. EBD; BHStAM, RRLit. 345: Rechtsgutachten für die Stadt Regensburg zu Konfessionsfragen, fol. 131ff.; KEYSER, Todtenwart, S. 36; GUMPELZHAIMER, Geschichte III, S. 1165.

3. S

CHWEDISCHER

K

RIEG

(1630-1635)

A)REGENSBURG MUSS SICH DER EINNAHME EINER GARNISON BEUGEN (1631–APRIL 1632)

Der Propstei- bzw. Restitutionsprozess im Hintergrund erklärt im Zusammenhang mit kaiserlichen Kriegskostenersatzzusagen an die Liga für den eintretenden Fall ihrer Kriegsbeteiligung gegen Schweden vom Regensburger Kurfürstentag 1630

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, warum sich die Magistratsvertreter die Reichsstadt partout nicht in die strategisch notwendige

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bayerische

533 Vgl. BA NF II/4, Nr. 209: Gutachten für den Kaiser, 1. Januar 1629; BA NF II/5, Nr. 170: Regensburger Kurfürstentag, S. 664f.; BURCKHARDT, Richelieu II, S. 330f; KRAUS, Maximilian, S. 183; ALBRECHT, Maximilian, S. 758; HEILMANN, Kriegsgeschichte, S. 252ff.; REPGEN, Kurie I, S. 236-239; STADLER, Pappenheim, S. 321; KAISER, Politik und Kriegführung, S. 165; KAMPMANN, Reichsrebellion, S. 84-86;

SCHORMANN, Krieg, S. 91f.: Auf dem Regensburger Kurfürstentag 1630 hatte der Kaiser die Unterstützung der Liga und Kurfürst Maximilians nur gegen weitgehende Zugeständnisse erhalten können, da er nach Meinung der katholischen Kurfürsten die Hauptschuld trug, dass Gustav Adolf einen Feldzug im Reich begonnen hatte;

deswegen forderte Max vom Kaiser Verhandlungen um Kriegskostenersatz für den Eventualfall ligistischer Kriegsbeteiligung. Dementsprechende Beratungen mit den Ligaständen wurden auf dem parallel in Regensburg tagenden Ligatag geführt. Der Kaiser gab den ligistischen Kriegskostenrekompens-Bedingungen in allgemeiner Form statt. Das erlaubte Maximilian die Hoffnung, die Reichsstadt Regensburg zu den potentiellen Rekompensgütern zu rechnen: Konkret hatte der Kaiser der Liga am 9. Oktober 1630 angeboten, die ligistische Kriegsfinanzierung durch ein Drittel aller kommenden kaiserlichen Kontributionsforderungen an die Reichskreise zu decken. Würden diese Mittel nicht ausreichen, sollte sich die Liga an besetzten Orten und Quartieren schadlos halten, besonders an potentiellen Restitutions- bzw. Rebellengütern. Diese „Nutzung“

belegter Quartiere konnte wie die letzten Jahre gezeigt hatten – volles Nutzungsrecht einschließen, das bis zur Hoheit unter Umgehung des Lehnsrechts reichen konnte. Eine Pfändung erforderte derzeit lediglich das Placet kaiserlicher Konfiskationskommissare, die sich oftmals im Heer befanden.

534 Vgl. CLAUSEWITZ, Kriege, S. 388-392, 1009; HELML, Oberpfalz, S. 80f., 99, 107; ALBRECHT, Maximilian, S. 781f.; HEILMANN, Kriegsgeschichte, S. 330; PAULUS, Befestigung; HÖPFL, Belagerungen, S. 14f.; REINDL, Verteidigung; BARUDIO, Gustav Adolf, S. 549f.; SCHÖPPL, Ossa, S. 215: Die Notwendigkeit einer Garnisonstationierung in Regensburg war vom strategischen Aspekt her evident: Das ungeschriebene Gesetz verbündeter Armeen mit antikaiserlichem Hauptbündniszweck verlangt nach Clausewitz gemeinsames konzertiertes Vorgehen gegen kaiserliches Kerngebiet. Stand Arnim in Böhmen, lag es nahe, von hier aus den entscheidenden Schlag gegen den Kaiser in Wien zu führen. Gustav Adolf richtete sich – das war Maximilian bereits aus den Unterhandlungen vom Winter 1629 mit Richelieu bekannt – hauptsächlich gegen den Kaiser.

