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Klärung des Ressourcenbegriffs

4. Grundlagen der therapeutischen Arbeit mit Ressourcen

4.2 Klärung des Ressourcenbegriffs

Der Blick auf die Ressourcen von Hilfesuchenden ist in der psychiatrischen Arbeit nicht neu, findet aber erst in den letzten Jahren vermehrt Aufmerksamkeit. In der Arbeit mit psychisch Erkrankten kommt man gegenwärtig an ressourcenorientierten Ansätzen nicht mehr vorbei. Das ist vermutlich der Erkenntnis zu verdanken, dass Ressourcen ein bedeutsamer Wirkfaktor für positive Veränderungen bei psychischen Problemen sind. In der Psychotherapie gelangt man nach Jahren der Praxis langsam zum Wissen darum, dass eine punktgenaue Bestimmung der Ursache keine Ansätze zur Veränderung in sich birgt. Eine exakte Analyse der Probleme spezifiziert nicht, welche Mittel und Wege zu einer Lösung des Problems führen können.58

Im Rahmen der Psychotherapie werden Ressourcen als Bestandteil der Behandlung seit langem genutzt. In der Verhaltenstherapie geht man z.B. davon aus, dass Menschen die Fähigkeit haben eingefahrenes Verhalten zu verändern und Neues zu lernen. Eine gezielte Einbindung von Ressourcen in die therapeutische Arbeit kann man dies jedoch noch nicht nennen.

Bei Konzepten zur Arbeit mit Ressourcen geht es zuerst einmal darum, von der üblichen Problemorientierung wegzusehen. Das vorhandene Potential des

Hilfesuchenden soll dabei ganz in den Vordergrund der Therapie rücken. Dazu reicht es nicht aus, theoretisch um den Nutzen der Stärken des Klienten zu wissen. Die Orientierung auf die Ressourcen des Klienten sollte handlungsleitend sein. Im

Verlauf der Behandlung partiell Kleinigkeiten am Klienten lobend hervorzuheben, ist faktisch keine Ressourcenorientierung. Auf diese Art und Weise bleibt das Potential des Hilfesuchenden lediglich eine Randerscheinung.59

Das Fundament des ressourcenorientierten Ansatzes ist die Überzeugung, dass jeder Mensch Ressourcen hat und somit auch über die Fähigkeit verfügt „mit belastenden Lebensumständen und persönlichen Problemen konstruktiv umzugehen.“60

Diese Aussage trifft auf psychisch kranke Menschen ebenso zu, wie auf vermeintlich Gesunde. Menschen im Allgemeinen besitzen immer förderbare Ressourcen, die es ihnen möglich machen sich wieder aufzurichten und Lösungen für aktuelle Probleme zu finden.

58 vgl. Willutzki 2009 (Internetquelle)

59 vgl. Schemmel/Schaller, S.9 ff.

60 Willutzki 2003, S.91

In der Realität werden Menschen mit psychischen Störungen oft ausschließlich defizitär wahrgenommen und das leider nicht nur von ihrem unwissenden sozialen Umfeld, sondern z.T. auch von Beschäftigten im Bereich der Psychiatrie. Das liegt evtl. auch darin begründet, dass in psychiatrischer Fachliteratur und in Lehrbüchern die zur Ausbildung von Therapeuten dienen, oft lediglich detaillierte Anleitungen zum Identifizieren von Problemen zu finden sind. Die Diagnostik und Aktivierung von Ressourcen findet dagegen kaum Beachtung, fehlt zum Teil sogar vollständig.

Es wird nicht wahrgenommen, z.T. sogar komplett ausgeblendet, dass die

hilfesuchenden Menschen vor der Diagnostizierung einer psychischen Erkrankung, ihr Leben selbstständig bewältigt haben.

Diese Tatsache lässt im Prinzip zweifellos erkennen, dass psychisch erkrankte Personen Fähigkeiten in sich tragen, die sie ihre bisherigen Lebensaufgaben

bewältigen lassen haben. Bei einem Eintritt in die Welt der Psychiatrie scheint diese Tatsache jedoch bedeutungslos zu sein.61

Mit fiel ein Zitat von Willutzki auf, welches die absolute Notwendigkeit der Nutzung von Ressourcen, gerade in Bezug auf die Arbeit in der KJP noch mal unterstreicht.

„ ...Ressourcen [sind] für die Bewältigung alltäglicher und besonderer

Anforderungen bzw. Lebensaufgaben von zentraler Bedeutung ... und somit [ist]

letztlich unsere psychische und physische Gesundheit sowie unser Wohlbefinden von ihrer Verfügbarkeit und ihrem Einsatz abhängig ...“.62

Was ist also die Folge davon, einen Klienten mit seiner Erkrankung ausschließlich defizitär zu betrachten und seinen Ressourcen keine Beachtung zu schenken?

