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K10-7 ist möglicherweise an der Zelldifferenzierung beteiligt

Das fußspezifische Gen K10-7 ist durch EGF-ähnliche Domänen gekennzeichnet. Die Sequenz des Transkripts ist komplett und besitzt sowohl ein Start- als auch ein Stop-Codon.

Die Sequenzanalyse erbrachte Ähnlichkeit mit der EGF-ähnlichen Domäne der Proteine aus den Familien der Tenascine und Teneurine.

In Hydra vulgaris wird K10-7 im intakten Fuß exprimiert. Dabei erstreckt sich die Expression von der Basalplatte bis zum apikalen Rand des Fußes. In Fußregenerationsexperimenten, bei denen das untere Fünftel des Polypen entfernt wurde, startet die Expression von K10-7 nach 18 Stunden, kurz bevor epitheliale Zellen zu Sekret bildenden Zellen differenzieren.

Ähnlich der Fußregeneration ist die Expression bei der Fußbildung während der Knospung kurz vor der Differenzierung von fußspezifischen Drüsenzellen nachweisbar. Die frühe Expression könnte ein Hinweis darauf sein, dass K10-7 bei der Differenzierung dieser Zellen eine Rolle spielt.

Um die Funktion von K10-7 bei der Fußbildung experimentell zu belegen, wurden mit Hilfe von LiCl ektopische Füße induziert und auf K10-7 Expression hin untersucht. Noch bevor ektopisches Fußgewebe sichtbar wird, ist die Expression flecken-, ring- und kreisförmig nachweisbar. Wahrscheinlich ist auch hier K10-7 an der Differenzierung von epithelialen Zellen zu Fußzellen beteiligt. Jungpolypen, d.h. Polypen die sich frisch vom Muttertier abgelöst haben, zeigen bei der LiCl Behandlung ein ähnliches Expressionsmuster wie adulte Tiere. Dies beweist, dass die nachgewiesene Expression nicht auf ein autarkes

„Weiterlaufen“ des Fußbildungsprogramms einer durch LiCl unterdrückten Knospung zurückzuführen ist (Hassel und Berkin, 1990).

Um Aussagen über eine mögliche Funktion von K10-7 bei der Fußbildung machen zu können, war eine Zuordnung der ermittelten Aminosäuresequenzen zu bekannten Proteinen nötig. Da Sequenzähnlichkeiten sowohl zur Familie der Tenascine als auch zur Familie der Teneurine bestehen wurden beide in die Analysen einbezogen.

Anhand des Alignments wurde für K10-7 eine EGF-ähnliche Domäne identifiziert, die sechs EGF-ähnlichen Motive enthält. Die Übereinstimmungen der Sequenz mit den entsprechenden EGF-ähnlichen Motiven der Tenascine bzw. Teneurine liegt zwischen 34,3% und 10,8% für Tenascine und zwischen 40% und 8,1% für Teneurine.

Es kann davon ausgegangen werden, dass EGF-ähnliche Motive eine ähnliche Tertiärstruktur wie der Epidermale Wachstumsfaktor (EGF) ausbilden (Zanuttin et al., 2004).

Für die korrekte Faltung des EGFs als auch der EGF-ähnlichen Motive ist die Ausbildung von Disulfidbrücken wichtig. Essentiell ist die Ausbildung der zweiten und dritten Disulfidbrücke zwischen Cys-2/Cys-4 und Cys-5/Cys-6 (Alewood et al., 2005). Fehlt eine der beiden Brücken so ist das EGF Molekül nahezu linear und zeigt kaum Aktivität. Dagegen ist die Ausbildung der ersten Disulfidbrücke weniger essentiell (Barnham et al., 1998). Das Fehlen der Brücke hat ausschließlich Auswirkung auf den Bereich um die fehlende Brücke.

Die Tertiärstruktur des Moleküls und damit die Funktion bleiben erhalten (Abb. 10).

