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Kleine Ilias des Lesches

Im Dokument Getty Research Institute (Seite 40-43)

Auch von E waren zwei aus derselben Form stammende Exemplare in das Berliner

Anliqua-rium gelangt, von denenE-an HerrnBranteghem abgetreten wurde. Unsere Abbildungist, wiedievon

1), von Herrn Lübke aus beiden Exemplaren combinirt worden. Vgl. auch die Abbildung auf S. 1.

E1) Berlin, Königl.Antiquarium J.N. 81611. Aus mehreren Stücken zusammengesetzt, wobei derRückendes Verwundeten, einStückvorn Schild des ihn haltenden undein kleines Stück vom Schild-rand des auf dem Panzer knieenden Kriegers nach

E

3 ergänzt sind.

Am

oberen Rand Flechtband und Perlenschnur, am Fuss Rosette mit Flechtband und Perlenschnuren. Hohe 0,08, oberer Durchmesser 0,142. Aus

Anthedon.

31

E2) Brüssel, Sammlung Branteghem (früher Berlin J. N. 31(11m). Gleichfalls aus mehreren Stücken zusammengesetzt und unvollständig; nach E1 ergänzt sind die rechte Schulter und die rechte Hälfte des Untergesichts an dem Krieger mit dem Verwundeten, der rechte

Arm

und der linke Ober-schenkel an dem auf dem Panzer knieenden Krieger, an diesem Panzer ein Theil der Lederriemen.

Dagegen ist der ganze Oberkörper des auf ihn eindringenden Kriegers unergänzt geblieben. Masse und Ornamente s. unter

E

1. Aus

Anthedon.

F) Athen, Polytechnion J. N. 4203, Fragment.

Länge 0,07, Höhe 0,055. Aus Boiotion 1883.

Zeichnung von Gillieron.

Ich verdanke den Hinweis auf dieses wichtige Bruchstück meinemFreunde 0. Kern, der auch im Verein mit Paul Wolters die Inschrift wiederholt geprüft, mir zur eigenenNachprüfungeinenAbguss geschicktund dieHerstellung derZeichnung vermit-telt hat. BeidenGelehrten spreche ich für ihre

lie-benswürdigen und aufopferndenBemühungen auch an dieser Stelle meinen verbindlichen Dank aus.

E

enthält zwei Kampfscenen. In dev ersten hält ein jugendlicher, mit Panzer

und

Schild gerüsteter Krieger einen

zum Tod

getroffenen jugendlichen Gefährten

im

Arm, indem

er ihn

am

unteren

Rande

des Panzers fasst

und

nach rückwärts zu schleppen sucht; mit der hinken hebt er schützend denSchild über den Verwundeten, das Antlitz richtet er wie klagend

zum Himmel

empor.

Der

Oberkörper des

Verwundeten

fällt

schwer nach vorn über, sein rechter

Arm

schleift

am Boden

nach. Beide Krieger sind barhäuptig,

haben

also

im Kampf

ihre

Helme

verloren. Ein dritter Krieger, in

Helm,

Panzer

und

Stiefeln, deckt, mächtig vorstürmend, die

Gruppe

gegen einen an-dringenden Feind. Mit der Linken hält er den Schild weit vor sich hin, die Rechte

ist erhoben, als ob sie

zum Wurf

oder Stoss aushole.

Doch

ist eine Waffe plastisch nicht angegeben. Dass es hier, wie es wohlsonst aufantiken

Monumenten vorkommt, dem

Be-schauer überlassen sein sollte, sich aus der Haltung der

Hand

die Waffe zu ergänzen, ist desshalb nicht wahrscheinlich, weil sowohl bei

dem Gegner

als bei den beiden

Kämpfern

der zweiten Scene dieSpeere plastisch angegeben sind. Ebenso unwahrscheinlich ist es, dass die

Lanze

etwa in der

Form

nicht mit abgedrückt gewesen sein sollte.

