• Keine Ergebnisse gefunden

Eine immer dichtere Besiedlung, zunehmender Tourismus und Verkehr sowie die vielfältigen Be-dürfnisse in Freizeit haben in den letzten Jahrzehnten das Risiko durch Naturgefahren vergrössert.

Im Gebirgskanton Tessin kann eine absolute Sicherheit nicht erreicht werden. Gefragt ist darum eine Risikokultur, die es erlaubt, Risiken und deren Veränderungen sowie Schutzmassnahmen transparent darzustellen und zu beurteilen. Unter integralem Risikomanagement versteht man das systematische Vorgehen in einem Kreislauf von Vorbeugung, Bewältigung und Regeneration (Nati-onale Plattform Naturgefahren, PLANAT).

6.1 Prävention

Zum integralen Risikomanagement gehört auch eine ganzheitliche Sicht sowohl des Gefahren- wie auch des Schadenpotentials. Schaut man über das eigentliche Einzugsgebiet des Riale Buffaga hin-aus, so stellt man fest, dass das grösste und ständige Gefahrenpotential der Steinschlag ist (5, 9, 19, 20, 21). Daneben gibt es eine ganze Reihe von Runsen und Gerinne, die ein vergleichbares Ge-fahrenpotential wie das untersuchte Gebiet darstellen. Die periodischen Waldbrände erhöhen kurzzeitig das Gefahrenpotential erheblich sowohl für Steinschlag als auch für Murgang.

Waldbau

Conedera, Neff und Moretti schreiben in ihrem Artikel Ökologische Folgen von Waldbränden in der Südschweiz (26): „da die feuerbedingte erhöhte Artenvielfalt durch die Mosaik-Struktur der ge-brannten Wälder entsteht, ist es nahe liegend, dass die meisten Feuereffekte durch mechanische Veränderungen in der Waldphysionomie erzeugt werden können, zum Beispiel durch Niederwald-bewirtschaftung.“ In der Südschweiz fehlt diese Bewirtschaftung seit den 50er Jahren im Laub-waldgürtel (200 – 1400 m.ü.M.), insbesondere im Kastanienniederwald und in den Buchenwäl-dern, die im Tessin auf 38% der Waldfläche stocken (ca. 55'000 ha) und fast vollständig Wald mit besonderer Schutzfunktion sind. Im horizontalen Gefüge fehlt weitgehend die Verjüngung sowie eine Vegetation in der Kraut- und Strauchschicht (ein Teil der erhöhten Artenvielfalt gemäss Co-nedera, Neff und Moretti). Diese Wälder, in denen das anthropogene Brandrisiko am grössten ist, sind schlecht auf eine Störung durch Waldbrand vorbereitet und können im Einzugsgebiet von steilen, trockenen Gerinnen in der dem Brand folgenden Vegetationsperiode ein hohes Murgang Risiko nicht abwenden. Diese Zeitspanne, in welcher der Oberflächenabfluss in Zeit und Volumen prozessrelevant wird, könnte durch gezielte Störung, d.h. mit geeigneten waldbaulichen Eingriffen, möglichst kurz gehalten werden. Man simuliert damit eine Störung durch Waldbrand, jedoch ohne die negative Wirkung der gehemmten Infiltration des Wassers im Boden. Die sich einstellende ve-getative und generative Verjüngung sowie die Vegetation in der Kraut- und Strauchschicht garan-tieren die Erfüllung der Gebrauchstauglichkeit und tragen im Falle einer Störung durch Waldbrand massgeblich zu einer raschen Wiederherstellung der Tragsicherheit bei. Damit würde das Risiko eines Schadenereignisses, das durch ein 10-jähriges HQmax. verursacht werden könnte, entschei-dend herabgesetzt.

