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9.1. Kriminalität

Straftatbestände sowie ermittelte jugendliche und ausländische Tatverdächtige 2012

Kriminalitätsfeld Anzahl

Ausländer/innen stellen in fast allen Kriminalitätsfeldern mehr als 50 Prozent aller ermittelten Tatverdächtigen.

Die überdurchschnittliche Delinquenzrate von Ausländerinnen und Ausländern im Vergleich zur Gesamtbevölkerung wird in anderen Staaten unter anderem mit dem tieferen sozioökonomischen Status und geringerer gesellschaftlicher Integration von Ausländerinnen und Ausländern erklärt. Hierzu gibt es für Liechtenstein keine eigenen Studien, es können aber vergleichbare Ursachen vermutet werden. Ausserdem ist gerade im Falle Liechtensteins zu beachten, dass nicht alle tatverdächtigen Ausländer/innen in Liechtenstein wohnhaft sind, womit die Wohnbevölkerung als Bezugsgrösse irreführend ist.

Männer begehen häufiger als Frauen kriminelle Taten. Unter den ermittelten Tatverdächtigen werden bei ausgesuchten Kategorien von Straftatbeständen zwischen 80 und mehr als 90 Prozent Männer registriert. Die Gesamtzahl der 2012 bearbeiteten Tatbestände nach dem Strafgesetzbuch ist im Vergleich zum Vorjahr (2011:

1’061 Tatbestände) leicht gestiegen.

Datenquellen

Kriminalstatistik. Rechenschaftsbericht der Regierung. Jahresbericht Landespolizei.

Erhebungsstellen Landespolizei.

Aktualisierungsrhythmus Jährlich.

868 1'002 1'138 1'043 1'059 1'189 1'075 1'112 1'216

1'046 1'061 1'142

0 500 1'000 1'500

2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012

9.2. Strafvollzug

Inhaftierungen im Landesgefängnis seit 2010

2010 2011 2012

- Bereich Ausländergesetz/Ausschaffung etc. 30 64 70

- Betäubungsmittelgesetz 2 1 0

Im Landesgefängnis werden sämtliche Haftarten, welche die liechtensteinischen Gesetze betreffen, vollzogen.

Inhaftierte, welche Haftstrafen von über zwei Jahren zu verbüssen haben oder sich im Massnahmenvollzug befinden, werden in österreichische Anstalten überstellt, da das Landesgefängnis in Vaduz zum Vollzug von längeren Haftstrafen oder von Massnahmen nicht eingerichtet ist. Eine Verlegung zum Vollzug der Reststrafe oder einer Massnahme wird in der Regel veranlasst, sobald die Urteile rechtskräftig sind. 2012 waren insgesamt 60 Personen (2011: 71) im Landesgefängnis inhaftiert, davon mehrheitlich Männer. Mit fast 1000 weniger Hafttagen ist ein starker Rücklauf zu verzeichnen. Den grössten Anteil der Inhaftierungen machen ausländerrechtliche Delikte sowie Delikte nach dem Strafgesetzbuch aus, wobei auch diese im Vergleich zum Vorjahr leicht rückläufig sind. Weiter waren 15 Häftlinge mit insgesamt 4’338 Hafttagen in österreichischen Anstalten zum Vollzug ihrer Haftstrafen oder Massnahmen untergebracht (2011: 4’248). Dies sind eine Person weniger und etwas mehr Hafttage als im Vorjahr. Zum ersten Mal seit einigen Jahren wurde 2012 als Pilotprojekt ein Häftling für 42 Hafttage in einer Strafanstalt in der Schweiz untergebracht.

Die unabhängige Vollzugskommission zum Strafvollzug, die seit Anfang 2008 existiert, ist für die Einhaltung der Vorschriften im Strafvollzug zuständig. 2012 wurde wie schon im Vorjahr eine positive Gesamtbilanz gezogen.

Hervorgehoben wurden die Haftbedingungen sowie die gute Atmosphäre innerhalb des Gefängnisses. Negativ bewertet wurden fehlende Arbeitsmöglichkeiten innerhalb des Gefängnisses.

Datenquellen

Jahresbericht Landespolizei. Rechenschaftsbericht der Regierung.

Erhebungsstellen Landespolizei. Regierung.

Aktualisierungsrhythmus Jährlich.

