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diabetische Nephropathie. Aufgrund der deutlichen positiven Effekte auf Herzinsuffizienz, kardiovaskuläre Mortalität und diabetische Nephropathie werden SGLT2i in Zukunft eine zunehmende Rolle bei der Behandlung von multimorbiden, für Nebenwirkungen anfälligen Patienten spielen.

Antidiabetische Effekte

In verschiedenen klinischen Studien konnte unter SGLT2-Inhibition eine relevante HbA1c-Senkung von ca. 0,5-0,8% nachgewiesen werden64. Der Effekt ist proportional zum Blutzuckerspiegel, wobei bei niedrigerem Blutzuckerspiegel der glukosurische Effekt abnimmt.

SGLT2i sind zur Therapie des Typ 2 Diabetes mellitus in Kombination mit oralen Substanzen oder als Monotherapie bei Unverträglichkeiten gegenüber Metformin zugelassen65. Die Ausscheidung von Glukose im Urin benötigt eine zumindest moderat erhaltene eGFR. Der blutzuckersenkende Effekt nimmt bei einer eGFR <30 ml/min signifikant ab. Laut der aktuellen Zulassungsbeschränkungen wird der Einsatz von SGTL2 Inhibitoren ab einer eGFR von <60 ml/min nicht mehr empfohlen; bereits eingenommene SGLT2-Inhibitoren sollten bei einem Abfall der eGFR auf unter 45 ml/min abgesetzt werden66 (Tabelle 1). In Anbetracht neuer Erkenntnisse zur diabetischen Nephropathie ist jedoch mit einer Reduktion der eGFR-Schwelle auf Werte um 30 ml/min zu rechnen. In den USA und anderen Ländern ist dies bereits für Canagliflozin erfolgt.

Kardiovaskuläre Protektion

Die Studienlage zu den kardiovaskulären Auswirkungen einer intensivierten Blutzuckertherapie ist kontrovers. Eine verbesserte HbA1c-Einstellung trägt nur bedingt zur Verbesserung von kardiovaskulären Endpunkten bei3. Mehrere orale Antidiabetikaklassen erhöhen sogar das kardiovaskuläre Risiko. So bergen z.B. Glitazone (z.B. Pioglitazon) und Dipeptidylpeptidase-4-Inhibitoren (z.B. Sitagliptin) ein erhöhtes Herzinsuffizienzrisiko67,68. Die FDA gab daher 2008 neue Leitlinien heraus, welche die Überprüfung der kardiovaskulären Sicherheit zu einem wichtigen Kriterium zur Zulassung neuer oraler Antidiabetika erklärten69. In den Zulassungsstudien für SGLT2 Inhibitoren (z.B. EMPA-Reg Outcome) konnte nicht nur die Sicherheit dieser Medikamentenklasse bewiesen werden, es zeigten sich unerwartete positive Effekte, welche in weiteren Studien untersucht wurden und kürzlich zur FDA-Zulassung von Dapagliflozin explizit zur Prävention der Herzinsuffizienz geführt haben70 (Tabelle 3).

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Studie Population Kardiale Endpunkte

EMPA REG

Keine Auswirkung auf Risiko von Schlaganfall oder Myokardinfarkt

CANVAS, CANVAS-R72 (2017)

Canagliflozin vs Placebo

10142 Patienten mit Typ 2 Diabetes und hohem mit oder ohne Typ 2 Diabetes

18,2 Monate Follow-up

Ähnliche Ergebnisse bei Patienten mit und ohne Diabetes

Tabelle 3 Landmark-Studien für kardiovaskuläre Endpunkte. HR = Hazard Ratio, Hazard-Verhältnis. CI = Confidence Interval, Konfidenzintervall

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Sowohl diesen großen randomisierten Studien konnte ein positiver Effekt auf die kardiovaskuläre Mortalität und den klinischen Verlauf einer Herzinsuffizienz gezeigt werden (Tabelle 3). Die Effekte auf ischämische Ereignisse wie Myokardinfarkt oder Schlaganfall waren jedoch gering und nur bei Hochrisikopatienten mit ischämischen Insulten in der Vorgeschichte nachweisbar76. In Beobachtungsstudien konnte ebenfalls ein deutlicher positiver Effekt auf die kardiale Mortalität und eine Reduktion des Risikos für Herzinsuffizienz unabhängig von atherosklerotischen Vorerkrankungen gezeigt werden, während beim Risiko für ischämische Ereignisse (Myokardinfarkte oder Schlaganfälle) kein Vorteil durch SGLT2i bestand77,78.

