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5 DISKUSSION

5.2 Diskussion der Ergebnisse

5.2.1 Intra partum

Es ist davon auszugehen, dass die Dauer zwischen Beginn der Geburt und Vorstellung in der Klinik zwischen den Tieren sehr stark differierte. So ist dieser Parameter unmittelbar von der Beobachtungsintensität des Tierbesitzers abhängig.

Die Dauer der bis zu diesem Zeitpunkt bereits laufenden Geburt schwankte von wenigen Stunden bis maximal drei Tagen bei einem Tier. In diesem Fall war die Geburt übergangen, das Lamm faultot und die Zervix bereits wieder verschlossen, so dass eine Sectio caesarea in der Linea alba durchgeführt wurde. Die Heterogenität der Untersuchungspopulation ist jedoch nicht als kritisch zu werten, sondern spiegelt die Situation in der tierärztlichen Praxis wieder. Dies ist im Sinne der Zielsetzung dieser Arbeit, da Informationen gewonnen werden sollen, die für das typische vetrinärmedizinische Klientel im Bereich der ovinen Geburtshilfe gelten.

In 51,1 % lag die Ursache der Dystokie auf maternaler Seite, nur in 39,9 % konnte sie eindeutig dem Lamm zugeordnet werden. In 13 % der Fälle ließ sich aufgrund einer übergangenen Geburt oder einer präterminalen Sectio caesarea keine eindeutige Aussage über die Ursache der Dystokie machen. Die Indikation für eine präterminale Sectio caesarea bestand in einer sonographisch gemessenen Herzfrequenz der Feten von weniger als 110 Schlägen pro Minute, bei der davon ausgegangen werden musste, dass die Feten eine pathologische Bradykardie aufgrund einer intrauterinen Hypoxie aufwiesen. Um das Leben der Feten zu erhalten, wurde eine Sectio caesarea durchgeführt, obwohl das Muttertier sich unter Umständen noch nicht in der Geburt befand. Andere Autoren ordneten die Fälle, in denen eine übergangene Geburt vorlag oder eine vorzeitige Sectio caesarea nötig wurde, einer maternalen oder fetalen Ursache zu (KLOSS et al., 2002). Um keine Verfälschungen der Daten zu erhalten, wurde im Gegensatz dazu in der vorliegenden

Studie davon Abstand genommen, und diese Fälle als ‚Dystokien unklarer Genese’

behandelt.

Die in der vorliegenden Untersuchung beschriebenen Häufigkeiten der Ursachen-verteilung einer Dystokie stimmen mit geringen Abweichungen mit denen anderer Studien, die an obstetrischen Spezialkliniken durchgeführt wurden, überein (SOBIRAJ, 1994; KLOSS et al., 2002; WEHREND und BOSTEDT, 2005). Folglich ist davon auszugehen, dass das untersuchte Kollektiv repräsentativ für Mutterschafe mit schwerwiegenden Dystokien ist. In den meisten Fällen war eine Zervix-manschette die Dystokieursache (33,3 %), an zweiter Stelle rangierten die fehlerhaften Lagen, Stellungen und Haltungen der Feten mit 30,2 %. Der Anteil der Zervixmanschette an den maternal bedingten Dystokien betrug sogar 65,3 %. Damit wird auch in dieser Studie die enorme Bedeutung der Zervixmanschette als Geburtsstörung in der Schafzucht deutlich, wie sie seit Jahrzehnten auch von anderen Autoren herausgestellt wird (KUBICEK, 1977a; THOMAS, 1990; SOBIRAJ, 1994; BOSTEDT und DEDIÉ, 1996i; BROUNTS et al., 2004). KUBICEK (1977a) sieht einen Zusammenhang zwischen dem Auftreten einer Zervixmanschette und dem Alter der Mutterschafe. Er beschreibt diese Geburtstörung bei primiparen Tieren deutlich häufiger. Im ausgewerteten Kollektiv konnte dies nicht nachvollzogen werden.

Lediglich die Gruppe der pluriparen Tiere wies absolut mehr Zervixmanschetten auf als die primi- oder secundoparen. Relativ gesehen konnte kein Unterschied zwischen den Altersgruppen nachgewiesen werden. Somit unterscheidet sich die Situation des Schafes von der des Rindes. Bei dieser Tierart konnte eine erhöhte Inzidenz der Zervixmanschette bei pluriparen und bei älteren Tiere nachgewiesen werden (WEHREND und BOSTEDT, 2003). Die Bedeutung der mangelhaft geöffneten Zervix beim Schaf lässt es notwendig erscheinen, in Zukunft vermehrt an der medikamentellen Therapie der Weitung zu forschen, da dies bisher nur in wenigen Fällen manuell gelingt (BOSTEDT und DEDIÉ, 1996i).