9.3. Jugendgewalt

Entwicklung der Jugendgewalt seit 2001 (Anzahl Fälle)

Erklärung

Im Jahr 2012 wurden 88 Gewalttatbestände registriert, welche von total 28 Minderjährigen begangen wurden.

Auffallend im Vergleich zum Vorjahr ist die Anzahl der Tatbestände, welche markant gestiegen ist (2011: 33).

Vergleicht man die zwei Werte über die letzten Jahre, zeigt sich zwar ein leichter Anstieg der Jugendgewalt, aufgrund der geringen Fallzahlen kann daraus aber noch kein Trend abgeleitet werden. Bei der Geschlechterverteilung ist die Lage hingegen eindeutig: über 75 Prozent der Täter sind männlich.

Differenziert man hinsichtlich der Nationalität der minderjährigen Gewalttäter, zeigt sich, dass 50 Prozent der Tatbestände von ausländischen Jugendlichen begangen wurden. Dies bedeutet gegenüber 2011 (46 Prozent) einen leichten Anstieg, welcher aber aufgrund der geringen Fallzahlen nicht sehr aussagekräftig ist. Deshalb lässt sich auch hier über die letzten zehn Jahre keine klare Tendenz feststellen. Allerdings zeigt sich, dass ausländische Jugendliche im Vergleich zur Gesamtbevölkerung in der Kriminalstatistik überrepräsentiert sind. All diese Zahlen beziehen sich nur auf die von der Polizei ermittelten Fälle. Jugendspezifische Phänomene wie „Littering“, Lärmbelästigung und Ähnliches werden in der Statistik nicht erhoben.

Datenquellen

2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012

Tatbestände Tatverdächtige <18 Jahre

9.4. Rassendiskriminierung und rassistisch motivierte Straftaten

Anzeigen, eingeleitete Verfahren und Verurteilungen bezüglich Rassendiskriminierung und rassistisch motivierten Straftaten seit 2004

2004–2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 Rassendiskriminierung und

rassistisch motivierte Straftaten

4 4 3 6 6 1 1

Verfahren eingeleitet 2 1 1 2 2 0 0

Verurteilungen 0 1 1 1 1 0 0

Erklärung

Nach § 283 Strafgesetzbuch stehen rassistische und fremdenfeindliche Handlungen unter Strafe. Die diesbezügliche Statistik ist allerdings wenig aussagekräftig, weil von einer nicht bekannten Dunkelziffer ausgegangen werden muss, da nicht alle rassistischen und fremdenfeindlichen Handlungen zur Anzeige gebracht werden. Zu diesem Schluss gelangt auch der Rechtsextremismusbericht von Eser Davolio u.a. (2009), in dem festgehalten wird, dass Anzeigen ausbleiben, weil dem Vorfall zu geringe Bedeutung beigemessen wird, weil die Täter geschont werden sollen oder auch wegen Drohungen und Angst vor negativen Konsequenzen.

Einzelne Ereignisse können von einem Jahr zum anderen starke Schwankungen in der Statistik auslösen, sodass daraus kein genereller Trend abgeleitet werden kann. Die Entwicklungstendenz ist insgesamt unklar. Teilweise wird von einer Abnahme rechtsextremer Gewalt in den letzten Jahren, teilweise aber auch von einer Verlagerung ins Ausland und damit einer geringeren Visibilität im Inland ausgegangen.

Im Jahr 2012 gab es bezüglich Vorfälle mit rechtsextremem Hintergrund lediglich ein Verfahren, welches gegen unbekannte Täter geführt und schliesslich eingestellt wurde.

Datenquellen

Kriminalstatistik. Rechenschaftsbericht der Regierung. Jahresbericht Landespolizei. Marxer 2011, 2012, 2013 (Rechtsextremismus). Eser Davolio u.a. (2009).

Erhebungsstellen

Landespolizei. Staatsanwaltschaft. Landgericht. Regierung.

Aktualisierungsrhythmus Jährlich.