Eine Überprüfung der Bestandes- und Einzelbaummerkmale gemäss den minimalen Anforderun-gen NaiS für die betrachteten Standortstypen hat ergeben, dass diese für die betrachteten Wälder angepasst werden sollten. Es ergibt sich folgender Vorschlag:

32

Tabelle 5: Minimalanforderungen nach NaiS mit Störung durch Waldbrand am Standort (42)-34AL

Tabelle 6 : Minimalanforderungen nach NaiS mit Störung durch Waldbrand am Standort 42 C/Q

(42)-34ALNährstoffarmerEichen-KastanienwaldinEntwicklung Bestandes-und

Einzelbaum-merkmale

AnforderungminimalNaiS AnforderungminimalNEU Begründung

Mischung

FeuerangepassteArten Ei,Ka,Rob 0-100%

Bi 0-20%

feinborkigesLbhistnicht

feuerresistent,beiNdhgrosseGefahr vonKronenbrandundMottenfeuer mind.2versch.Durchmesserklassenpro ha

Einzelbäume,allenfallsKleinkollektive

ZwischendenStöckenKernwüchse inderOberschicht

InderKraut-undStrauchschicht feuerangepasste,schnelltreibende ArtenwieMolinia,Adlerfarn, GinsterundNeophyten, mind.40%Deckungsgrad

WichtigeVoraussetzungfüreine MinimierungdesMurgangRisikosin derdemWaldbrandfolgenden Vegetationsperiode

Stabilitätsträger Kronen

Stand/Verankerung

Mind.½derKronengleichmässig geformt

LotrechteStämmemitguter Verankerungnurvereinzeltstarke Hänger,Mind.20%Kernwüchse

Mind.5vitaleKernwüchse/hain derOberschicht hohenDeckungsgrad

Verjüngung durchschnittlichalle100m)oderDG mind.3%

Mischungzielgerecht

Auf½derFlächeinderKraut-und Strauchschichtfeuerangepasste

AnforderungminimalNaiS AnforderungminimalNEU Begründung

Mischung ArtundGrad

TEi,Bi,Fei,ZEi,Bu,Mb,As 20-100%

Ka 0-80%

Ndb 0-20%

FeuerangepassteArten Ei,Ka 0-100%

Bi 0-20%

feinborkigesLbhistnicht

feuerresistent,beiNdhgrosseGefahr vonKronenbrandundMottenfeuer mind.2versch.Durchmesserklassenpro ha

Einzelbäume,allenfallsKleinkollektive

ZwischendenStöckenKernwüchse inderOberschicht

InderKraut-undStrauchschicht feuerangepasste,schnelltreibende ArtenwieMolinia,Adlerfarnund Ginster,mind.40%Deckungsgrad

WichtigeVoraussetzungfüreine MinimierungdesMurgangRisikosin derdemWaldbrandfolgenden Vegetationsperiode

Stabilitätsträger Kronen

Stand/Verankerung

Mind.½derKronengleichmässig geformt

LotrechteStämmemitguter Verankerungnurvereinzeltstarke Hänger,Mind.20%Kernwüchse

Mind.5vitaleKernwüchse/hain derOberschicht hohenDeckungsgrad

Verjüngung durchschnittlichalle100m)oderDG mind.3%

Mischungzielgerecht

Auf½derFlächeinderKraut-und Strauchschichtfeuerangepasste Kernwüchsevorhanden

Sieheoben

33

Tabelle 7: Minimalanforderungen nach NaiS mit Störung durch Waldbrand am Standort 4

Technische Massnahmen

In Anbetracht der morphologischen Beschaffenheit des Gerinnes im unteren Teil, d.h. von Via Bar-cone abwärts, und der nicht gefahrengerechten Raumplanungsordnung kann auf der technischen Seite für die Gefahrenprävention recht wenig getan werden. Massnahmen, welche über die Stein-schlagnetze mit ungenügender Verankerung gemäss Baumer (9) im Bereich von Via Barcone sowie die kleine Sperre, die kaum entleert werden kann, oberhalb Fontana Martina hinaus gehen sin im Moment nicht denkbar. Das Gerinne ist bis zur Kantonsstrasse hinunter durch viele Einengungen, Hindernissen, Eindolungen und Schächten derart kompromittiert, dass hier nur noch organisatori-sche Massnahmen zugunsten von Menorganisatori-schenleben einen Beitrag an die Prävention leisten können.