Keines der in K10-7 gefundenen EGF-ähnlichen Motive besitzt alle sechs EGF-typischen konservierten Cysteine. Die EGF-ähnliche Domäne von K10-7 besitzt ein Motiv das möglicherweise eine EGF-ähnliche Tertiärstruktur einnehmen kann. EGF(1) fehlt zwar die erste Disulfidbrücke (Cys-1/Cys-3), es kann aber die für die Proteinstruktur wichtigen zweite und dritte Brücke (Cys-2/Cys-4 und Cys-5/Cys-6) ausbilden.

Auch EGF(4) bildet zwei Disulfidbrücken aus. Dabei handelt es sich aber um die erste und zweite Disulfidbrücke. Daher ist anzunehmen, dass keine EGF-ähnliche Proteinstruktur eingenommen wird.

EGF(5) und EGF(6) bilden jeweils nur eine und EGF(2) und EGF(3) keine Disulfidbrücke aus. Überdies ist EGF(2) mit nur 23 Aminosäuren ein stark verkürztes Motiv.

EGF-ähnliche Domänen kommen in vielen Proteinen vor. Sie wurden z.B. allein schon in 300 menschlichen extrazellulären Proteinen gefunden (Letunic et al., 2004). Dabei bestehen die Domänen einiger der Proteine aus einer Vielzahl hintereinander angeordneter EGF-ähnlicher Motive wie z.B. das Notch Proteine mit 36 Motiven (Artavarius-Tsakonas et al., 1995).

Andere Proteine wie die Prostaglandin H Synthase-1 enthalten nur ein einziges EGF-ähnliches Motiv (Picot et al., 1994).

EGF-ähnliche Motive vermitteln Protein-Protein Interaktionen (Stenflo et al., 2000). Dabei reichen meist ein oder zwei Motive aus. Bei der Interaktion von Notch mit Delta sind dies die Motive EGF(11) und EGF(12) (Artavanis-Tsakonas et al., 1995; Artavanis-Tsakonas et al., 1999). Die Urokinase interagiert sogar nur mit einem einzigen EGF-ähnlichen Motiv mit dem Rezeptor (Blasi et al., 1984). Die EGF(1) von K10-7 kann also ausreichend sein um eine Protein-Protein Interaktion zu vermitteln

Eine Besonderheit der EGF-ähnlichen Domäne der Teneurine ist, dass den Motiven EGF(2) und EGF(5) jeweils das Cys-3 fehlt. Dadurch können die beiden EGF-ähnlichen Motive die

erste Disulfidbrücke nicht ausbilden. Dennoch sollten sie eine EGF-ähnliche Tertiärstruktur einnehmen können. Es gibt Hinweise, dass die Proteine der Teneurin Familie dimerisieren (Oohashi et al., 1999; Fascetti und Baumgartner, 2002; Feng et al., 2002). Dies erfolgt höchstwahrscheinlich über die ungepaarten Cysteine von EGF(2) und EGF(5) (Feng et al.

2002). Die EGF-ähnliche Domäne von K10-7 besitzt sieben ungepaarte Cysteine. Es wäre möglich, dass über diese Aminosäuren analog den Teneurinen eine Di- oder Multimerisierung stattfindet.

Über die Funktion der EGF-ähnlichen Domäne der Tenascine und Teneurine ist bisher wenig bekannt. Swindle et al. (2001) konnten zeigen, dass einzelne klonierte EGF-ähnliche Motive von TN-C mit einer geringen Affinität an EGF-Rezeptoren (EGFR) binden. Möglicherweise besitzt die ähnliche Domäne auch eine mitogene Wirkung, wie dies für die EGF-ähnlichen Motive des Tenascins nachgewiesen wurde (Spring et al., 1989).

Tenascine werden auch als Zelladhäsionsmodulatoren bezeichnet (Jones und Jones, 2000).

Im Gegensatz zu anderen Proteinen der extrazellulären Matrix wirken Tenascine nicht nur adhäsiv, sondern auch antiadhäsiv, und helfen so Grenzen in sich entwickelnden oder regenerierenden Geweben zu bilden. Pesheva und Probstmeister (2000) konnten zeigen, dass ein Teil der EGF-ähnlichen Domäne verantwortlich für die antiadhäsiven Wirkung von TN-R bei Neuronen ist. Ob die Konservierung der EGF-ähnlichen Domäne von K10-7 ausreicht um analoge Funktionen zu übernehmen, wie sie für die EGF-ähnliche Domäne der Tenascine beschrieben wurden, bleibt noch nachzuweisen.