9.5. Rechtsradikalismus

Erklärung

Es kommt in Liechtenstein immer wieder zu rechtsradikal motivierten Vorfällen. Gemäss einer 2009 abgeschlossenen Studie (Eser Davolio u.a.) ist mit einem rechtsradikalen Personenkreis in der Grössenordnung von 30 bis 40 Personen zu rechnen. Diese Personen sind gesellschaftlich relativ gut integriert. Die rechtsradikale Szene Liechtensteins unterhält engen Kontakt zu ausländischen Gleichgesinnten, was durch das Internet in den vergangenen Jahren noch einfacher geworden ist. Politik, Landespolizei und Staatsanwaltschaft beobachten die Szene aufmerksam. Besonders hervorzuheben ist dabei auch die Gewaltschutzkommission der Regierung, in welcher verschiedene Behördenstellen zusammenarbeiten und die die Aktivitäten gegen den Rechtsextremismus koordiniert. Dabei nehmen auch Präventionsmassnahmen und die Öffentlichkeitsarbeit einen hohen Stellenwert ein. So wurde 2010 eine interdisziplinäre Fachgruppe gegen Rechtsextremismus eingerichtet, welche Personen im Umfeld von Rechtsextremismus unterstützt und berät. Ausserdem wurde die Inseratekampagne „Gemeinsam gegen rechte Gewalt“ lanciert. Seit 2010 wird zudem ein jährlicher Bericht über rechtsradikale Vorkommnisse in Liechtenstein veröffentlicht (erstmals: Marxer 2010).

In jüngerer Zeit ist es zu mehreren Gewaltaktionen gekommen, seien dies Schlägereien mit Körperverletzung, Brandanschläge mit Inkaufnahme von Personenschäden oder auch verbale Angriffe. Grosse Aufmerksamkeit erlangte eine Massenschlägerei an einem öffentlichen Festanlass in Mauren (Oktoberfest 2008), an welcher auch Rechtsradikale aus der Schweiz beteiligt waren. Die Justiz reagierte rasch, was in Verurteilungen mit Haftstrafen resultierte. In der Gemeinde Eschen-Nendeln kam es zwischen November 2009 und Februar 2010 zu mehreren Brandanschlägen auf eine Imbissbude sowie Wohnhäuser von türkischen Mitbürgern. Auch dies endete mit einer Haftstrafe für den ermittelten Täter. 2011 und 2012 kam es im Gegensatz zu den Vorjahren zu keinen öffentlich bekannt gewordenen Gewaltakten.

Weitere Aktionen der Rechtsradikalen waren die Gründung eines Klublokals als Versammlungsort, welcher mit einschlägigen Materialien ausgestattet worden war. Das Lokal wurde verboten und gegen die Betreiber wurden bedingte Haftstrafen ausgesprochen, gegen den vorbestraften Anführer der Gruppe sieben Monate unbedingte Haft angeordnet. Seit 2009 trat die rechte Szene mit mehreren Flugblatt- und Plakataktionen in Erscheinung, die ohne Angabe der presserechtlich Verantwortlichen an Haushalte in Liechtenstein verteilt werden. Gegen die Verteiler des ersten Flugblattes wurde erfolgreich ermittelt. Die Texte der Flugblätter der „Völkischen Erneuerungsbewegung“ (2009) und der Gruppe „Nationaler Sozialismus“ sowie der „Europäischen Aktion“

(2011ff) waren allerdings so formuliert, dass sie strafrechtlich hinsichtlich Rassendiskriminierung nicht verfolgt werden konnten, sondern lediglich ein Verstoss gegen das Presserecht vorlag. Im Dezember 2011 wurde ein Internetauftritt der „Volkstreuen Jugend Fürstentum Liechtenstein“ (VJFL) online geschaltet. Auch hier wurde der Text so formuliert, dass er die Antirassismusnormen nicht verletzte.

Datenquellen

Jahresbericht Landespolizei 2012. Studie Eser Davolio/Drilling 2009. Marxer 2011, 2012, 2013 (Rechtsextremismus).

Erhebungsstellen

Landespolizei. Staatsanwaltschaft. Gewaltschutzkommission.

Aktualisierungsrhythmus Jährlich.

9.6. Häusliche Gewalt

Interventionen der Landespolizei bei häuslicher Gewalt seit 2001 (Anzahl)

Art der Interventionen der Landespolizei bei häuslicher Gewalt seit 2006

2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012

Von Gewalt in Familie und Partnerschaft sind vor allem Frauen betroffen. Gemäss einer grenzüberschreitenden Untersuchung zum Thema Gewalt in Ehe und Partnerschaft gaben im Jahr 2003 29 Prozent der in Liechtenstein befragten Frauen und Männer an, selbst schon einmal von Gewalt betroffen gewesen zu sein (Geser-Engleitner 2003). Zur Verbesserung des Schutzes vor Gewalt regelt das Polizeigesetz, dass mittels Wegweisungsrecht und Betretungsverbot Opfern von Gewalt ein umfangreicher Schutz gewährleistet wird.

