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In Zweifel gezogene Schriften

Excurs II. Gregor der Wunderthäter in der kirchlichen Literatur 19

B. Die einzelnen Schriften

II. In Zweifel gezogene Schriften

7 Die Schrift über die Seele an Tatianus (Ao-fo; xs'faXatoior,;

uspl 'fuy^?).

Ausgaben. Abgedruckt bei -Vossius S. 135—148 und in der Pariser Ausgabe S. 42—47, dagegen bei Gallandi als unecht

weg-1) S. Caspari, a. a. O. S. 37 f.; vgl. S. 29 f.

2) Facundus von Ileriniane (pro defen:. trium capitum X, 6) übersetzt:

intellectu; deutlicher Iiellarmin (de Script, eccl. p. 58): sola animi cogitalione.

3) Es erinnert dies zugleich an die Lehre des Paulus von Samosata,

„dessen /.oyo; irpotpoptTwlsan sich unpersönlich und nur Gott in einer beson¬

deren Imwia oder Wirksamkeit gedacht ist". Dorner, Lehre von der Person Jesu 2. Aufl. B. 1 S. 513.

gelassen. Gesondert erschien die Schrift zu Venedig bei Didacus Hurtadus (fehlt bei Fabricius, Bibl. Gr.). — Eine lateinische Ueber-setzung giebt es von Vossius, welche Casp. Barthius (am Schluss der Bücher des Claudianus Mamertus über denselben Gegenstand, Cygneae 1655) revidirt hat. Auch finden sich lateinische Ueber-setzungen in den Bibliotheca Patrum, Paris 1575, Vol. VIII, p. 75 und 1589, tom. 3.

Inhalt: In der Einleitung sagt der Verfasser, er habe dem Auftrage des Tatianus gemäss eine Abhandlung über die Seele verfasst und mit sicheren und schlagendenBeweisen begründet, ohne sich dabei der Schriftzeugnisse zu bedienen. Diesen Wunsch habe Tatianus geäussert nicht für sich, sondern um diejenigenzu wider¬

legen, die anderer Meinung seien und dabei der Schrift nicht Glauben schenkten.Hierauf beantworteter folgende einzelne Fragen, welche den einzelnen Theilen als Ueberschriften vorangestellt sind:

I. Wodurch die Seele wahrgenommen wird. II. Ob es eine Seele giebt. III. Ob die Seele eine Substanz ist. IV. Ob die Seele un¬

körperlich ist. V. Ob die Seele einfach oder zusammengesetztist.

VI. Ob unsere Seele unsterblich ist. VII. Ob unsere Seele der Vernunft theilhaftig ist.

Echtheit. Es ist kein triftiger Grund vorhanden, an der Authentie dieser Schrift zu zweifeln. So urtheilen Bellarmin (de scr. eccl. p. 57) und Fabricius (Bibl. Gr. Vol. VII, p. 257), der die Vermuthung ausspricht, dass der Tatian, an den die Schrift gerichtet ist, vielleichtder Bruder jener Tatiana sei, deren Origenes in seiner Schrift rcspl eu)oj; gedenkt. Der Hauptgrund, den man gegen die Echtheitdieser Abhandlung vorgebracht hat, ist der, dass sie nach den Grundsätzen aristotelischer Philosophie abgefasst sei, weshalb sie Möhler als ein Product aus dem Zeitalter der Scho¬

lastik bezeichnet. Es geht aber aus dem Bruchstücke einer alten syrischen Uebersetzung, welches de Lagarde aus zweiHandschriften des achten Jahrhunderts") veröffentlicht(An. Syr. S. 31), unleugbar hervor, dass die Schrift über die Seele, mag sie nun echt sein oder nicht, einer viel früheren Zeit entstammt. Auch verliert der Einwand Möhler's seine Beweiskraft, wenn man bedenkt, dass der streng philosophische Inhalt derselben durchaus dem Bildungsgange des Gregor entspricht und auch mit dem philosophischenCharakter der übrigen Schriften harmonirt.

1) S. Wright, Catal. of Syr. man. in the Brit. Mus. S. 93a Col. 1 und S. 960 Col. 2.

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8 Vier Homilien:

Drei auf die Verkündigung der Maria (ei; tov suayYs^siJ-ov rrj? uTrspaY'«? ösotoxoo irapfisvoo T7); Mapi'a;) und eine auf das Epiphanienfest oder Christi Taufe (st; ra ayia 6so<pavia).

Ausgaben. Abgedruckt bei VossiusS. 50—117 und in der PariserAusgabe S. 9 — 37, bei Gallandi aber als unecht weggelassen.

Die dritte Rede auf die Verkündigung der Maria findet sich in den Werken des Chrysostomus. — Die lateinische Uebersetzung des Vossius steht auch in der Bibliotheca patrum concionatoria des Combefisius; eine andere lateinische Uebersetzung der Rede auf die Epiphanie enthält die Bibl. PP. Paris 1575. 1)

Der Inhalt dieser vier ein stark rhetorisches Gepräge an sich tragenden und vielfach dogmatisirenden Reden ist von dem Stoffe, den die Homilien anderer Väter der alten Kirche über den¬

selben Gegenstand darbieten, in nichts unterschieden,2) so dass von einer Uebersicht über ihren Inhalt abgesehen werden kann.