Sachschäden, ähnlich wie am 28. August 1997, wird es in Zukunft weiterhin geben.

6.2 Bewältigung Vorsorge und Dialog

In Ronco s.A. sollte zunächst dringend eine objektive und realistische Gefahrenkarte erarbeitet und in die Nutzungsplanung sowie im Grundbuch konsequent umgesetzt werden. Kanton und Gemeinde müssen die betroffene Bevölkerung und insbesondere die Hauseigentümer in der roten und blauen Gefahrenzone über die Gefahren und Risiken, welche Naturereignisse mit sich bringen, informiert werden. Die Gemeinde sollte eine Alarm- und Evakuierungsorganisation einrichten, damit in der ersten Vegetationsperiode nach einem Waldbrand bei Starkniederschlägen keine Menschenleben durch einen möglichen Murgang betroffen werden. Die für die Einrichtung nöti-gen Fachpersonen sind beim Kantonsforstamt vorhanden (Ufficio pericoli naturali, incendi e pro-getti, UPIP).

4FarnreicherSchneesimsen-Buchenwald Bestandes-und

Einzelbaum-merkmale

AnforderungminimalNaiS AnforderungminimalNEU Begründung

Mischung

FeuerangepassteArten

Lbh 0-100%

Bi mind.20%

KEINNdh

feinborkigesLbhistnicht

feuerresistent,beiNdhgrosseGefahr vonKronenbrandundMottenfeuer

ZwischendenStöckenKernwüchse

InderKraut-undStrauchschicht feuerangepasste,schnelltreibende ArtenwieMolinia,Adlerfarnund Ginster,mind.40%Deckungsgrad

WichtigeVoraussetzungfüreine MinimierungdesMurgangRisikosin derdemWaldbrandfolgenden Vegetationsperiode

Stabilitätsträger Kronen

Stand/Verankerung

Mind.½derKronengleichmässig geformt

LotrechteStämmemitguter Verankerungnurvereinzeltstarke Hänger

Mind.5vitaleKernwüchse/hain derOberschicht hohenDeckungsgrad

Verjüngung

InÖffnungenab1-2Baumlängen Prohamind.1Trupp(2-5a, durchschnittlichalle100m)oderDG mind.3%,Mischungzielgerecht

Auf½derFlächeinderKraut-und Strauchschichtfeuerangepasste Kernwüchsevorhanden

Sieheoben

34

Instandstellung

Die stark befahrene Seestrasse ist mit durchschnittlich 7'000 – 8'000 Fahrzeugen am Tag

(www.ti.ch/conteggi) eine wichtige Infrastruktur, die so schnell wie möglich provisorisch instand gestellt werden muss. Notfalls kann über den Seeweg der Personentransport aufrecht erhalten werden. Die dazu notwendigen Organisation und Transportmittel sollten vorgängig definiert wer-den.

35

LITERATURVERZEICHNIS

(1) Dr. Baumer SA, Geologi consulenti, Comune di Ronco s/Ascona, Relazione Geologica aprile 2004, rapporto n° 10306.01

(2) Marxer, Peter (2003): Oberflächenabfluss und Bodenerosion auf Brandflächen des Kasta-nienwaldgürtels der Südschweiz mit einer Anleitung zur Bewertung der post-fire Erosions-anfälligkeit (BA EroKaBr). – UNI Basel 2003, Wepf & Co. AG Basel, Reihe Physiogeographica Band 33, ISBN 3-85977-258-9

(3) Spinedi, Fosco (1991): Il clima del Ticino e della Mesolcina con accenni di climatologia ge-nerale. Arbeitsberichte SMA Zürich, 1991, N° 167

(4) BUWAL, Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (2005): Nachhaltigkeit und Erfolgs-kontrolle im Schutzwald, Stand März 2009