Auch

lehrt eine genauere Betrachtung, dass die

Hand

gar nicht geschlossen, sondern mit

gekrümmten

Fingern nach vorn geöffnet ist. Will

man

sich nicht zu der äusserst pre-cären

Annahme

entschlossen, dass der Krieger,

nachdem

er alle seine

Waffen

ver-braucht hat, mit der blossen Faust auf die Feinde losgeht, so bleibt nur die Möglich-keit übrig, dass die

Hand

einen Stein haltend zu

denken

ist. Sein Gegner, ein kräf-tiger bärtiger

Mann

in

Helm,

Panzer

und

Stiefeln, dringt in geduckter Angriffs,

stel-lang, mit vorgehaltenem Schild

und zum

Stoss gesenkter Lanze, gegen den jugendlichen Krieger vor.

Die zweite Scene zeigt den

Kampf um

eine Rüstung. Ein mit unbärtiger Ge-sichtsmaske

und

wie es scheint einer Halsberge versehener

Helm und

ein Panzer von derselben

Form,

wie ihn die

Kämpfenden

tragen, liegen

am

Boden. Ein

dem Vorkämpfer

der ersten Scene sehr ähnlicher Krieger, der auch dieselbe

Rüstung

trägt wie jener, ausserdem aber in der erhobenen Rechten hier eine plastisch angegebene Lanze schwingt, kniet mit

dem

linken Beine auf

dem

Panzer

und

vertheidigt ihn gegen einen bärtigen Gegner, der wieder auffällig an den feindlichen Krieger der ersten Scene erinnert.

Die Kampfstellung dieses Kriegers ist dieselbe, wie die der

Amazone

auf

D;

nur schwingt er natürlich statt der Bipennis die Lanze.

Die Situation in der ersten Scene wird jeden zunächst an die Rettung der Leiche Achills durch Aias

und

Odysseus erinnern, ein Eindruck, der durch die

Aehn-lichkeit der

Gruppe

links mit

dem

Pasquino

noch

wesentlich verstärkt wird.

Wäre

in der

That

diese Aehnlichkeit für die Erklärung ausschlaggebend, so

würde

cs nicht schwer sein auch für die zweite Scene eine

damit zusammenhängende Deutung

aufzu-stellen; wir hätten

dann

Aias

und

Odysseus zu erkennen, die in der Panoplie

um

die Waffen des Achill mit einander kämpfen.

Zwar

ist uns diese Sagenform sonst nicht bezeugt; aber

wenn

die attischen Vasenmaler, wie Doris mit seinen Vorgängern

und

Nachfolgern, die beiden Prätendenten mit gezückten Schwertern auf einander losgehen lassen1), was hindert uns da eine Version

anzunehmen,

nach der beide eben aus der Schlacht zurückgekehrt

und

noch in der Panoplie einander die geretteten

Waffen

streitig

machen? Dennoch

ist diese Auffassung unhaltbar; denn in der ersten Scene sind beide die Leiche rettende Krieger

un

bärtig

und

jugendlich,

was

für Aias

und

Odysseus uner-hört wäre, in der zweiten ist der eine unbärtig, der andere bärtig,

was

wieder die Identität mit den beiden Figuren der ersten Scene aussehliesst.

Die

Deutung

auf den

Kampf um

Achills Leiche, die ich früher vorgeschlagen habe2), ist also definitiv aufzugeben. Anderseits gehören

Kämpfe um

die Leichen Ge-fallener

und um

ihre

Rüstungen

so sehr

zum

festen Bestand epischer Motive, dass es

•kaum

möglich ist, ohne besonders charakteristische Züge, die hier fehlen, die Situation genauer zu

bestimmen und

die Personen zu benennen.

Versuchen wir also, ob uns die Beischrift weiter führt,

um

deren Entzifferung sich ausser

Kern, Beckmann und Lücke

auch Dkessel,

Eurtwängler und Köhler

be-müht

haben. Die Lesung der beiden ersten Zeilen, die

im

Wesentlichen

Eurtwängler

verdankt wird, darf als ganz gesichert gelten

:

') S. liild und Lied S. 21o.

-) S. 1)c1 1

f.sei)e Littcralur-Zeituug 1800 tS'r. 3 JS. 1ÜG.

33

KATAPOIHTHNAESXHN

3)

EKTHSM

IKPASIAIAAOS:4).

Wir

erfahren also, dass eine Episode der kleinen Ilias des Lesches dargestellt ist. Ge-naueres

müssen

die folgenden Zeilen besagt haben,

von denen

die drei letzten mit völliger Sicherheit zu entziffern sind:

MEIZANTESPPOS;

5)

Im Dokument Getty Research Institute (Seite 40-43)