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2. Theoretischer Teil

2.1. Das Obstruktive Schlafapnoe- Syndrom

2.1.2 Klinik

(1) Symptomatik

Als Leitsymptom des OSAS gelten Tagesmüdigkeit bis hin zum ungewollten Einschlafen, sowie fremdanamnestisch beschriebenes Schnarchen und Atempausen (Koehler et al., 2011; Chen et al., 2011; Koehler et al., 2014).

Das Symptom Tagesschläfrigkeit alleine ist nur wenig spezifisch, da Tagesschläfrigkeit in der Gesamtbevölkerung häufig ist und als Begleitsymptom vieler anderer Erkrankungen auftreten kann (Ward et al., 1997; Young et al., 2002). Auch muss ein OSAS nicht obligatorisch mit einer erhöhten Tagesschläfrigkeit einhergehen (Oksenberg et al., 2010; Dette et al., 2015).

In Studien von Bixler et al. (2005) und Pagel (2009) gaben, je nach untersuchter Stichprobe, 4- 20% der Normalbevölkerung an, an mindestens 3 Tagen pro Woche an Tagesmüdigkeit zu leiden. Am stärksten korrelierte das Symptom Tagesmüdigkeit mit Adipositas, Diabetes mellitus und Depression (Bixler et al., 2005).

Dette et al. (2015) untersuchten, ob Tagesschläfrigkeit in der präoperativen Anamneseerhebung als Prädiktor für schlafbezogene Atmungsstörungen (SBAS) herangezogen werden kann und kamen zu dem Schluss, dass Patienten mit SBAS ohne relevante Adipositas nicht oder nur gering unter einer vermehrten Tagesschläfrigkeit leiden und das Symptom Tagesschläfrigkeit somit keinen prädiktiven Wert für das Vorliegen einer schlafbezogenen Atmungsstörung besitzt. Untersucht wurden 363 Patienten, die vor elektiven Operationen die Fragen der Epworth Sleepiness Scale (ESS) beantworteten, darüber hinaus wurde präoperativ eine Polygraphie durchgeführt.

Auch Oksenberg et al. (2010) kamen zu dem Schluss, dass ein OSAS nicht obligatorisch mit einer erhöhten Tagesschläfrigkeit einhergehen muss.

Yeh et al. (2010) identifizierten Tagesschläfrigkeit als hochsignifikanten Prädiktor für SBAS, wobei als Referenzparameter der AHI zur Anwendung kam. Ein hochgradiges OSAS lag häufiger bei männlichen Patienten vor und korrelierte

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mit einem höheren BMI, höheren systolischen Blutdruckwerten, einem größeren Hals- und Taillenumfang und höheren Scores im ESS.

Bei 95% der von einem OSAS Betroffenen ist zudem nächtliches Schnarchen zu erfragen. Fremdanamnestisch wird oft von beobachteten Atemaussetzern berichtet. Weitere Symptome sind nächtliches Aufschrecken mit Atemnot, nächtliches Schwitzen und morgentlicher Kopfschmerz. Die kognitive Leistungsfähigkeit ist durch das OSAS häufig eingeschränkt. Patienten leiden vermehrt unter depressiver Stimmung, Impotenz und Persönlichkeitsveränderungen und sind in ihrer Lebensqualität deutlich eingeschränkt. Oft kommt es zu einer Zunahme der Symptomatik nach Gewichtszunahme und durch Alkoholgenuss (Zeeuw et al., 2003; Duchna, 2006;

Mayer et al., 2009). Häufig wird auch von einer Nykturie oder Enuresis berichtet (Oztura et al., 2006).

(2) Folgen und Risiken

Das OSAS erhöht das Risiko für kardiale bzw. zerebrovaskuläre Erkrankungen.

(Rasche et al., 1999; Duchna et al., 2001; Somers et al., 2008).

Nachgewiesen konnten Zusammenhänge zwischen OSAS und kardiovaskulären Begleiterkrankungen wie Herzinsuffizienz, der koronaren Herzerkrankung, Vorhofflimmern und Hirninfarkten (Gami et al., 2007; Gottlieb et al., 2010; Redline et al., 2010; Javaheri et al., 2011; Gonzales- Aquines et al., 2019). Als gesichert gilt das erhöhte Risiko von Patienten mit OSAS einen Schlaganfall zu erleiden (Arzt et al., 2005; Valham et al., 2008; Wang et al., 2008).

