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7.1. Prüfung des Justiznetzes

Im Berichtsjahr habe ich das Justiznetz des Senators für Justiz und Verfassung geprüft. Betreiber des Justiznetzes ist der Landesbetrieb Justiz-Dienstleistungen der Freien Hansestadt Bremen (JUDIT Bremen). Gegenstand der Prüfung waren u. a. die physikalische und logische Struktur des Justiznetzes, dessen Anbindung an das Bremische Verwaltungsnetz (BVN), die verfügbaren Dienste und Server im Justiznetz sowie die Administration des Justiznetzes.

Das Justiznetz ist ein weitgehend sternförmiges Netz aus 22 verschiedenen Standorten in Bremen und Bremerhaven. Zentraler Punkt dieses Netzes ist ein sehr leistungsfähiger Switch, der nicht nur die 22 verschiedenen Standorte in virtuelle LAN unterteilt, sondern gleichzeitig auch als Einwahlrouter in das BVN dient.

Der zentrale Switch ist so konfiguriert, dass Übergänge von einem Standort zum anderen nur in Ausnahmefällen zugelassen sind. Standortübergreifende Zugriffe auf Server anderer Bereiche werden explizit auf Routerebene freigegeben. Eine differenzierte Freischaltung bzw. Sperrung einzelner Dienste erfolgt allerdings nicht, so dass im Rahmen von freigeschalteten Verbindungen gleich sämtliche auf den Rechnern verfügbaren Dienste standortübergreifend verfügbar sind. Um die Sicherheit zusätzlich zu erhöhen, habe ich empfohlen, im Rahmen freigeschalteter Verbindungen nur die jeweils benötigten TCP/IP-Dienste freizugeben und alle anderen Ports entsprechend zu filtern.

Dies wird inzwischen von JUDIT Bremen umgesetzt.

Die Datenübertragung im Justiznetz erfolgt unverschlüsselt, sofern nicht auf Anwendungsebene entsprechende Mechanismen umgesetzt werden. Somit besteht das Risiko, dass die unverschlüsselten Daten sowohl von Mitarbeitern des Betreibers des Justiznetzes als auch von Mitarbeitern des Telekommunikationsbetreibers mitgelesen werden; dies gilt insbesondere für Client-Server-Verbindungen zu entfernten Standorten, beispielsweise zum Amtsgericht Bremerhaven. Auf meine Anregung hin wurde bei JUDIT Bremen ein Pilotprojekt gestartet, das die zwischen Bremen und Bremerhaven übertragenen Daten per IPSec verschlüsselt. Die hierbei gemachten Erfahrungen sollen anschließend dazu genutzt werden, auch andere Übertragungswege per IPSec zu verschlüsseln.

Der Landesbetrieb Justiz-Dienstleistungen hat inzwischen auch eine von mir schon seit längerem geforderte Dokumentation sowohl des Netzes selbst als auch der jeweiligen Anwendungen im Justiznetz vorgelegt. Eine abschließende Bewertung habe ich noch nicht vorgenommen.

7.2. EUROJUST

Nach Europol nun EUROJUST: Mit dem Ratsbeschluss vom 14.12.2000 (Abl.L 324, 21/12/2000, S.2) ist eine gemeinsame Stelle zur justiziellen Zusammenarbeit aller Mitgliedstaaten der EU verabredet worden. Am 1. März 2001 nahm die neue Behörde „PRO EUROJUST“ mit 16 Staatsanwälten aus den Mitgliedstaaten in Brüssel die Arbeit auf. Vorläufiges Ziel ist es, die Koordinierung der Ermittlungs- und Strafverfolgungsmaßnahmen im Bereich schwerer grenzüberschreitender Kriminalität zu erleichtern

und die Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden zu effektivieren.. Zunächst ist „PRO EUROJUST“ eine Zentrale für Verbindungsstaatsanwälte und -richter, die sich gegenseitig austauschen und zu den Stellen im eigenen Land leichter Verbindungen herstellen können. Ihnen wurden hierfür keine besonderen Befugnisse eingeräumt, sie dürfen nur nach Maßgabe des Rechts des jeweiligen Entsenderstaates handeln. Zur Zeit ist die Bundesrepublik dort mit je einem Repräsentanten der Bundesstaatsanwaltschaft und einem Staatsanwalt aus NRW vertreten.

„PRO EUROJUST“ ist, wie der Name schon vermuten lässt, lediglich ein Vorläufer einer späteren größeren europäischen Behörde namens „EUROJUST“. Die Festlegungen für die Ziele dieser europäischen Behörde wurden auf der Tagung des Europäischen Rates vom 15./16.10.1999 in Tampere getroffen. Die Europäische Kommission unterstützt die Einrichtung (vgl. Mitteilung der Kommission vom 22.11.2000,Com[2000]746). Es ist beabsichtigt, EUROJUST mit erweiterten Kompetenzen auszustatten.

Ich habe mich zusammen mit anderen Landesbeauftragten durch einen Vertreter des BMJ über Aufbau und Ziele der Behörde im AK Justiz der Datenschutzbeauftragten unterrichten lassen und werde die Entwicklung unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten weiter verfolgen. Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten hat zur aktuellen Entwicklung einen im Anhang dieses Berichts beigefügten Beschluss gefasst (vgl. 15.17. dieses Berichts).