Das Frauenhaus Liechtenstein bietet gewaltbetroffenen Frauen Schutz, Unterkunft und Unterstützung an. Im Jahr 2012 wurden im Frauenhaus insgesamt 19 Frauen und 17 Kinder stationär betreut. Zusätzlich wurden 16 Frauen persönlich und weitere 16 Frauen telefonisch beraten und begleitet.

Mit der Änderung des Sexualstrafrechtes 2011 wurde der materiell-rechtliche Opferschutz ausgeweitet. In Fällen der gefährlichen Drohung gegen nahe Angehörige, der beharrlichen Verfolgung, der Begehung von Vergewaltigungen oder sexuellen Nötigungen in Ehe oder Lebensgemeinschaft wurde die Erfordernis der Ermächtigung der betroffenen Person abgeschafft.

Datenquellen

Landespolizei (separate Erhebung). Stabsstelle für Chancengleichheit. Geser-Engleitner (2003). Strafgesetzbuch, LGBl. 1988 Nr. 37. Polizeigesetz, LGBl. 1989 Nr. 48. Kriminalstatistik. Jahresbericht Frauenhaus Liechtenstein.

Erhebungsstellen

Landespolizei. Stabsstelle für Chancengleichheit. Frauenhaus Liechtenstein.

0

2001 2002 2003 2004 2005 2009 2010 2011 2012

Interventionen bei häuslicher Gewalt gewaltbetroffene Frauen

gewaltbetroffene Männer beide (gewaltbetroffen bzw.

gewaltausübend)

9.7. Sexueller Missbrauch von Kindern

Von der Fachgruppe gegen sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen behandelte Fälle seit 2001 Jahr Fälle Betroffene Kinder und Jugendliche Alter der Betroffenen

2001 14 17 + unbestimmte Anzahl in einem Fall 3-19 Jahre

Sexualdelikte gegen Unmündige und Pornographie seit 2010

2010 2011 2012

Sexueller Missbrauch von Personen unter 16 Jahren sowie Inzest sind nach liechtensteinischem Strafgesetzbuch (Art. 208 und 211) unter Androhung von Freiheitsstrafen verboten. Ebenso ist nach Art. 218a mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, wer pornographische Schriften, Ton- oder Bildaufnahmen, Abbildungen, andere Gegenstände solcher Art oder pornographische Vorführungen einer Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, anbietet, zeigt, überlässt, sonst zugänglich macht oder durch Radio, Fernsehen oder andere elektronische Medien verbreitet. Die in Liechtenstein registrierten Fälle variieren in der Zahl sehr stark über die Jahre. Wegen der geringen Fallzahl darf aus dem Jahresvergleich kein allgemeiner Trend abgeleitet werden. Ausserdem kann aus der Statistik auch nicht die Tragweite der einzelnen Fälle herausgelesen werden. Zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Gewalt, Missbrauch und Vernachlässigung wurde eigens die Fachgruppe gegen sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen gegründet.

Datenquellen

Strafgesetzbuch, LGBl. 1988 Nr. 37. Tätigkeitsberichte der Fachgruppe gegen sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen. Jahresberichte Landespolizei. Kriminalstatistik.

Erhebungsstellen

Staatsanwaltschaft. Amt für Soziale Dienste. Fachgruppe gegen sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen.

Aktualisierungsrhythmus Jährlich.

9.8. Vernachlässigte Kinder

Vernachlässigte Kinder, Verdacht auf Vernachlässigung seit 2010 2010 2011 2012

Vernachlässigung 13 12 19

Verdacht auf Vernachlässigung 11 6 13

Erklärung

Im Falle von Vernachlässigung oder Verwahrlosung von Kindern und Jugendlichen kommt die Kinder- und Jugendhilfe zur Anwendung. Die Zuständigkeit liegt hauptsächlich beim Amt für Soziale Dienste.

