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Incentives beim Unternehmensverkauf

Wie oben dargestellt, verunsichert die Aussicht eines Verkaufs das Manage-ment des verkauften Unternehmens oft relativ stark, da es sich über die Wei-terbeschäftigung und seine Position im Rahmen der Integration beim Käufer Sorgen macht111. Um sicherzustellen, dass diese Probleme den Verkaufsvor-gang nicht negativ beeinflussen, sehen Verkäufer häufig besondere Incenti-ves für Management und Schlüsselmitarbeiter vor:

1. Halteprämie / Retention Bonus

Der Wert eines Unternehmens, das zum Verkauf steht, nimmt ab, wenn Ma-nager und andere wichtige Arbeitnehmer das Unternehmen während des Verkaufsprozesses verlassen oder die Gefahr besteht, dass sie unmittelbar nach dem Vollzug der Transaktion ihr Arbeitsverhältnis kündigen. Diese

110 Siehe hierzu STREIFF/VON KAENEL/RUDOLPH,N 12 zu Art. 321a OR; TSCHÄNI/ DIEM/WOLF, N 27.Soweit Fabrikations- oder Geschäftsgeheimnisse betroffen sind, ist auch Art. 162 StGB zu berücksichtigen.

111 Vgl. Ziff. I.2.

Gefahr besteht insbesondere, wenn aufgrund der Transaktionsgestaltung bzw. der Absichten des Käufers klar ist, dass es nach der Durchführung der Transaktion tatsächlich zum Abbau von Managern und Arbeitnehmern kommen wird, weil der Käufer primär Synergien erzielen will. In derartigen Situationen ist es verständlich, dass die Manager aus eigener Initiative das Arbeitsverhältnis auflösen, sobald sie Aussicht auf eine andere, sicherere Position haben. Besonders akut ist dieses Problem auf Stufe der Geschäfts-leitung, da die meisten industriell orientierten Käufer die betreffenden Füh-rungspositionen im Rahmen der Integration des gekauften Unternehmens entweder aufheben oder aber eigene Führungskräfte einsetzen. Verlassen die Geschäftsleitungsmitglieder in der Verkaufsphase oder während der Integra-tion das Unternehmen, so hat dies aber meist negative Konsequenzen, da ein Führungsvakuum in dieser Zeit oft zu grossen operativen Einbussen führen kann bzw. die Integration massiv erschwert. Um derartige Werteinbussen zu vermeiden, kann es sich beim Verkauf eines Unternehmens empfehlen, Ma-nagern und anderen wichtigen Mitarbeitern, die für Verkauf und Integration wesentlich sind, spezielle Boni112 zu versprechen, falls sie ihr Arbeitsver-hältnis bis zu einem bestimmten Zeitpunkt nach dem Vollzug der Übernahme fortsetzen113.

Diese Bonuszahlungen bzw. die in der Praxis häufig als „Halteprämien“ be-zeichnet werden, bestehen im Allgemeinen aus Fixbeträgen, die fällig wer-den, wenn der betreffende Arbeitnehmer bis zum massgebenden Zeitpunkt sein Arbeitsverhältnis nicht selbst gekündigt hat. Die Höhe des Bonus, der für das Verbleiben beim Unternehmen versprochen wird, hängt im Allgemei-nen davon ab, wie hoch die Gesamtentschädigung der betroffeAllgemei-nen Person war und wie wichtig diese für die Führung des Unternehmens bzw. die Auf-rechterhaltung der Geschäftstätigkeit in der Übergangsphase ist.

2. Erfolgsprämien

Bei den Managern, die den Erfolg des Verkaufs direkt beeinflussen können, wie z.B. die Geschäftsleitungsmitglieder des zum Verkauf stehenden

112 In der Praxis als Halteprämien oder Retention Bonus oder Stay Bonus bezeichnet.

113 M.w.H. dazu SCHÄRER/OSER, 161 f.; SCHENKER, Übernahmerecht, 674.

nehmens, die Informationen und Unterlagen aufbereiten sowie Management Präsentationen durchführen müssen114, oder sogar mit dem Käufer verhan-deln, steht nicht der Verbleib beim Unternehmen, sondern die Motivation im Vordergrund, für die Verkäuferin einen optimalen Preis zu erzielen. In diesen Fällen wird mit den betroffenen Personen oft ein Spezialbonus vereinbart, dessen Höhe vom Verkaufspreis abhängt, sodass sie von einer erfolgreichen Transaktion profitieren115. Bei Private Equity Fonds, die das Management am Unternehmen beteiligen, ergibt sich dieser Anreiz aber häufig von selbst;

die Manager profitieren dank dem Verkauf der eigenen Beteiligung direkt am Verkaufserfolg, sodass gar kein zusätzlicher Bonus mehr notwendig ist, um ihre positive Mitarbeit am Verkaufsprozess sicherzustellen116.

3. Modifikation bestehender Incentive Programme

Wie vorne dargestellt, verlieren die normalen Bonusprogramme meist ihren Sinn, da die Ziele, auf denen diese Bonusprogramme basieren, im Rahmen des Verkaufsprozesses bzw. der späteren Integration beim Käufer gar nicht mehr erreicht werden oder mindestens irrelevant werden117. Um zu vermei-den, dass es wegen des Verkaufsvorgangs bzw. der nachfolgenden Integra-tion beim Käufer Auseinandersetzungen über die Verpflichtungen des Ar-beitgebers unter diesen Bonusprogrammen gibt118 und um sicherzustellen, dass Incentives und Prioritäten des Verkäufers tatsächlich übereinstimmen, empfiehlt es sich, die normalen auf das operative Geschäft ausgerichteten Boni in Halteprämien umzuwandeln. Folglich beziehen sich diese neu defi-nierten Bonusziele auf einen erfolgreichen Verkaufsprozess bzw. eine erfolg-reiche Integration. In diesem Sinne sind zu Beginn des Verkaufsprozesses die Incentives auf das Ziel eines optimalen Verkaufes ausgelegt. Ein derarti-ges Vorgehen schafft von Anfang an klare Verhältnisse für alle Beteiligten

114 Vgl. zu diesen Aufgaben des Managements SCHÄRER/OSER, 153 f.

115 SCHÄRER/OSER, 162.

116 Vgl. SCHÄRER/OSER, 159.

117 Dazu oben Ziff. II.2.b).

118 Dazu oben Ziff. II.2.c).

und vermeidet Unsicherheiten und Auseinandersetzungen bezüglich der Auszahlung von Bonusversprechen.

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