Der Betroffene erhält keine Anregungen, keinen Impuls und vor allem kein

Handwerkzeug dafür, sich seinen Problemen zu stellen. Es bleibt für ihn unklar, wie er seine Situation verändern kann und welche Mittel ihm dafür zur Verfügung stehen.

Diese Form der Therapie bringt für den Erkrankten kaum Nutzen. Seine

individuellen Möglichkeiten zur Lösung seiner Probleme werden nicht beachtet.

Die Mittel zur Veränderung, die in ihm in Form von Ressourcen bzw.

Selbsthilfekräften bereits angelegt sind, werden nicht genutzt. Dabei würde es dem Klienten systematisch bei der Lebensbewältigung helfen, seine ganz eigenen Ressourcen zu kennen.63

61 vgl. Willutzki 2003, S.91

62 Willutzki 2003, S.91

63 dies. 2009 (Internetquelle)

Allgemein ist zu sagen, dass Ressourcen sich nur in Bezug auf die Person ermitteln lassen. Sie sind keine feststehenden Gegenstände. Damit eine Ressource nutzbar ist, überhaupt erst zu einer wird, muss sie zu der zu bewältigenden Aufgabe passen. Was eine Ressource ist, entscheidet sich also immer erst durch die Auseinandersetzung mit dem Problem und dem Kontext.64

Da Ressourcen zur Bewältigung und Lösung aktuell belastender Lebensumstände genutzt werden, sind sie auch als Mittel zur Zielerlangung und Findung einer individuellen Zukunftsperspektive zu betrachten.

Des Weiteren lassen sie sich nur dann gezielt zur Bewältigung von Problemen nutzen, wenn sie gemeinsam mit dem Klienten herausgearbeitet werden. Der Klient muss die Ressourcen selbst als solche wahrnehmen.65 Wird das Potential

ausschließlich vom Therapeuten wahrgenommen, kann es nur bedingt oder gar nicht zur Entwicklung von Lösungswegen und Zielvorstellungen genutzt werden.

Das mangelnde Interesse an der konkreten Einbindung und Arbeit mit den Ressourcen psychisch Erkrankter ist sehr bedauerlich. Die Nichtbeachtung der Ressourcen führt dazu, dass übersehen wird, dass die Möglichkeit zur Veränderung im Menschen bereits angelegt ist und nur aktiviert werden möchte. 66

Im Verlauf meiner Auseinandersetzung mit dem Thema Ressourcen fiel mir auf, dass die Begriffe Ressourcenorientierung, Ressourcenaktivierung oder auch

ressourcenorientierte Arbeit sehr uneinheitlich verwendet werden. Ich fragte mich, ob es Hindernisse in der Arbeit mit Ressourcen durch dieses heterogene

Begriffsverständnis gibt.67

4.2.1 Schwierigkeiten bei der Klärung des Ressourcenbegriffs

Eine klare Definition des Ressourcenbegriffs, eine Grundlage für ein kollektives Begriffsverständnis, ist bis zum heutigen Zeitpunkt noch nicht gefunden worden. Der Begriff Ressource ist inhaltlich vielfältig und schwer zu fassen. In der Literatur die sich thematisch mit Ressourcen auseinandersetzt, findet sich eine ganze Reihe von formalen Definitionen des Begriffs. Diese Begriffsvielfalt trägt jedoch nicht gerade zur Klarheit bei. Andererseits lässt genau diese Vielfalt gut erkennen, wie viele Möglichkeiten im Umgang mit Ressourcen vorhanden sind.

64 vgl. Willutzki 2003, S.91ff.

65 vgl. Bürgi 2004, S.179

66 vgl. Willutzki 2003, S.91ff.

67 vgl. Schaller/Schemmel 2003, S.577 ff.

Als ungünstig ist zu nennen, dass das vielförmige Begriffsverständnis die Diskussion über das Thema Ressourcen erschwert.

Ressourcenorientierung bzw. -aktivierung ist nicht klar definiert und vielleicht ist dies auch ein Grund dafür, dass ressourcenorientierte Ansätze in der Fachwelt z.T.

noch nicht akzeptiert werden. In der Arbeit mit Ressourcen erfindet jeder eine eigene Ressourcenkonstruktion, was für Neulinge sehr verwirrend sein kann. Durch diese Verwirrung bleiben die Besonderheiten und Möglichkeiten der

Ressourcenorientierung im Unterschied zur problemorientierten Herangehensweise leider oft unklar.68 Für den weiteren Ausbau bspw. ressourcendiagnostischer Verfahren, wird eine Klärung des Begriffs Ressourcen elementar sein.69

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Ressourcenorientierung noch keine klare Identität hat. Es ist ein breites Begriffsverständnis vorhanden. Dies birgt die Gefahr in sich, dass Therapeuten sich vorschnell zugestehen bereits ressourcenorientiert zu arbeiten. Die Schubkraft der Ressourcenorientierung könnte durch einen solchen Fehlgebrauch verloren gehen.70

4.3 Grundlagen ressourcenorientierter Therapie in der Kinder- und