Vernachlässigung von Kindern und Jugendlichen ist öfters die Folge einer psychischen Erkrankung, Suchterkrankung oder Intelligenzminderung eines oder beider Elternteile, oft in Verbindung mit sozialen und finanziellen Problemen der Familie. Die Hilfen der Kinder- und Jugendhilfe umfassen beispielsweise sozialpädagogische Familienbegleitung als Erziehungshilfe vor Ort, zeitweise Betreuung in einer Kindertagesstätte oder bei einer Tagesmutter, Psychotherapien der Eltern oder des Kindes, Controlling durch den Kinderarzt, den Einsatz der Familienhilfe oder die Prüfung auf Unterstützungsanspruch auf wirtschaftliche Sozialhilfe. Falls erforderlich werden Auflagen und Weisungen erteilt, die das Kindeswohl wieder herstellen, etwa ärztliche oder psychiatrische Behandlung, in akuten und schweren Fällen auch eine Platzierung der Kinder an privaten Pflegeplätzen oder in Einrichtungen.

Die Kinder- und Jugendhilfe war im Jahr 2012 in 19 Fällen mit Vernachlässigung und in 13 Fällen mit Verdacht auf Vernachlässigung befasst. Dies entspricht gesamthaft einer Zunahme von rund 78 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Dieser Zuwachs ist einerseits auf eine höhere Sensibilität bei Lehrkräften und Schulen, bedingt durch das 2009 in Kraft getretene Kinder- und Jugendgesetzes, zurückzuführen und andererseits wird bei Kindeswohlgefährdung in Familien jedes betroffene Kind einzeln erfasst. Dies führt aufgrund der grundsätzlich sehr geringen Fallzahl zu deutlichen Ausprägungen.

Datenquellen

Kinder- und Jugendgesetz, LGBl. 2009 Nr. 29. Amt für Soziale Dienste (Sondererhebung).

Zuständige Behörden und nichtstaatliche Stellen Amt für Soziale Dienste.

Erhebungsdatum und Aktualisierungsrhythmus Jährlich.

9.9. Menschenhandel, Sexgewerbe

Zuhälterei seit 2006 (Anzahl)

2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012

Zuhälterei 0 1 0 1 0 0 1

Erklärung

Gemäss der liechtensteinischen Landespolizei ist Liechtenstein weder Transit- noch Zielland für organisierten Menschenschmuggel. Von Ausbeutung bedroht sind dennoch ausländische Tänzerinnen, die in den liechtensteinischen Nachtclubs arbeiten und über eine Kurzaufenthaltsbewilligung für maximal sechs Monate verfügen. Ein Grundsatzbeschluss der Regierung über die Zulassung von „Cabaret-Tänzerinnen“ enthält detaillierte Regelungen zum Schutze der Tänzerinnen. Der Beschluss enthält Bestimmungen über eine verpflichtende Kranken- und Unfallversicherung, über die verpflichtende Teilnahme am Projekt Aids-Prävention im Sexgewerbe (APIS, seit 2001) und über das Recht auf angemessene Unterkunft und Mindestlohn. Zusätzlich müssen visumspflichtige Ausländerinnen vor dem Stellenantritt in der Schweiz tätig gewesen sein. Den Nachtclubs wird ferner eine Maximalquote von fünf Tänzerinnen pro Monat auferlegt.

Auf Grundlage dieser Richtlinien führt die Landespolizei regelmässig Kontrollen in den Nachtclubs durch. Bei diesen Kontrollen werden durch in der Thematik sensibilisierte Beamte unter anderem Anzeichen auf Menschenhandel überprüft. Seit 2009 werden die „Cabaret-Tänzerinnen“ vor Erteilung der Bewilligung ausführlich über ihre Rechte und Pflichten informiert und es wird ihnen im Fall von Gewalt, Drohung und Ausbeutung Opferschutz angeboten (Projekt Magdalena). Ein von der Regierung im Juli 2007 verabschiedeter Leitfaden zur Bekämpfung des Menschenhandels legt die Zuständigkeiten und Abläufe fest, die für involvierte Behörden (Staatsanwaltschaft, Ausländer- und Passamt, Landespolizei, Amt für soziale Dienste) bindend sind, wenn ein Fall von Menschenhandel aufgedeckt wird. Dieser Leitfaden sieht eine 30-tägige Bedenkfrist vor, innert der sich Opfer entscheiden müssen, ob sie mit den Strafverfolgungsbehörden zusammenarbeiten wollen oder nicht. Im positiven Fall erhalten Opfer eine Kurzaufenthaltsbewilligung, fachliche Betreuung (FIZ Zürich), finanzielle Unterstützung und Schutz. Im negativen Fall verfallen ihre Bewilligungen und sie müssen ausreisen.