Ausgehend von Würzburg, wo Gustav Adolf stand, lagen zwei Möglichkeiten nahe: Erstens Gustav Adolf ziehe über die Egerer oder Further Senke nach Böhmen und wende sich daraufhin gen Wien, am besten entlang der Donau. Diese Option Gustav Adolfs war die wahrscheinlichere, da Gustav Adolfs Hauptfinanzier Kardinal Richelieu – wie Maximilian richtig hoffte – an der Neutralität und Unversehrtheit von Kurbayern interessiert war. Konnte sich Richelieu nicht gegenüber Gustav Adolf durchsetzen, bestand seine zweite Option darin, über Bayern nach Wien zu ziehen, wobei Maximilian für diesen Fall daran dachte, Tilly nach Böhmen zu befehlen, um Gustav Adolf dazu zu zwingen, ihm dorthin zu folgen, wofür die Donaulinie gesichert werden musste. Die Donau konnte Gustav entweder bei Ingolstadt, Donauwörth, Kelheim, Straubing, Deggendorf, Passau oder Regensburg überqueren. Von den genannten Donaustädten würde sich Regensburg mit der Steinernen Brücke am besten eignen. Die zeitgemäß gut befestigte protestantische Reichsstadt hätte dem König als logistisch-wichtige Operationsbasis dienen können, in der Maximilian im Unterschied zu seinen bayerischen Städten und Dörfern kaum Einfluss hatte. Zusätzlich ging auch vom kursächsischen General Arnim erhebliche Gefahr aus, dessen Armada sich bis 1. Dezember 1631 in Eger festsetzten konnte und die Oberpfalz bedrohte. Seine Soldateska sondierte in von Plünderungen begleiteten Streifzügen immer wieder die Waldsassener Gegend bis Wiesau und Kemnath. Trotz kaiserlicher Unterstützung konnten die Überfälle durch kursächsische Spähtrupps nicht verhindert werden. Besonders der kurbayerische Kriegskommissar und Pfleger von Tirschenreuth, Hans Ulrich PURRUS, war sich sicher, die Oberpfalz unmöglich gegen Arnim halten zu können, falls jener mit seiner ganzen Armee über die Egerer Senke einfallen würde. Es stand zu befürchten, dass sich Arnim mit den Schweden vor Regensburg vereinigen und die Reichsstadt Regensburg erobern werde.

Kreisdefension einbinden lassen wollten. Sie weigerten sich auf den ersten bayerischen Schwedendefensions-Kreistagen (Januar, Mai und Oktober 1631

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), über die reichsstädtetypische Bevollmächtigungsverzögerung hinaus, eine Garnison unter Kommando von Kurfürst Maximilian I. aufzunehmen

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: sie konnten seinen kreisobristlichen Anspruch, im Kriegsfall im Auftrag des Kaisers nach seinem Willen über die Stadt zu schalten und walten, politisch mit den Hinweis auf Kaiser Karl V. ausschalten, der 1552 das bayerische Kreisrecht zugunsten der Stadt interpretiert hatte, indem er mit dem Magistrat einen Vergleich über die Truppeneinnahme

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geschlossen hatte.

Dies zwang auch Kurfürst Maximilian I., Verhandlungen mit der Reichsstadt über die Garnisonsbedingungen (17. bis 22. November 1631) zu führen: die scheinbare Einigung im Münchner Rezess (22. November 1631

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) nach der verheerenden Liganiederlage bei

535 Vgl. ORTNER, Londron; HARTMANN, Reichskreis, S. 186f.; 388-390; DERS., Regensburg, S. 245f.;

ALBRECHT, Maximilian, S. 728, 767f., 777f.;, 784; KAISER, Politik, S. 175-178; GUMPELZHAIMER, Geschichte III, S. 1159; MAIER, Unterpfalz, S. 216; RIEZLER, Geschichte V, S. 378; HAHN, Rat. I, S. 37-39; DERS,, Rat.

Pol. II, S. 9.