In der Literatur wird das Auftreten von Dystokien in direktem Zusammenhang mit dem steigenden Alter des Mutterschafes beschrieben (KRUEGER, 1972). Andere Studien fanden die höchste Dystokierate bei zweijährigen primiparen Tieren (GEORGE, 1976; MAJEED et al., 1993). Eine mit der Parität oder dem Alter steigende Dystokiehäufigkeit konnte in der vorliegenden Untersuchung nicht gefunden werden. Zwar waren die meisten Tiere mit Dystokie (26,4 %) zweijährig, allerdings ist die relative Verteilung des Alters in der Gesamtpopulation unbekannt, so dass sich aus den vorliegenden Ergebnissen keine Aussage bezüglich einer

Altersprädisposition ableiten lässt. Für die Einschätzung der Paritäten gilt dieselbe Situation. Auch hier fehlen Angaben aus der Gesamtpopulation, so dass keine Prädisposition für Dystokien aufgrund der Parität des Mutterschafes bestimmt werden konnte.

Zum Zeitpunkt der geburtshilflichen Erstuntersuchung war das Allgemeinbefinden der Tiere mit konservativer Geburtshilfe im Vergleich zu den Schafen, bei denen ein Kaiserschnitt durchgeführt wurde, am geringsten gestört. Dies lässt sich mit der oftmals minderen Schwere der Dystokien erklären, da in dieser Gruppe auch Tiere vorhanden waren, deren Lämmer nach Korrektur der Fehlhaltungen von Gliedmaßen und / oder des Kopfes mittels Auszug entwickelt werden konnten. In diesen Fällen kommt es nur zu einer geringgradigen Beeinträchtigung des maternalen Organismus.

Das Allgemeinbefinden des Mutterschafes ist in der Regel erst nach längerer Dystokiedauer aufgrund von Schmerzen, Erschöpfung und einem intrauterinen Fruchttod in Mitleidenschaft gezogen. Zwar bestand in der Dauer der Geburt vor Einlieferung in die Klinik zwischen den Gruppen kein signifikanter Unterschied, doch beruht diese Angabe auf Auskünften der Besitzer und konnte daher nicht überprüft werden.

Die Pulsfrequenzen der untersuchten Mutterschafe mit Dystokie lagen mit durchschnittlich 113 Schlägen pro Minute nur leicht oberhalb des Referenzbereichs für adulte, ingravide Schafe, der mit 70 bis 110 Schlägen angegeben wird (BICKHARDT, 2001). Für jede Gruppe einzeln gesehen liegen die Frequenzen von Gruppen 2 und 3 knapp unterhalb der oberen Referenzgrenze, die Tiere aus Gruppe 1 hatten im Mittel mit 118 Schlägen pro Minute eine oberhalb des Referenzbereiches gelegene Pulsfrequenz.

Die Körperinnentemperatur wird beim Schaf von der Umgebungstemperatur und der Vliesdicke beeinflusst. Sie soll sich beim adulten Tier innerhalb des Bereichs von 38,0 °C bis 40,0 °C bewegen (BICKHARDT, 2001). Kurz vor der Geburt sinkt die Körpertemperatur des Mutterschafes um 0,7 °C ab (EWBANK, 1969). Dies konnte in der vorliegenden Studie nicht nachvollzogen werden, was sicherlich in den Umständen einer Schwergeburt bedingt ist und Wiederholungsmessungen, die bereits vor der Geburt beginnen, erforderlich macht. Die Körperinnentemperatur der Schafe mit Dystokie lag innerhalb des oberen Drittels des Referenzbereichs bei 39,5 °C. Kein Tier hatte eine Körpertemperatur, die unterhalb des Referenzbereiches lag.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Pulsfrequenz beim Mutterschaf durch das Auftreten einer Dystokie nur geringgradig erhöht ist und die Körperinnen-temperatur den Referenzbereich nur in Einzelfällen überschreitet. Beide Parameter werden durch eine Schwergeburt nur wenig beeinflusst.

Im Rahmen der geburtshilflichen Untersuchung wurden verschiedene labor-diagnostische Parameter bestimmt (siehe Kap. 4.4.1). Als Referenzwerte dienten zwei am Schaf durchgeführte Studien. CEYLAN (2000) analysierte engmaschig das rote und weisse Blutbild von graviden Mutterschafen bis zum 45. Tag post partum und bezog dabei Tiere sowohl mit als auch ohne Schwergeburt ein. KAYA (2001) untersuchte die Blutgase neugeborener Lämmer während der ersten 72 Lebensstunden. In der vorliegenden Studie lagen sowohl der Hämatokrit als auch die Erythrozytenkonzentration der Mutterschafe mit Dystokie im Durchschnitt innerhalb ihrer Referenzbereiche. Der Referenzbereich der Gesamt-leukozytenkonzentration im letzten Drittel der Trächtigkeit liegt zwischen 3,8 und 9,0 G / l (BOSTEDT und DEDIÉ, 1996d). Er deckt damit einen großen Bereich ab. Intra partum legte CEYLAN (2000) für Tiere mit Eutokie einen Referenzwert von 7,7 ± 1,6 G / l fest, der im Falle einer Dystokie auf 8,7 ± 2,8 G / l erhöht ist. Diese Erhöhung kann an dem untersuchten Kollektiv nicht bestätigt werden, da sowohl die mittleren Konzentrationen aller Tiere als auch die der drei Behandlungsgruppen einzeln intra partum eine niedrigere Leukozytenkonzentration aufwiesen. Sie lagen zwischen 5,9 ± 0,7 G / l und 7,1 ± 3,7 G / l. Die Ursachen für diese differenten Ergebnisse könnten in Unterschieden der untersuchten Schafrassen und Umgebungsbedingungen liegen. Zudem bestand die Gruppe der Tiere mit Dystokie in der Arbeit von CEYLAN (2000) nur aus 19 Tieren, während in der vorliegenden Abeit von 33 Tieren ein Differentialblutbild intra partum erstellt wurde. Auch frühere Studien liefern sehr differente Ergebnisse hinsichtlich der Leukozytenkonzentration (ULLREY, 1965: ca. 8,0 G / l; MAYR, 1975:

ca. 5,3 G / l).

Es liegen kaum Informationen über die Thrombozytenkonzentration beim Schaf vor.

Studienübergreifend finden sich allerdings große Schwankungsbreiten dieses Laborparameters. Als Referenzbereiche werden Konzentrationen von 100 x 10³ / µl bis mehr als 900 x 10³ / µl angegeben, ohne die besondere Situation von Hochträchtigkeit und Geburt zu berücksichtigen (MISCHKE, 1999; BEDDIES, 1999;

MORITZ, 2000). In einer Untersuchung an graviden Tieren wird eine Absenkung der Thrombozytenkonzentration während der letzten zehn Tage der Trächtigkeit durch

Aggregation und Thrombozyteninteraktion von ca. 300 x 10³ / µl bis auf 146,0 ± 12,0 x 10³ / µl in der Geburt festgestellt (EL-BELELY et al., 2000). Die in der vorliegenden Studie intra partum gemessenen Thrombozytenkonzentrationen liegen, abgesehen von einem extremen oberen Ausreißer sowie zwei Messwerten unterhalb der Referenzgrenze, fast ausschließlich innerhalb der oben genannten Normbereiche (MISCHKE, 1999; BEDDIES, 1999; MORITZ, 2000). Sie befinden sich insgesamt jedoch auf einem höheren als dem von EL-BELELY et al. (2000) zum Zeitpunkt der Geburt beschriebenen Niveau. Die Ursache könnte in differenten Methoden der Thrombozytenzählung liegen. Während EL-BELELY et al. (2000) die Blutplättchen mit der Zählkammer nach Thoma zählten, wurde in der vorliegenden Studie ein automatisiertes Zählsystem gewählt.

Die Parameter des Säure – Basen – Haushaltes im venösen Blut wie pH – Wert, Basenexzess und Standardbikarbonat lagen bei den Tieren aller drei Gruppen innerhalb der Referenzbereiche für Schafe (BOSTEDT und DEDIÉ, 1996d; KRAFT, 1999).

Die gemessene Glukosekonzentration intra partum befand sich über dem Referenzbereich für adulte ingravide Schafe, der mit 2,3 bis 5,2 mmol / l angegeben ist (BICKHARDT, 2001). Die Konzentration entspricht jedoch den Werten, die BOSTEDT (1971) in der Geburt bei Schafen messen konnte. Innerhalb der letzten 24 Stunden der Gravidität steigt die Glukosekonzentration beim Schaf bis zur Geburt kontinuierlich an, um intra partum das 2,4 – fache des Normalniveaus zu erreichen.

BOSTEDT (1971) gibt zu diesem Zeitpunkt eine mittlere Glukosekonzentration von 6,3 mmol / l an. Erklärbar wird diese Hyperglykämie durch eine vermehrte Kortikoidsynthese in der Nebennierenrinde, ausgelöst durch den Geburtsstress und verstärkt durch die fetale Kortisolsynthese. Unerheblich für die Quantität des Glukosekonzentrationsanstiegs ist dabei der Schweregrad des Geburtsstresses.

Signifikante Unterschiede zwischen Spontangeburten und Dystokien konnten nicht gefunden werden (BOSTEDT, 1971). Dies entspricht den eigenen Befunden. So bestand kein signifikanter Unterschied in den Glukosekonzentrationen zwischen Schafen, bei denen die Geburt durch konservative Maßnahmen beendet werden konnte, und Tieren, bei denen ein Kaiserschnitt notwendig war.

Die Laktatkonzentration der intrapartal untersuchten Blutproben lag im mittleren Bereich des definierten Referenzintervalls (BICKHARDT, 2001). Lediglich die Tiere

der Gruppe 3 hatten einen Mittelwert im oberen Drittel, 38 % dieser Schafe überschritten die obere Grenze von 7,5 mmol / l zum Teil sehr deutlich.

Zusammenfassend ist darauf hinzuweisen, dass es intra partum keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen mit Kaiserschnitt gab, was eine Grundvoraussetzung für einen Vergleich des puerperalen Verlaufs nach den beiden Methoden des Kaiserschnittes darstellte. In Einzelfällen traten Unterschiede zur Gruppe der Tiere mit konservativer Geburtshilfe auf, was für den Vergleich der beiden Operationsmethoden jedoch unerheblich war.