Laut Ausländer- und Passamt können pro Jahr rund 360 Kurzaufenthaltsbewilligungen an Frauen zwecks Tätigkeit als Tänzerinnen und DJs in liechtensteinischen Nachtclubs ausgestellt werden. Im Normalfall bleiben die Frauen, welche hauptsächlich aus Drittstaaten (alle Staaten ausser Schweiz und EWR-Staaten), etwa aus Moldawien, der Ukraine, Weissrussland, Russland, der Dominikanischen Republik, Brasilien und Nordafrika stammen, zwischen einem und drei Monaten in Liechtenstein. Pro Monat werden nicht mehr als 30 Arbeitsbewilligungen erteilt, sodass monatlich maximal 30 Personen in den derzeit sechs einschlägigen Nachtclubs in Liechtenstein tätig sind.

Delikte im Bereich Menschenhandel sind in Liechtenstein keine bekannt. Prostitution wird toleriert, solange damit kein öffentliches Ärgernis verbunden ist. Ein eigentliches Prostitutionsgesetz, wie es teilweise von Fachleuten gefordert wird, existiert nicht.

Datenquellen

Dritter Länderbericht gemäss Artikel 18 des Übereinkommens über die Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau vom 18. Dezember 1979. RA 0/3573-2520 Richtlinien für die Zulassung von ausländischen Tänzerinnen oder Tänzern in Cabarets gemäss Artikel 28, 44 und 57 der Personenverkehrsverordnung (PVO) vom 16. Mai 2000. Landespolizei (separate Erhebung).

Erhebungsstellen

Landespolizei. Ausländer- und Passamt.

Aktualisierungsrhythmus Laufend.

9.10. Folter

Erklärung

In den vergangenen Jahrzehnten konnten in Liechtenstein keine Fälle von Folter festgestellt werden. Als Folter gilt nach der im Jahre 1984 verabschiedeten Anti-Folter-Konvention der Vereinten Nationen „jede Handlung, durch die einer Person von einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes oder einer anderen in amtlicher Eigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlassung oder mit deren ausdrücklichem oder stillschweigendem Einverständnis vorsätzlich grosse körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, zum Beispiel um von ihr oder einem Dritten eine Aussage oder ein Geständnis zu erlangen, um sie für eine tatsächlich oder mutmasslich von ihr oder einem Dritten begangene Tat zu bestrafen, um sie oder einen Dritten einzuschüchtern oder zu nötigen oder aus einem anderen, auf irgendeiner Art von Diskriminierungen beruhenden Grund.“ Liechtenstein ist Vertragspartei der Anti-Folter-Konvention sowie der Europäischen Menschenrechtskonvention. Seit 1992 ist Liechtenstein auch Vertragspartei des Europäischen Übereinkommens zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe. Mit diesem Übereinkommen wurde ein unabhängiges Expertengremium eingerichtet, das ein präventives Besuchssystem in den Gefängnissen der Vertragsstaaten durchführt. Das Gremium hat Liechtenstein bisher drei Mal besucht und die Massnahmen der Behörden zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe überprüft. Als weiteres Präventionsinstrument zur Folterbekämpfung dient das Fakultativprotokoll zur Anti-Folter-Konvention der UNO, zu dessen Vertragsparteien Liechtenstein seit 2006 ebenfalls gehört. Dieses Protokoll sieht die Einsetzung eines Nationalen Präventionsmechanismus vor. Dies bedeutet die Bestellung eines weisungsunabhängigen, interdisziplinären Gremiums, welches regelmässig die Einhaltung der Anti-Folterstandards im Landesgefängnis überprüft. Weiters kann das Gremium Empfehlungen an die Regierung abgeben und auf Verbesserungsmöglichkeiten im praktischen oder gesetzgeberischen Bereich hinweisen. Die Aufgaben des Nationalen Präventionsmechanismus werden von der Vollzugskommission wahrgenommen, welche seit der Revision des Strafgesetzbuches im Jahre 2008 besteht. In den Jahresberichten der Kommission wurden die Haftbedingungen im Landesgefängnis als positiv bewertet.