536 Vgl. WEBER, Gepeck, S. 90; HARTMANN, Reichskreis, S. 391; HARTMANN, Regensburg, S. 236: Trotzdem wurde mit einer hauchdünnen Mehrheit beschlossen, die „fürnehmste[n] Päß“ mit einem Kreisaufgebot von insgesamt 3.000 Mann Infanterie und 500 Reitern zu verteidigen. Die Reichsstadt Regensburg sollte mit einer Garnison von mindestens 1.500 Mann (Maximilian forderte eigentlich 2.000 Mann, konnte sich aber in diesem Punkt nicht durchsetzen) besetzt werden. Trotz vehementer Proteste der reichsstädtischen Delegation fand dies Eingang in den heftig umkämpften Kreisabschied vom 31. Oktober 1631.

537 Vgl. SAR, Militaria, Kriegsakten VI, Nr. 1Aa: Konditionen und Punkte, zu welchen die Reichsstadt 1552 die Truppen Karls V. hereingenommen hatte.

538 Zu den Münchner-Rezess-Verhandlungen vgl.: SAR, Militaria, Kriegsakten III, Nr. 21: Instruktion für die Münchner Unterhandlungen, 4./14. November 1631; Nr. 23: Bericht der Regensburger Abordnung aus München, 10./20. November 1631; Nr. 24: Regensburger Protokoll über die Münchner Vergleichsverhandlungen, 7./17. bis 12./22. November 1631; Nr. 25: Regensburger Denkschrift für Maximilian von Bayern; Nr. 26: Reichsstädtischer Entwurf eines Kautions- bzw. Versicherungsvertrags; Nr. 28: Resolution Maximilians an die Reichsstädtischen Unterhändler; Nr. 29. Memorial kurbayerischer Deputierter für Maximilian; Nr. 30. Münchener Rezess; Kriegsakten III, Nr. 63: Reichsstädtische Resolution an Dr. Wämpl, 28. März / 7. April 1632; BHStAM, RRLit. 586, fol. 8. BUCHSTAB, Reichsstädte, S. 19f; GUMPELZHAIMER, Geschichte, S. 1084f.; KAMPMANN, Reichsrebellion, hier S. 77-90; REINDL, Verteidigung, S. 73f.; GREMMEL / FINWEG, Neuburg, S. 232f; MAIER, Unterpfalz, S. 205, 220, 235: ENGERISSER, Kronach, S. 517: Resümiert man die Verhandlungen, ist festzustellen: Trotz aller anfangs ausgetauschten Freundlichkeiten – Richel hatte sich zwischenzeitlich im Diplomatenparlando sogar Sorgen um die Regensburger Bürgerskinder gemacht – standen die Verhandlungen sachlich im Zeichen großen Misstrauens. Der Rezess diente mehr dem Schutz der Reichsstadt vor Bayern, als dem Schutz vor der schwedischen Kriegspartei. Maximilian erkannte dies und führte nach seiner Kritik an den Regensburger Vorschlägen eine Abkühlung des Verhandlungsklimas herbei.

Sein Drängen auf einen schnellen Abschluss erklärt sich daraus, dass er dem Rezess in der Regensburgfrage untergeordnete Bedeutung zumaß. Er ratifizierte den Vertrag nicht persönlich, was es ihm später erleichterte, sich darüber hinweg zu setzen. Doch ging es ihm in erster Linie darum, die Regensburger Sorgen zu zerstreuen, weshalb Starzhausen und Wämpl ihre Unterschriften letztendlich unter den in Anbetracht der Lage und unter militärischen Gesichtspunkten unrealistischen Rezess setzten: Begründet waren zwar die Regensburger Sicherungsklauseln vor den bayerischen Pfändungsabsichten und zum Schutz ihrer Religions- und Stadtverfassung sowie ihrer wirtschafts- und finanzpolitischen Schutzimplikationen, auch wenn daraus das Regensburger Misstrauen gegenüber Bayern scharf hervorstach. Ferner waren die Regensburger Forderungen nach Sicherung regelmäßiger Soldzahlungen aus der Kreiskasse sinnvoll, um Plünderungen einzudämmen.

Breitenfeld (17. September 1631)

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blieb eine erzwungene Notgeburt, die mehr dem