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Ein Juwel des Synagogenbaus

Im Dokument JÜDISCHES LEBEN IN BAYERN (Seite 25-28)

Von Benno Reicher

meindemitgliedern war die Hälfte depor-tiert oder ermordet worden, die andere Hälfte emigrierte. Nur fünfundzwanzig Augsburger Juden kehrten nach dem Krieg hierher zurück“, sagte Gribl. Es sei ein Wunder, meinte Mazo, „dass die Syn-agoge die Katastrophen des 20. Jahrhun-derts überstanden hat: die Pogromnacht 1938 und auch die Bombennächte des Zweiten Weltkrieges.“

Erst 1985 konnte die Synagoge nach lang-jähriger Instandsetzung wieder benutzt werden. „Bis dahin“, erklärte Mazo, „über-ließ man die Schönheit des Raumes den Tauben, die durch die zerbrochenen Fens-terscheiben ein- und ausflogen. Welch eine Symbolik!“ Seit längerer Zeit plant der Gemeindepräsident umfassende Sa nie-rungsmaßnahmen an der Synagoge und den Nebengebäuden, auch eine Mikwe ist geplant und das Sicherheitskonzept muss erneuert werden.

Für den bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer ist es „ein persönliches Herzensanliegen, Rechtsradikalismus und Antisemitismus keinen Millimeter Platz zu geben“. Und er versprach der Israelitischen Kultusgemeinde die Unterstützung der bayerischen Staatsregierung bei der anste-henden Generalsanierung ihres histori-schen Gotteshauses.

Auch dazu bezog der Oberbürgermeister Stellung: „Es ist unser aller Aufgabe, die Zukunft dieser Synagoge zu sichern, auch durch den Erhalt der baulichen Substanz.

Wir Augsburger, der Bezirk, das Land Bayern und die Bundesrepublik Deutsch-land. Damit unsere Synagoge das bleibt, was König Ludwig der III. von Bayern an-lässlich der Einweihung 1917 formuliert hat: Eine feierliche Schönheit.“

Festakt in der Augsburger Synagoge. Foto: Ruth Plössel/Stadt Augsburg

„... Die Gemeinde machte indessen eine traurige Entwicklung durch. Sie war kleiner und kleiner geworden. Es fehl-ten jüdische Menschen. So gründete der langjährige Gemeindepräsident Se-nator Julius Spokojny im Gedenken an die ehemalige stolze Israelitische Kul-tusgemeinde in Augsburg ein Museum.

Anlässlich der feierlichen Wiederein-weihung der Synagoge 1985 entstand das erste nichtstaatliche jüdische Mu-seum in Bayern mit dem Hauptexponat der Synagoge.

Und dann geschah das größte Wunder.

Das waren die jüdischen Einwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion. Sie strömten in großer Zahl in die Stadt, die Gemeinde platzte aus allen Nähten.

Unser Rabbiner nahm sich viel Zeit mit den neuen Mitgliedern zu sprechen. In meiner Erinnerung klang das so: Mit Ihnen können wir ein großes Wunder feiern. Nach der Katastrophe gibt es wieder Juden in der Gemeinde. Sie sind unsere Zukunft!

Als einer dieser Einwanderer stehe ich hier. Wir sind dankbar, dass wir in Augsburg so wohlwollend empfangen wurden. Wir spüren so etwas wie eine Wertschätzung, die uns so gut tut.“

Gemeindepräsident Alexander Mazo

Redeauszug

Foto: Ruth Plössel/Stadt Augsburg

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Jüdisches Leben in Bayern · Nr. 133/2017

„Die Augsburger Juden haben damals, vor 100 Jahren, eine Platte in den Bo-den des Eingangshofs eingelassen: Dar-auf ist ein Davidstern zu sehen, der eine Zirbelnuss umschließt. Wo Sie gehen und stehen in der Augsburger Altstadt, treffen Sie die Zirbelnuss an. Sie gehört seit Jahrhunderten zum Stadtwappen und wurde vermutlich als Symbol von den Römern hierhergebracht.

Was die Augsburger Juden mit der Kombination von Davidstern und Zir-belnuss zum Ausdruck bringen woll-ten, liegt auf der Hand: Wir sind Augs-burger Bürger!

Das ist ein starkes Statement – damals wie heute! Es zeugt gleichermaßen von Selbstbewusstsein und von Patriotis-mus. Es zeugt davon, dass sich die jüdi-sche Gemeinde als Teil dieser Stadtge-sellschaft wahrnahm. Mit allen Rech-ten und PflichRech-ten.

Zu den Pflichten zählte damals auch der Militärdienst. Wir dürfen nicht ver-gessen: Als diese wunderschöne Syna-goge gebaut und eingeweiht wurde, tobte ein fürchterlicher Krieg in Euro-pa. Nur zwei Tage nach der Einweihung wurde aus diesem Krieg ein Weltkrieg.“

Zentralratspräsident Dr. Josef Schuster

Redeauszug Foto: Thomas Lohnes

Ankunft von Bundespräsident Steinmeier vor der Synagoge. Foto: Ruth Plössel/Stadt Augsburg

Rabbiner Brandt im Gespräch mit Gästen. Foto: Ruth Plössel/Stadt Augsburg

Oberbürgermeister Gribl begrüßt den ehemaligen Israelischen Botschafter Hadas-Handels-man. Foto: Ruth Plössel/Stadt Augsburg

„Juden, Christen und Muslime; die, die schon immer in Deutschland sind, und die, die neu hinzugekommen sind:

Wir alle wollen in unserem Land voll-kommen zu Hause sein…

Das ist ein hehres Ziel, und eine schwie-rige Aufgabe, in Zeiten, in denen so viele, so unterschiedliche Menschen in unserem Land ihre Heimat suchen, und in denen so viel Spannung herrscht, im Inneren und im Äußeren. Vieles ist ungeklärt, und vieles müssen wir neu verhandeln, wenn Deutschland für die einen Heimat bleiben, und für die, die hinzugekommen sind, Heimat werden soll.

Aber eines, meine Damen und Herren, ist gewiss: Antisemitismus zerstört Heimat für uns alle. Der Kampf gegen den Antisemitismus ist nicht nur eine Frage der Solidarität, er ist ein Kampf für all das, was uns als Gesellschaft zu-sammenhält. Oder, mit anderen Wor-ten: Nur wenn Juden in Deutschland vollkommen zu Hause sind, ist diese Bundesrepublik vollkommen bei sich.

Nur dann ist sie ein Zelt, ein Garten am Strome, ein Ort, der den schönen Namen Heimat verdient.“

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier

Redeauszug

Foto: Bundesregierung/Steffen Kugler Der Bundespräsident trägt sich ins Gästebuch der Gemeinde ein, links: Gemeindepräsident

Alexander Mazo. Foto: Ruth Plössel/Stadt Augsburg

Alexander Mazo und seine Gattin begrüßen den Augsburger Oberbürgermeister.

Foto: Ruth Plössel/Stadt Augsburg

Festgottesdienst mit Rabbiner Brandt. Foto: JKMAS

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