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Innovationen Risiken und Empfehlungen für das Demonstrationsvorhaben

Im Dokument Wohnen findet Stadt (Seite 67-70)

B.8 Ausblick und Empfehlungen

B.8.2 Innovationen Risiken und Empfehlungen für das Demonstrationsvorhaben

Innovation 1: Multifunktionale Fassade mit Bauteilaktivierung und Schallabsorber

Generell stellt das multifunktionale Fassadensystem insofern komplett Neuland dar, als die Kombina-tion der Einzelelemente in der Art noch nicht erfolgt ist bzw. sie aus anderen Anwendungsgebieten kommen. Auch wird beispielsweise die thermisch aktivierte Schicht47 neu entwickelt. Daraus ergeben sich gewisse Risiken im Gesamtwirkungsgrad, welche allerdings durch die Erprobung mittels Mockup bzw. Prototyp im Rahmen des Projekts „Salzburger Multifunktionale Fassade Prototyp“ minimiert wer-den. Die Erkenntnisse erlauben eine genauere und daher wirtschaftlichere Auslegung der Aktivierung.

Um die Performance bzw. die Funktionsweise der Bauteilaktivierung zu überprüfen, werden je Him-melsrichtung Temperaturquerschnitte gemessen. Weiters werden die Strom- und Wärmemengenzäh-ler alWärmemengenzäh-ler Wohnungen im bauteilaktivierten Gebäude mit anonymisierten auslesbaren MBus-ZähWärmemengenzäh-lern bestückt. Mit dieser Maßnahme können die Verbräuche hinsichtlich Abschätzung kontrolliert und die Simulationen validiert werden.

Abbildung 46: Messgerät “Kunstkopf” und Akustische Vermessung einer Fensterfassade

Zur innovativen Beurteilung der Lärmbelastung kommen im gegenständlichen Demonstrationsprojekt statt der bisher üblichen energieäquivalenten Dauerschallpegel Leq psychoakustische Parameter zur Anwendung, die die Störwirkung deutlich besser abbilden. Aus diesem Grund wird im Projekt bei der Bestandsaufnahme die Kunstkopftechnik eingesetzt, um das binaurale Hören wiederzugeben (siehe Abbildung 46). Für die Identifikation von Reflexionsflächen und reflektierenden Teilen der Fassade wird entsprechend dem Stand der neuesten Technik der Einsatz einer akustischen Kamera vorgese-hen. Damit können gezielt Mängel aus schalltechnischer Sicht erkannt und Verbesserungsmaßnahmen gezielt gesetzt werden.

47 Siehe Anhang Smart Cities Sondierung „Wohnen findet Stadt“ Burgfriedsiedlung Hallein Blatt 1 bis 5 A0, Blatt 2

Nachverdichtungen über Altbestand stellen generell eine Herausforderung dar. Bauverzögerungen könnten zu erheblichen Schäden in den (durchgehend bewohnt bleibenden) Wohneinheiten führen.

Dem wird entgegengewirkt, indem auf einen hohen Vorfertigungsgrad speziell der innovativen Ele-mente geachtet wird.

Die Heterogenität der Gebäudeanlagen bedingt das Erfordernis, die Sinnhaftigkeit des Einbaus aller Komponenten der multifunktionalen Fassade jeweils im Einzelfall zu prüfen. So könnten Sachzwänge, z. B. dass in gewissen Objekten durch Eigeninitiative bereits ein höherer Anteil der Wohnungen mit Fernwärme versorgt ist, die Ausführung der Bauteilaktivierung in Frage stellen. Beispielsweise sind beim vorgesehenen Demonstrationsobjekt Döttlstraße 5-7 Einzelbefeuerungen Standard, während beim Objekt Salzachtalstraße 32-34 die Mehrheit der Wohnungen schon mit konventioneller Fern-wärme (Wärmetauscher, Radiatoren) ausgestattet ist. Das Demonstrationsprojekt muss daher für je-des Siedlungshaus individuell definieren, welche Problematik schwerpunktmäßig anzugehen ist. Dafür ist eine detaillierte energetische Inventarisierung des gesamten Testbeds und darüber hinaus haus-haltsweise notwendig.