Datenquellen

Zweiter Zusatzbericht gem. Art. 19 des Übereinkommens vom 10. Dezember 1984 gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, 2008. Jahresbericht Landespolizei.

Erhebungsstellen

Regierung des Fürstentums Liechtenstein.

Aktualisierungsrhythmus Unregelmässig.

9.11. Zwangsverheiratung und Genitalverstümmelung

Erklärung

Nach liechtensteinischem Ehegesetz von 1973 wird grundsätzlich von der Freiwilligkeit einer Eheschliessung ausgegangen. Eine Ehe, die unter „gegründeter Furcht“, deren Vorhandensein aus der Grösse und Wahrscheinlichkeit der Gefahr und aus der Leibes- und Gemütsbeschaffenheit der bedrohten Ehepartner zu beurteilen ist, geschlossen wurde, kann für ungültig erklärt werden (Art. 37 Ehegesetz). Besondere Aufmerksamkeit wurde in jüngerer Zeit dem Phänomen der Zwangsverheiratung von Ehepaaren im Ausland geschenkt, obwohl keine diesbezüglichen Fälle von in Liechtenstein Wohnhaften dokumentiert sind. Gemäss Art.

38 des Ausländergesetzes von 2008 können die Behörden eine Aufenthaltsbewilligung im Rahmen des Familiennachzuges verweigern oder eine bereits erteilte Bewilligung widerrufen, wenn nachgewiesen wird oder zumindest hinreichende Indizien den Schluss zulassen, dass einer der Ehepartner zur Eingehung der Ehe genötigt wurde.

Mit der Revision des Strafgesetzbuches 2011 wurde festgehalten, dass keine Zustimmung des Opfers zur Strafverfolgung des Täters mehr nötig ist. Weiters wurde mit der Revision auch die ausdrückliche Strafbarkeit weiblicher Genitalverstümmelung verankert und dass in diese Form der Körperverletzung nicht eingewilligt werden kann.

Datenquellen

Ausländergesetz, LGBl. 2008 Nr. 311. Ehegesetz, LGBl. 1974 NR. 20. Strafgesetzbuch LGBl. 1988 Nr. 37 (Abänderung LGBl. 2011 Nr. 184). Zweiter Länderbericht für die universelle periodische Überprüfung des UNO-Menschenrechtsrats.

Erhebungsstellen

Ausländer- und Passamt. Zivilstandsamt. Amt für Auswärtige Angelegenheiten.

Aktualisierungsrhythmus Nach Vorkommnissen.

9.12. Opferhilfe

Opferhilfefälle seit 2008

Opferhilfefälle nach Delikten und Betroffenen, 2012

Erklärung

Anspruch auf Opferhilfe haben in Liechtenstein wohnhafte Personen, die durch eine Straftat in körperlicher, psychischer oder sexueller Hinsicht unmittelbar beeinträchtigt worden sind und Hilfe bei der Bewältigung der Situation benötigen. Dies gilt auch, wenn keine Strafanzeige erfolgt ist oder bei fehlender Täterschaft (flüchtig, unbekannt u.a.). Aus dem Umfeld des Opfers stammende und betroffene Angehörige sowie Hilfe leistende Personen, die durch erfolgte oder versuchte Hilfeleistung unmittelbar in ihrer körperlichen und psychischen Integrität beeinträchtigt sind, haben ebenfalls Anspruch auf Opferhilfe.

Gemäss Opferhilfegesetz (OHG) werden von der Opferhilfestelle folgende Dienstleistungen angeboten: a) Beratung, Information und Hilfestellung in psychologischen, sozialen, medizinischen, rechtlichen sowie versicherungstechnischen und versicherungsrechtlichen Fragen; b) Vermittlung von Fachpersonen wie Therapeutinnen und Therapeuten, Ärztinnen und Ärzten, Anwältinnen und Anwälten; c) Finanzielle Hilfe im Rahmen des Opferhilfegesetzes wie unaufschiebbare Hilfe und Kostenbeiträge für längerfristige Hilfe Dritter; d) Geltendmachung von Schadenersatz und Ersatz von ideellen Schäden (Genugtuung). Anträge müssen innerhalb

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subsidiär geleistet. Für Schaden, den Dritte durch Handlungen öffentlicher Organe erlitten haben, haftet der

subsidiär geleistet. Für Schaden, den Dritte durch Handlungen öffentlicher Organe erlitten haben, haftet der