Die Expression von K10-7 während der Knospung ist möglicherweise mit der Expression von Kringelchen, einem Rezeptor für den Fibroblasten-Wachstumsfaktor gekoppelt. Im Knospenstadium 4 wird kringelchen von ektodermale Zellen ringförmig an der Knospenbasis exprimiert (Sudhop et al., 2004). Nach der Ablösung der Knospe ist die Expression ringförmig in Zellen um die Ablösestelle nachweisbar. Innerhalb weniger Stunden wird der Ring der exprimierenden Zellen immer kleiner, bis er schließlich verschwunden ist.

Untersuchungen der Koexpression von kringelchen und K10-7 zeigten, dass in Knospenstadium 7, dem Startpunkt der K10-7 Expression, beide Gene überlappend an der Knospenbasis exprimiert werden. In Stadium 8 kommt es zu einer Abgrenzung der Expressionsdomänen von kringelchen und K10-7 gegeneinander. Zu diesem Zeitpunkt wird kringelchen nur noch von ektodermalen Zellen des Muttertiers, und K10-7 wird ausschließlich von Zellen der Knospenbasis exprimiert.

Es sind verschiedne biologische Zusammenhänge bekannt, in deren Rahmen Fibroblastenwachstumsfaktoren Einfluss auf Tenascine bzw. Teneurine nehmen. Suzuki et al. (2002) zeigten, dass durch die Injektion des Fibroblasten-Wachstumsfaktors FGF1 in den Hypothalamus der Ratte die Expression verschiedener Tenascin C Isoformen induziert wird.

Beim Hühnchen wurde gezeigt, dass während der Federknospenentwicklung in der Haut die

Tenascin Expression durch FGF induziert wird (Rouzankina et al., 2004). Außerdem gibt es Hinweise, dass die Teneurin 2 Expression in Hühnchen während der Entwicklung der Gliedmaßen und der Somitenbildung durch FGF8 reguliert ist (Tucker et al., 2001). Somit ist die Induktion der K10-7 Expression durch Kringelchen vorstellbar.

Im Gesamtgefüge der Fußbildung könnte K10-7 an der Transdifferenzierung der ektodermalen Zellen beteiligt sein. Dieser Vorgang umfasst mehrere Phasen eines morphogenetischen Prozesses. Epidermale Zellen werden im Zuge des normalen Gewebeflusse aus dem Gastralraum in Richtung basales Ende verschoben. Dabei verändern die Zellen bereits im Stiel ihre Form. Sie flachen ab und enthalten, im Vergleich zu Zellen im Gastralraum, weniger Granula. Noch sind die Zellen nicht terminal differenziert, was Transplantationsexperimente aus unterschiedlichen Schichten der Stielregion belegen (Kobayakawa und Kodama, 2002). Erst wenn die Zelle den Transdifferenzierungspunkt, der oberhalb der Fußscheibe liegt, passieren, differenzieren sie endgültig. Dabei machen die Epithelzellen eine letzte drastische Veränderung ihrer Form und Funktion durch.

Ektodermale Epithelzellen transdifferenzieren zu Basalscheibenzellen, und erfahren somit die terminale Differenzierung zu fußspezifische Zellen.

Eine Schlüsselrolle bei der Fußzelldifferenzierung könnte dem Mikroumfeld der Zellen zukommen. So wird spekuliert, dass zunächst die Metalloproteinasen FRAM-1, HMMP und HMP2 durch proteolytische Aktivität entscheidend das Mikroumfeld modulieren und so eine Differenzierung der epithelialen Zellen induzieren (Kupfermüller et al., 1999; Leontovich et al., 2000; Yan et al., 2000). Am terminalen Schritt der Fußzelldifferenzierung könnte K10-7 beteiligt sein, dass durch adhäsive oder antiadhäsive Wirkung ein weiteres mal das Mikroumfeld der Zellen umgestaltet.

3.5 Die Etablierung der RNAi-Methode bei Hydra vulgaris