Das Problembewusstsein der Stadt Hallein für ganzheitliche Lösungen wurde sicher auch durch das laufende Smart City Sondierungsvorhaben gestärkt. Darum sind jetzt individuelle, nicht zielführende Eingriffe (z. B. überdimensionierte Heizanlagen bei nichtgedämmten Gebäuden) gestoppt worden.

Innovation 2: Wohnwertsteigerung durch Weiterbauen im Bestand und Nachverdichtung Konkret ist es möglich, in der Burgfriedsiedlung mit Nachverdichtung speziell barrierefreien Wohnraum in der Aufstockung zu erzeugen sowie durch Grundrissänderungen auf geänderte Wohnbedürfnisse zu reagieren. Zudem wird eine Ausweitung von bereits vorhandenen Versiegelungsflächen durch eine konsequente, rein vertikale Verdichtung verhindert und unversiegelte Flächen und damit Freiraum können erhalten werden. Durch den Einsatz von kleinen in Baulücken implementierten Nachverdich-tungsmodulen kann auch die, speziell in der Burgfriedsiedlung mit ihrer offenen Bebauungsweise, starke Lärmbelastung im Freiraumbereich und auch für die Wohnungen vorteilhaft gelöst werden.

Es gibt aber auch Grenzen der Wohnraumweiterentwicklung und Nachverdichtung, die beachtet wer-den müssen. Eine dieser Grenzen besteht in der Grundbedingung des Projektes, wer-den Charakter der untersuchten Gebiete wie auch der Siedlungshäuser zu erhalten und nicht einen Wechsel beispiels-weise zu einer vollständig geschlossenen Bebauung durchzuführen. Eine weitere Grenze stellt die Leis-tungsfähigkeit der technischen Infrastruktur dar. Während in Bezug auf Strom- und Wasserversorgung die Kapazitäten in der Regel für Erweiterungsszenarien ausreichend sind, sind die Grenzen der Kana-lisation meist viel früher erreicht. Sind vorhandene Leitungssysteme ausgereizt, muss vor weiteren Entwicklungen jedenfalls der Aufwand für den Ausbau vorhandener Infrastrukturen dem Aufwand für die Schaffung Neueren gegenübergestellt werden. Einen wesentlichen Aspekt stellt die Leistungsfä-higkeit des vorhandenen Straßennetzes dar. Die untersuchte Siedlung ist großteils zu einer Zeit ent-standen, als viele Familien noch keinen Pkw zur Verfügung hatten bzw. maximal ein Auto pro Familie die Regel darstellte. Bei den Häusern die sich im Eigentum der Stadt Hallein befinden gibt es keine Bebauungspläne sowie Dichtevorgaben. Bei Eingriffen sind üblicherweise die Vorgaben des gültigen Bautechnikgesetzes anzuwenden. Die alten Siedlungshäuser halten sich nicht immer an diese Vorga-ben, z.B. stehen Häuser direkt auf der Grundstücksgrenze. Nachdem die Häuser innerhalb eines Teil-gebietes meistens einem Eigentümer gehören, besteht die Möglichkeit mit einer Bauplatzerklärung über das ganze Teilgebiet vom Bautechnikgesetz abzuweichen.

Innovation 3: Integrative Betrachtung von Demographie, Nachverdichtung, Mobilität und Freiraum

Das Projekt zielt multidimensional auf großräumige Siedlungsstrukturen und deren nachhaltige Auf-wertung ab. Es stehen nicht Einzellösungen oder -gebäude im Vordergrund, sondern der Blick auf ganze Stadtteilstrukturen.

Eine weitere Innovation des Projektes besteht in der Weiterentwicklung der baulichen 3D-Simulation der geplanten Maßnahmen über die ganze Siedlung durch ergänzenden Wohnbau, Umfeldverbesse-rungsmaßnahmen und Mobilitätsmanagement mittels aktiver Einbindung der verschiedenen Interes-sensgruppen vor Ort. In der gleichzeitigen Kombination und Anwendung von Gebäudesimulationspro-grammen und entsprechender Tools soll das Resultat der baulichen Eingriffe optimiert werden.