Die deutlichen Vorteile im Hinblick auf Herzinsuffizienz und kardiovaskuläre Mortalität erscheinen überproportional im Vergleich zur moderaten HbA1c-Senkung. Zudem sind Effekte bereits nach kurzer Behandlungszeit feststellbar und konnten in der kürzlich erschienenen DAPA-HF-Studie auch bei kardiovaskulären Risikopatienten ohne Typ 2 Diabetes mellitus gezeigt werden: In beiden Patientengruppen kam es zu einer 30%igen Senkung des Risikos für Herzinsuffizienz-Exazerbationen (Krankenhausaufenthalte oder i.v.-Therapie). Zudem waren die protektiven Effekte in den EMPA-REG Outcome und CANVAS-Studien auch bei Patienten ohne vorbestehende Herzinsuffizienz nachweisbar, was auf einen primären Präventionsmechanismus hindeutet79, und blieben bei niedriger eGFR erhalten, obwohl der glukosesenkende Effekt abfällt80. SGLT2 wird nicht im Herzen exprimiert. SGLT2i haben einen positiven Einfluss auf konventionelle Risikofaktoren wie HbA1c, Körpergewicht (durchschnittlich 2-3 kg Gewichtsabnahme durch Glukose- und Kalorienverlust im Urin) und Blutdruck (Senkung um durchschnittlich 6/2 mmHg, ohne kompensatorischen Anstieg der Herzfrequenz), was jedoch nur einen Teil ihrer kardiovaskulären Effekte erklärt. Eine Vielzahl von möglichen Wirkmechanismen, sowohl systemische Effekte als auch direkte Einflüsse auf intrakardiale Signalwege, werden als Teil eines multifaktoriellen Erklärungsmodells diskutiert (Tabelle 2)81,82. Drei Hypothesen stehen besonders im Fokus: Verbesserungen der Hämodynamik, die „Super-fuel Hypothese“ und Auswirkungen auf die myokardiale Sauerstoffversorgung.

SGLT2-Inhibitoren haben einen natriuretischen und geringen diuretischen Effekt, mit einer initialen zusätzlichen Diurese von ca. 300 ml/Tag, welche nach einigen Wochen Therapie durch erhöhte distal-tubuläre Natriumresorption jedoch wieder zum Ausgangspunkt zurückkehrt. Die initiale Reduktion von Plasmavolumen und Gesamtnatrium trägt zur Blutdrucksenkung und Senkung des Volumenüberschusses, Verbesserung der kardialen Vorlast (LV-Füllung) und damit wiederum zur Reduktion von Herzinsuffizienz-Krisen und Hospitalisierungsrate bei25,79. Zudem reduzieren SGLT2-Inhibitoren die arterielle Steifigkeit, was als potenzieller Mechanismus der Nachlastreduktion angesehen wird83. Durch eine Senkung des Gesamtnatriums kann außerdem eine Reduktion des interstitiellen Flüssigkeitsgehaltes erreicht werden, was bei Herzinsuffizienz-Patienten mit niedrigem arteriellem Perfusionsdruck und Empfindlichkeit gegenüber weiterer intravaskulärer Volumenreduktion vorteilhaft ist79,84. Eine Reduktion von Vor- und Nachlast wirkt sich positiv auf das ventrikuläre Remodelling aus, reduziert die ventrikuläre Belastung und den Sauerstoffverbrauch79.

31 Es wird vermutet, dass SGLT-2i eine Verlagerung des Stoffwechsels von der weniger energieeffizienten Glukose hin zu Ketonkörperoxiation bewirken. Bei gleichem Sauerstoffverbrauch kann mehr ATP erzeugt werden, was die myokardiale Kontraktilität und Effizienz fördert85,86. Zudem kann unter SGLT-2i ein Anstieg von Hb und Hämatokrit beobachtet werden, welcher in einer Post-Hoc-Analyse der EMPA-REG Outcome-Daten den wichtigsten prädiktiven Faktor für die Reduktion des kardiovaskulären Risikos darstellte87. Die Hb- und Hämatokriterhöhung kann als Marker für den diuretischen Effekt gesehen werden; darüber hinaus ist wahrscheinlich eine verbesserte Erythropoietin-Produktion durch interstitielle Fibroblasten im proximalen Tubulus der Niere mitverantwortlich, da unter SGLT2i weniger Energie für den Glukosekotransport aufgewendet werden muss88. Dieses Beispiel illustriert auch die enge Verknüpfung von kardialen und renalen Effekten von SGLT2-Inhibitoren.