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Kapazitätsreserve einführen

Im Dokument Ein Strommarkt für die Energiewende (Seite 82-85)

Teil III legt dar, wie der derzeitige Strommarkt zum Strommarkt 2.0 weiterentwickelt wird

Maßnahme 19: Kapazitätsreserve einführen

Mit einer Kapazitätsreserve stellen wir dem Strom-markt 2.0 eine zusätzliche Absicherung zur Seite.

Diese Kraftwerke kommen nur dann zum Einsatz, wenn es trotz freier Preisbildung am Großhandels-markt wider Erwarten einmal nicht zur Deckung von Angebot und Nachfrage kommen sollte. Mit der Kapazitätsreserve wird gewährleistet, dass auch in einer solchen Situation alle Verbraucher Strom beziehen können.

Begründung

Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass in nicht vor­

hersehbaren Situationen Angebot und Nachfrage nicht zum Ausgleich kommen . Im Unterschied zum „Kapazitäts-markt“ umfasst die Kapazitätsreserve nur Kraftwerke, die nicht am Strommarkt teilnehmen und daher auch nicht den Wettbewerb und die Preisbildung verzerren.

Eckpunkte

Mit dem Strommarktgesetz wird eine Kapazitätsreserve eingeführt:

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z Die Kapazitätsreserve hält technisch geeignete Reserve­

kraftwerke vor . Die Übertragungsnetzbetreiber nehmen auf Basis einer Ausschreibung Kraftwerke unter Vertrag, die aufgrund ihrer technischen Eigenschaften geeignet sind, die Reserveleistung rechtzeitig und zielgerichtet zu erbringen. An der Ausschreibung werden sich voraus-sichtlich nur solche Kraftwerke beteiligen, die am Strom-markt nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden können.

Sie bleiben im Eigentum der Betreiber. Die Übertragungs-netzbetreiber steuern lediglich ihren Einsatz.

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z Vorübergehend werden auf vertraglicher Basis alte Braunkohlekraftwerke in die Kapazitätsreserve über­

führt und anschließend stillgelegt . Diese Maßnahme dient der Erreichung der nationalen Klimaziele für 2020.

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z Die Kapazitätsreserve kommt nur zum Einsatz, falls ein Kapazitätsdefizit auftritt . Im unwahrscheinlichen Fall, dass am Vortag – das heißt am Day-Ahead-Markt – trotz freier Preisbildung nicht ausreichend Strom an der Strom-börse angeboten wird, um die Nachfrage zu decken, for-dern die Übertragungsnetzbetreiber die

Kraftwerksbe-treiber auf, ihre Anlagen „in Bereitschaft“ zu versetzen.

Die Kraftwerke fahren auf ihre Mindestteillast hoch und warten auf weitere Anweisungen der Übertragungsnetz-betreiber. Am Tag darauf folgt der kurzfristige, untertägige Handel (Intraday-Markt). Nur für den Fall, dass auch am Intraday-Markt die Nachfrage trotz freier Preisbildung nicht vollständig gedeckt wird, greifen die Übertragungs-netzbetreiber ein. Zunächst nutzen sie die verfügbare Regelleistung. Genügt dies nicht, fordern die Übertra-gungsnetzbetreiber die Reservekraftwerke auf, die ver-bleibende Nachfrage zu decken (siehe Abbildung 16).

Zweite Auktion an EPEX SPOT:

Einkürzung der Kaufgebote

Aktivierung Kapazitätsreserve (Anlagen mit langen Anfahrtszeiten)

Abruf Kapazitätsreserve Sehr hohe Preise im

Intraday-Markt, ggf. viele offene Positionen

Positive Regelleistung nahezu vollständig aktiviert, Systemzustand kritisch

Abbildung 16: Einsatz der Kapazitätsreserve

Day-Ahead-Markt

Fahrplananmeldung BKV

Erste Auktion an EPEX SPOT:

Keine Markträumung

12:00 14:30 Tag D-1 Tag D Tag D

Intraday-Markt

Beginn physisches Kapazitätsdefizit

Regelleistung + Reserve

Quelle: Eigene Darstellung

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z Kapazitäts­ und Netzreserve sind zwei unterschiedliche Instrumente . Die Kapazitätsreserve sichert die Strom-versorgung für den unwahrscheinlichen Fall ab, in dem der Markt Angebot und Nachfrage nicht ausgleicht. Die Netzreserve hingegen sichert den Netzbetrieb bei regio-nalen Netzengpässen ab. Bis zur Behebung der Netzeng-pässe hält sie Kraftwerke in Süddeutschland vor, um sie im Falle von Netzengpässen für Redispatch einzusetzen.