Eine zentrale Funktion kommt somit dem Monitoring-Konzept zu, welches in gegenständlichem Projekt entwickelt und umgesetzt wird, um die Integrierbarkeit auch sicherzustellen und eine Erfolgskontrolle zu implementieren. Bei allen diesen Vorhaben und Methoden wird in besonderem Maße auf deren Übertragbarkeit und vielfältige Multiplizierbarkeit geachtet.

Innovation 4: Prozessbegleitende Einbindung der BewohnerInnen

Der vorrangige Innovationsaspekt liegt in der Partizipation der BewohnerInnen bzw. im Risikomanage-ment der BewohnerInnenakzeptanz. Im Zuge von Planungs- und Umsetzungsprozessen bei Bauvor-haben stellt der Faktor Mensch vielfach die schwierigste Einflussgröße dar. Dadurch bergen die Be-wohnerInnen mit den ihnen eigenen Wert- und Verhaltensmaßstäben, ihren individuellen Gewohnhei-ten und Bedarfslagen in der Umsetzung von Bau- und Sanierungsvorhaben das größte RisikopoGewohnhei-ten- Risikopoten-tial48. Um das Risiko zu minimieren, dass Maßnahmen durch Ablehnung und Intervention der Betroffe-nen verzögert oder verhindert werden, bedarf es einer integrierten, transdisziplinären, definitorisch und didaktisch an die handelnden Personen angepassten Vorgangsweise. Dem durch die Befragung49 geweckten Interesse am Projekt wird durch alters- und zielgruppenspezifische Mittel und Methoden zur Information und Beteiligung für spezifische Referenzgruppen nachgekommen. Die innovative Me-thode der Wahrnehmungsspaziergänge stellt ein Instrument zur partizipativen Planung von Räumen dar. Erprobt wurde sie bislang in der Gemeindeentwicklung des Landes Vorarlbergs und wird in diesem Projekt auf den konkreten Siedlungsraum umgelegt.

Die Planungen, Daten und Maßnahmen sind in eine Sprache und Informationsmedien zu übersetzen, die den Gesamtvorgang ausreichend und umfassend abbilden, die Betroffenen aber nicht mit Fachter-mini verunsichert. Das innovative Konzept einer zentralen Infobox soll in hohem Maße zur Bereitschaft für Veränderungsprozesse beitragen.

Eine Sanierung, die die Heizkosten und Lärmbelästigung senkt, stößt auf große Zustimmung der Be-wohnerInnen, gleichzeitig gibt es die Angst vor einer mit der Verbesserung der Wohnstandards ver-bundenen Mieterhöhung. Durch eine Verminderung des Heizbedarfes – und damit der Heizkosten – können Mieterhöhungen, die im Zuge der Sanierung zwangsläufig entstehen, abgefedert werden. Da-mit ist das Gesamtvorhaben Da-mit den Grundanforderungen des sozialen Wohnbaus nicht nur kompati-bel, sondern es hebt die soziale Treffsicherheit der Transferleistungen, da lt. dem Salzburger Wohn-bauförderungsgesetz Mietkosten bei Bedarfslagen bezuschusst werden, Heizkosten/Energiekosten je-doch nicht.

48 Vgl. dazu: Beitrag Fuchshofer „Planungsstörfaktor Mensch – Möglichkeiten und Bedingungen für Partizipationsprozesse und BewohnerInnenbeteiligung“ im Tagungsband zum Symposium „Zukunftsweisendes Planen und Bauen“; 23.11.2006, Salzburg: www.hausderzukunft.at/results.html/id4577 und https://www.stadt-salzburg.at/internet/wirtschaft_um welt/stadtplanung/nachhaltigkeit/bildung_nachhaltigkeit/symposien_seit_2005_322863/symposium_2006_zukunftswei sendes_planen_216508.htm

49 Siehe Anhang 4_Ergebnisbericht_Befragung Burgfried

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