(5) Re, Lorenza (1997): Comune di Ronco s/Ascona, Riale Buffaga: episodio alluvionale del 28.08.1997, IST, Cadenazzo, ottobre 1997

(6) StorMe, Catasto eventi naturali, Sezione forestale cantonale, 2011

(7) Scheffer, F. und Schachtschabel, P. (1998): Lehrbuch der Bodenkunde. Stuttgart, Ferdinand Enke Verlag, 14. Auflage

(8) Hilterhaus, A. (2000): Auswirkungen eines Waldbrands an einem Hang bei Cademario, Tes-sin. Diplomarbeit, Geogr. Institut der Universität Würzburg

(9) Dr. Baumer SA, Geologi consulenti, Comune di Ronco s/Ascona, Relazione geologica aprile 2008, rapporto n° 10555.01

(10) Ahlgren, I.F. & Ahlgren, C.E. (1960): Ecological effects of forest fires. Bot. Rev. 26, 483 – 533

(11) Boyer, D.E. & Dell, J.D. (1980): Fire effectson Pacific Northwest forest soils. USDA Forest Service. Portland, 1 -58

(12) Christensen, N.L. (1994): The effects of fire on phisical and chemical properties of soils in Mediterranean-climate shrublands. Ecological Studies, Vol.107, New York, 79 – 95

(13) De Bano, L.F., Neary, D.G. & Ffolliott, P.F. (1998): Fire’s effects on ecosystems. New York, 1 – 333

(14) Giovannini, G. & Lucchesi, S. (1997): Modifications induced in soil physico-chemical para-meters by experimental fires at different intensities. Soil. Sci. 162 (7), 479 – 486

(15) Prosser, I.P. & Williams, L. (1998): The effect of wildfire on runoff and erosion in native Eu-calyptus forest. Hydrol. Process. 12, 251 – 265

(17) Extreme Value Analysis, Station Locarno-Monti, MeteoSvizzera 07.11.2011

(18) Conedera, M., Peter, L., Marxer, P., Forster, F., Rickenmann, D. und Re, L. (2003): Earth Surf. Process. Landforms 28, 117 – 123

(19) Dr. Baumer SA, Geologi consulenti, Comune di Ronco s/Ascona, Zone esposte a rischio geologico e idrologico 1995, rapporto n° 9506-01

(20) Dr. Baumer SA Geologi consulenti, Valle Buffaga esame geomorfologico, Rapproto Nr.

9812.01, agosto 1998

(21) Anastasi SA Ingegneria, Sistemazione idraulica Riale Buffaga, Studio idrologico, Rapprto Nr.

9730.11-R-1, novembre 1998

(22) Hofmann, C., Conedera, M., Delarze, R., Carraro, G., Giorgetti, P. (1998): Effets des incen-dies de forêts sur la végétation au Sud des Alpes suisses. Mitt. Eidgenöss. Forsch.anst. WSL 73, 1

(23) Wasser, B. und Perren, B. (2009): PROTECT Bio, Methodik zur Beurteilung der Wirkung bio-logischer Schutzmassnahmen gegen Naturgefahren als Grundlage für ihre Berücksichtigung

36

bei Risikoanalysen, Büro IMPULS AG, Thun im Auftrag von UVEK/BAFU, Bern. Bericht Fas-sung vom 01.09.2009

(24) Schweizer Ingenieur- und Architektenverein SIA, 2003: Norm SIA 260, Grundlagen der Pro-jektierung von Tragwerken, Zürich, 44 Seiten

(25) Catasto delgi incendi boschivi, Sezione forestale und WSL,

http://www4.ti.ch/dt/da/sf/temi/incendi-boschivi/incendi-boschivi/catasto-cantonale/

(26) Conedera M., Neff Chr. und Moretti M. (2009): Ökologische Folgen von Waldbränden in der Südschweiz. Geographische Rundschau 61, Heft 4, S. 26 – 31.