Es gibt gut gesicherte Assoziationen des OSAS mit der Hypertonie, insbesondere der therapieresistenten Hypertonie. Patienten mit schlafbezogenen Atmungsstörungen weisen gegenüber einer altersgleichen Population erhöhte Blutdruckwerte auf. (Young et al., 1997a; Bazzano et al., 2007; Somers et al., 2008; Bakker et al., 2014; Fava et al., 2014; Vongoatanasin et al., 2014). Vor allem Patienten mit unzureichendem oder fehlendem nächtlichen Blutdruckabfall weisen eine höhere Mortalität auf (Ben-Dov et al., 2007). Longitudinale Untersuchungen in den USA (Wisconsin Sleep Cohort Study) und in Australien im Rahmen der Men Androgens Inflammation Lifestyle Environment and Stress

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Study (MAILES) haben aufzeigen können, dass insbesondere pathologische Atemmuster während des REM-Schlafes mit einer prävalenten, aber auch einer inzidenten Hypertonie einhergehen (Appleton et al., 2016; Mokhlesi et al., 2014).

Als wahrscheinlich gilt ein Zusammenhang mit der pulmonalen Hypertonie, dem Diabetes mellitus, der Niereninsuffizienz und der Arteriosklerose (Ismail et al., 2015; Feng et al., 2015; Armin et al., 2016; Yayan et al., 2017). Das OSAS ist ein unabhängiger Risikofaktor für die Entwicklung eines Diabetes mellitus Typ 2. Die Prävalenz der Schlafapnoe ist bei Diabetikern mit 29 % deutlich höher als in der Gesamtpopulation. Diskutiert werden ein Einfluss durch Aktivierung des Sympathikus, systemische Inflammation, die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse und durch appetitregulierende Hormone (Laaban et al., 2009; Stadler et al., 2017).

Bei Patienten mit Asthma bronchiale liegt eine höhere Prävalenz einer obstruktiven Schlafapnoe als in der gesunden Normalbevölkerung vor. Zudem ist die Zahl schwerer Exazerbationen erhöht, wobei diese signifikant mit dem AHI korreliert ist (Wang et al., 2014).

Bei über 90 % der COPD-Patienten liegt mindestens eine Komorbidität vor, die mit vermehrten Krankenhausaufenthalten und erhöhten Gesundheitskosten verbunden ist. Neben den typischen Komorbiditäten, wie Herzinsuffizienz, koronare Herzerkrankung und zerebrovaskuläre Erkrankungen, ist auch das Vorhandensein einer Schlafapnoe relevant (Schwab et al., 2017).

Nicht selten erscheinen Patienten mit Schlafstörungen paradoxerweise schlichtweg symptomfrei, weisen jedoch verschiedene internistische Symptomkomplexe auf, die bislang therapieresistent erschienen (Schäfer et al., 1996; Linz et al., 2015).

Eine weitere Folge des OSAS, insbesondere bei Patienten die an stark ausgeprägter Tagesmüdigkeit leiden ist das erhöhte Unfallrisiko. Die Unfallwahrscheinlichkeit im Straßenverkehr ist 3- 7 -fach höher als die der gesunden Allgemeinbevölkerung (Orth et al., 2002; Somers et al., 2008;

McNicholas, 2008).

Zusammenhänge zwischen OSAS und malignen Erkrankungen bzw. deren Verlauf konnten nachgewiesen werden, wobei der Einfluss einer CPAP- Therapie

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auf den Verlauf aktuell noch unklar ist (Nieto et al., 2012; Papamaner et al., 2015).

Es gibt Hinweise, dass Patienten die an einem OSAS leiden, ein erhöhtes Risiko für peri- und postoperative Komplikationen haben (Kaw et al., 2012). In einer aktuellen, prospektiven Studie von Chan et al. (2019) ließen sich signifikante Zusammenhänge für das Auftreten postoperativer kardiovaskulärer Operationen mit einem schweren OSAS zeigen. Bei einem hochgradigen OSAS stieg die Wahrscheinlichkeit für ein kardiovaskuläre Ereignis um den Faktor 2,23 gegenüber Patienten ohne OSAS.

Teilweise scheint sich das präoperative Erkennen und Behandeln des OSAS das Komplikationsrisiko zu senken (Mutter et al., 2014).

Die Ergebnisse einer US-Kohortenstudie lassen vermuten, dass Patienten mit OSAS früher kognitive Störungen oder eine Demenz entwickeln, als Personen ohne diese Schlafstörung- bei Patienten mit OSAS traten leichte kognitive Störungen (MCI) im Schnitt 10 Jahre früher auf, als bei Patienten ohne OSAS (72 vs. 83 Jahre). Bei Alzheimer-Demenz war der Unterschied weniger deutlich- hier erkrankten die OSAS-Patienten mit etwa 83 Jahren und die schlafgesunden Probanden mit 88 Jahren (Osorio et al., 2015).

Im Allgemeinen geht das OSAS mit einer erhöhten Morbidität und Mortalität einher (Somers et al., 2008; Young et al., 2008; Wang et al., 2013; Chiang et al., 2017; Yu et al., 2017).