Echtheit. Im Allgemeinen sagt Bellarminus: de his homiliis nihil certi habeo; dagegen Fabricius (a. a. O. S. 258): harum homiliarum nulla non videtur nomen ac titulum Gregorii mentiri.

Man hat sowohl die Authentie einzelner Homilien, als auch die aller vier zusammen in Zweifel gezogen. Schon Vossius bemerkt, er wundere sich, dass die dritte Rede auf die Verkündigungder Maria, die er hinter den zwei anderen Reden des Gregorius Thau-maturgus über denselben Gegenstand unter seinem Namen gefunden hatte, unter dem Namen des Johannes Chrysostomus von Aloysius Lipomanus und von Laur. Surius in den Vitae Sanctorum (zum

25. März) veröffentlicht sei. Wenn er aber die Echtheit auch dieser Rede mit der Behauptung, dass der Stil derselbe sei wie in den sonstigen Werken Gregors, zu begründen sucht, so tritt dieser Behauptung mit vollem Rechte Leo Allatius (Mai, Nova PP. Bibl.

T. VI. P. II, p. 96 f.) entgegen, indem er zeigt, dass der Stil dieser vier Reden von dem der übrigen Schriften Gregors durchaus ver¬

schieden sei. Während Gregor sogar in dem Panegyricus an Ori-genes, wo er doch Gelegenheit hatte reichen Redeschmuck anzu¬

wenden, solches, verschmäht und eine gewisse Nüchternheit und Strenge zeigt und während der Rhythmusseiner Rede durchgängig

1) Ueber syr. Uebers. der Horn. s. Wright, Catal. S. 885 b, 827a u. 241».

2) Vgl. z. B. die Homilie von Ephraem „de marg. pret." in den Opp.

syr. Tom. III.

viel rauher und in gewissem Sinne auch roher genannt werden müsse, sei der Stil der Homilien viel leichter und fliessender, in¬

dem der Verfasser mit seiner freien und ungezwungenen Rhetorik einem reichgezäumten und prächtig geschmückten Füllen zu ver¬

gleichen sei, welches mit abgestreiftenZügeln die Ebene schranken¬

los durchmisst. Aber man dürfe in diesem Falle überhaupt aus der Sprache keine Schlüsse ziehen, da es nicht nöthig sei, dass Schriften eines Verfassers von so verschiedenem Inhalt denselben Charakter an sich trügen. Trotzdem müsse man diese dritte Rede dem Chrysostomus zuweisen, aber nur aus dem Grunde, weil dem einen Codex, der diese Rede dem Gregorius Thaumaturgus zuspreche, hundert andere gegenüberstünden, welche für die Autorschaft des Chrysostomus zeugten.

Betreffs der zweiten Homilie muthmaasst Vinc. Riccardus (in seinem Commentar zur sechsten Rede des Proklus), dass sie' dem Proklusvon Constantinopel (f 447) zuzuweisen sei. Hiergegen wendet Oudin ein, dass die Gründe, welche gegen die Autorschaft des Gregorius Thaumaturgus sprächen,zugleich auch eine Abfassung durch Proklus als unwahrscheinlich erscheinen Hessen, da sich einzelne Stellen dieser Rede über die Verkündigung der Maria nicht nur gegen die Arianer und Nestorianer, sondern auch gegen die Eutychianer richteten. Darum müsse man alle vier Homilien entweder dem im sechsten Jahrhundert lebenden antiochenischen Bischof Gregor, dem Freunde des Kirchenhistorikers Evagrius, der gleichfallsin Antiochien lebte und ihn vertheidigte, zuweisen oder besser noch einem anderenBischof von Neocäsarea Namens Gregor, dem Vorkämpfer der Bilderstürmer, der 754 bei dem unter Copro-nymus abgehaltenen Concil zu Constantinopel zugegen war und auf dem 7. Concil zu Nicäa, welches die Synode des Jahres 754 verdammte, Widerspruch leistete. Dagegen könnte man höchstens einwenden, dass sich in vorwiegend praktischen Schriften von rhe¬

torischer Fassung der Ausdruck Dsotoxo;, welcher in der zweiten Rede häufig vorkommt, auch sonst schon früher findet; wie auch die in der Rede am Epiphanienfeste vorgetragene Lehre, dass Maria auch nach der Geburt Jungfrau blieb, nicht unbedingt gegen ihre Echtheit spricht, weil noch Tertullian gegen diese Lehre pro-testirt. Denn diese jüngere Ansicht findet sich auch schon in dem tayo; de toi ayia ösocpavsiades Hippolytus (cap. 3), wo aber Dorner1) eine andere Erklärung vorschlägt.

1) S. Dorner, Lehre von der Person Jesu, B. I S. 607, vgl. 625 Anm. 20.

Am allerwenigsten aber kann man die Echtheit sämmtlicher vier Homilien bestreitenmit den von Andreas Rivetus(critici sacri II, 16) angeführten Gründen. Dieser erklärt nämlich die Reden, ohne sie gesehen zu haben, für unecht auf Grund einer Stelle bei Guil. Perkinsius, welcher behauptet, sie seien zweifelhaft, weil die Verlesung der Vitae sanctorum und zugleich der auf ihre Feste bezüglichen Hymnen zuerst von Carl dem Grossen angeordnet worden sei (nach einer missverstandenenNotiz bei Aemilius Paulus und Sigebertus). S. Leo Allatius a. a. O. S. 97—106.