Während die Kapazitätsreserve deutschlandweit und unbefristet eingeführt wird, erfüllt die Netzreserve eine regionale, zeitlich begrenzte Aufgabe, die maßgeblich vom Fortschritt des Netzausbaus abhängt. Die Netz-reserve kann in dem Umfang auslaufen, wie wichtige Netzausbauvorhaben abgeschlossen und keine Reserve-kraftwerke mehr für den sicheren Netzbetrieb erforder-lich sind.

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z Die Beschaffung der Kapazitätsreserve wird mit der Beschaffung der Netzreserve verzahnt . Im ersten Schritt wird die Kapazitätsreserve ausgeschrieben. Mit-bieten können alle technisch geeigneten Kraftwerke, grundsätzlich auch solche, die gegenwärtig bereits in der Netzreserve sind. Den Zuschlag erhalten die Kraftwerke mit den geringsten Kosten für die Vorhaltung. Im zwei-ten Schritt überprüfen die Übertragungsnetzbetreiber, welche dieser Kraftwerke in Süddeutschland stehen und parallel als Netzreserve dienen können. Soweit danach noch weiterer Bedarf an Netzreserve besteht, wird dieser Rest wie bisher als reine Netzreserve beschafft. Da hier-für der Kreis potenzieller Anbieter in Süddeutschland zu klein ist, ist eine Ausschreibung nicht sinnvoll. Die Übertragungsnetzbetreiber beschaffen die Netzreserve wie bisher in direkter Verhandlung mit den Kraftwerken (siehe Abbildung 17). Die derzeit gültige Reservekraft-werksverordnung, in der die Netzreserve geregelt ist, wird über 2017 hinaus verlängert.

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z Maßgeblich für die Vorhaltekosten der Kapazitäts­

reserve ist das Ausschreibungsergebnis . Soweit die Reserve nicht in Anspruch genommen wird, werden die Vorhaltekosten über alle Stromkunden verteilt.

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z Die Kosten für den Einsatz der Kapazitätsreserve werden nach dem Verursacherprinzip abgerechnet . Kommt die Kapazitätsreserve zum Einsatz, zahlen die Stromlieferanten, die ihre Lieferpflichten nicht erfüllen konnten, entsprechend ihrem Verursachungsbeitrag einen angemessenen Anteil der Gesamtkosten der Reserve. Die Abrechnung erfolgt im etablierten System der Regelleistung. Wird die Reserve abgerufen, beträgt der Mindestpreis für die unterdeckten Lieferanten 20.000 Euro/MWh. Dies entspricht dem technischen Höchstpreis im untertägigen Stromhandel zuzüglich eines Aufschlags von 100 Prozent. Damit haben die Lieferanten klare Anreize, ihre Lieferverpflichtungen frühzeitig über Termingeschäfte oder Vereinbarungen mit ihren Kunden abzusichern und somit die Reserve erst gar nicht zum Einsatz kommen zu lassen.

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z Die Größe der Kapazitätsreserve richtet sich nach der erwarteten durchschnittlichen Jahreshöchstlast . Hiervon werden fünf Prozent, das entspricht etwa vier Gigawatt installierter Kraftwerksleistung, als zusätzliche Reserve vorgehalten. Ein Monitoring der BNetzA prüft künftig in regelmäßigen Abständen, in welchem Umfang die Kapazitätsreserve erforderlich ist.

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z Die Kapazitätsreserve lässt den Strommarkt unbeein­

trächtigt . Daher wird sie komplett vom Markt getrennt errichtet. Die Reservekraftwerke stehen ausschließlich den Übertragungsnetzbetreibern zur Verfügung und speisen nur auf deren Anweisung ein. Es erfolgt keine Vermarktung. Nach Ablauf der Vertragslaufzeit in der Reserve dürfen die Betreiber erneut in die Reserve bieten. Kraftwerke, die an der Reserve teilgenommen haben, müssen dauerhaft stillgelegt werden.

Im Dokument Ein Strommarkt für die Energiewende (Seite 82-85)