7.3. Justizielle Verzeichnisse im Internet

Im Berichtsjahr waren rege Aktivitäten zu verzeichnen, die Justiz durch Internetanwendungen zu entlasten und durch Internetanbindungen von justiziellen Verzeichnissen und Unterlagen bei Dritten Einkünfte zu erzielen. Ich habe mich in diesem Zusammenhang nicht darauf beschränkt, solchen Projekten gegenüber nur ablehnend gegenüber zu stehen, sondern habe auch Vorschläge unterbreitet, wie unter Einhaltung des Datenschutzes neue Verfahren und rechtliche Regelungen konzipiert werden können.

7.3.1. Daten über Zwangsversteigerung abrufbar übers Internet

In einer Anfrage eines privaten Verzeichnisdienstes aus Bremen wurde ich um Auskunft gebeten, ob bei den Gerichten vorliegende Wertgutachten über Immobilien, die zwangsversteigert werden sollen,im Internet veröffentlicht werden dürfen. Da gerade die Schuldner ein hohes Interesse an einer breiten Anpreisung zum Zwecke einer besseren Verwertung haben werden, würde eine solche öffentliche Information in vielen Fällen sicherlich gewünscht. Einer Veröffentlichung mit Einwilligung, wobei der Name des Schuldners nicht zu erscheinen bräuchte, stünde insoweit nichts im Wege.

Allerdings kann das Vollstreckungsgericht nicht von sich aus alle Wertgutachten an eine private Stelle weitergeben. Entscheidende Hürde sind die Vorschriften der §§ 37 ff, 42 ZVG, die lediglich die Einsichtnahme im Einzelfall erlauben. Hier könnte eine Modernisierung des Rechts Abhilfe schaffen, wobei die Gerichte selbst diesen Service anbieten könnten. Es gibt darüber hinaus eine Diskussion zur Veröffentlichung von Zwangsversteigerungsterminen im Internet, worauf ich an dieser Stelle nur hinweisen möchte.

7.3.2. Verbraucherinsolvenzen im Internet

Im Bereich der Veröffentlichung insolvenzrechtlicher Daten ist der Gesetzgeber schon erheblich weiter. Die mit einer Veröffentlichung der Daten eines Insolvenzschuldners verbundene Prangerwirkung im Internet ist gegenüber einer einmaligen Bekanntmachung in der lokalen Zeitung ungleich größer. Verbindet man die Vorstellung noch damit, dass solche Daten auch lange nach Löschung im Insolvenzverzeichnis noch im Internet aufgefunden werden können, weltweit abrufbar sind und unkontrolliert weiterverwendet werden können, so schrillen die Alarmglocken beim Datenschutz. Dabei ist die Zahl derer, die für ein Insolvenzverfahren in Betracht kommen, unerwartet hoch. Presseberichten zu Folge muss jeder 25. Bremer eine eidesstattliche Versicherung (Offenbarungseid) ablegen. Diese und verschiedene andere Faktoren haben mich dazu bewegt, einer ungesteuerten Verfügbarmachung dieser Daten im Internet entscheidend entgegenzutreten. In diesem Sinne habe ich mich auch in der Konferenz der Datenschutzbeauftragten entscheidend eingesetzt.

Eine genauere Beschreibung der Gefahren findet sich für den interessierten Leser in dem im Anhang zu diesem Jahresbericht beigefügten Beschluss der Datenschutzkonferenz (vgl. Ziff. 15.8. dieses Berichts).

Diese Überlegungen sind vom Justizministerium aufgegriffen worden. Die Einzelheiten der Veröffentlichung insolvenzrechtlicher Daten im Internet werden nach in Kraft treten der Änderungen in der Insolvenzordnung (vgl. Drs. 689/01) am 01.12.2001 nun in einer Verordnung geregelt (vgl. BR-Drs. 1082/01). Die Verordnung zielt in dem vorstehend aufgezeigten Rahmen darauf ab, personenbezogene Daten während der Verarbeitung unversehrt, vollständig und aktuell zu halten und sicherzustellen, dass diese Daten jederzeit ihrem Ursprung zugeordnet werden können ( § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 der Verordnung). Ferner wird - im Rahmen des technisch Möglichen - ein Kopierschutz angestrebt (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 der Verordnung). Der Zugriff auf die in das Internet gestellten Daten darf während der ersten zwei Wochen nach dem Tag der Erstveröffentlichung uneingeschränkt erfolgen. Danach ist ein Abruf nur noch unter eingeschränkten Voraussetzungen möglich (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 der Verordnung). Weiterhin werden der Zeitpunkt der Löschung der Daten (§ 3 der Verordnung) und durch § 4 der Verordnung die unentgeltliche Kenntnisnahme der öffentlichen Bekanntmachungen in angemessenem Umfang geregelt.

7.3.3. Vorbereitung anderer Verzeichnisse fürs Internet

Das Justizministerium hat eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe beauftragt zu prüfen, welche Dienste und Verzeichnisse noch als Internetanwendungen angeboten werden können. Neben der Vorbereitung zur Öffnung des Handelsregisters sind u. a. die Einsicht in das Grundbuch und die Beantragung sowie die Bearbeitung von Mahnanträgen Gegenstand der Erörterung gewesen. Über die konkrete Entwicklung in Bremen berichte ich unter Ziff. 3.4. dieses Berichts.